Roswita Königswieser, Martin Hillebrand: Einführung in die systemische Organisationsberatung
Rezensiert von Prof. Dr. Ruth Simsa, 10.03.2014

Roswita Königswieser, Martin Hillebrand: Einführung in die systemische Organisationsberatung.
Carl Auer Verlag GmbH
(Heidelberg) 2013.
7., unveränderte Auflage.
128 Seiten.
ISBN 978-3-89670-667-6.
D: 13,95 EUR,
A: 13,40 EUR.
Reihe: Compact.
Thema
Die systemische Organisationsberatung hat sich in wenigen Jahren zu einer wirkungsvollen Methode entwickelt, die in Wirtschaft und Non-Profit-Organisationen zunehmend Anhänger findet. Roswita Königswieser und Martin Hillebrand führen in die Besonderheiten dieser Beratungsform ein und vermitteln dabei auch das Weltbild und die Haltung, die den systemischen Berater auszeichnen. Die Autoren geben Einblick in ihre langjährige Beratererfahrung und zeigen anhand von Fallbeispielen aus großen und mittelständischen Unternehmen, wie sie ihre Interventionstechniken in der Praxis umsetzen.
Autorin und Autor
Roswita Königswieser ist Organisationsberaterin mit denTätigkeitsschwerpunkten komplexe, nachhaltige Veränderungsprozesse in Mittel- und Großunternehmen, Coaching von Topmanagern, Weiterbildung von Veränderungsmanagern und Beratern im Komplementäransatz. Sie hat zahlreiche Publikationen verfasst.
Martin Hillebrand, ist ebenfalls systemischer Berater, seine Arbeitsschwerpunkte sind Gestaltung und Begleitung von komplexen und nachhaltigen Veränderungsprozessen, Umsetzung von Strategien und Weiterbildung für Veränderungsmanager und Berater.
Aufbau und Inhalt
Das Buch geht von einem konkreten Beratungsfall aus, der aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert wird. Es folgt eine Erklärung von systemischer Beratung und ihrer Grundorientierungen.Danach werden die drei Ebenen Architektur, Design und Technik, auf denen Interventionen stattfinden, beschrieben sowie schwierige Situationen. Das Buch schließt mit einer Einschätzung der Zukunft der systemischen Beratung.
Als Ziel systemischer Beratung wird formuliert, „langfristige, nachhaltige Lern- und Erneuerungsprozesse zu initiieren und zu begleiten, um Systeme (Organisationen) überlebensfähiger (…) zu machen.“ 20 Die systemische Haltung der Berater impliziert, Wirkungszusammenhänge zu sehen, die Befangenheit in eigenen mentalen Konstrukten anzuerkennen
Systemtheoretische Erklärungen werden dort eingesetzt, wo es um komplexe Wechselwirkungen und dynamische Entwicklungen geht. Entsprechend der These des radikalen Konstruktivismus wird davon ausgegangen, dass es einen objektiven, unabhängigen Beobachter nicht gibt. Eine interessante Paradoxie besteht darin, dass einerseits ein Universalanspruch der Theorie erhoben wird (alles kann mit dem Systembegriff gedeutet werden), gleichzeitig aber auch eine Position des Relativismus eingenommen wird (andere sehen sich und ihre Umwelt ganz anders). Im Rahmen der Systemtheorie wurden unterschiedliche Schwerpunkte und Konzepte entwickelt, die kurz vorgestellt werden (z.B. Bateson, Maturana und Varela, Vester, v.Foerster, Luhmann). Auch das systemische Organisationsverständnis wird kurz vorgestellt. Komplexität und Dynamik spielen dabei eine grundlegende Rolle. Komplexität meint nichtlineare, nichtmechanische und mehrdimensionale Zusammenhänge zwischen Umwelt und Innengeschehen. Angesichts hoher Komplexität wird das Innenleben von Organisationen über Reduktion von Komplexität gesteuert, z.B. Sinnbilder, Wertehierarchien, Visionen, Bräuche, Rollen und Hierarchien.
Es werden u.a. folgende Grundprinzipien der systemischen Beratung genannt:
- Begrenztheit: Interventionen werden als Impulse verstanden, aus denen erst das Klientensystem nach seinen eigenen Regeln macht, was es daraus macht.
- Balance zwischen Verändern und Bewahren
- Mobileeffekt: Angefangen werden soll dort, wo Energie vorhanden ist, andere Bereiche werden dadurch ohnehin auch beeinflusst.
- Maßgeschneidertes Vorgehen und Prozessorientierung
- Reflexion im Beratersystem
- Mehrbrillenprinzip – Arbeit mit Perspektivenwechsel.
Im Kapitel zu Basisorientierungen wird vorrangig auf die Haltung als zentrale Grundlage erfolgreicher Beratung eingegangen, das Akzeptieren von Widersprüchen, die Suche nach Funktionalität von Phänomenen im jeweiligen Kontext und die Allparteilichkeit und eine gewisse Bescheidenheit angesichts von Autopoiesis der Systeme.
Im nächsten Schritt wird auf Architektur, Design und Werkzeuge als grundlegende Interventionsebenen eingegangen. Unter Architektur wird die Gestaltung sozialer, zeitlicher, räumlicher inhaltlicher und symbolischer Fixpunkte verstanden, die Interaktionen vorstrukturieren. Design meint die Gestaltung und Strukturierung eines bestimmten Prozessschrittes, vergleichbar mit dem Programm eines workshops etc. Werkzeuge sind einzelne „Techniken“ wie positive Konnotation, reflecting Team etc. Einzelne Designelemente und Werkzeuge werden beschrieben. Das Buch schließt mit einem Ausblick auf die Zukunft systemischer Organisationsberatung.
Diskussion
Die Inhalte sind nicht neu, sind aber in diesem Buch sehr gut, übersichtlich und nachvollziehbar wieder zusammengefasst. Wesentliche Elemente systemischer Beratung werden in einer Form dargestellt, die sowohl für Einsteiger Orientierung geben, als auch für erfahrene Berater Bekanntes wieder in Erinnerung rufen und systematisieren und – v.a. in Bezug auf Designelemente auch wertvolle Anregungen bieten können.
Fazit
Ein gutes Buch, klug und gleichzeitig einfach geschrieben.
Rezension von
Prof. Dr. Ruth Simsa
Wirtschaftsuniversität Wien
Institut für Soziologie, NOP Institut
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Es gibt 76 Rezensionen von Ruth Simsa.
Zitiervorschlag
Ruth Simsa. Rezension vom 10.03.2014 zu:
Roswita Königswieser, Martin Hillebrand: Einführung in die systemische Organisationsberatung. Carl Auer Verlag GmbH
(Heidelberg) 2013. 7., unveränderte Auflage.
ISBN 978-3-89670-667-6.
Reihe: Compact.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/16040.php, Datum des Zugriffs 07.06.2023.
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