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Christina Schwer, Claudia Solzbacher (Hrsg.): Professionelle pädagogische Haltung

Rezensiert von Dipl. Soz.-Päd. Gerd Schweers, 04.07.2014

Cover Christina Schwer, Claudia Solzbacher (Hrsg.): Professionelle pädagogische Haltung ISBN 978-3-7815-1967-1

Christina Schwer, Claudia Solzbacher (Hrsg.): Professionelle pädagogische Haltung. Historische, theoretische und empirische Zugänge zu einem viel strapazierten Begriff. Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung (Bad Heilbrunn) 2014. 224 Seiten. ISBN 978-3-7815-1967-1. D: 18,90 EUR, A: 19,50 EUR, CH: 27,50 sFr.

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Thema

Ein historisch bedeutsamer, auch heute viel benutzter, empirisch aber schwer zu klärender Begriff, „Professionelle pädagogische Haltung“ wird unter verschiedenen Gesichtspunkten auf seine Bedeutung, aber auch auf die heutige Nutzbarkeit untersucht.

Herausgeberinnen

  • Dr. Christina Schwer, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsstelle Begabungsförderung des niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung (NIFBE)
  • Prof. Dr. Claudia Solzbacher, Lehrstuhl für Schulpädagogik an der Universität Osnabrück, Leiterin des NIFBE

Aufbau

  1. Nach der Einleitung durch die Herausgeberinnen behandelt das Buch im ersten Hauptteil das Thema „professionelle Haltung“ aus verschiedenen Perspektiven.
  2. Im zweiten Hauptteil werden theoretische Diskurse hinsichtlich ihrer Konsequenzen für die professionelle Haltung untersucht.
  3. Im dritten Hauptteil werden Sekundäranalysen von drei Studien -u.a. zur individuellen Förderung- als empirische Hinweise genutzt.
  4. Im vierten Hauptteil werden als Schlussbetrachtung und Ausblick einige Konsequenzen skizziert.

Inhalt

Kapitel I.1 (Schwer, Solzbacher) enthält die Einleitung der Herausgeberinnen.

Kapitel I.2 (Fiegert, Solzbacher) beschreibt den Begriff der „Lehrerhaltung“ aus historisch-systematischer Perspektive vom 19. Jahrhundert bis heute.

Kapitel I.3 (Schwer, Solzbacher, Behrensen) versucht über ausgewählte Texte und empirische Zugänge eine Klärung des Begriffs, u.a.über

  • historische und aktuelle philosophische Diskurse
  • den Habitusbegriff der Soziologie
  • die Nutzung handlungstheoretischer Überlegungen bei der Professionalisierung
  • ausgewählte Forschungsergebnisse zu „subjektiven“ Theorien(S.58) beziehungsweise Handlungsleitenden Orientierungen(S.66)
  • Internationale Quellen, die u.a. mit dem Begriff „Personal Mastery“ eine Verbindung zur deutschen Diskussion aufweisen

Kapitel I.4 (Kuhl, Schwer, Solzbacher) orientiert sich an persönlichkeitspsychologischen Grundlagen. Nach kurzer Diskussion zentraler Begriffe wird die Theorie der Persönlichkeits-System-Interaktionen (PSI) als theoretische Grundlage für „Haltung“ vorgestellt.

Kapitel I.5 (Kuhl, Schwer, Solzbacher) schlägt eine Definition des Begriffs vor, wobei die Bedeutung der Haltung für die „Zweitreaktionen“ (im Unterschied zu spontanen Erstreaktionen) und die Wichtigkeit von Selbstkompetenzen betont werden. Das Kapitel endet mit Überlegungen zur entsprechenden Ausgestaltung von Ausbildungskonzepten.

Kapitel II.6 (Behrensen) thematisiert durch die Begriffe Aufmerksamkeitsverteilung, Laufbahnempfehlung und geschlechtsspezifische Benachteiligung „Gerechtigkeit“ als zentrale Haltungskategorie.

