Susanne Everding, Eva Hofmann: Forschen am Tellerrand und darüber hinaus
Rezensiert von Dr. Anke Meyer, 03.10.2014

Susanne Everding, Eva Hofmann: Forschen am Tellerrand und darüber hinaus. Kreative Spielideen für Kinder ab 12 Monaten. Klett-Kallmeyer (Hannover) 2014. 119 Seiten. ISBN 978-3-7800-4803-5. D: 22,95 EUR, A: 23,60 EUR, CH: 32,90 sFr.
Thema
Forschen? Ist das nicht das, was normalerweise an Universitäten passiert? Aber im Kindergarten? Und dann noch bei den ganz Kleinen unter drei Jahren? Die Erzieherinnen und Spielpädagoginnen Susanne Everding und Eva Hoffmann haben genau für diese Altersgruppe ein Konzept entwickelt, wie Kinder zwischen ein und drei Jahren mit Hilfe von Alltagsmaterialien und einfachen Impulsen dazu angeregt werden ihre Welt zu erforschen.
Aufbau und Inhalt
Im ersten Kapitel des Buches stellen die beiden Autorinnen zunächst ihr Konzept „Forschen am Tellerrand und darüber hinaus“ vor. Sie beziehen sich hierbei auf den Hirnforscher Gerald Hüther und den Entwicklungspsychologen Jean Piaget. Sie zeigen, wie wichtig es ist, jedes Kind individuell im Blick zu haben, um es nicht zu überfordern und ihm Erfolgserlebnisse zu ermöglichen. Außerdem geben sie einen Überblick über die verschiedenen Spielformen im Kleinkindalter, wobei sie das Übungsspiel in den Mittelpunkt stellen. Sehr praxisnah erläutern sie, welche Gefahren bei der Verwendung von Alltagsmaterialien für Kleinkinder beachtet werden müssen und wie die Spielleitung das Forschen beobachten und begleiten sollte.
Das zweite Kapitel gibt einen Überblick über die Struktur der Praxisseiten. Sehr genau gehen die Autorinnen auf die Bildungsmöglichkeiten der Spiele ein: auf die Schulung der Sinneswahrnehmung und Förderung der motorischen, sozialen und geistigen Entwicklung. Das, was hier ausführlich erläutert wird, wird dann bei der Vorstellung der Spiele nur noch stichpunktartig aufgeführt. Weitere Punkte sind Beobachtungen aus der Praxis, die räumlichen Voraussetzungen, die Vorbereitung der Materialien, die Motivation des Kindes, Impulse und spielerische Aktivitäten, spielerischer Abschluss und weitere praktische Tipps.
Das dritte Kapitel ist das umfangreichste. Auf jeweils einer Doppelseite werden vierzig Spielideen vorgestellt, die jeweils ein Material ins Zentrum rücken wie z.B. Schwämme, Socken oder Absperrband. Bei einem Spiel bekommen die Kinder z. B. Metalldeckel, wie man sie von Babygläschen oder Marmeladengläsern kennt, zur Verfügung gestellt. Die Spielleitung bewegt zunächst eine mit solchen Deckeln gefüllte Chipsdose hin und her, um mit den entstehenden Geräuschen die Kinder die Aufmerksamkeit der Kinder zu wecken. Dann öffnet sie die Dose und lässt die Deckel auf den Boden fallen. Die Kinder bekommen Schuhkartons voller Deckel zur Verfügung gestellt. Sie können mit den Deckeln Geräusche machen, sie befühlen, transportieren, auskippen, sortieren, was immer ihnen einfällt. Auf dem Boden liegen auch Backbleche oder Metalltabletts, die die Kinder dazu anregen sollen, unterschiedliche Geräusche mit den Deckeln zu produzieren oder sie auf den Blechen zu sortieren. Außerdem gibt es noch weitere Chipsdosen mit einem Schlitz, durch den kleinere Deckel gesteckt werden können. Durch das Spiel mit den Deckeln soll die auditive und taktile Wahrnehmungsfähigkeit geschult und die feinmotorischen Fähigkeiten und die Konzentrationsfähigkeit gefördert werden.
Diskussion
Ich habe das Buch gerne gelesen. Der theoretische Teil war sehr informativ, nicht zu lang, nicht zu kurz. Die beiden Autorinnen haben immer wieder Zitate, z. B. aus Büchern von Astrid Lindgren, eingefügt, so dass auch die Theorie nicht zu trocken wird. Mir gefällt es sehr gut, dass der größte Teil des Buches den Spielen gewidmet ist. Die Spiele sind sehr anschaulich beschrieben und übersichtlich aufgebaut. Es gibt auch noch viele Möglichkeiten eigene Ideen einzubringen und Spielvarianten zu entwickeln, die zu den Kindern, mit denen man arbeitet, passen. Man merkt, dass die beiden Autorinnen aus der Praxis kommen und die Spiele auch ausprobiert haben. Die vielen Bilder, mit denen die einzelnen Spiele illustriert werden, machen Lust, sie selbst auszuprobieren.
Das Buch eignet sich vor allem für Pädagoginnen und Pädagogen, die mit Kindern unter drei Jahren arbeiten. Es kann aber auch sehr anregend für Mütter und Väter sein, auch wenn sie sich vielleicht nicht unbedingt für Bildungsziele und konzeptionelle Überlegungen interessieren.
Fazit
Ein Buch mit vielen guten Ideen, um die Forschungsarbeit der ganz Kleinen anzuregen und zu unterstützen!
Rezension von
Dr. Anke Meyer
Lehrerin am Berufskolleg,
Fachleiterin für Sozialpädgogik in der LehrerInnenausbildung
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