Anke S. Kampmeier (Hrsg.): Das persönliche Budget
Rezensiert von Prof. Stefan Müller-Teusler, 22.10.2014

Anke S. Kampmeier (Hrsg.): Das persönliche Budget. Selbständige Lebensführung von Menschen mit Behinderungen.
Kohlhammer Verlag
(Stuttgart) 2014.
173 Seiten.
ISBN 978-3-17-023430-7.
29,90 EUR.
Reihe: Heil- und Sonderpädagogik.
Entstehungshintergrund und Thema
Das Persönliche Budget setzt sich in Deutschland nur sehr schleppend um. Das war Anlass für zwei Forschungsprojekte an der Hochschule Neubrandenburg (Jan. 2009-Dez.2010):
- Das Persönliche Budget- Analyse und Veränderung der Dienstleistungspraxis
- Implementierung des Persönlichen Budgets in Mecklenburg -Vorpommern
Die Zusammenfassung des Forschungsprojektes sowie weitere Sichtweisen und Erläuterungen bilden den Inhalt dieses Buches. Um das wesentliche Ergebnis vorwegzunehmen: „Persönliche Budgets wirken. Sie fördern Selbstständigkeit, eine selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft und geben darüber hinaus die Möglichkeit, individuelle Leistungen selbst zu gestalten“ (S.68). Wenig überraschend ist das Ergebnis, dass Leistungsanbieter wie Budgetnehmer große Unsicherheit zeigen, was wem zusteht und wie damit zu verfahren ist.
Aufbau und Inhalt
Eine gute, übersichtliche Einleitung führt schnell in das Thema ein und zeigt insofern den Aufbau des Buches, als auf die Beiträge der verschiedenen Autoren verwiesen wird. Inhaltlich ist das Buch in zwei Teile gegliedert:
- Teil 1: Bestandsaufnahme und Situationsbeschreibung
- Teil 2: Umsetzung des Persönlichen Budgets- zu den Chancen und Risiken.
Mit der zusammenfassenden Darstellung des Forschungsprojektes „Implementierung des Persönlichen Budgets (Im PeBu) Unterstützung der Selbstbestimmung und gesellschaftlichen Teilhabe behinderter Menschen“ von Anke S. Kampmeier, Stefanie Kraehmer und Stefan Schmidt beginnt der erste Teil des Buches. Dieses ist recht umfangsreich mit 52 Seiten, aber auch gewollt und notwendig, damit viele Aussagen deutlich werden. Außerdem bilden die Ergebnisse des Forschungsprojektes die Grundlage für die weiteren Kapitel. Interessant ist die Unsicherheit, die sowohl auf der Seite der Leistungsanbieter wie auch auf der Seite der Leistungsnehmer herrscht, was die Forschungen deutlich belegen.
Die juristischen Fragen zu und um das Persönliche Budget erläutert Felix Welfi in seinem Beitrag. Dabei geht es auch um die Bemessung des Budgets wie auch Verfahrensfragen.
Martina Krüger stellt in ihrem Beitrag „die Bedeutung des Persönlichen Budgets aus Sicht des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ die Sichtweise der Landesregierung dar. Dazu zeigt sie auf, mit welchem Kooperationspartner die Landesregierung das Vorhaben angegangen ist und stellt dar, wie die derzeitige politische Sichtweise zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist.
Christopf Lawall nimmt die Perspektive des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) ein und stellt dar, wo es welche Berührungspunkte des Persönlichen Budgets mit dem Leistungsspektrum der GKV gibt (z.B Leistungen zur medizinischen Rehabilitation).
Teil 2 des Buches beginnt mit einem Aufsatz von Anke S. Kampmeier: „Persönliches Budget in Anspruch nehmen – ‚Das kann ich nicht!‘ Selbstbestimmung, Empowerment und Handlungskompetenz als Vorraussetzung“. Darin skizziert sie als Paradigmen -Transition die wesentliche Ideengeschichte des Persönlichen Budgets als Kompetenz für die Budgetnehmer.
Stefanie Kraehmer nimmt eine andere Perspektive ein, nämlich die kritische Betrachtung und Bewertung der Kompetenzen der Verwaltung und der Anbieter von Leistungen. Damit ist „das Persönliche Budget für Menschen mit Behinderung – eine Herausforderung für das öffentliche Management“. Damit die Herausforderung gut umgesetzt wird, ist Offenheit und Bereitschaft auch bei der öffentlichen Hand notwendig, aber das fehlt teilweise, wie auch die Forschungsergebnisse belegen.
Stefan Schmidt ermuntert zu „Nachmachen erlaubt! Beispiele zur Umsetzung Persönlicher Budgets (in Mecklenburg-Vorpommern)“. Er stellt konkrete Fallbeispiele vor, in denen Menschen ihr Leben mit Unterstützung des Persönlichen Budgets selbständiger gestalten.
Die „Realisierung des Persönlichen Budgets für Menschen mit Behinderung mit Hilfe des Systemischen Case Managements“ zeigt ein neues Umgehen. Anke S. Kampmeier ist es ein Anliegen, dass neue Möglichkeiten auch neue Instrumente und vor allen Dingen ein neues Denken erfordert.
Das vorletzte Kapitel des Buches ist quasi eine Zusammenfassung: Anke S. Kampmeier, Stefan Schmidt und Stefanie Kraehmer gehen auf die verschiedenen Ebenen ein, die am Persönlichen Budget beteiligt sind. „Das Persönliche Budget-Geld für Selbstbestimmung und Teilhabe. Empfehlungen für Menschen mit Behinderungen, (sozial-) Pädagogische Fachkräfte, Leistungsträger und Dienstleister“ macht noch einmal deutlich, wie viel zu tun ist, damit geltendes Recht gut und sinnvoll umgesetzt werden kann.
Den Abschluss des Buches bilden praktische Übungen, die vor allen Dingen dazu dienen, eine entsprechende Haltung zu entwickeln. Stefan Schmidt und Silvia Hasart zeigen ganz konkrete Übungen, die überall ausprobiert werden können, auch und gerade für Menschen mit Behinderungen als potentielle Antragssteller.
Diskussion und Fazit
Fast schon ein überflüssiges Buch, jedenfalls in dem Sinne, dass das Persönliche Budget immer noch weitergehend Exotenstatus hat, und deshalb auch ein notwendiges Buch, das hoffentlich Schubkraft entwickelt. Es ist gut gemacht, gut lesbar, hat einen logischen Aufbau und enthält viele wichtige und nützliche Informationen. Auch wenn das Projekt nur auf Mecklenburg-Vorpommern angelegt war, hat es bundesweite Geltung und sollte bundesweit gelesen werden. Es ist nicht nur für die praktische Lehre mit Studenten gewinnbringend, sondern für Anbieter, Dienstleister und Amtsträger, die mit dem Persönlichen Budget zu tun haben, ist es Pflichtlektüre.
Rezension von
Prof. Stefan Müller-Teusler
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