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Elisabeth Vanderheiden, Claude-Helène Mayer (Hrsg.): Handbuch Interkulturelle Öffnung

Rezensiert von Eduard Galyschew, 30.03.2015

Cover Elisabeth Vanderheiden, Claude-Helène Mayer (Hrsg.): Handbuch Interkulturelle Öffnung ISBN 978-3-525-40361-7

Elisabeth Vanderheiden, Claude-Helène Mayer (Hrsg.): Handbuch Interkulturelle Öffnung. Grundlagen, Best Practice, Tools. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2014. 714 Seiten. ISBN 978-3-525-40361-7. D: 49,99 EUR, A: 51,40 EUR, CH: 62,90 sFr.

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Thema und Ziel(-gruppe)

In „Handbuch Interkulturelle Öffnung“ nehmen Elisabeth Vanderheiden und Claude-Hélène Mayer (Hg.) sich der Herausforderung an, fachlich fundierte grundlegende Zusammenhänge sowie Kenntnisse zu vermitteln und zugleich praktische Anregungen in Form von Beispielen und Tools miteinander zu verbinden. Die Zielgruppe des Werkes ist sehr heterogen, da das Themenfeld der interkulturellen Öffnung in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Zusammenhängen diskutiert wird und eine zunehmende Zahl von Akteuren sich mit der Umsetzung beschäftigen. Interkulturelle Öffnung setzt an Barrierefreiheit und Zugangsgerechtigkeit an, die unabhängig vom kulturellen Ursprung sind. Das vorliegende Handbuch soll in diesem Zusammenhang eine „…Orientierungshilfe im Dschungel von Interkulturalität und Change Management in den Handlungsfeldern Politik, Verwaltung, Kirche, Bildung, Wirtschaft, Gesundheitswesen, Ehrenamt, Beratung, Sport.“ sein.

Aufbau

Das Handbuch (714 Seiten) gliedert sich in 14 Kapitel.

Der obligatorischen Einleitung (Kapitel 1) folgen in „Grundlagentexte: Begriffe und Konzepte im Kontext interkultureller Öffnung“ eine Einführung in die Thematik (Kapitel 2).

In einem umfangreichen Abschnitt (Kapitel 3-12) wird der Gegenstand der interkulturellen Öffnung, ausgehend von „Interkulturelle Öffnung als Querschnittsaufgabe“ im Allgemeinen, in unterschiedlichste Bereiche des öffentlichen Lebens aufgefächert und in Unterkapiteln im Einzelnen beleuchtet. Zum Teil liefern zwei Beiträge zu artverwandten Themen unterschiedliche Perspektiven.

In Kapitel 13 werden Best Practices vorstellt.

Das letzte Kapitel (Kapitel 14) stellt Werkzeuge zur Umsetzung von Strategien der interkulturellen Öffnung bspw. Change-Management- und Kommunikations-Tools sowie Checklisten vor.

Den einzelnen Texten ist eine Erläuterung vorangestellt. Im Folgenden werden ausgewählte Beiträge näher vorgestellt.

Zu Grundlagen, Begriffe und Konzepte

In „Grundlagentexte: Begriffe und Konzepte im Kontext interkultureller Öffnung“ von Claude-Hélène Mayer und Elisabeth Vanderheiden werden – durch unterschiedliche Beiträge – die Grundlagen des Konstrukts ‚Interkulturelle Öffnung‘ analysiert. Dieser Teil ist fundamental, da er den theoretischen Unterbau für die nachfolgend vorgestellten Ansätze sowie deren Umsetzung darstellt.

Eine zentrale Feststellung des Unterkapitels „Interkultur – Transkultur – Multikultur“ (2.2) ist das multiperspektivische Wesen, des Konstrukts der interkulturellen Öffnung, welches fehlende einheitliche Standards zur Folge hat.

Im darauf folgenden Unterkapitel „Anfänge interkultureller Öffnung“ (2.3) wird der Beginn der interkulturellen Öffnung dargestellt und in die Integrationsarbeit – inkl. der Wandlung bestimmter Begriffe und der Bedeutung dieses Wandels – eingebettet.

