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Brigitte Aulenbacher, Miria Dammayr (Hrsg.): Für sich und andere sorgen. Krise und Zukunft von Care

Rezensiert von DSA(in) Mag(a) Karin Goger, 01.08.2014

Cover Brigitte Aulenbacher, Miria Dammayr (Hrsg.): Für sich und andere sorgen. Krise und Zukunft von Care ISBN 978-3-7799-3042-6

Brigitte Aulenbacher, Miria Dammayr (Hrsg.): Für sich und andere sorgen. Krise und Zukunft von Care. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2014. 250 Seiten. ISBN 978-3-7799-3042-6. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR, CH: 40,10 sFr.

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Thema

Das Buch basiert auf einer Veranstaltungsreihe der Arbeiterkammer Oberösterreich, der Johannes Kepler Universität Linz und der Stadt Linz und beinhaltet 20 Beiträge von ExpertInnen, die sich in unterschiedlichen Zusammenhängen mit der Care-Debatte befassen. Das Buch scheint sich in erster Linie an andere FachxpertInnen der Soziologie, Politikwissenschaft, Sozialen Arbeit und der Pflegewissenschaft zu richten.

Herausgeberinnen

Brigitte Aulenbacher ist am Institut für Soziologie der Johannes Kepler Universität Linz in der Abteilung für Theoretische Soziologie und Sozialanalysen tätig. Ihre Schwerpunkte liegen in der Gesellschaftstheorie, Rationalisierungs-, Arbeits-, Organisations- und Geschlechterforschung.

Maria Dammayr ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der Johannes Kepler Universität Linz, Abteilung für Theoretische Soziologie und Sozialanalysen. Ihre Arbeitsgebiete sind Theoretische Soziologie, Arbeits- und Professionssoziologie mit dem Schwerpunkt Care.

Aufbau und Inhalt

Nach einer Einleitung der beiden Herausgeberinnen wurden die einzelnen Fachbeiträge den Themenfeldern

  1. ‚Selbst- und Fürsorge‘,
  2. ‚Care trans- und international‘ und
  3. ‚Sorgearbeit im konservativen Wohlfahrtsstaat‘

zugeordnet.

Teil 1 mit dem Titel ‚Selbst- und Fürsorge‘ beinhaltet folgende Beiträge:

Hans-Peter Müller beschäftigt sich mit ‚Lebensführung und Lebenskunst im Zeitalter der Unsicherheit‘. Der Autor diskutiert, wie aus dem Ideal der Individualität eine Norm zur Selbstverwirklichung wurde, geht auf strukturelle Ungleichheiten der Ressourcen und Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung ein und verweist schließlich auf das Ungleichgewicht im Verhältnis der zentralen Institutionen der modernen Gesellschaft: Staat, Markt und Familie. Einen Ausweg aus der Krise sieht Müller in der „Schaffung neuer kollektiver Arrangements“, die auf die „autonome und selbstbestimmte Führung des eigenen Lebens“ fokussieren.

Cornelia Klinger argumentiert in ihrem Artikel ‚Selbstsorge oder Selbsttechnologie‘, dass die sogenannte Krise von Care eine Folge einer der modernen Gesellschaft inhärenten Fehlkonstruktion sei, nämlich der Herrschaft von Menschen über Menschen. Mittels eines Vergleichs von Fordismus und neoliberaler Ökonomie arbeitet sie die Herrschaftsmechanismen des neoliberalen Kapitalismus heraus und argumentiert, wie im Zuge der „Verbetrieblichung der alltäglichen Lebensführung“ aus „Selbst- und Lebenssorge“ „Selbsttechnologien“ werden.

Klaus Dörre geht in seinem Artikel ‚Stigma Hartz IV‘ anhand des Beispiels der ‚aktivierenden Arbeitsmarktpolitik‘ dem Verhältnis von Fürsorge und Selbstsorge nach. Basierend auf dem Konzept der ‚Bewährungsproben‘ analysiert der Autor, wie Eingliederungsvereinbarungen vor dem Hintergrund materieller Knappheit und rigider Überwachung der BezieherInnen zu einem Wettkampf führen. Dörre weist nach, dass dieser Wettkampf unter den LeistungsbezieherInnen zu einer Habitualisierung von Unsicherheit, materieller Knappheit und moralischer Abwertung führt. Obwohl der Alltag der BezieherInnen von einem hohen Aktivitätsgrad und Leistungsbereitschaft gekennzeichnet ist und obwohl ihnen die reguläre Erwerbsarbeit als unhinterfragbare Norm gilt, wird nur bei einer Minderheit eine dauerhafte Befreiung vom Leistungsbezug erreicht. Dies bestätigt die eingangs formulierte These, dass konservative Arbeitsmarktpolitiken und Fürsorgeeinrichtungen dazu tendieren, die soziale Positionierung der Fürsorgebedürftigen zu verfestigen.

