Monika T. Wicki, Simon Meier: Anders begabt und freiwillig engagiert!
Rezensiert von Dr. Karoline Klamp-Gretschel, 26.08.2014

Monika T. Wicki, Simon Meier: Anders begabt und freiwillig engagiert! Empfehlungen zur Unterstützung des freiwilligen Engagements von Erwachsenen mit intellektuellen Beeinträchtigungen. Seismo-Verlag Sozialwissenschaften und Gesellschaftsfragen AG (Zürich) 2014. 177 Seiten. ISBN 978-3-03777-138-9. D: 26,00 EUR, A: 26,80 EUR, CH: 32,00 sFr.
Thema
Freiwilliges Engagement stellt einen wichtigen Zugang zur Teilhabe an der Gesellschaft dar. Um jene Form der Teilhabe für Erwachsene mit intellektueller Beeinträchtigung zu ermöglichen, müssen Handlungsempfehlungen zur Umsetzung formuliert werden. Können Freiwilligen-Vermittlungsagenturen und Einsatzstellen die passende Unterstützung bieten? Inwiefern können spezifische Bildungsangebote die persönlichen Kompetenzen der Freiwilligen mit intellektueller Beeinträchtigung stärken?
Monika T. Wicki und Simon Meier haben eine Studie zum freiwilligen Engagement von Erwachsenen mit intellektuellen Beeinträchtigungen in der Schweiz durchgeführt, die diesen Fragen nachgeht und nach Antworten sucht.
Autor_innen
Dr. Monika T. Wicki ist wissenschaftliche Mitarbeiterin (mbA) und Projektleiterin an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zürich. Dort ist sie im Bereich Erwachsene und alte Menschen mit Behinderung tätig. Simon Meier, lic. phil., ist an ebenjener Hochschule wissenschaftlicher Assistent, ebenfalls im Bereich Erwachsene und alte Menschen mit Behinderung.
Entstehungshintergrund
Freiwilliges Engagement nimmt verstärkt Platz in Theorie und Praxis ein, auch die Möglichkeiten für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung wachsen, solch eine sinnstiftende Tätigkeit (vgl. S. 34) zu übernehmen. Gleichzeitig gab es vor der Veröffentlichung der Studie von Monika T. Wicki und Simon Meier keine Publikationen zum freiwilligen Engagement der Personengruppe in der Schweiz. Ebenjene Lücke versuchen die Autor_innen mit ihrer Publikation zu schließen.
Aufbau und Inhalt
Das Buch von Monika T. Wicki und Simon Meier beinhaltet sieben Kapitel, diese sind
- Einleitung
- Forschungsstand und Begriffsdefinitionen
- Forschungsfrage und Forschungsdesign
- Ergebnisse
- Empfehlungen für die Praxis
- Ausblick
- Literatur
sowie eine Widmung an Barbla, die als Inspiration für die Publikation wirkte, einen Anhang und Angaben zu den Autor_innen.
In Kapitel 1 leiten Monika T. Wicki und Simon Meier in das Thema ihrer Forschungsarbeit ein und legen ihr weiteres Vorgehen dar.
Kapitel 2 setzt sich mit Definitionen zum freiwilligen Engagement (Kap. 2.1), Freiwilligen mit Beeinträchtigungen (Kap. 2.2), intellektuellen Beeinträchtigungen (Kap. 2.3), Teilhabe – Integration – Inklusion (Kap. 2.4), älter werdenden Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen (Kap. 2.5) und dem freien Willen im Engagement (Kap. 2.6) auseinander.
Die Forschungsfrage und das Forschungsdesign werden in Kapitel 3 näher beschrieben. Die einzelnen, zu befragenden Zielgruppen und die damit verbundenen Forschungsmethoden werden erörtert. Vermittlungsstellen und Einsatzstellen sollen mittels Onlinebefragung erreicht (Kap. 3.3), Leitlinien für Freiwilligenarbeit analysiert (Kap. 3.4), Leiter_innen von Bildungsklubs mittels Telefongespräch befragt (Kap. 3.5), Betreuer_innen in der Freiwilligenarbeit mit Hilfe von Gruppengesprächen interviewt (Kap. 3.6) und Freiwillige selbst per Leitfadengestützten Interviews (Kap. 3.7) erreicht werden.