Nach den historischen Ausführungen wird im Unterkapitel „Definitionen interkultureller Öffnung“ (2.4) auf die Pluralität von unterschiedlichen Zugängen verwiesen, die wiederum unterschiedliche Definitionen zur Folge haben. Diese Übersicht ist nicht als allumfassend zu verstehen, sondern vielmehr als Aufzählung der gängigen Zugänge, die allerdings auch in den meisten Umsetzungsstrategien Anwendung finden dürften. Eine Analyse des Begriffs der interkulturellen Öffnung macht eine Bezugnahme zu den Konstrukten Integration, Inklusion und Diversity unerlässlich. Eine Brücke, die Theorien und die Umsetzung verbindet, wird in „Die Gestaltung interkultureller Öffnung“ in 2.9 aufgebaut. Die Sezierung des Prozesses der interkulturellen Öffnung in unterschiedliche Dimensionen der Organisationsentwicklung und -gestaltung sowie der systemischen und gesundheitsorientierten Perspektiven sind unterlegt mit theoretischen Grundannahmen.

Zu Interkulturelle Öffnung als Querschnittsaufgabe

In Kapitel drei wird das Konzept der interkulturellen Öffnung als Querschnittsaufgabe im Allgemeinen untersucht.

In „Handlungsorientierungen in Prozessen interkultureller Öffnung – Eine kritische Perspektive“ (3.1) stellt Dominic Busch u.a. folgende Frage: „Wie kommt es, dass wir uns mit dem Konzept der interkulturellen Öffnung einerseits einer Zielsetzung gegenübersehen, die so hoch gesteckt ist, dass sie kaum realisierbar erscheint, und deren ernsthafte Zielerreichung einem andererseits bestenfalls ohnehin niemand abnimmt?“ Folgende ausgewählte konzeptkritische Positionen werden dabei von ihm ausgeführt: „…zu schwammig“, „…wenig Neues“, „…reicht nicht weit genug“, „…basiert auf der Annahme der Existenz einer deutschen Kultur“, „…folgt veralteten Vorstellungen von Integration“. Aus einer theoretischen Perspektive wird der Frage nachgegangen, welche Zielsetzung Maßnahmen der interkulturellen Öffnung verfolgen. Dabei werden zwei Ankerpunkte gesetzt: Kompetenter Umgang mit kultureller Differenz sowie Gewährleistung einer sozialen Chancengleichheit. Darüber hinaus wird mit der Einführung der Dimension Macht, der Machtaspekt mit Hilfe der Diskurstheorie auf die interkulturelle Kommunikation bezogen und bekommt einen anderen Ansatz (ebenfalls von Foucault) beiseite gestellt, den der Dispositive.

Von Ulrike Gentner und Hans-Georg Kempkes stammt der Beitrag „Interkulturelle Öffnung als Organisationsentwicklung: „In der Welt von heute gibt es nur noch wenige Nicht-Nächste“ (3.2). Nach einer Verortung der Begriffe Kultur und interkulturelle Öffnung in Bezug auf Organisationen, richtet sich der Fokus auf die kulturelle Prägung der Einzelperson in Relation zur Unternehmenskultur, wobei diese Ausführungen über „Ethnie“ und „Nationalität“ hinaus reichen. Im Weiteren wird der Prozess der Organisationsentwicklung definiert, wonach das Wertvolle bewahrt und zugleich der erforderliche Wandel ermöglicht werden soll. Durch eine Strategie des geplanten Wandels von Organisationsstruktur, Unternehmenskultur und individuellem Verhalten wird eine Effizienzsteigerung sowie Humanisierung der Arbeit angestrebt. Die Herausforderung des Einsatzes von Instrumenten der interkulturellen Öffnung in der Organisationsentwicklung, wird am Beispiel der Unterscheidung von „surface culture“ sowie „deep culture“ und deren Rolle bei der Wahrnehmung von kulturellen Unterschieden deutlich. Durch die Darstellung unterschiedlicher Modelle, die die Phasen von Veränderungsprozessen in Organisationen visualisieren, wird die Bedeutung eines strategischen Vorgehens deutlich.

