Wiebke Lohfeld, Susanne Schittler (Hrsg.): Grenzverhältnisse
Rezensiert von Prof. Dr. Hans Wolfgang Nickel, 09.02.2015
Wiebke Lohfeld, Susanne Schittler (Hrsg.): Grenzverhältnisse. Perspektiven auf Bildung in Schule und Theater. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2014. 240 Seiten. ISBN 978-3-7799-2976-5. D: 34,95 EUR, A: 35,90 EUR, CH: 45,90 sFr.
Thema
Der Sammelband diskutiert Bildung in Schule und Theater sowie durch Spiel, Theater und Performance „aus anthropologischer und phänomenologischer Perspektive“ (S. 11) und bezieht sich dabei vielfach auf den Begriff ‚Grenze’.
Entstehungshintergrund
Der Sammelband ist „als Festschrift für Kristin Westphal entstanden“ (S. 7); nach langjähriger Tätigkeit als Grundschullehrerin lehrt sie seit 2003 als Professorin für Grundschulpädagogik an der Universität Koblenz-Landau [1].
Herausgeberinnen
Wiebke Lohfeld ist Akademische Rätin, Susanne Schittler Promovendin an der Universität Koblenz-Landau; Schittler war dort wissenschaftliche Mitarbeiterin.
Aufbau
Die Herausgeberinnen verteilen die 13 Beiträge auf vier Teile:
- „Teil 1 Grenzgänge“ (17 ff);
- „Teil 2 Grenzüberschreitungen“ ( 57 ff);
- „Teil 3 Grenzräume“ (115 ff);
- „Teil 4 Entgrenzungen“ (191 ff).
„Wir schreiten im Lesen“, so Lohfeld / Schittler in ihrer Einleitung, „damit in einem spezifischen Modus voran, nämlich dem der Bewegung auf der Grenze und über diese hinaus, was auf Räume an der Grenze aufmerksam macht und neue Formen von Entgrenzungen hervorruft“ (11). Mir erschließt sich der Aufbau auch durch diese Erklärung kaum, zumal neben der Benennung der vier Teile und dem Titelwort „Grenzverhältnisse“ in den Beiträgen weitere ‚Grenz’wörter auftauchen: Grenz(über)schreitungen, Grenzschreitung, Abgrenzungen, Ausgrenzungen, Borderlining … – Ich sehe also als Aufbau nach der „Einleitung“ der Herausgeberinnen eher einen wundervollen Prolog (Hanne Seitz: Anthropologische Skizzen), in den folgenden Beiträgen eine Fülle von interessanten Einzelaspekten (z.T. eher theoretisch, z.T. eher praxisbezogen) und einen dem Prolog entsprechenden ‚verwischten’ Epilog (Helga Peskoller: Die Grenze verwischen).
Inhalt
„Einer Hauptfrage“, so Lohfeld / Schittler in ihrer Einleitung, scheint das Werk von Kristin Westphal „im Wesentlichen verbunden zu sein …: Wie kann das Unternehmen Bildung gelingen?“ (7). Westphal analysiert „die Zugänge von Kindern zum Theater- und Performancespiel dahingehend, wie das Spiel dazu verführt, Ordnungen zu irritieren, das Gewohnte infrage zu stellen, dem Fremden zu begegnen und für das Neue zu öffnen. Die zentrale Forderung, die sich aus den Arbeiten von Kristin Westphal ableiten lässt, ist es, Kindern in Künsten und Medien Erfahrungen mit Fremdheiten und Irritationen zu ermöglichen, um sich ein Bild von sich selbst zu machen“ (9). Schon 1993 formulierte Wolfgang Welsch: „Normalität und Abweichung haben ihre Positionen vertauscht. Geboten ist die Überschreitung der traditionellen Rasterung, zumindest ihre Abschwächung und Umschichtung, eigentlich ihre Überwindung in Übergängen“ (zitiert auf S. 10).
