Philippe Wampfler: Facebook, Blogs und Wikis in der Schule
Rezensiert von Prof.in Dr.in Daniela Cornelia Stix, 29.07.2014

Philippe Wampfler: Facebook, Blogs und Wikis in der Schule. Ein Social-Media-Leitfaden. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2013. 174 Seiten. ISBN 978-3-525-70165-2. D: 24,99 EUR, A: 25,70 EUR, CH: 33,90 sFr.
Autor
Philippe Wampfler ist Lehrer an einem Schweizer Gymnasium. Er hat einen kulturwissenschaftlichen Hintergrund und arbeitet außerdem als Dozent, Referent und Berater zum Thema Lernen mit Neuen Medien.
Entstehungshintergrund
In dem Buch sind die Praxiserfahrungen des Autors als Lehrer sowie aus seiner Referenten- und Beratertätigkeit zusammengeflossen. Da der Autor selbst begeisterter Social Media-Nutzer ist, findet sich im Internet beispielsweise ein das Buch ergänzender Weblog unter www. schulesocialmedia.com. Informationen zum Autor selbst, gibt es unter www.philippe-wampfler.ch.
Thema
Der Autor gibt mit dem 175-Seiten schlanken Werk „Facebook, Blogs und Wikis in der Schule – Ein Social-Media-Leitfaden“ einen Überblick zu den Einsatzmöglichkeiten und Potenzialen von Social Media in Lernsituationen. Das Buch soll eine konstruktiv-kritische Auseinandersetzung mit Social Media fördern. Wampfler möchte dazu ermuntern, sich mit Social Media auseinanderzusetzen, den Umgang zu erlernen, Kompetenzen zu erwerben und so letztlich in der Lage sein zu können „relevante Entscheidungen praxisbezogen zu fällen“ (S. 14). Dabei werden aber auch kritische Aspekte Rund um die Nutzung von Social Media thematisiert. „Die Texte sind praxisbezogen und enthalten Beispiele – aber sie sind keine Anleitungen, sondern Denkanstöße und Überlegungen“ (S. 13). Zielgruppen sind sowohl Lehrkräfte als auch Schulleitungen. Bei ersteren liegt der Fokus auf der Interaktion und dem Einsatz im Unterricht, letztere werden vor allem auf der Ebene der Öffentlichkeitsarbeit angesprochen. Der Autor weist darauf hin, dass sich das Buch zwar im ersten Blick auf Schule konzentriere, die Inhalte aber auch auf andere Bildungseinrichtungen übertragbar seien (S. 13).
Aufbau
Das zunächst übersichtlich gegliederte Werk besteht aus folgenden – voneinander unabhängig lesbaren – Hauptkapiteln:
- Einleitung
- Intermezzo I: Wie man Social Media lernt
- Die Idee Social Media
- Intermezzo II: Kontrollverlust und Filtersourveränität
- Wie Schülerinnen und Schüler Social Media nutzen
- Intermezzo III: Digitale Einsamkeit und Sucht
- Wie Lehrpersonen Social Media nutzen können
- Intermezzo IV: Wirtschaftliche Interessen und Social Media
- Social Media als Herausforderung für die Schulentwicklung
- Ausblick
Im Anhang findet sich neben einer Literaturübersicht auch eine Materialiensammlung bestehend aus Merkblättern und Unterrichtseinheiten.
Inhalt
In der Einleitung bezieht der Autor zunächst Stellung als Befürworter von Social Media. So werden in dem Buch die mit der Verbreitung von Social Media einhergehenden Veränderungen „als Potenzial [verstanden], Lehren und Lernen zu verbessern, mehr auf die Bedürfnisse der Lehrenden und Lernenden abzustimmen und intensiver werden zu lassen“ (S. 9). Wenngleich der Fokus auf den Potenzialen und Chancen liegt, spricht der Autor aber auch Gefahren und mögliche Umgangsweisen damit an (vgl. z.B. S. 13). Er appelliert zudem an Lehrkräfte Social Media als didaktische Chance zu begreifen. Das „konkrete Fachwissen“ der Jugendlichen und „die Fähigkeit [einer Lehrperson] zur Orientierung und Kontextualisierung“ könne sich konstruktiv ergänzen (S. 15).