Eine andere – ganzheitliche – Perspektive bei der Etablierung von Organisationsentwicklungs-Prozessen wird in „Diversity als Herausforderung für die Personalentwicklung“ von Katharina Mallich-Pötz und Karin Gutiérrez-Lobos geboten (3.3). Das Beispiel der Medizinischen Universität Wien illustriert, wie die Einbindung von Personen und Personengruppen bei der Etablierung eines Diversity Managements „als Ausdruck personalpolitischer Verantwortung und Selbstverpflichtung“ aussehen kann und wie wichtig ein „klares Bekenntnis vonseiten des Top-Managements zum Diversity Managements“ ist.

Zu Interkulturelle Öffnung in unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Lebens

In Kapitel 4 wird die „Interkulturelle Öffnung in Politik und Parteien“ thematisiert

In 4.1 „Politische Partizipation von Migrantinnen und Migranten“ von Karen Schönwälder, werden die „Ursachen geringerer politischer Beteiligungen“ sowie Möglichkeiten der Reduzierung von Beteiligungshemmnissen von Menschen mit Migrationshintergrund ausgeführt. Anhand einer Studie mit der Fragestellung: ‚Wie wirkt sich ein Migrationshintergrund auf eine kommunalpolitische Karriere aus?‘ wird ein mögliches Erklärungsmuster für die geringe Beteiligung von Migranten und Migrantinnen in Kommunalpolitik erörtert.

Zu Interkulturelle Öffnung in Recht und Verwaltungen

Das Kapitel 5 beschreibt die „Interkulturelle Öffnung in Recht und Verwaltungen“ und beinhaltet vier Beiträge. Auf die ersten beiden wird nachfolgen eingegangen.

Anusheh Rafi beschreibt die „Kulturelle Öffnung des nationalen Rechts“ (5.1). Durch die (ausschließliche) Betrachtung des deutschen Rechts wird die Frage aufgestellt, inwieweit der Gesetzgeber eine kulturelle Öffnung vorgesehen hat. Die Beantwortung dieser Frage führt über die Auseinandersetzung mit „Verfassungsrechtliche(n) Grundlagen: Pluralismus und Wehrhaftigkeit“ sowie der Darlegung von Begriffen wie Minderheitenschutz, praktische Konkordanz und Prinzipiendenken. Die Erläuterung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes macht zum einen die Intention des Gesetzgebers deutlich, verweist zum anderen aber zugleich auf die Grenzen des Gesetzes und beschreibt praktische Schwierigkeiten der Beweisführung eines (Nicht-)Vorliegens einer Diskriminierung. Nachfolgend werden Einzelbeispiele aufgeführt, die verdeutlichen, welche Prinzipien, in unterschiedlichen Umsetzungen für die tägliche Rechtspraxis relevant sind und an welchen Stellen „Probleme bezüglich der Gewährleistung von Gleichbehandlung“ entstehen.

In „Interkulturelle Öffnung in der Polizei geht Marwan Abou-Taam (5.2) auf die Geschichte der Polizei in Deutschland ein und beschreibt, wie das (Selbst-)Bild der Polizei sich im Zeitverlauf – in Richtung Bürgerorientierung – geändert hat. Dabei wurde im Sinne einer Steigerung der Professionalität auch die interkulturelle Kompetenz bedeutender. Zudem wird die steigende Bedeutung der interkulturellen Kompetenz als „logische Konsequenz, dessen dass der Aktionsraum der Polizei kulturell vielfältiger wird.“ beschrieben. Anschließend wird interkulturelle Kompetenz als Qualifikation mit der Polizeiarbeit in Kontext gesetzt: „Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund, die in der Polizei ihren Dienst tun, sollten ein Ausdruck von Normalität sein.“ Das ist der erste Satz eines Unterabschnittes, welcher anschaulich darlegt, welche Herausforderungen auf dem Weg zu einer „Normalität“ von Polizistinnen und Polizisten mit Migrationshintergrund sowie durch die Polizei (als Institution und Organisation) zu bewältigen sind. Nachfolgend wird dargelegt, wie diese Herausforderungen von bestimmten Bundesländern angegangen werden und welche „Hürden auf dem Weg in die moderne Polizeiarbeit“ bestehen.

