Christine Zens, Gitta Jacob: Schwierige Situationen in der Schematherapie
Rezensiert von Prof. Dr. Christian Schulte-Cloos, 03.07.2014

Christine Zens, Gitta Jacob: Schwierige Situationen in der Schematherapie.
Beltz Verlag
(Weinheim, Basel) 2014.
288 Seiten.
ISBN 978-3-621-28100-3.
39,95 EUR.
Mit E-Book inside.
Thema
Die Schematherapie ist eine Weiterentwicklung der Kognitiven Verhaltenstherapie. Sie geht davon aus, dass Menschen im Lauf Ihrer Kindheit und in Abhängigkeit von der Befriedigung/Frustration zentraler menschlicher Bedürfnisse ein Konzept ihrer selbst und der Welt entwickeln. Gestörte Schemata und sog. Modi prägen das Bild gerade bei Persönlichkeitsstörungen – die Autorinnen resümieren Erfahrungen mit der Methode unter dem Gesichtspunkt, gerade schwierige Situationen, an denen die Therapie zu scheitern droht, aus ihrer Praxis zusammenzustellen, um so eine recht konkrete Hilfestellung für Auszubildende und Praktiker anzubieten
Autorinnen
Die Autorinnen sind Psychologinnen und Psychotherapeutinnen. Sie arbeiten seit längerem mit der Methode der Schematherapie und sind hier auch durch Veröffentlichungen ausgewiesen. Fr. Zens arbeitet am Institut für Schematherapie in Hamburg. Dr. Jacobs arbeitet therapeutisch und in der Lehre sowie in der GAIAAG, einem forschenden Public-Health-Unternehmen.
Entstehungshintergrund
Die Schematherapie kann mittlerweile als anerkannte Methode der Verhaltenstherapie gerade für die Behandlung von Persönlichkeitsstörungen angesehen werden. Sie ist auch im deutschen Sprachraum durch Ausbildung, Praxis und Buchveröffentlichungen gut aufgestellt. Mit zunehmender Anwendungserfahrung wächst ( natürlich) auch die Erfahrung mit möglichen Grenzen und Begrenzungen der Methode- die Autorinnen machen solche im vorliegenden Buch transparent und bieten gleichzeitig Hilfestellungen und Ideen an, wie damit verbunden Schwierigkeiten im Sinne einer optimierten Behandlung für die Klienten bewältigt werden können. Sie greifen hierzu auf reichhaltige eigene therapeutische Erfahrung zurück und auf den Austausch mit Ausbildungskandidaten und Praktikern in Feld.
Aufbau und Inhalt
Nach einer allgemeinen Einführung in die Schematherapie und hierbei insbesondere in das sog. Moduskonzept ist das Buch in acht Teile gegliedert, ein Literatur- und Sachwortverzeichnis schließt das Buch ab. In der gewählten Einteilung widerspiegelt sich das Moduskonzept insofern, als zunächst die dysfunktionalen Bewältigungsmodi, anschließend Kind- und Elternmodi und hierbei auftauchende Schwierigkeiten angesprochen werden, im letzten und 8. Teil dann die Anteile des Therapeuten an schwierigen Situationen in der Therapie fokussiert werden. Die Buchteile folgen zudem einem typischen Aufbau einer Behandlung: zunächst wird an den Bewältigungsmodi gearbeitet, bevor zum Kind-Modus vorgedrungen wird und behindernde, dysfunktionale Elternmodi in den Fokus treten.
Alle Teile folgen zudem einer inneren Logik: auf grundlegende Basics zu den jeweiligen Modi folgen typische Schwierigkeiten, wie sie für das beziehungsverhalten von Menschen des entsprechenden Modustyps typisch sind, und Hinweise für den Umgang hiermit. Dies soll an einem Beispiel ausgeführt werden:
Im Teil I beschäftigen sich die Autorinnen mit dem dysfunktionalem Bewältigungsmodus „Vermeidung“. Sie stellen zunächst diesen Modus dar und erläutern im Folgenden die Schwierigkeit im Umgang mit hartnäckiger Vermeidung wie sie bspw. durch Schweigen oder sich wiederholden Äußerungen von „Ich weiß nicht“ zum Ausdruck kommen. Auf eine zweite Äußerung gehen die Therapeutinnen dann ein. suchtartiges Verhalten als Ausdruck von Vermeidung. Klagen und Schimpfen einerseits, selbstschädigende Verhalten und Suizidalität andererseits werden als weitere Formen von vermeidender Bewältigung angesprochen und Hilfestellungen im Umgang hiermit dargestellt, begründet und erläutert.
In ähnlicher inhaltlicher Logik gehen die Autorinnen im Teil II auf den Bewältigungsmodus der „Unterwerfung“ ein, im 3. Teil auf „Überkompensation“. Es folgen die Kind-Modi „Vulnerabilität“, „Ärger und Wut“ und im Teil VI „Impulsivität, Undiszipliniertheit, Trotz“.
Teil VII beschäftigt sich mit Schwierigkeiten im dysfunktionalen Eltern-Modus, Teil VIII- wie schon gesagt- mit den Anteilen des Therapeuten an der Entstehung und dem Umgang mit schwierigen Situationen.
Diskussion und Fazit
Man spürt dem vorgestellten Buch den Reifungsprozess der Schematherapie in den letzten Jahren an: sich zu Schwierigkeiten zu bekennen, an ihnen zu arbeiten, die Limitationen von theoretischen Ansätzen durch die und in der Praxis abzubauen und konzeptionelle Erweiterungen vorzunehmen…dies alles zeigt, das der Ansatz der Schematherapie mehr als eine vorübergehende modische Erscheinung in der Psychotherapie ist, dass dieser Ansatz sich in der Praxis bewährt und selbstbewusst genug ist, gerade an schwierigen Situationen in der Therapie evolutionär sich zu konkretisieren und zu vervollständigen. Den Autorinnen gelingt hierbei eine gute Kombination von sprachlich klarer Darstellung und fundierter theoretischer und praktischer Erfahrung und Reflexionsbereitschaft.
Schön, dass der Beltz Verlag mittlerweile quasi als Standard-Zugabe einen E-Book Code beigibt.
Gern wird dem Buch eine weite Verbreitung im Bereich der psychotherapeutischen Aus- und Weiterbildung und in Kontexten der kollegialen Supervision gewünscht!
Rezension von
Prof. Dr. Christian Schulte-Cloos
Hochschullehrer Hochschule Fulda, Fachbereich Sozialwesen, seit 31.8.2011 pensioniert
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