Da Wampfler die Ansicht vertritt, langfristig sei ein „Ausschluss digitaler Formen von Kommunikation […] nicht denkbar“ (S. 10) gibt er im Intermezzo „Wie man Social Media lernt“ Tipps für eine Schrittweise Annäherung – angefangen beim Abgucken und Fragenstellen. Zum Umgang mit dem Überangebot an Informationen empfiehlt er als Filterwerkzeug ein Triage-Modell, nach dem kurz-, mittel- und langfristig interessante Links und Inputs sortiert und gespeichert werden.
Im 2. Kapitel „Die Idee Social Media“ definiert der Autor Social Media und erklärt welche Neuerungen sich in der Kommunikation für die Nutzer (und Nicht-Nutzer!) ergeben.
Das definitorische Merkmal von Social Media sei „dass es sie erst dann gibt, wenn sie von einer Gemeinschaft verwendet werden. Ohne Inhalte sind Facebook oder Twitter nur Programme, Codes – aber keine Medien“ (S. 24). Dementsprechend verändere sich durch Social Media die Kommunikation. Kommunikation in/mit Social Media zeichne sich 1.) durch wahlweise Aktivität oder Passivität aus. 2.) Inhalte der Sender werden nicht vorgefiltert i.S.v. redigiert. Dadurch könne 3.) Kommunikation zwischen allen Teilnehmenden stattfinden. 4.) könne Kommunikation via Social Media (mit mobilen Endgeräten) orts- und zeitungebunden stattfinden. In diesem Rahmen spricht Wampfler den Social Media politische und gesellschaftliche Bedeutung zu, betont aber zugleich, dass die Definitionsprozesse noch nicht abgeschlossen seien, sodass es möglich sei „daran mitzuarbeiten, dass die Auswirkungen von Social Media wünschenswert und menschenfreundlich sind“ (S. 30).
Der Autor zieht in diesem Kapitel mehrfach Beispiele aus dem Unterricht heran. Das folgende nutzt der Autor, um das traditionelle Unterrichtsmodell mit dem traditioneller Medien zu vergleichen und die Erweiterung durch Social Media aufzuzeigen: „Der Lehrer steht an der Stelle der Tageszeitung, die vordefinierte Inhalte mit einheitlichen Methoden aufbereitet. Die Schülerinnen und Schüler nehmen die Positionen der Leserinnen und Leser ein, die vorgegebenen Tätigkeiten mit den Zeitungen ausführen können: Lesen, darüber reden, allenfalls einen Leserbrief schreiben.“ (S. 34) Social Media verändere nun in diesem Modell die Rolle der Teilnehmenden, den Umgang mit Inhalten sowie die Gestaltung der Beziehungen untereinander.
Das Überangebot an Informationen habe Wampfler zufolge Auswirkungen auf das Wissen und Lernen. Er meint, Wissen sei heute immer schon da, es müsse lediglich abgerufen werden. Es sei daher entscheidend „für Lehrpersonen wie auch für Lernende, wie Inhalte gefunden und in Beziehung gesetzt werden“ (S. 38). Der Verlust der Raumes führe zu einer Auflösung der Lernfelder, Wissen werde zunehmend lokal unabhängig. Neben dem Verlust der Privatsphäre habe Social Media vor allem vier Veränderungen bewirkt: Permanenz, Kontextwechsel, Skalierbarkeit und Auffindbarkeit. Zum Abschluss des Kapitels appelliert der Autor für die Aufhebung von digital und real und damit von der Vorstellung Facebook-Freunde seien keine echten Freunde, Chats seien keine echten Gespräche etc. Vielmehr verschwömmen beide Sphären zunehmend.