Anhand von Fallbeispielen und empirischen Befunden widmet sich Martin Schenk in seinem Beitrag ‚Armut und gefährdete Selbst- und Fürsorge‘ der Prekarisierung des Mittelstandes durch die Armutsfalle des Niedriglohnsektors und ihren gesundheitlichen Folgen. Er beschreibt am Beispiel des Pflegebedarfs wie Armut mit Beschämung und dem Verlust von Handlungsmöglichkeiten und Autonomie einhergeht. Anhand des Beispiels des britischen Gesundheitswesens zeigt der Autor, wie ‚Treffsicherheit‘ zu gesellschaftlicher Spaltung führt und BürgerInnen mit sozialen Rechten in BittstellerInnen verwandelt. Schenk zitiert Studien, die das ‚Paradoxon der Verteilung‘ belegen und argumentiert für einen breiten, auf Egalität beruhenden Zugang zu sozialen Dienstleistungen, der nachweislich Armutsvermeidung besser verwirklichen kann als einkommensabhängige Sozialleistungen.

Brigitte Aulenbacher und Maria Dammayr skizzieren in ihrem Artikel ‚Krisen des Sorgens‘ zunächst eine Kapitalismusanalyse und das institutionelle Gefüge, in dem Sorgearbeit geleistet wird. Auf dieser Argumentationslinie aufbauend, stellen sie die Herrschaftsförmigkeit und gleichzeitige Widerständigkeit der Sorgearbeit exemplarisch anhand der Roboterisierung von Care und der Funktionspflege in Pflegeeinrichtungen dar.

Ethischen Fragen der Sorgearbeit am Beispiel von Health Care widmet sich Michael Rosenberger in seinem Beitrag ‚Der Sorge eine Zukunft geben‘. Er geht auf die Notwendigkeit ein, sich sowohl mit ökonomischen als auch mit ethischen Fragen der Sorgearbeit zu befassen und argumentiert für eine Priorisierung anhand der Kosten-Nutzwert-Analyse. In diesem Zusammenhang er Kriterienkataloge, mittels derer der Nutzwert ermittelt werden kann. Zuletzt geht auf Modelle unbezahlter, außerfamiliärer und solidarischer Care ein.

Teil 2 befasst sich mit Unterschieden und Ähnlichkeiten von nationalstaatlicher Sorgearbeit und geht der Frage nach, inwieweit Sorgearbeit in den nördlichen und westlichen Ländern auf Kosten der Versorgung im globalen Süden und Osten geht.

August Österle zeichnet in seinem Artikel ‚Care-Arrangements zwischen privater und öffentlicher Verantwortung‘ in prägnanter Form die historische Entwicklung der Langzeitpflegepolitik in Europa nach. Er charakterisiert die europäischen Pflegesysteme anhand ihres jeweiligen Anteils am Bruttosozialprodukt, des Verhältnisses von familiärer und öffentlicher Verantwortung sowie der Bedeutung von Geldleistungen, stationären Angeboten und mobilen Diensten. Der Autor geht drei Trends der Neuverteilung von öffentlicher und privater Versorgung nach: 1.) Dem Ausbau sozialer Rechte bei gleichzeitiger Begrenzung der sozialpolitischen Verantwortung durch neue Geldleistungssysteme. 2.) Der Semi-Professionalisierung von informeller und familiärer Pflege- und Betreuungsarbeit durch sozialstaatliche Absicherungsmaßnahmen. 3.) Der zwar legalisierten, aber prekären Beschäftigung von Migrantinnen in privaten Haushalten.

Eine genauere Typologie europäischer Wohlfahrtssysteme legt Erna Appelt in ihrem Beitrag ‚Sorgearbeit und soziale Ungleichheit im Wohlfahrtsstaat‘ vor. Dabei unterscheidet sie liberale, konservative und sozialdemokratische Wohlfahrtsstaattypen, welche weiters dahingehend analysiert werden können, ob sie die Betreuungsfunktion der Familie stärken oder schwächen. Appelt weist anhand von Erläuterungen zu ausgewählten sozialstaatlichen Leistungen und den statistischen Daten nach, dass das erwerbszentrierte und statusorientierte Sicherungssystem in Österreich auf Ungleichheitsstrukturen aufbaut.

