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Kerstin Pohl, Peter Massing (Hrsg.): Politische Partizipation

Rezensiert von Johannes Diesing, 19.02.2014

Cover Kerstin Pohl, Peter Massing (Hrsg.): Politische Partizipation ISBN 978-3-89974-858-1

Kerstin Pohl, Peter Massing (Hrsg.): Politische Partizipation. Theoretische Konzepte und empirische Befunde. Wochenschau Verlag (Frankfurt am Main) 2013. 159 Seiten. ISBN 978-3-89974-858-1. D: 22,80 EUR, A: 23,50 EUR, CH: 32,90 sFr.
Reihe: Politische Bildung - Jg. 46,3.

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Herausgeberin und Herausgeber

Federführende HerausgeberInnen für dieses Heft sind die an der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität lehrende Prof. Dr. Kerstin Pohl und der an der Freien Universität Berlin lehrende Prof. Dr. Peter Massing.

Entstehungshintergrund

„Die politische Bildung“ ist eine Fachzeitschrift, die eine Brücke zwischen Universität und Praxis, Fachwissenschaft und Unterricht schlagen will. Mit dem Themenschwerpunkt zur Politischen Partizipation richtet die Zeitschrift ihren Fokus auf einen der Schlüsselbegriffe der Demokratieforschung. Die Wahl dieses Schwerpunktes begründen die HerausgeberInnen Kerstin Pohl und Peter Massing mit der Konjunktur des Begriffes der Partizipation als einem Gegengift zu den Tendenzen der Postdemokratie.

Aufbau

Die Zeitschrift ist ein zwei große Teile gegliedert.

  1. Der erste Teil zur Fachwissenschaft ist dabei eher theoretisch ausgerichtet,
  2. während der zweite Teil der Zeitschrift das Hauptaugenmerk auf die Praxis und den Politikunterricht legt.

Im fachwissenschaftlichen Teil finden sich Aufsätze, welche unter verschiedenen Gesichtspunkten einen Überblick zum Themenschwerpunkt politische Partizipation geben. Im daran anschließenden zweiten Teil der Unterrichtspraxis werden aktuelle Vorschläge für den Politikunterricht in der Schule unterbreitet und erörtert. Ebenfalls eher praktisch orientiert sind die Buchbesprechungen und die unter der Rubrik „Forum“ angestellten Überlegungen zur Rolle von Musik im Politikunterricht. Unter dem Titel „Das aktuelle Thema“ wird auf die andauernde NSA- Affäre eingegangen und eine Diskussion über die richtige Sicherheitspolitik eingefordert.

Mit einem Tagungsbericht schließt diese Ausgabe der Zeitschrift.

Zu I. Fachwissenschaft

Jan van Deth schreibt über das schwierige Verhältnis zwischen Partizipation und Demokratie. Zwei Befunde stehen einander in den aktuellen Debatten um dieses Verhältnis gegenüber. Einerseits gibt es mehr Möglichkeiten zur politischen Partizipation als je zuvor, andererseits wird in Bezug auf die Demokratie von einer Apathie geschrieben oder – wie in der Postdemokratie-Debatte – deren Substanzverlust bemängelt. Van Deth zeichnet vor diesem Hintergrund in Kürze die verschiedenen Debatten der vergangenen Jahre zum Verhältnis von Demokratie und Partizipation aus den Perspektiven der jeweiligen Forschungsrichtungen nach.

Oscar Gabriel gibt in seinem Beitrag „Bürgerbeteiligung in Deutschland“ einen Überblick über die empirischen Befunde der aktuellen Partizipationsforschung. Er geht dabei den Fragen nach, wie aktiv die Bürgerinnen und Bürger in der Bundesrepublik sind, welcher Partizipationsformen sie sich dabei bedienen sowie welche Personen und Gruppen sich politisch engagieren und welche Folgen dieses Engagement für die Weiterentwicklung der Demokratie hat.

Brigitte Kerchner nimmt mit einer explorative Fallstudie eine erste Annäherung an die mittlerweile vorliegenden Daten zu einem Experiment mit der Internet Plattform Adhocracy vor. Dieses wurde von der Enquette-Kommission „Internet und Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages durchgeführt. Kerchner geht dabei der Frage nach, inwiefern sich mit dem Einsatz von Internetplattformen tatsächliche oder vermeintliche Verkrustungen etablierter Institutionen und Verfahren der Demokratie verflüssigen lassen und neue Formen einer digital vernetzten Bürgerbeteiligung verwirklicht werden können.

Wolfgang Gaiser und Martina Gille nehmen einen Versuch einer empirisch-soziologischen Diagnose gesellschaftlicher und politischer Partizipation Jugendlicher in Deutschland vor. Sie fragen dabei nach Angeboten zur Beteiligung an zivilgesellschaftlichen Strukturen und lokalen Partizipationsmöglichkeiten für Benachteiligte.