Das Kapitel 6 „Interkulturelle Öffnung in Kirchen und Religionen“ beinhaltet fünf Beiträge.

Zu „Interkulturelle Öffnung in Erziehung und Bildung“

Das Kapitel 7 beschreibt in acht Beiträgen die „Interkulturelle Öffnung in Erziehung und Bildung“. Auf den zweiten Beitrag wird an dieser Stelle näher eingegangen.

In „Von der Realität zur Normalität: Schule interkulturell entwickeln“ (7.2.) stellt Franz Kaiser Trujillo zunächst Interkulturalität und Schulentwicklung als zwei „parallel laufende(r) Forschungsstränge“ dar, die zur interkulturellen Schulentwicklung verknüpft wurden. Begriffe wie „Ausländerpädagogik“, „interkulturelle Pädagogik“ und „Antidiskriminierungspädagogik“ markieren dabei lediglich drei Punkte eines Paradigmenwechsels in der Pädagogik. In der Schulentwicklung könnten als solche Begriffe „zentralistische Schulsystemplanung“ und „Einzelschule vor Ort“ identifiziert werden. Mit einer historischen Perspektive wird die interkulturelle Schulentwicklung als Organisations- respektive Institutionsentwicklungsprozess eingeordnet. Dabei sei das Ziel – wie Karakasoglu zitiert wird – „…die Institution Schule an den migrationsbedingten ‚Normalfall Vielfalt‘ anzupassen“. Zur Zielerreichung sollen die „Anerkennung von kultureller, ethnischer, religiöser und sprachlicher Vielfalt…, die Passung der Institution Schule und die Passung der Organisation…“ Schule erreicht werden.

Zu „Interkulturelle Öffnung in der Wirtschaft“

Das Kapitel 8 „Interkulturelle Öffnung in der Wirtschaft“ beinhaltet drei Beiträge. Auf den ersten wird nachfolgend eingegangen.

Ute Clement geht in „Interkulturelle Öffnungsprozesse in der Wirtschaft“ (8.1.) auf „Die Typologie grenzübergreifender Unternehmen“ und die unterschiedlichen interkulturellen Konstellationen in Unternehmen ein. Einleitend wird das Beispiel einer gelungenen Globalisierung anhand des Zisterzienserordens um das Jahr 1300 vorgestellt, welches die Bedeutung einer gemeinsamen, standardisierten Kommunikation verdeutlicht. Mit dem Rückgriff auf u.a. Bennett wird interkulturelle Sensibilität, als die „Fähigkeit, kulturelle Unterschiede wahrzunehmen“ definiert und in ein Modell mit 6 Stufen eingeordnet. Das stellt die Grundlage für ein interkulturelles Lernen dar, sodass neue Kompetenzen wie bspw. das Style-Switching als interkulturelle Handlungskompetenz erworben werden kann. Besonders die organisationalen Rahmenbedingungen werden in interkulturellen Öffnungsprozessen herausgestellt.

Zu Interkulturelle Öffnung im Gesundheitswesen

Kapitel 9 „Interkulturelle Öffnung im Gesundheitswesen“ umfasst vier Beträge. Auf den Beitrag „Die interkulturelle Öffnung in der Therapie von Viktoria Knischewitzki-Bohlken und Iris Tatjana Graef-Calliess (9.2.) wird im Folgenden näher eingegangen.

Die Autorinnen beschreiben die Versorgungslage psychiatrisch-psychotherapeutischer Betreuung regional und bezogen auf die Nachfrage der Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund als sehr unterschiedlich, wobei ein Mismatch hinsichtlich Angebot und Nachfrage gerade für diese Zielgruppe besteht. Zudem bestehen Barrieren auf beiden Seiten, welche stark durch die Verständigung und somit den Faktor Sprache beeinflusst werden. Bei der Nachfrage hinsichtlich unterschiedlicher, ausgewählter Dienste ergibt sich „…ein differenziertes Bild: So werden forensische Abteilungen sowie Stationen zur Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen überproportional, dagegen Abteilungen der Psychosomatik und Psychotherapie sowie rehabilitative Angebote unterproportional in Anspruch genommen.“ Allerdings ist die Datenlage bezüglich der Zusammensetzung der Gruppe der Migranten und Migrantinnen sowie deren jeweilige Inanspruchnahme, Erreichbarkeit bestimmter (präventiver) Angebote sowie dem Erfolg der Behandlung noch mangelhaft. Interkulturelle Öffnung könnte ein Weg sein, die Zugangsbarrieren abzubauen indem auf der einen Seite Qualifizierungen für Therapeuten und Therapeutinnen angeboten werden und auf der anderen Seite spezifische Angebote für die Zielgruppe vorgehalten werden. Hierzu sind „12 Sonnenberger Leitlinien“ formuliert worden, die dazu dienen sollen interkulturelle Behandlungskonzepte einzuführen und umzusetzen.