Auf das Überangebot an Informationen geht der Autor nochmals vertiefend im Intermezzo II: Kontrollverlust und Filtersouveränit ein. Der Begriff Kontrollverlust umfasst dabei die Tatsache, dass das Konzept der informationellen Selbstbestimmung, den technischen Möglichkeiten nicht länger standhält (S. 48). Das Internet basiere auf Datenzirkulation. Den Kontrollverlust durch staatliche Kontrollinstanzen ist für den Autor nur eine vermeintliche Kontrolle, da sie umgehbar seien. Wampfler schlägt ein Akzeptieren des Kontrollverlustes als Lösung vor, und empfiehlt zugleich dies „mit dem ethischen Konzept der Filtersouveränität zu koppeln“ (S. 48), also eine Kompetenz zu entwickeln, die erwünschte von unerwünschten Informationen trenne.
Im 3. Kapitel „Wie Schülerinnen und Schüler Social Media nutzen“ zeigt Wampfler anhand quantitativer und qualitativer empirischer Studien, wie Jugendliche mit Social Media kommunizieren und lernen, sowie wo Gefahren liegen. Die Selbst und Fremdwahrnehmung der sog. digital Natives divergiere. Jugendlichen sähen sich häufig Rollenvorgaben gegenüber, die sie weder im positiven noch im negativen Sinne erfüllten: Beispielsweise werde ihnen einerseits hohes technisches Wissen und Können zugeschrieben und zugleich große Naivität unterstellt. Da es nicht DEN digital Native gebe appelliert der Autor an Eltern und Lehrkräfte „nachzufragen, wie Jugendliche handeln und was sie sich dabei überlegen“ (S. 59). Eine Orientierung gibt der Autor dem Leser in dem er Mediennutzungsdaten der JIM- und JAMES-Studien vorstellt. Beispielsweise zeigt er Lernpotenziale mit Social Media auf: „Während in der JIM-Studie der Hauptzugang für Informationen im Internet Suchmaschinen sind […], benutzen Jugendliche in der Schweiz gemäß der JAMES-Studie 2010 Soziale Netzwerke gleich häufig wie Suchmaschinen für die Beschaffung von Informationen“ (S. 65). Grundlage für diese Art der Informationssuche sei ein breites Netzwerk an unterschiedlich intensiven Kontakten – die es wiederum zu pflegen gelte. Aus einer Vielzahl an Kompetenzen im Umgang mit Social Media betont Wampfler insbesondere die Reflexionskompetenz (z.B. bezüglich der Qualität der Informationen und der Kontakte), da diese medienunabhängig anwendbar sei. Neben den erforschten negativen Auswirkungen von Medien auf das Gehirn (z.B. sinkende Aufmerksamkeitsspannen) werden auch Formen, Hintergründe, Mechanismen und Auswirkungen von Cybergewalt (Mobbing und Stalking) behandelt. Im Intermezzo geht der Autor außerdem darauf ein, wie eine Fokussierung auf „bequeme“ (S. 86) digitale Kommunikationswege zu sog. digitaler Einsamkeit führen und im Extremfall zu Sucht werden kann.
Im praxisnahen 4. Kapitel „Wie Lehrpersonen Social Media nutzen können“ stellt der Autor verschiedene Möglichkeiten der Einbindung von Social Media in schulische Kontexte vor und gibt auch Hinweise darauf, was im Voraus zu bedenken ist.
Wampfler will Lehrkräfte dazu motivieren, den gestiegenen beruflichen Anforderungen mit den neuen Werkzeugen, die Social Media bietet, zu begegnen (S. 91). Er benennt zunächst eine Reihe von Möglichkeiten, die das Soziale Onlinenetzwerk Facebook Lehrkräften bietet (z.B. „Schülerinnen und Schüler über Richtlinien für sicheres Verhalten auf Social Media informieren“ oder „über Facebook-Seiten und -Gruppen mit Eltern, Schülerinnen und Schülern im Kontakt bleiben“) (S. 92). Darüber hinaus geht er ausführlich auf die Möglichkeit Social Media zum Wissensmanagement und als persönliche Lernnetzwerke zu nutzen. Voraussetzung für eine entsprechend pädagogische Nutzung sei, sich von der Auffassung zu verabschieden, Kommunikation und Inhalte in Social Media seien oberflächlich (S. 99).
