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Hartmut Kasten, Bärbel Amerein et al. (Hrsg.): Entwicklungspsychologie. Lehrbuch für pädagogische Fachkräfte

Rezensiert von Sandra Ebert, 17.11.2014

Cover Hartmut Kasten, Bärbel Amerein et al. (Hrsg.): Entwicklungspsychologie. Lehrbuch für pädagogische Fachkräfte ISBN 978-3-8085-6813-2

Hartmut Kasten, Bärbel Amerein, Holger Küls, Bodo Rödel, Melanie Willich (Hrsg.): Entwicklungspsychologie. Lehrbuch für pädagogische Fachkräfte. Verlag Europa-Lehrmittel Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG (Haan-Gruiten) 2014. 463 Seiten. ISBN 978-3-8085-6813-2. D: 28,00 EUR, A: 28,80 EUR, CH: 38,50 sFr.

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Herausgeber und AutorInnen

Die Beiträge des Sammelbands wurden von den AutorInnen Bärbel Amerein, Holger Küls, Bodo Rödel, Anja Tüngler sowie Melanie Willich verfasst. Die AutorInnen sind in der pädagogischen oder psychologischen Forschung bzw. Praxis tätig. Herausgeber des Werks ist Prof. Dr. Dr. Hartmut Kasten.

Entstehungshintergrund

Der PISA-Schock im Jahre 2001 leitete in Deutschland einen nachhaltigen Wandel des Bildungs- und Erziehungssektors, insbesondere in der Elementarpädagogik, ein. Die institutionelle Bildung und Förderung der Jüngsten rückte in den Fokus, wodurch die Vermittlung von fundiertem wissenschaftlichem und praxisorientiertem Wissen zur Entwicklung der Kinder in der Ausbildung von verschiedenen Stellen noch deutlicher gefordert wurde. Das vorliegende Lehrbuch „Entwicklungspsychologie“ will seinen Beitrag leisten, indem entwicklungspsychologisches Grundlagenwissen von der Geburt bis zum hohen Erwachsenenalter vermittelt wird, welches grundlegende Voraussetzung für eine qualifizierte Begleitung und Förderung der Kinder und Jugendlichen darstellt. Das Lehrbuch trägt aktuelle theoretische und forschungsbasierte Erkenntnisse zusammen und präsentiert sich als anschauliches, praxisorientiertes Lehrbuch für Ausbildung und Studium aller (sozial-) pädagogischen Arbeitsfelder. Gleichermaßen eignet es sich für Fachkräfte, die in der Berufspraxis tätig sind.

Aufbau

Der Sammelband teilt sich in zwei Teile auf:

  • Teil A befasst sich in vier Kapiteln mit den Grundlagen der Entwicklungspsychologie, während
  • Teil B auf ausgewählte Bereiche der Entwicklung fokussiert und diese in sechs Kapitel untergliedert.

Inhalt

Das erste der insgesamt zehn Kapitel trägt den Titel „Was ist Entwicklungspsychologie?“ und wurde von Bodo Rödel ausgearbeitet. In diesem Kapitel findet die Einordnung der Entwicklungspsychologie in die Sozialwissenschaften statt, es werden die grundlegenden Aufgaben benannt, ein Überblick über die Entwicklung der gesamten Lebensspanne gegeben und die Geschichte der Disziplin dargestellt.

Das von Bärbel Amerein stammende zweite Kapitel konzentriert sich auf Forschungsmethoden. Die Autorin klärt zu Beginn des Kapitels zunächst Grundbegriffe, bspw. werden Termini wie Variable oder Operationalisierung definiert. Anschließend wird die wissenschaftlich fundierte Forschung als Abgrenzung zu Alltagstheorien vorgenommen und auf ethische Prinzipien in der Forschung verwiesen. Forschungsdesigns wie die Einzelfallanalyse, Quer- und Längsschnittstudien werden ebenso wie qualitative und quantitative Erhebungs- und Auswertungsmethoden eingebunden. Am Ende dieses Kapitels werden qualitative und quantitative Sozialforschung vergleichend gegenübergestellt.

