Karlheinz Benke: Kinder brauchen (Zwischen)Räume. 2. Noch ein Kopf-, Fuß- und Handbuch
Rezensiert von Prof. Dr. Egbert Daum, 11.03.2014

Karlheinz Benke: Kinder brauchen (Zwischen)Räum. 2. Noch ein Kopf-, Fuß- und Handbuch. Peter Lang Verlag (Bern · Bruxelles · Frankfurt am Main · New York · Oxford) 2013. 208 Seiten. ISBN 978-3-631-63435-6. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR, CH: 34,00 sFr.
Entstehungshintergrund
Dies ist Band 2 eines gleichnamigen Werkes, dessen Band 1 bereits 2011 erschien und an dieser Stelle besprochen wurde (Anke Meyer. Rezension vom 14.01.2013 zu: Karlheinz Benke (Hrsg.): Kinder brauchen (Zwischen)Räume. Peter Lang Verlag (Frankfurt am Main/Berlin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien) 2011. 293 Seiten. ISBN 978-3-89975-745-3. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, www.socialnet.de/rezensionen/12438.php).
Während sich Grundlegendes zusammen mit zahlreichen Raumbeispielen in Band 1 findet, werden in Band 2 weitere Raumbezüge aus der Sicht von Kindern identifiziert und einleuchtend dargestellt.
Aufbau
I. Einblick
- Karlheinz Benke: …in noch mehr [Zwischen]Räume eintreten. Raumbrücken
II. Überblick
- Karlheinz Benke: Wie miteinander reden? Kommunikationsräume
- Sabine Mair: Flieg, mein Kind, flieg! Alternativpädagogische Räume
- Karlheinz Benke: Räume riechen – Räume schmecken. Sinnesräume
- Waltraud Engel: Begeisterung und Liebe zum Lernen. Beziehungsräume
- Harald Schwarz: Schule als Flucht und Zufluchtsort. Schulische Freiräume
- Maamoun Chawki: Der Weg in den Therapieraum. Therapeutische Räume
- Sabine Krones: Spielraum Stadt. Stadträume
- Milosz Jara & Verena Scharf: Urbane Räume – Jugendräume? Öffentliche Räume
- Birgit Benke: Beglücken statt Beglucken! VerSchonräume
- Karlheinz Benke: Auf dem Weg zum eigenen Glück. Glücksräume
III. Ausblick
- Karlheinz Benke: Zeit geben – Zeit nehmen. Zeiträume
Anhang. Thesen: Hand(v)erlesenes zu den [Zwischen]Räumen
Ausgewählte Inhalte
In seinem einleitenden Aufsatz stellt Karlheinz Benke nachdrücklich das sich selbst bestimmende Kind in den Mittelpunkt, das sich seine Welt aktiv aneignet und auf diese Weise selbst erschafft. Kinder sind Konstrukteure ihrer Wirklichkeit. Erwachsene, Eltern, Erzieher bzw. Pädagogen können solchen Prozessen einen Rahmen geben, sie müssen sich aber davor hüten, bevormundend und fremdbestimmend einzugreifen.
Ein weiterer Beitrag desselben Autors beschäftigt sich mit der raumbezogenen Rolle von Kommunikation. Er zeigt an anschaulich geschilderten Alltagssituationen, wie bedeutsam eine Kommunikation auf Augenhöhe und ein gewaltfreies Sprechen für die kindliche Entwicklung ist.
Sabine Mair setzt sich mit alternativpädagogischen Räumen auseinander, indem sie nach einem Blick auf pädagogische Strömungen eine Pädagogik vom Kinde aus als grundlegend für ihre Arbeit ansieht und dabei unter Berücksichtigung der Grundbedürfnisse von Kindern vor allem ein Augenmerk auf die kleinen Dinge des Alltags richtet, die in ihrer Bedeutsamkeit für kindliche Entfaltungsmöglichkeiten von Erwachsenen oft übersehen werden.
Waltraud Engl widmet sich der Frage, inwieweit Kinder in Beziehungen zu den Menschen eine Vertrauensbasis aufbauen können, auf dessen Grundlage sie Motivation sowie immer wieder Begeisterung und Liebe zum Lernen erfahren und ausbauen. Die Pflege von Beziehungen und Vertrauen ist nach ihrer Meinung eine der zentralen Voraussetzungen für erfolgreiches und dabei selbstbestimmtes Lernen.
Harald Schwarz spürt sehr differenziert einige interne schulische Probleme auf, die sich im Zusammenhang mit der baulichen Grundstruktur von Schulen ergeben. Schulgebäude spiegeln stets eine bestimmte, oft sehr starre Auffassung von Lebensformen bzw. Lehr- und Lernweisen wider, in die sich Schüler wie Lehrer in der Regel einzufügen haben. Große Chancen der Intensivierung und Vermehrung von Lernmöglichkeiten werden dem Überdenken von Gewohnheiten eingeräumt, das konsequent zu neuen, vor allem den Kindern bekömmlicheren Architekturen und Räumlichkeiten führt.
Sabine Krones wirft einen kritisch-konstruktiven Blick auf urbane Kinderräume. Trotz der ubiquitären Verbreitung von Fernsehen, Handy und Internet und der damit verbundenen Tendenz zu Gleichförmigkeiten wachsen Kinder in Städten anders auf als in eher ländlich geprägten Räumen. Angesichts von Festlegungen und Verregelungen sind ihre Chancen geringer, sich den Lebensraum persönlich anzueignen. Umso wichtiger erscheinen daher sozialpädagogische Maßnahmen wie z.B. räumliche Mehrfachnutzung.
Milosz Jara und Verena Scharf weisen darauf hin, dass die Situation von Jugendlichen in öffentlichen städtischen Räumen sich noch gravierender ausnimmt als die von Kindern. Daher kommt der Methode Streetwork eine besondere Rolle zu.
Birgit Benke und Karlheinz Benke wenden sich in zwei Beiträgen dem im Zusammenhang des Buches etwas überraschenden Thema Glück zu. Sicherlich kann es keine Patentrezepte zur Erlangung von Glück geben. Doch lohnt es sich, darüber nachzudenken, auf welche Weise, in welchen Kontexten und Räumen zum Glück sich Kinder und Jugendliche wohlfühlen können.
Diskussion und Fazit
Das anregungsreiche Buch richtet sich an alle Erwachsene in Lebens-, und Erziehungs-, Studiums- und Berufsalltagen, die für die große Vielfalt von Räumen einen Sinn haben bzw. eine gesteigerte Sensibilität entwickeln wollen, und zwar für Räume, die geeignet sind, dass Kinder sie erobern und sich aneignen. Dabei steht das Konzept des selbstbestimmten Lernens, für das in allen Beiträgen überzeugend plädiert wird, ganz entscheidend im Vordergrund.
Rezension von
Prof. Dr. Egbert Daum
Mailformular
Es gibt 1 Rezension von Egbert Daum.