Des Weiteren geht der Autor die Frage nach, welche Konsequenzen eine (oder mehrere) Social Media-Präsenzen für Lehrkräfte haben. Er empfiehlt, sich die eigenen Ziele vorab bewusst zu machen (S. 93) sowie den Betreuungsaufwand – in sozialer, inhaltlicher und kommunikativer Hinsicht – nicht zu unterschätzen (S. 93). Er rät außerdem dringend, vorab die eigene private und öffentliche Rolle zu reflektieren sowie zu klären, welche Rolle(n) man in Social Media vertreten möchte (S. 94 f.). Dies beeinflusse auch die Art der Interaktion mit des Schülerinnen und Schülern. Für Wampfler ist klar, dass Social Media das Lernen verändert: „Es wird individueller, freiwilliger und offener […] Immer häufiger treten neben schulisch strukturierte Lernprozesse private, selbstgesteuerte, vernetzte“ (S. 107). Die Aufgabe der Schule und der Lehrkräfte sieht er vor allem in der Vermittlung von methodischen (Medien- und Reflexions-) Kompetenzen (S. 108 f.). Dazu empfiehlt er Social Media unter gezielten Fragestellungen und mit expliziten didaktischen Zielsetzungen einzusetzen (S. 108).
Abschließend benennt der Autor eine Reihe von Gefahren, die beim Einsatz von Social Media zu beachten und reflektieren sind. Dies seien die „Hauptgefahr der Verzettelung, der Nervosität, der Verlust der Orientierung“ (S. 113) sowie die bereits in Kapitel 2 angesprochene Gefahr des Kontextwechsels. Ausführlich geht er auf das Problem der Vorfilterung von Informationen ein: „Wir erhalten kurz gesagt, nur Informationen, mit denen wir schon rechnen“ (S. 113). Dies wirke sich auf den Einsatz von Social Media für Wissensmanagement aus und zwar in dem Sinne, dass die Medienkompetenz um ein Filtermanagement (S. 114) erweitert werden müsse.
Im Intermezzo IV: Wirtschaftliche Interessen und Social Media spricht Wampfler das Problem an, dass die Betreiber von Social Media-Plattformen wirtschaftliche Interessen verfolgen und appelliert daran, diese unbedingt „in die medienpädagogische Reflexion des Verhaltens in sozialen Netzwerken“ einzubinden (S. 119). Außerdem kritisiert er einerseits den Werteverlust von menschlicher Arbeit. Andererseits hebt er aber das große Potenzial hervor, das Lehrkräfte durch den Austausch von Lehrmitteln (Open Educational Resources) über Social Media haben.
Im 5. Kapitel „Social Media als Herausforderung für die Schulentwicklung“ entwirft der Autor Entwicklungsmöglichkeiten und zeigt Maßnahmen auf, die Schulen im Umgang mit dem Kommunikationswandel helfen können (vgl. S. 122). Er appelliert an die Schulen Innovationen nicht länger zu ignorieren. Die Schülerinnen und Schüler müssten besser auf die Zukunft vorbereitet werden, statt „die Vergangenheit der Lehrer vermittelt zu bekommen“ (S. 125). Wampfler macht darauf aufmerksam, dass die neuen Technologien auch „effiziente Methoden [brauchen], sie für pädagogische Zwecke einzusetzen“ (S. 126). Dementsprechend erkennt er in den Bildungszielen teilweise Prinzipien von Social Software (Selbstbestimmung, Interessenkonzentration etc.) reklamiert aber, dass es in der Umsetzung oft an der schulischen Realität (Curricula, Prüfungen etc.) scheitere (vgl. S. 127).