Kapitel 3 ist ebenfalls ein Beitrag von Bärbel Amerein und trägt den Titel Kindheitsforschung. Zunächst wird auf das Bild vom Kind eingegangen, indem die historische Entwicklung und die Merkmale der heutigen Sichtweisen auf Kindheit dargelegt werden. Im nächsten Schritt wird die Entwicklung der Kindheitsforschung in den letzten 100 Jahren auszugsweise nachgezeichnet, bevor die Besonderheiten der Forschung mit Kindern gegenüber der Forschung über Kinder herausgestellt werden.

Holger Küls stellt in Kapitel 4 die Grundlagen der Entwicklung vor. Stufen- und Phasenmodelle der Entwicklung werden ebenso beleuchtet wie die zentralen Entwicklungsaufgaben. Es werden menschliche Bewältigungsstrategien bei kritischen Lebensereignissen dargestellt und weiter auf die Anlage-Umwelt-Theorie eingegangen. Adoptions- und Zwillingsforschung, Erkenntnisse der Hirnforschung und das Bild vom Menschen als aktiver Gestalter seiner Entwicklung sind weitere Themengebiete, mit denen sich der Autor auseinandersetzt. Das Kapitel schließt mit Theorien und Erklärungsansätzen zur Entwicklung und geht sowohl auf psychodynamische, kognitive, behavioristische und auch moderne Erklärungsansätze ein.

Kapitel 5, welches den Teil B eröffnet, hat die Entwicklung des Körpers und der Motorik zum Thema und wurde von Anja Tüngler erarbeitet. Zunächst werden die genetischen Grundlagen der Entwicklung herausgestellt, indem auf Vererbung, Genetik und Anomalien fokussiert wird. Weiter wird auf die Stadien und Risikofaktoren der pränatalen Entwicklung des Körpers und auf die Geburt eingegangen. Anschließend zeichnet die Autorin die körperliche Entwicklung in unterschiedlichen Lebensaltern nach – vom Säuglingsalter über die frühe Kindheit und Adoleszenz bis hin zum Erwachsenenalter.

Kapitel 6 (Bodo Rödel) widmet sich der Entwicklung der Kognition. Zunächst nimmt der Autor eine Einordnung der Kognitionswissenschaft in die Wissenschaftsdisziplinen vor und klärt den Begriff der Kognition. Intensiv wird daraufhin die kognitive Entwicklung in den verschiedenen Lebensaltern vom Fötus bis hin zum hohen Erwachsenenalter dargestellt, insbesondere die gustatorische, olfaktorische, auditive, visuelle und taktile Entwicklung. Die Bedeutsamkeit einer sicheren Bindung für die Entwicklung im Kindesalter wird ebenso beachtet wie die Theorie Jean Piagets. Hochaktuell werden die Chancen und Risiken des Einsatzes moderner Medien im Hinblick auf die kognitive Entwicklung diskutiert. Weitere ausgeführte Aspekte sind der Einfluss der Schule auf die kognitive Entwicklung, wobei auch vorgestellt wird, was eine „gute Schule“ ausmacht. Der aktuelle Forschungsstand hinsichtlich der Diagnosen von ADHS oder Dyskalkulie wird aufgezeigt, ebenso der Unterschied zwischen Mädchen und Jungen im Bereich der Kognition.

Kapitel 7 (Holger Küls) beschäftigt sich mit dem Thema der Sprachentwicklung. Unter den Grundlagen der Sprachentwicklung wird auf den hochkomplexe Vorgang des Sprechens und die verschiedenen Sprachebenen eingegangen. Weiter wird beschrieben, dass die Sprachentwicklung im Rahmen der Gesamtentwicklung des Menschen eine hohe Bedeutung einnimmt. Spracherwerbstheorien werden an der Stelle thematisiert und neurobiologische Grundlagen der Sprachentwicklung skizziert. Die Sprachentwicklung wird daraufhin wieder unter Berücksichtigung der Entwicklung in den unterschiedlichen Lebensaltern dargestellt, wobei im Kindesalter auf den Wortschatz- und Schriftspracherwerb, grammatikalische und kommunikative Entwicklung und, ebenfalls von hoher Bedeutung, den Zweitspracherwerb eingegangen wird.

