Eva Cendon, Roswitha Grassl et al. (Hrsg.): Vom Lehren zum Lebenslangen Lernen
Rezensiert von Prof. Dr. Werner Sauter, 03.06.2014

Eva Cendon, Roswitha Grassl, Ada Pellert (Hrsg.): Vom Lehren zum Lebenslangen Lernen. Formate akademischer Weiterbildung. Waxmann Verlag (Münster, New York) 2013. 240 Seiten. ISBN 978-3-8309-2971-0. D: 29,90 EUR, A: 30,80 EUR, CH: 40,90 sFr.
Thema
In Zeiten des demografischen Wandels wird die Weiterbildung berufstätiger Menschen immer häufiger als Aufgabe an die Hochschulen herangetragen. In diesem Band gehen Autorinnen und Autoren, die in den letzten Jahren in unterschiedlichen Funktionen gemeinsam die Deutsche Universität für Weiterbildung in Berlin aufgebaut haben, der Frage nach, wie hierfür adäquate Studienmodelle und -formate aussehen können.
Herausgeberinnen
Dr. Eva Cendon war maßgeblich am Aufbau der Deutschen Universität für Weiterbildung – DUW – beteiligt. Sie ist Leiterin der Forschungsstelle Weiterbildungsforschung und Bildungsmanagement (FWB) an der DUW und Studiengangleiterin des berufsbegleitenden Masterstudiengangs Bildungs- und Kompetenzmanagement im Department Bildung. Als Bildungswissenschaftlerin forscht und lehrt sie u.a. zu folgenden Themen: Bildungspolitische Konzepte und Strategien des Lebenslangen Lernens, Kompetenz- und Lernergebnisorientierung und Ihre Umsetzung in Lehr-Lern- und Prüfungsformaten, neue Formen der Wissensproduktion, Reflexives Lernen und die Rolle der Lehrenden, Konzept des Reflective Practitioner sowie Praxisforschung als Forschungsansatz für die Verschränkung von Theorie und Praxis.
Dr. Roswitha Grassl ist Erziehungswissenschaftlerin und Leiterin der Programmentwicklung an der DUW. In dieser Rolle befasst sie sich – disziplinübergreifend – u. a. mit hochschul- und fernstudiendidaktischen Fragestellungen. Weitere Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der qualitativen Empirie sowie der Wissenschafts- und Erkenntnistheorie.
Prof. Dr. Ada Pellert ist Präsidentin der DUW und Professorin mit dem Schwerpunkt Organisationsentwicklung, Weiterbildungsforschung und Bildungsmanagement. Sie ist wissenschaftliche Gesamtleiterin der Masterstudiengänge General Management (MBA) sowie Bildungs- und Kompetenzmanagement der DUW. Zu ihren Spezialgebieten zählen unter anderem Organisations- und Personalentwicklung, Management und Leitung, Qualitätssicherung und -management, Diversity Management sowie Life-Long-Learning-Strategien.
Entstehungshintergrund
Die Deutsche Universität für Weiterbildung (DUW) wurde 2008 als „Public Private Partnership“ mit einer paritätischen Anschubfinanzierung durch die Freie Universität und die Stuttgarter Klett-Gruppe unter Leitung von Ada Pellert gegründet. Die DUW wurde als wissenschaftliche Hochschule mit Universitätsrang im April 2008 staatlich anerkannt und nahm den Studienbetrieb im Oktober 2009 auf. Sowohl das berufsbegleitende Studienmodell als auch die Forschungstätigkeiten der DUW fußen auf einer engen Verzahnung von wissenschaftlicher Theoriebildung und Praxis. Im Mai 2013 wurde die DUW an die Steinbeis Hochschule verkauft.
Die DUW hat nach ihrer Gründung angemessene organisatorische und didaktische Formen gesucht, in denen lebenslanges Lernen (d.h. auch umfangreiche Praxiserfahrung) mit wissenschaftlicher Weiterbildung verbunden werden kann. Dabei ging es um neue, studienpraktische Antworten auf das Verhältnis von Theorie und Praxis.
Aufbau
In diesem Band gehen die Autorinnen und Autoren der Frage nach, wie Studienmodelle und -formate für die Weiterbildung aussehen können. Anhand konkreter Beispiele stellen sie spezifische Lehr-Lern-Formate vor und gehen auf methodisch-didaktische Aspekte flexibilisierter Studienangebote und die Förderung der Reflexionsfähigkeit Studierender ein. Sie zeigen auf, welche Rolle die Lehrenden in der akademischen Weiterbildung einnehmen und welche Bedeutung der Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft zukommt.
Damit wollen sie praktisches Anschauungsmaterial zur Unterstützung der wachsenden Gemeinschaft innerhalb und außerhalb der Hochschulen liefern, die diese weiter an die Aufgabe des lebenslangen Lernens heranführen möchte. Hierbei gehen sie von fünf strategischen Leitlinien aus: Lebensphasenorientierung, Fokussierung auf die Lernenden, Lifelong Guidance, Kompetenzorientierung und Förderung der Teilnahme an Lebenslangem Lernen.
Das Werk umfasst eine Vielzahl von Einzelartikeln.