Kapitel 10 „Interkulturelle Öffnung in zivilgesellschaftlichen Settings“ beinhaltet drei Beiträge.

Kapitel 11 „Interkulturelle Öffnung in der Beratung“ beinhaltet zwei Beiträge.

Zu Interkulturelle Öffnung im Sport

In Kapitel 12 „Interkulturelle Öffnung im Sport“ führt Ohle Wrogemann in seinem Beitrag aus, inwiefern das Sozialsystem Sport in dem „…einzigartigen System der Sportvereine in Deutschland, das grundsätzlich nicht kommerziell orientiert ist…“ Diversity-Ansätze in Gang setzt. Die Diversity-Dimensionen „Gender, Inklusion von Behinderten, Religion, Migration, Ethnische Vielfalt, Alter und sexuelle Orientierung“ werden in den Kontext Sport gesetzt, welcher von anderen zu unterscheiden ist (bspw. vom Kontext Arbeitsmarkt). Neben praktischen Ansätzen werden auch die Grenzen deutlich, die sich durch das Ehrenamt ergeben aber auch durch „Vorzeichen“, die von der „Gesamtgesellschaft gesetzt werden“, determiniert sind.

Zu Best Practices

In Kapitel 13 werden Beispiele gute Praxis in neun Kategorien analog zu den vorangegangenen Kapiteln dargestellt. (z. B. 13.2 „Best Practices: Interkulturelle Öffnung in Recht und Verwaltungen“ analog zu Kapitel 5 „Interkulturelle Öffnung in Recht und Verwaltungen“).

In 13.8.1 wird ein „Beispiel für interkulturelle Öffnung im Rahmen bürgerschaftlichen Engagements: Das Deutsche Rote Kreuz“ von Heinz Knoche, Anna Luise Vey, Tina Weber und Susann Jentzsch erläutert. Durch die Beschreibung verschiedener Projekte, darunter ein Mentoren Programm „Fit für den Job“ und eine Kooperation mit Migrantenorganisationen auf dem Feld der Notfallseelsorge wurde eine Entwicklung zur steigenden aktiven Partizipation deutlich. Im Projekt MONA waren Mitglieder aus einer Migrantenorganisation zunächst als Vermittler / Vermittlerinnen oder Dolmetscher/Dolmetscherinnen tätig. Diese ehrenamtlichen Akteure konnten danach für die ehrenamtliche Arbeit in der Notfallseelsorge gewonnen werden.

„Beispiel für interkulturelle Öffnung im bürgerschaftlichen Engagement: Ein Projekt der Jugendfeuerwehr in Rheinland-Pfalz und des Türkisch Islamischen Kulturvereins der Moscheegemeinde Mühlhofen in Bendorf“ von Meike Kurtz, Stefan Friemel und Bernd Loch (13.8.2) beschreibt die Struktur der Jugendfeuerwehr insbesondere das Organ Jugendforum. Interkulturelle Öffnung wird in der Jugendfeuerwehr als Prozess seit 2011 vorangetrieben. Dabei liegt der Fokus auf der verstärkten Ansprache Jugendlicher mit Migrationshintergrund sowie darin Kooperationen anzustoßen und Schulungen durchzuführen. Eine differenzierte Darstellung des Projektes „Vielfalt gestaltet Zukunft!“ ermöglicht einen guten Einblick in den Prozess der interkulturellen Öffnung in der ehrenamtlichen Jugendarbeit der Feuerwehr.