Melanie Willich geht in Kapitel 8 auf die sozial-kognitive Entwicklung ein. Zunächst werden die Grundlagen dieses Entwicklungsbereichs aufgezeigt, so wird die Neurobiologie herangezogen und der Ansatz der Ko-Konstruktion von Entwicklungsprozessen beleuchtet. Beachtung findet auch sozial kompetentes Verhalten, während als Gegengewicht auf die Beweggründe für antisoziales Verhalten verwiesen wird. Die moralische Entwicklung über die Altersstufen hinweg wird ebenso dargestellt wie ein Einblick in die Entwicklung des Spielverhaltens gegeben. Weitere Querschnittsthemen sind die Bedeutungen von sozialen Beziehungen zu relevanten Bezugspersonen wie Eltern, Freunden und Lebenspartnern sowie Transitionen, bspw. vom Kindergarten in die Schule oder der Schule in den Beruf.

In Kapitel 9 stellt Bärbel Amerein die sozial-emotionale Entwicklung der Lebensalter vor. Dabei wird zunächst der Frage nachgegangen, was unter Emotionen zu verstehen ist und mit verschiedenen Theorien erklärt, wie diese entstehen. Weiter wird auf die kulturellen Gemeinsamkeiten von Emotionen eingegangen und anschließend die Abgrenzung und Temperament vorgenommen und in den Zusammenhang mi der familialen Sozialisation gebracht. Schrittweise wird nun die sozial-emotionale Entwicklung in den jeweiligen Lebensaltern dargestellt, wobei Entwicklungsrisiken und die Resilienzforschung ebenso einbezogen sind wie die Auswirkungen von Scheidung, Tod und Trauer.

Kapitel 10 (Holger Küls und Melanie Willich) schließt das Buch mit dem Entwicklungsbereich des Selbst ab. Zunächst wird das Selbst definiert und beschrieben, wie sich das individuelle Bild vom Selbst im Selbstkonzept abbildet und den Selbstwert maßgeblich beeinflusst. Die Geschlechtsidentität und die Geschlechterrollen werden unter dem Einfluss der Biologie, der Psychologie und Soziologie aufgezeigt, wobei die Bedeutung der medialen Welt ebenso integriert wird. Daran anschließend nimmt das Kapitel die Entwicklung des Selbst detailliert unter Berücksichtigung der Lebensalter in den Blick, wobei der Einfluss der Bindung im Kindesalter, der soziale Vergleich mit Peers im Jugendalter und die Midlife-Crises im mittleren Erwachsenenalter ausreichend Beachtung findet.

Zusammenfassung und Fazit

Der vorliegende Sammelband stellt wissenschaftlich fundierte Theorien und Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie unter Berücksichtigung der Lebensalter vor und bringt diese durch die Darstellung neuester Forschungsergebnisse auf einen hochaktuellen Kenntnisstand. Das Buch besticht in besonderer Weise dadurch, dass es zentrale gesellschaftliche Entwicklungen mit entwicklungspsychologischer Relevanz aufgreift und diese in Zusammenhang bringt. Die einzelnen Beiträge spiegeln ein breites Spektrum der Entwicklungspsychologie wider und schaffen einen knackigen, gut fundierten Überblick über die gesamte Reichweite des Gebiets.

Der Sammelband weist zudem ein durchgängiges Konzept auf: Zu Beginn eines jeden Kapitels findet der Leser eine berufliche Handlungssituation vor, welche einen engen Bezug zur pädagogischen Praxis herstellt. Es schließen sich in allen Kapiteln Definitionen zu den zentralen Begriffen an und weitere Praxisbeispiele lassen während der gesamten Lektüre eine starke Praxisorientierung entstehen. Tabellen, Grafiken und Bilder sorgen für eine gute Übersichtlichkeit, indem sie Wichtiges kompakt zusammenfassen. Die Aufgaben am Ende der jeweiligen Kapitel sind methodisch abwechslungsreich und unterstützen dabei, das Gelernte zu wiederholen. Die Fragen eignen sich sowohl im Unterricht als Grundlage für Diskussionen als auch zur Ergebnissicherung im Selbststudium. Darüber hinaus eignet sich das Buch hervorragend als Nachschlagewerk für Fachkräfte in der Berufspraxis.

Rezension von
Sandra Ebert
M.A. in Bildungswissenschaften, B.A. in Sozialer Arbeit, Systemische Beraterin, Supervisorin und Coachin
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Es gibt 8 Rezensionen von Sandra Ebert.

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ISSN 2190-9245