Abschnitt 1: Ansatzpunkte und Konzepte akademischer Weiterbildung
Es werden die Möglichkeiten beleuchtet, wie Lebenslanges Lernen ermöglicht werden kann. Eine besondere Rolle spielt dabei die Reflexionsfähigkeit. Die Lehrenden in der akademischen Weiterbildung werden dabei zu Mittlern der Fähigkeit zu dieser Reflexion. Ihre Aufgabe besteht vorrangig darin, die Lernenden zu „ermuntern, mit ihrem eigenen Wissen zu arbeiten“. Die Gestaltung der Studiengänge muss muss immer mehr in Kooperation mit der Nachfrageseite erfolgen.
- Roswitha Grassl/Anita Mörth: LLL als profilbildendes Merkmal der Deutschen Universität für Weiterbildung
- Ada Pellert: Rollenkonzepte in der akademischen Weiterbildung
- Eva Cendon: Reflective Learning und die Rolle der Lehrenden
- Peter Dehnbostel: Reflexive Handlungsfähigkeit im Kontext moderner Beruflichkeit
- Rolf Stober: Von der klassischen Präsenz-Universität zur modernen Fernuniversität für Weiterbildung
- Ada Pellert: Das „Good Practice“-Beispiel der Carl Benz Academy
- Udo Thelen: Organisationsformate wissenschaftlicher Weiterbildung an der Schnittstelle von Hochschule und Unternehmen
Abschnitt 2: Methodisch-didaktische Aspekte flexibilisierter Studienangebote
Berufsbegleitend Studierende gestalten ihre Lernprozesse weitgehend selbstorganisiert und in der Kommunikation mit anderen Studierenden. Das Studienmodell für diese Zielgruppe muss deshalb zeitlich und örtlich flexibilisiert werden und das Lernen im Netzwerk fördern.
- Eva Cendon: Lernergebnisse – Die Lehre vom Kopf auf die Füße stellen
- Anita Mörth: Lernen und wissenschaftliche Weiterbildung mit E-Learning – Eine Entzauberung
- Maria Mikoleit/Oliver Schoepke: Das Element der Online-Einheit im berufsbegleitenden Weiterbildungsstudium
- Roswitha Grassl: Lehren an der Tastatur – Autorinnen und Autoren von Studienheften als Lehrende in der Distance Education
- Birte Fähnrich/Claudia I. Janssen: Kommunikative Herausforderungen in der akademischen Weiterbildung
Abschnitt 3: Spezifische Lehr-Lern-Formate der akademischen Weiterbildung
„Lehr-Lern-Formate“ der akademischen Weiterbildung müssen Kompetenzentwicklung und damit eine „adäquate“ Mischung zwischen Theorie und Praxis ermöglichen. Es gilt deshalb, die Reflexion systematisch in das Lehr-Lern-Geschehen zu integrieren. Die Lehrenden werden zum „Facilitator“ des selbstorganisierten Lernens der Studierenden. In diesem Abschnitt werden konkrete Lösungskonzepte, für die Weiterbildung, vom E-Portfolio über Living Cases, Simulationsspiele, Tandemlernen, Field-Trip bis zum Shadowing, erläutert.
- Eva Maria Bäcker/Eva Cendon/Anita Mörth: Das E-Portfolio für Professionals – Zwischen Lerntagebuch und Kompetenzfeststellung
- Ekkehard Kappler: Wie wird aus ganz viel Praxis ein Fall für das Studium – und warum überhaupt?
- Benjamin Michels/Arne Petermann: Der Business Case bin ich: Konzept-kreative Fallentwicklung im Entrepreneurship
- Lili Hammler: Simulationsspiele in Präsenzveranstaltungen
- Eva Cendon/Ada Pellert: Tandemlernen – Lernen mit- und voneinander
- Eva Cendon/Kai Verbarg: Der Field-Trip – Ein reflektierter Praxisdialog
- Myriam Nauerz/Barbara Walder:
Shadowing – Lernen durch Beobachten
Ada Pellert: Anforderungen an eine moderne Managementausbildung
Fazit
Den Autorinnen und Autoren gelingt es in diesem Sammelband, die Brücke zwischen Theorie und Praxis zu schlagen und den innovativen Ansatz der Weiterbildung in der DUW, die durch den Ansatz des Lebenslangen Lernens geprägt ist, deutlich heraus zu arbeiten. Besonders der 3. Abschnitt vermittelt neue Ansätze des Lebenslangen Lernens im Kontext einer weiterbildungsorientierten Hochschule. Ich hätte es begrüßt, wenn dieser Teil einen größeren Raum erhalten hätte. Obwohl sich das Thema der Kompetenzentwicklung durch das ganze Werk zieht, bleibt für den Leser das zugrunde gelegte Kompetenzmodell und die Kompetenzmessung weitgehend im Nebel.
Das Werk bietet insgesamt aber eine Vielzahl von spannenden Anregungen für die Weiterbildungsarbeit einer Hochschule. Offen bleibt die Frage, warum das Modell einer Private-Public Partnership einer staatlichen Hochschule und eines Bildungsverlages mit dieser Lernkonzeption bereits nach kurzer Zeit zu Ende war.
Rezension von
Prof. Dr. Werner Sauter
Blended Solutions GmbH
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