Am Beispiel der Öffentlichkeitsarbeit zeigt der Autor ausführlicher die Möglichkeiten Social Media für die Schulentwicklung zu nutzen und aktiv zu gestalten. „Social Media wirkt bedrohlich für die Organisation Schule. Befreiend wirkt die Perspektive, den Wandeln selber zu lenken“ (S. 129). In diesem Zusammenhang weist Wampfler u.a. darauf hin, dass Schulkultur ohnehin als Schulkommunikationskultur zu verstehen sei. Social Media sei nur ein Werkzeug, dies zu erleichtern. Dabei betont der Autor jedoch, dass eine Kommunikationsstrategie hierfür unbedingte Voraussetzung sei, und dass es nicht genüge wenn eine Gruppe engagierter Lehrer oder Schüler die Schule in Social Media vertrete. Des Weiteren nennt der Autor dem Leser in diesem Kapitel Gründe, die für die Social Media-Nutzung sprechen, stellt die Facebook-Seite von Harvard als vorbildlich vor und gibt auch Tipps für die Schrittweise Veränderungen in der schulischen Arbeitsorganisation. Abschließend spricht der Autor erneut die zunehmend wichtige Aufgabe der Schule an, den Schülerinnen und Schülern Medienkompetenz zu vermitteln.
Im Kapitel Ausblick zeigt Wampfler nahe und ferne Zukunftsvisionen auf. Für die Schule benennt er drei Herausforderungen: neue didaktische Modelle für einen Unterricht mit neuen Raum-Zeit-Konzepten, die zunehmend bedeutende Unterstützer-Rolle der Schule bezüglich der Anleitung zur Selektion von Informationen sowie die Veränderung von für die Bildung grundlegenden Konzepten wie Konzentration und Leistung oder eine Erweiterung der Kulturtechniken. Als Beispiel zeigt er auf, welches Potenzial eine Programmiersprache (die er diesbezüglich mit Latein vergleicht) für das methodische Denken und Kommunizieren haben kann. Außerdem glaubt der Autor an die zunehmende Unverzichtbarkeit von Algorithmen in unserem Alltag und damit im Kontext Schule. Das Kapitel schließt mit einer Prognose der gesellschaftlichen Veränderungen. Wampfler reiht das Internet in Entwicklungen wie Schrift und Buchdruck ein. Er glaubt, das Internet werde die Wirklichkeit verändern in dem zunächst Werkzeuge mit effizienteren ersetzt würden, „die dann aber plötzlich andere geworden sind“ (S. 153).
Die Materialiensammlung im Anhang umfasst Social-Media-Guidelines für Schulen sowie Lehrpersonen. Sie dienen als Ideengeber für die Entwicklung eigener Leitfäden und basieren ausdrücklich auf den gängigen gesellschaftlichen Umgangsregeln. Des Weiteren sind zwei Merkblätter zum Einsatz von Social Media und Smartphones im Unterricht enthalten. Auch sie dienen als Vorlage für eigene Richtlinien. Den größten Raum im Anhang nehmen Unterrichtseinheiten ein. Dabei handelt es sich nicht um durchgeplante Stundenmodelle, sondern sie gleichen eher langfristigen, unterrichtsbegleitenden Projektarbeiten bei denen es um den Erwerb übergeordneter personaler und sozialer Kompetenzen geht. Der Autor gibt Ideen zum Einsatz von Portfolios, Blogs und Wikis. Des Weiteren zeigt er auf, wie man mit Social Media literarisch experimentieren oder das Thema Medienrechte kreativ in den Unterricht einbinden kann.