Zu Tools

Das Kapitel 14 soll einen „Werkzeugkasten“ darstellen. Es sollen „Anregungen“ nicht nur für die Konzeption, sondern auch für die „…tägliche Umsetzungsarbeit im Kontext interkultureller Öffnungsprozesse…“ geben. Es werden Change-Management-Tools (z.B. „Diversity Matrix“) ebenso vorgestellt, wie Rollenspiele (z.B. „Gespräche Unternehmer[-innen]/Mitarbeitende“) oder Sensibilisierungs-Tools (z.B. „Das Eigene und das Andere“) und Kommunikation-Tools (z.B. “Gesprächstickets“). Zur strukturierten Darstellung wird ein Schema verwendet, welches u.a. nach intendierten Zielen der Methode fragt, die erforderlichen Materialien und Zeitfenster benennt sowie den Ablauf aufzeigt.

Diskussion

Das vorliegende Werk gibt einen breiten Überblick über den Themenbereich der interkulturellen Öffnung. Es könnte kritisch angemerkt werde, dass es eines „Rasters“ innerhalb der einzelnen (Unter)Kapitel 4 bis 12 bedürfe, welches eine systematische Analyse erleichtern würde. Jedoch werden hier sehr unterschiedliche Bereiche des öffentlichen Lebens dargestellt, sodass ein „Raster“ mit einer Simplifizierung einhergehen würde, welche dem Themenkomplex der interkulturellen Öffnung – mit der wie Dominic Busch in seinem Beitrag anmerkt, „so hoch gesteckt(en)“ Zielsetzung – nicht gerecht werden könnte. Zudem spiegelt sich darin die Tatsache wider, dass der Begriff der interkulturellen Öffnung (noch) nicht normiert ist. Viel mehr wird deutlich, dass in den einzelnen Bereichen des öffentlichen Lebens eine eigene „Deklination“ des Begriffs – interkulturelle Öffnung existiert und die Institutionen diesen wiederum auf ihre Organisation projizieren. Daraus leiten sie bestimmte Implikationen und Handlungsanleitungen ab, die der jeweiligen Organisationslogik folgen. Dies wird insbesondere in der Zusammenschau der einführenden Texte (1-4) mit den Texten der unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Lebens (4-12) und den Beispielen guter Praxis (13) deutlich. Im Zuge einer Zusammenschau wird allerdings auch die Varianz der einzelnen Beiträge hinsichtlich Umfang und Qualität deutlich.

Hinterlässt das Werk offene Fragen? Ja, so bleibt bspw. zu „Diversity als Herausforderung für die Personalentwicklung“ von Katharina Mallich-Pötz und Karin Gutiérrez-Lobos (3.3) die Frage offen, wie können die beiden Prozesse – interkulturellen Öffnung und Diversity Management miteinander verbunden und/oder in Kontext gesetzt werden. Oder die Frage, wo sich die Bruchlinien befinden, sodass sich beiden Prozesse möglicherweise behindern oder gar ausschließen könnten. Diese Frage zu beantworten bedarf es jedoch eines weiteren Buches.

Fazit

Angesichts der Fülle an Informationen, Ansätzen und Umsetzungsdarstellungen dieses Handbuches und der Tatsache, dass es das erste seiner Art ist, ist es für eine breite Leserschaft empfehlenswert. Sowohl Lesende, die den Einstieg in das Thema suchen, als auch Menschen, die haupt- oder ehrenamtlich in diesem Bereich tätig sind, können Anregungen finden oder eine Neuverortung des eigenen Handeln vornehmen. Gerade die Sammlung an Tools ist für die zweitgenannte Zielgruppe überaus interessant.

Rezension von
Eduard Galyschew
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Zitiervorschlag
Eduard Galyschew. Rezension vom 30.03.2015 zu: Elisabeth Vanderheiden, Claude-Helène Mayer (Hrsg.): Handbuch Interkulturelle Öffnung. Grundlagen, Best Practice, Tools. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2014. ISBN 978-3-525-40361-7. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/16793.php, Datum des Zugriffs 15.10.2024.


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