Kapitel II.7 (Kiso,Lotze) erarbeitet analog dazu in theoretischen und praktischen Dimensionen das Thema „Ressourcenorientierung“, das auch für andere Arbeitsfelder große Bedeutung besitzt.

Kapitel II.8 (Kiso,Lotze) konfrontiert die Forderung nach einer „förderlichen Haltung“ in den Bereichen: individuelle Förderung, Inklusion und Begabungsförderung mit historisch gewachsenen bildungsstrukturellen Hindernissen.

Kapitel III.9 (Behrensen,Schwer, Solzbacher) stellt eine Untersuchung vor, wie die Gruppe der „beziehungsorientierten“ Grundschullehrer (80%) sich von der Gruppe der „sachorientierten“ (20%) hinsichtlich der Form der individuellen Förderung und anderer relevanter Verhaltens- und Einschätzungsfaktoren (u.a. Kooperation mit Kollegen) unterscheidet.

Kapitel III.10 (Behrensen,Schwer) untersucht bei ähnlicher methodischer Vorgehensweise (Vergleichsgruppen „homogenisierende“ vs. „differenzierende“ Lehrpersonen) die Bedeutung dieser Positionen für Ziele, Fördermaßnahmen u.a.

Kapitel III.11 (Behrensen,Schwer,Friedberger, Kiso) untersucht die Unterschiede zwischen Erzieherinnen in integrativen und nicht integrativen Einrichtungen beim Thema „individuelle Förderung“

Kapitel IV.12 (Schwer, Solzbacher) skizziert Konsequenzen aus der Diskussion über die Lehrbarkeit von Haltung, die Grenzen der Verantwortungsübernahme für die persönliche Haltung sowie Überlegungen zur Aus- und Fortbildung.

Diskussion

Die Bedeutung des Begriffs „Haltung“ ist nicht nur im Bereich der Schule unübersehbar, sondern auch in anderen Arbeitsbereichen (z.B. die „Personzentrierte“ Haltung bei C.R.Rogers als Grundlage für Beratung). Das Problem, dass dieser Begriff in der Pädagogik „implizit mitgedacht, aber eben nie expliziert wurde.“ (S.9) kann natürlich auch diese Arbeit nicht grundsätzlich lösen. Sie bietet aber neben einem interessanten Abriss der Historie vorzügliche Annäherungen an den Begriff, die u.a. derzeit zentrale Begriffe der pädagogischen Diskussion nutzen. Praktische Konsequenzen für den Bereich der Ausbildung und der Personalentwicklung in der Schule können dagegen nur angerissen werden. Bestes Beispiel dafür ist das PSI als theoretische Grundlage, das zahlreiche Forschungsergebnisse aus der experimentellen Psychologie und Hirnforschung integriert, aber (noch?) wenig Handlungs- relevante Bezüge aufweist.

Haltung als Ziel und Gegenstand von Bildungsprozessen ist auch deswegen ein so schwieriger Begriff, weil sie – wie beschrieben – nur ansatzweise zu operationalisieren ist und andere Lehr- und Lernformen verlangt als die traditionellen akademischen und berufsbegleitenden.

Fazit

Das Buch ist in jedem Fall gut geeignet für Studierende, die ein in der aktuellen Ausbildungspraxis vernachlässigtes Thema mit überschaubarem Aufwand kennenlernen wollen, aber auch für in der Ausbildung Verantwortliche, die den bislang eher diffusen Begriff „Haltung“ konkretisieren und für ihre Praxis nutzen wollen. Für jeden kann es dazu beitragen, die Überzeugung zu kräftigen, „…dass Haltung für gelingendes Lernen Voraussetzung ist…“ (S.41).

Rezension von
Dipl. Soz.-Päd. Gerd Schweers
Systemischer Familientherapeut, Ausbilder der GwG (GF, SV), Supervisor DGSv
Lehrer für besondere Aufgaben (Theorien und Methoden der Sozialarbeit) i.R.
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Es gibt 21 Rezensionen von Gerd Schweers.

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ISSN 2190-9245