Thorsten Junge: Jugendmedienschutz und Medienerziehung im digitalen Zeitalter
Rezensiert von Dr. Suzanne Lischer, 03.06.2014
Thorsten Junge: Jugendmedienschutz und Medienerziehung im digitalen Zeitalter. Eine explorative Studie zur Rolle der Eltern.
Springer VS
(Wiesbaden) 2013.
423 Seiten.
ISBN 978-3-658-01535-0.
69,99 EUR.
Reihe: Medienbildung und Gesellschaft - Band 24. Lehrbuch.
Thema
Im digitalen Zeitalter bieten Medien Kinder und Jugendlichen verschiedene Möglichkeiten zur Unterhaltung, Kommunikation und Selbstdarstellung. Gleichzeitig sind mit der Nutzung digitaler Medien auch Gefahren verbunden. Neben einer Erörterung der gegenwärtig diskutierten Gefahren der Mediennutzung und der Wirkungsmöglichkeiten des institutionalisierten Jugendmedienschutzes geht der Autor im Rahmen einer explorativen Studie der Frage nach, wie der Jugendmedienschutz den potentiellen Risiken begegnet, welche Bedeutung der Medienerziehung zukommt und welche Funktion die Eltern in diesem Kontext übernehmen können.
Autor
Dr. Thorsten Junge ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Lehrgebiet „Bildungstheorie und Medienpädagogik“ an der FernUniversität Hagen.
Aufbau und Inhalt
Grundsätzliche Überlegungen zu der Frage, welche Chancen und Gefahren digitale Medien für Kinder und Jugendliche bieten, stellen den Einstieg in die ausführliche Studie zum Themenbereich der Medienerziehung dar.
Im zweiten Kapitel werden ausgewählte Theorien zur Wirkung des Medienkonsums beschrieben. Hierbei erfolgt auch ein historischer Rückblick zur Medienwirkungsforschung.
Im dritten Kapitel wird der aktuell geführte Diskurs zu den Risiken der digitalen Medien dargestellt. Dabei wird zunächst das Gefahrenpotential von online-basierten Unterhaltungsangeboten und Computerspielen beschrieben. Daran anschließend werden die vermuteten Risiken im Kontext der Online-Kommunikation, der nutzergenerierten Inhalte sowie der mobilen Kommunikation gesondert betrachtet. An diesen Ausführungen anknüpfend wird die Notwendigkeit eines präventiven Jugendmedienschutzes erläutert.
Das vierte Kapitel widmet sich dem Themenbereich des Jugendmedienschutzes in Deutschland. Nach einer kurzen Darstellung der rechtlichen Grundlagen werden verschiedene Maßnahmen des institutionellen Jugendmedienschutzes dargestellt, so die Altersfreigabe und Indizierungen, Aufsichtsmaßnahmen und Altersverifikationssysteme sowie die freiwilligen Verhaltenskodizes. Auf der Grundlage vorliegender Forschungsergebnisse erfolgt schließlich eine kritische Betrachtung des gegenwärtigen Jugendmedienschutzsystems. Neben der Wirksamkeit der bestehenden Massnahmen wird dessen Akzeptanz bei Jugendlichen und Eltern erörtert. Das Kapitel schließt mit einem Ausblick auf die zukünftigen Aufgaben des institutionellen Jugendmedienschutzes.
Von bestehenden Defiziten des Jugendmedienschutzes ausgehend, hebt der Autor die Notwendigkeit medienerzieherischer Maßnahmen hervor. Vor diesem Hintergrund widmet sich das fünfte Kapitel dem Gegenstand der Medienerziehung im Kontext des Jugendmedienschutzes. Dabei werden zunächst unterschiedliche Ansätze der Medienerziehung beschrieben, ehe eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Medienkompetenzbegriff erfolgt. Darauf aufbauend werden die Instanzen der Medienkompetenzvermittlung näher beleuchtet. Als Orte medienerziehender Handlungen werden vorschulische Bildungseinrichtungen, die Schule, sowie die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit beschrieben. Es werden sowohl die besonderen Potentiale der jeweiligen Bereiche als auch die zu berücksichtigenden Defizite im Hinblick auf medienerzieherische Maßnahmen im Kontext des Jugendmedienschutzes dargestellt. Dem Fokus der Studie entsprechend nimmt die anschließende Darstellung der Medienerziehung durch die Eltern einen besonderen Raum ein.