Diskussion
Die Stärke des Buchs liegt in den praktischen Anteilen und Anleitungen, die sehr anschaulich gelungen sind. Das Buch selbst ist eine klare Aufforderung Social Media zu nutzen; diese Nutzung aber zu reflektieren und sich der Probleme und Gefahren der Nutzung bewusst zu sein um bewusst damit umgehen zu können. Wampfler gibt vielfältige Tipps, an denen die pädagogische Arbeit mit Social Media anknüpfen kann. Der Fokus liegt stark auf der pädagogischen Perspektive und lässt die der Schülerinnen und Schüler meist unberücksichtigt: Schülerinnen und Schüler haben zwar grundsätzlich kein Problem damit, dass sich Lehrer in Facebook aufhalten, aber gab es nicht schon immer auch den einen Lehrer, zu dem man möglichst große Distanz halten wollte und froh war, wenn die Stunde vorüber war? Ebenso habe ich mich beim Lesen immer wieder gefragt, ob hier wirklich von der großen Masse Jugendlicher gesprochen werden kann, oder ob es nicht eine kleine jugendliche Elite ist, die Medien zum selbstbestimmten Lernen nutzt. Hier hätte ich mir Belege gewünscht.
Die Informationsmenge ist für den zur Verfügung stehenden Umfang sehr hoch. Dem Autor gelingt es dennoch, zwei große Themen Internet und Bildung in Beziehung zu setzen und die dafür nötigen Strukturen und Hintergrundinformationen zu beleuchten. Dass dabei vieles nur angerissen werden konnte, ist für den an der Praxis orientierten Leser sicherlich von Vorteil, ließ bei mir persönlich aber ein eher unbefriedigtes Gefühl des Halbwissens aufkommen. Insbesondere die Subkapitel in denen historische, psychologische und wirtschaftliche Entwicklungen beleuchtet werden, die mit dem kommunikativen Wandel in Verbindung stehen, beschränken sich auf die absolut nötigsten Informationen: Beispielsweise wird im Kapitel zum Begriff „Social“ dieser auf „Gratisarbeit“ und „Verlust von Körperlichkeit“ heruntergebrochen, gewünscht hätte ich mir zusätzlich eine etymologische Erklärung des dt. „sozial“ und des englischen „social“.
Da Wampfler selbst auf seiner Webseite das Buch als eines beschreibt, das nicht gängige Vorurteile über Social Media wiederhole, sondern anhand aktueller Forschung und Literatur die Möglichkeiten eines konstruktiven Umgangs aufzeige, hatte ich mehr Quellen erwartet. Das Buch bleibt jedoch praxisnah und konzentriert sich diesbezüglich auf das notwendige Wissen. Dem Praktiker sehr entgegen kommen dürfte auch, dass der Autor auf die Schilderung technischer Details verzichtet.
Die Struktur des Buches, das laut Autor auch nicht linear gelesen werden könne, erinnert an einzelne Wikibeiträge, oder um bildlich zu sprechen: die vielen kleinen Subkapitel umkreisten wie Satelliten das Thema. Die Hauptkapitel bestehen jeweils aus einer Vielzahl mehr oder weniger unabhängiger Unterkapitel. Hilfreich wäre für den Leser hier eine Orientierung mittels Inhaltsverzeichnis gewesen. Beim linearen Lesen kam es auf Grund dieser Struktur leider zu mehreren Wiederholungen. Dennoch ließ sich das Buch sehr flüssig und inspirativ lesen.
Fazit
Trotz der genannten Punkte legt der Autor mit „Facebook, Blogs und Wikis in der Schule – Ein Social-Media-Leitfaden“ ein für den Praktiker empfehlenswertes Buch vor, das nicht nur euphorisch viele Anregungen für den Einsatz von Social Media im schulischen Kontext bietet, sondern Social Media auch kritisch betrachtet und Fragen aufwirft.
Rezension von
Prof.in Dr.in Daniela Cornelia Stix
ist Dipl.-Sozialpädagogin/-arbeiterin (FH) und Medienwissenschaftlerin (M.A.) und als Professorin für Soziale Arbeit an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg tätig. Ihre Arbeitsschwerpunkte umfassen die Themen Digitalität und Digitalisierung der Sozialen Arbeit, Natur- und Erlebnispädagogik sowie die Kinder- und Jugendarbeit.
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ORCID: https://orcid.org/0000-0001-9211-7748
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