Göttrick Wewer erörtert in „Form und Inhalt, oder: Transparenz und Politik“ das spannungsreiche Verhältnis von politischen Leitprinzipien in einer Demokratie. Am Beispiel der gegenwärtig von teilweise sehr verschiedenen Akteuren erhobenen Forderung nach mehr Transparenz in der Politik erörtert Wewer die Notwendigkeit für eine „gute“ Politik verschiedene Leitprinzipien miteinander optimal auszubalancieren. In seinem Plädoyer, die formale Forderung nach Transparenz auf ihre inhaltlich Eignung hin zu hinterfragen, stellt er damit die Politik in der Demokratie als die Suche nach dem richtigen Maß vor.

Zu II. Unterrichtspraxis

Mahmoud Abu-Shuair, Henriette Dausend und Mahzad Hoodgarzadeh schreiben mit „Kunst der Revolution“ einen Artikel um zu zeigen, wie mit Graffiti der Arabische Frühling am Beispiel Ägyptens im deutschen Schulunterricht erarbeitet werden kann.

Indem Schülerinnen und Schüler sich mit dem Medium Graffiti beschäftigen, nähern sie sich auch der in den Bildern verarbeiteten Geschichte an. Auf diese Weise lernen sie nicht nur Fakten über die Revolution, sondern erwerben und erweitern auch Kompetenzen im Umgang mit Medien und deren politischer Nutzung. Neben der Wissensvermittlung würde dieser Unterrichtsansatz auch die Medienkompetenz als eine wichtige politische Kompetenz von Schülerinnen und Schüler fördern.

Dem Beitrag von Abu-Shuair, Dausend und Hoodgarzadeh schließt sich ein Beitrag von Philip Elsen an, der konkrete politikdidaktische Überlegungen und Vorschläge für die praktische Umsetzung des Themas „Kunst der Revolution“ im Politikunterricht unterbreitet.

Unterrichtspraktisch ausgerichtet ist auch ein Beitrag unter im dritten Teil des Heftes. Eine Reihe von Buchbesprechungen stellt aktuelle Veröffentlichungen vor. Im „Forum“ diskutieren Markus Gloe und Toni Oeftering in ihrem Beitrag zu „Musik und Politik“ die oftmals im Politikuntericht ungenutzten Potentiale des Mediums Musik. In der Rubrik „Das aktuelle Thema“ schreibt Christian Stock „Jenseits der Empörung. Die NSA-Affäre erfordert eine Diskussion über die richtige Sicherheitspolitik“ über die Schwierigkeiten, welche die diffusen Begriffe Sicherheit und Terror in öffentlichen Debatten zum Überwachungsskandal bei der Abschätzung des richtigen Verhältnisses von Freiheit und Sicherheit mit sich bringen.

Der Band schließt mit einem Tagungsbericht von der GPJE Tagung 2013 an der Leibniz Universität in Hannover.

Diskussion

Die Schwerpunktausgabe zur Politischen Partizipation wendet sich diesem wichtigen Begriff der Politikwissenschaft und der politischen Bildung zunächst von der theoretischen Seite zu. Die Beiträge des ersten Teils der Zeitschrift geben einen Überblick über den Stand der wissenschaftliche Forschung und Einblicke in spezielle Zugänge der politikwissenschaftlichen Beschäftigung mit politischer Partizipation. Im zweiten Teil des Heftes wird dann der Fokus stärker auf die Praxis der politischen Bildung gelegt. Dabei fällt positiv auf, dass im unterrichtspraktischen Teil auch eine Verschiebung des Schwerpunktes zu den unkonventionelleren Formen der politischen Partizipation vorgenommen wird. Von diesen wird zwar in den theoretischen Texten des ersten Teil immer wieder geschrieben, dass sich die Anzahl dieser Formen umfangreich vergrößert hätte. Das Hauptaugenmerk liegt allerdings im ersten Teil vor allen bei den konventionellen und verfassten Formen der politischen Partizipation. Diese Reihenfolge ist für einen einführenden Überblick sinnvoll, es ist allerdings auch ebenso erfreulich, dass im unterrichtspraktischen Teil auf die unkonventionellen Partizipationsformen ebenfalls eingegangen wird, welche die Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern sicher stärker prägen als die immer noch wichtigste Form der verfassten konventionellen politischen Partizipation, die Teilnahme an einer Wahl.

Fazit

Die Schwerpunktausgabe der Zeitschrift Politische Bildung zur Politischen Partizipation leistet im wesentlichen zwei Dinge. Der theoretische Überblick über den Stand der Forschung und die verschiedenen Ansätze der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der politischen Partizipation erlaubt es LeserInnen, sich selbstständig auf der Basis eines guten Überblicks tiefer in die Thematik einzulesen. Die unterrichtspraktischen Beiträge ermutigen LehrerInnen und politische BildnerInnen dazu die Berührungen mit Politik und politischem Handeln von Schülerinnen und Schülern in den jugendlichen Lebenswelten sichtbar zu machen und damit lebendigere Zugänge für den Politikunterricht zu erschließen.

Rezension von
Johannes Diesing
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Es gibt 3 Rezensionen von Johannes Diesing.

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ISSN 2190-9245