Das Kernstück der Studie findet sich im sechsten Kapitel, welches die Anlage, die Durchführung, die Auswertung und die Ergebnisse der explorativen Untersuchung zu der Rolle der Eltern im Zusammenhang mit der Medienerziehung beschreibt. Nachfolgend sei die Untersuchungsanlage der explorativen Studie kurz skizziert:
Im Sommer 2011 wurden 14 Elternpaare, deren Kind(er) zum Zeitpunkt der Befragung zwischen 14 und 16 Jahre alt war(en), in Rahmen von teilstrukturierten Paarinterviews zum Thema „Medienerziehung“ befragt. Die Eltern folgten einem Aufruf, der an Hagener Schulen an die Schüler der Jahrgangsstufen 8. bis 10. verteilt wurde. Hinsichtlich des Bildungshintergrunds der Eltern variiert das Spektrum des höchsten Bildungsabschlusses vom Hauptschulabschluss über die Fachoberschulreife bis zum Hochschulabschluss. Bei den Kindern der befragten Eltern besuchten mit neun Kindern die deutliche Mehrheit das Gymnasium, drei Kinder die Gesamtschule und vier die Realschule. Zwei Mädchen hatten die Realschule bereits abgeschlossen. Im Rahmen der explorativen Studie wurde untersucht, inwieweit Eltern die Notwendigkeit der Medienerziehung bereits als erzieherische Aufgabe wahrnehmen und wie sie diesen Aspekt in der eigenen Erziehungspraxis umsetzen. Dabei wurde der Frage nachgegangen, welchen Stellenwert medienpädagogische Fragestellungen im Familienalltag haben und welche medienspezifischen Themen zwischen Kindern und Eltern eine Rolle spielen.
Ein wesentliches Ziel der Elternbefragung war die Differenzierung unterschiedlicher Medienerziehungstypen. Insgesamt konnten fünf unterschiedliche Typen ermittelt werden, die am Ende des sechsten Kapitels beschrieben werden. Im siebten Kapitel erfolgt eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse, die in der anschließenden Diskussion in den Kontext des aktuell geführten Diskurses eingeordnet werden. Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse werden schließlich Handlungsempfehlungen formuliert. Die Studie schließt mit einem Ausblick auf zukünftige Forschungsfragen.
Diskussion
Um einen ersten Einblick in das Forschungsfeld der Medienerziehung zu erhalten ist die vorliegende Arbeit als explorative Studie angelegt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Auseinandersetzung mit digitalen Medien von den befragten Eltern als Bestandteil ihrer Erziehungsaufgaben betrachtet wird. Somit liefert die Untersuchung einen umfassenden Einblick in die medienerzieherische Praxis von Eltern. Allerdings ist in Bezug auf die Untersuchungsanlage festzuhalten, dass Familien aus schwierigen Verhältnissen, seien dies sozio-ökonomisch prekäre oder psychosozial-schwierige Verhältnisse, in der Befragung nicht vertreten sind. So fehlt in der Differenzierung der fünf Medienerziehungstypen beispielsweise derjenige Medienerziehungstyp, der seine Verantwortung in Bezug auf die Medienerziehung – sei es aus Desinteresse, Naivität, einem geringen Zeitbudget oder anderen Gründen – kaum oder gar nicht wahrnimmt. Bei ergänzenden Forschungsarbeiten sollten entsprechende Medienerziehungstypen stärker in den Blick genommen werden.
Fazit
Die Studie liefert neben einer umfassenden Abbildung des aktuellen Diskussions- und Forschungsstandes mit einer eigenen empirischen Untersuchung einen wichtigen Beitrag zum Themenbereich Medienerziehung im Kontext des Jugendmedienschutzes.
Rezension von
Dr. Suzanne Lischer
Dozentin und Projektleiterin Hochschule Luzern
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Es gibt 8 Rezensionen von Suzanne Lischer.
Zitiervorschlag
Suzanne Lischer. Rezension vom 03.06.2014 zu:
Thorsten Junge: Jugendmedienschutz und Medienerziehung im digitalen Zeitalter. Eine explorative Studie zur Rolle der Eltern. Springer VS
(Wiesbaden) 2013.
ISBN 978-3-658-01535-0.
Reihe: Medienbildung und Gesellschaft - Band 24. Lehrbuch.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/16084.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.
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