Sabine Beckmann vergleicht unter der Überschrift ‚Care neu verteilt‘ die Organisation der kindbezogenen Familienarbeit in Schweden, Frankreich und Deutschland. Dabei bezieht sie sich auf Zeitbudgeterhebungen der OECD, Elternzeitregelungen und Kinderbetreuungsmöglichkeiten, diskursanalytische Untersuchungen und Studien zu Einstellungen, Interessen und Wünschen von Frauen und Männern in diesen drei Ländern. Trotz der Gemeinsamkeit des kulturellen Einstellungswandels die Gleichberechtigung von Frauen betreffend, zeigen sich große Unterschiede in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie den Rollenbildern. Basierend auf den empirischen Befunden stellt Beckmann fest, dass es weniger zu einer Neuverteilung von Care zwischen Frauen und Männern gekommen ist, als vielmehr zu einer Neuorganisation von Care zwischen Familie, Staat und Markt.

Im Beitrag ‚24-Stunden-Betreuung – ganz legal?‘ arbeitet Almut Bachinger heraus, wie im Österreichischen Sozialschutzsystem mit seiner starken Geldleistungsorientierung und seinem impliziten Familialismus die Legalisierung der sog. 24-Stunden-Betreuung erfolgte und diese durch eine öffentliche Förderung in das Pflegevorsorgesystem integriert wurde. Sie beschreibt den Zusammenhang zwischen niedrigen Einkommen, Pflegegeld und der Erbringung von Pflege durch Angehörige oder/und migrantische Arbeitskräfte. Die prekären Beschäftigungsbedingungen von migrantischen Arbeitskräften in der Sorgearbeit werden ihren Ausführungen zufolge durch soziale und kulturelle Normen, die Abwertung feminisierter Arbeit und die Betonung der Lohndifferenz zwischen Herkunfts- und Ankunftsland legitimisiert.

Anhand der Beispiele aus Deutschland, Polen und der Ukraine beschreibt Ewa Palenga-Möllenbeck im Beitrag ‚Globale Versorgungsketten‘ die neue Verteilung der Reproduktionsarbeit, die als ‚care drain‘ bezeichnet werden kann. Die unterbewertete Haushaltsarbeit wird in einkommensstarken Familien vermehrt von bezahlten Arbeitskräften geleistet, bei denen es sich in aller Regel um MigrantInnen handelt. Diese Migranten können in weiterer Folge der Sorgearbeit in ihren eigenen Familien nicht oder nur bedingt nachkommen. Während es innerhalb Europas häufig zu einer Pendelmigration komme, sind bspw. philippinische Care-ArbeiterInnen in Europa oder den USA jahrelang von ihren Familien getrennt. Diese Neu-Organisation der Sorgearbeit wird durch das Arbeitsrecht und die Integrationspolitiken in den Zielländern unterstützt, die Bedingungen für einen semi-legalen und risikoreichen Arbeitsmarkt geschaffen haben.

Hildegard Theobald analysiert ‚Die Einführung einer universellen Pflegesicherung‘ in ausgewählten Ländern basierend auf neo-institutionellen Grundannahmen zur Bedeutung nationaler und internationaler Faktoren im Wandel politischer Institutionen. Untersucht wird dabei das Zusammenspiel politischer und sozialer AkteurInnen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene. Die Autorin geht ein auf das Bundespflegegeldgesetz in Österreich, die Einführung der verpflichtenden Pflegeversicherung in Deutschland, die universelle landesweite Pflegesicherung in Spanien und die Pflegeversicherung in Südkorea. Sie beschreibt, welche AkteurInnen in welcher Form eine Rolle im jeweiligen Entscheidungsprozess spielten und wie die Sicherungssysteme jeweils beschaffen sind.

Der 3. Teil des Sammelbandes befasst sich mit Sorgearbeit im konservativen Wohlfahrtsstaat und der Weise, wie Care in Deutschland und Österreich zwischen Privathaushalt, Staat, Drittem Sektor und Privatwirtschaft neu organisiert wird.