In Kapitel 4 werden die Ergebnisse aus den Befragungen präsentiert, aus denen u.a. Herausforderungen (Kap. 4.4) und Unterstützungsmöglichkeiten (Kap. 4.5) hervorgehoben werden. Zudem finden sich in dem Kapitel Hinweise zur Gestaltung von Bildungskursen zum Thema (Kap. 4.6).
Es schließt sich Kapitel 5 an, das Empfehlungen für die Praxis formuliert, die dazu führen sollen, dass mehr Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung ein freiwilliges Engagement aufnehmen können.
Im letzten inhaltlichen Kapitel 6 wird ein Ausblick auf die Fortentwicklung des Themenkomplexes gegeben.
Diskussion
Monika T. Wicki und Simon Meier möchten mit ihrer Publikation die aktuelle Situation von freiwillig engagierten Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in der Schweiz abbilden. Sie wollen das „Wohlbefinden“ und die „Lebensqualität“ (S. 34) für die Personengruppe erhöhen durch diese „sinnvolle Tätigkeit“ (ebd.). Durch die Kombination verschiedener Befragungsmethoden und -gruppen kann ein vielfältiges und komplexes Bild des freiwilligen Engagements von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in der Schweiz dargestellt werden. Die grundlegenden Definitionen der Termini in Kapitel 2 bieten auch für Menschen, die sich bislang nicht oder nur in Ansätzen mit dem Themenkomplex beschäftigt haben, Möglichkeiten des thematischen Einstiegs.
Kritisch kann die starke Eingrenzung der Befragtengruppe angesehen werden, die aber auch von den Autor_innen selbst benannt wird (vgl. S. 129). Zur Befragung wurden nur Einrichtungen der Behindertenhilfe angefragt, die bereits mit der Personengruppe arbeiten. Eine Ausweitung auf weitere Bereiche der Gesellschaft wäre sinnvoll gewesen, um ein umfassenderes Bild zu gestalten. Gleichsam können die anhand der Ergebnisse entwickelten Handlungsempfehlungen hilfreich für alle Einrichtungen sein, die ihr Angebot des freiwilligen Engagements für Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen verstärken wollen.
Die Publikation kann als wichtiger Anstoß zur weiteren theoretischen und praktischen Auseinandersetzung mit dem freiwilligen Engagement von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung verstanden werden.
Fazit
Monika T. Wicki und Simon Meier ist es gelungen, die aktuelle Situation des freiwilligen Engagements von Erwachsenen mit intellektueller Beeinträchtigung in der Schweiz darzustellen. Besonders für Leser_innen, die sich bislang wenig mit dem Themenkomplex beschäftigt haben, kann das Buch von großem Interesse sein. Aber auch Fachkräfte können durch die Handlungsempfehlungen verbunden mit den Ergebnissen der Befragungen Denkanstöße für die weitere Arbeit erhalten. Trotz der Orientierung an der Schweiz können die Ergebnisse auch auf andere Länder übertragen werden. Ebenso können die Handlungsempfehlungen als universale Empfehlungen eingeordnet werden, die in anderen Ländern, aber ebenso andere Personengruppen in ihrem Engagement unterstützen können (z.B. Menschen mit Migrationshintergrund, ältere Menschen, etc.).
Zukünftig muss es mehr Angebote des freiwilligen Engagements für Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen geben, um die Teilhabe der Personengruppe zu erweitern. Die Impulse des Buches können die Lebenssituationen von Menschen mit Behinderung nachhaltig verbessern und den Vorgaben der UN-BRK zur gesellschaftlichen Teilhabe stärker entsprechen.
Es gelingt den Autor_innen Theorie und Praxis zu vereinen, so dass dieses Buch sowohl für Wissenschaftler_innen, Fachkräfte und Studierende sowie weitere interessierte Leser_innen uneingeschränkt empfohlen werden kann.
Rezension von
Dr. Karoline Klamp-Gretschel
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