Birgit Riegraf stellt in ihrem Beitrag ‚Care, Geschlecht, Gerechtigkeit‘ dar, wie sich europäische Wohlfahrtsstaaten und die Gerechtigkeitsdebatte gewandelt haben. Zentrale Werte beim Ausbau des Wohlfahrtsstaates waren Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit, zentrale Steuerungsinstrumente waren staatliche Regulierungen und Transferleistungen. In der heutigen Diskussion um den Wohlfahrtsstaat wird Leistungsgerechtigkeit zum zentralen Wert erhoben, die durch einen ‚aktivierenden Sozialstaat‘ umgesetzt werden soll. Riegraf befasst sich in weiterer Folge mit den Auswirkungen dieser Umorientierung auf das Geschlechterverhältnis und die Sorgearbeit.

Den veränderten Erwerbsbedingungen und ihren Folgen für Care in der Familie geht Karin Jurcyk in ihrem Artikel ‚Entgrenzte Arbeit und Care in privaten Lebensformen‘ nach. Sie beschreibt den Wandel zum Postfordismus und den Trend der doppelten Entgrenzung von Familie und Erwerbsarbeit. Jurcyk argumentiert unter Bezugnahme auf Cornelia Klinger gegen die Verlagerung von Care aus dem Privaten in außerfamiliale Institutionen. Sie plädiert für eine Anpassung der Arbeitszeiten an familiale Care-Bedarfe und benennt konkrete Dimensionen einer entsprechenden Zeitpolitik.

Ingrid Maierhuber stellt im Beitrag ‚Vereinbarkeitsprobleme mit Zukunft?‘ anhand statistischer Daten und sozialpolitischer Regelungen dar, wie sich Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung und Angehörigenpflege in Österreich darstellt. Sie kommt zum Schluss, dass eine Politik der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Sorgearbeit auch die Gleichstellung der Geschlechter zum Ziel haben muss, weshalb sie für Maßnahmen zum Abbau von Einkommensunterschieden und zum Aufbrechen geschlechtlicher Rollenstereotype eintritt. Darüber hinaus plädiert sie für Investitionen in Sach- und Serviceleistungen sowie Spielräume bei der Gestaltung der Arbeitszeit.

Im Artikel ‚Haushaltsnahe Dienstleistungen als Herausforderung einer neuen Care-Ökonomie‘ widmet sich Margareta Kreimer zunächst Daten zur Erwerbstätigkeit im Sektor haushaltsnahe Dienstleistungen, der Bedeutung des Dienstleistungsschecks und der Gewerbeanmeldungen von selbstständigen PersonenbetreuerInnen. Sie identifiziert vier zentrale Problembereiche, die die Herausforderung der haushaltsnahen Dienstleistungen für die Care-Ökonomie deutlich machen: Die Bedingungen der Preisgestaltung, den Zusammenhang zwischen live-in-Arrangements und der Entgrenzung von Erwerbsarbeit, die ethnisierte Arbeitsteilung, die intra- und intergeschlechtliche Arbeitsteilung.

Dagmar Andree und Matthias Specht widmen sich der Situation der ‚Pflegeberufe in Österreich‘. Sie erläutern das duale System der Interessensrepräsentation in Österreich, beschreiben Gewerkschaftspolitiken im öffentlichen und im privaten Sozial- und Gesundheitswesen und skizzieren die Lage von BetriebsrätInnen in Krankenpflege und Altenbetreuung. Anschließend stellen sie ausgewählte Ergebnisse des Arbeitsklima-Index und des Arbeitsgesundheitsmonitors der Arbeiterkammer Oberösterreich und dem IFES OÖ für den Zeitraum 2012-2013 vor und schließen daraus auf Handlungsbedarfe für Interessensvertretungen der ArbeitnehmerInnen in Pflege und Betreuung.

Mit dem Zusammenspiel der verschiedenen AkteurInnen in der Sorgearbeit und den absehbaren Trends in der Pflege älterer Menschen befasst sich Katharina Meichenitsch in ihrem Beitrag ‚Care-Ökonomie – Sektorale Verschiebungen und Qualitätsmessung von Pflegeleistungen‘. Entlang des 5-Sektoren-Modells von Luise Gubitzer zeigt die Autorin, wie die Langzeitpflege in Österreich in den letzten Jahren zwischen dem öffentlichen, dem gewinnorientierten, dem non-profit, dem informellen und dem illegalen Sektor verschoben wurde. Weiters stellt sie durch die Etablierung von New Public Management und der Social Business Initiative der Europäischen Kommission ein Verschwimmen der Grenzen zwischen den genannten Sektoren fest. Meichenitsch wirft die Frage auf, wie Qualitätsmessung und -sicherung in der Altenpflege erfolgen kann und skizziert aktuelle Initiativen.

Im Artikel ‚New Public Management, Korruption und ein neues Dienstethos im öffentlichen Sektor‘ beschreibt Dorothea Greiling zunächst in anschaulicher Form den Umbau des öffentlichen Sektors nach dem Leitbild des New Public Managements (NPM). In einem nächsten Schritt befasst sie sich mit dem Phänomen der Korruption, ihren Ursachen und Schäden, den Philosophien und Ansatzpunkten der Korruptionsbekämpfung. Greiling bezieht sich auf Studien, die belegen, wie öffentlich Bedienstete durch NPM-Reformen demoralisiert und demotiviert und damit für Korruption anfällig werden, und beschreibt den Gegenentwurf des Konzepts der Public Services Motivation (PSM), das unter Bezugnahme auf Max Weber für eine Rückbesinnung auf das Dienstethos im öffentlichen Sektor eintritt.

Der Sammelband endet mit dem Beitrag von Erika Rippatha und Iris Woltran ‚Zur zukunftsfähigen Gestaltung von Care‘, in dem auf die drängendsten Problemlagen der Sorgearbeit aus Sicht der gesetzlichen Interessensvertretung von ArbeitnehmerInnen eingegangen und Lösungskonzepte der Arbeiterkammer Oberösterreich vorgestellt werden. Sie nennen eine Vielzahl der in den vorangegangenen Beiträgen identifizierten Probleme. Auffällig ist, dass auf die Prekarität der Arbeitsbedingungen von MigrantInnen und die Komplizenschaft des Staates durch die Legalisierung von als Ausbeutung zu bezeichnenden Beschäftigungsformen nicht eingegangen wird. Die Arbeiterkammer Oberösterreich erkennt folgende Lösungsansätze: Verteilungsgerechtigkeit durch höhere Beiträge für Vermögen und Kapital; eine Zweckwidmung für ein „gutes Sozialsystem“; der Pflegefonds; Ausbau der Pflege- und Betreuungsdienstleistungen; Investitionen in den Ausbau der Kinderbetreuung; Aufwertung der Sorge-Branchen durch gute Entlohnung und gute Arbeitsbedingungen; neue Arbeitszeitmodelle.

Diskussion und Fazit

Die Herausgeberinnen haben einen Sammelband vorgelegt, der im komprimierter Form die Vielschichtigkeit der Care-Debatte deutlich macht und den LeserInnen eine Fülle von empirischen Befunden und Argumentationslinien vermittelt. Inhaltliche Redundanzen sind in einem solchen Sammelband zu erwarten, machen aber auch deutlich, wie ein Phänomen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden kann.

Die Stärke der Beiträge liegt in den Analysen der besprochenen Sachverhalte und der Herausarbeitung von Zusammenhängen zwischen globalen politischen und ökonomischen Entwicklungen und den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Individuen. Eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe bzw. eine fortführende Publikation könnte sich mit der genaueren Ausformulierung von Lösungsansätzen befassen, die in diesem Sammelband tendenziell vage bleiben.

Das Abstraktionsniveau der Beiträge ist in aller Regel hoch, weshalb anzunehmen ist, dass sie sich an ExpertInnen der wissenschaftlichen Diskurse um Sozialpolitik und Wohlfahrtsstaat, Soziale Ungleichheit, Prekarisierung, Migrations- und Geschlechterforschung, Care-Ökonomie u.ä. richten.

Dass hauptsächlich Frauen zu Wort kommen, ist zum einen als Hinweis auf die Feminisierung der Wissenschaft zu begrüßen, verweist zum anderen darauf, dass Sorge-Arbeit auch im Fachdiskurs Frauensache ist.

Rezension von
DSA(in) Mag(a) Karin Goger
MMSc. Dozentin Bachelor-Stdgg. und Master-Stdgg. Soziale Arbeit, Fachhochschule St.Pölten GmbH; Lektorin an der Fachhochschule Burgenland; freiberufliche Referentin und Leiterin von Case Management-Lehrgängen; Organisationsberaterin, Supervisorin, Psychotherapeutin
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Es gibt 9 Rezensionen von Karin Goger.

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ISSN 2190-9245