Für mich folgt dann also ein Prolog; Hanne Seitz nennt ihren Beitrag „Am Urgrund der Bildung. Anthropologische Skizzen zur Bedeutung von Sprache, Technik und Kunst (18 ff); sie nutzt das Bild des Labyrinths zu einer vielfachen Umkreisung ihres Themas. Sie trifft auf Goethe - „Sich mitzuteilen ist Natur; Mitgeteiltes aufzunehmen, wie es gegeben wird, ist Bildung“ (18); auf Herder - „Sprache ist ein ‚Mittel der Verbindung’, ein ‚Merkwort für mich, und Mitteilungswort für andre’ (Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, 1784) (22)“. „Das Projekt Menschwerdung“, so Seitz, „mag eine ‚Geschichte zur Bildung der Menschheit’ sein, doch die Hoffnung, dass er ‚seinen Zustand nach dem (bilde), was er für das Beste erkennet’“ (das ist noch einmal Herder), „ist aufs Ganze gesehen nicht erfüllt worden“ (23). Zwar haben wir „es mit einem Homo ludens zu tun, einem Künstler und Bricoleur, der das, was ihm gegeben ist, sortiert, umordnet, anders kombiniert, Möglichkeiten sondiert und sich einen Begriff von der Wirklichkeit macht“ (21) – das dann eher als animal rationale. Freilich: „Die Geschichte der Menschheit“, so Seitz, „besteht aus lauter Rückschlägen: Anstatt sich Arbeit zu ersparen, schlug der Hebel ‚auf seinen Erfinder zurück, und dieser begann, sich wie ein Hebel zu verhalten’ (Vilém Flusser: Vom Subjekt zum Projekt, 1994)“ (24). -
Der von mir als Epilog apostrophierte Schlusstext von Helga Preskoller „Die Grenze verwischen – ein aisthetisches Experiment“ (231 ff) will wie der Prolog nicht von Erfahrungen berichten, sondern Erfahrungen evozieren. Er „unternimmt – mithilfe von Bildern des Schweizer Fotografen Helmut Eberhöfer – den Versuch, Berge anders wahrzunehmen“ (231 f). „Diese langsam kriechenden Bilder – es handelt sich um digitale Fotographie – fügen sich zu einer kleinen Geschichte durch sanfte Überblendungen und Ton, nehmen ihren Ausgang in der Trübheit, verwandeln sich nach und nach in Klarheit und Schärfe, um gegen Ende hin erneut einzutrüben“ (233) – so die Beschreibung der Autorin. Das nun aber ist im Buch nicht wiederzufinden. Die kleinen Schwarz-Weiß-Bildchen lassen kaum etwas erkennen. So bleiben nur „Regieanweisungen“: „Videoausschnit verlangsamt … 3 Min.“ (241); „Abb. 2: Dunst, Schleier“ (236); „Abb. 6: Everest Vorberg auf Tuch im Wind“ (244); „Abb. 7: Waschküche“ (245); „Digitale Überblendung 2: Verhüllung, 3 Min.“ (246).
Zum Trost gibt es treffliche Zitate – Kierkegaard: „Wenn ein Mensch so spräche, dass man den Schlag der Zunge hörte, so spräche er schlecht; wenn er so hörte, dass er die Luftschwingungen hörte statt des Wortes, so hörte er schlecht; wenn jemand ein Buch so läse, dass er beständig jeden einzelnen Buchstaben sähe, so läse er schlecht. Gerade dann ist die Sprache das vollkommene Medium, wenn alles Sinnliche darin negiert ist“ (234). – Und: „Von der fließenden Welt heißt im Japanischen Ukiyo-e … Bereits im Jahr 1661 hat man definiert, was Ukiyo-e bedeutet: ‚Lebe im Moment, betrachte den Mond, die Kirschblüten und die Ahornblätter, liebe Wein, Weib und Poesie, begegne der Armut, die dir ins Gesicht starrt, mit Humor und lass dich nicht von ihr entmutigen, lass dich vom Strom des Lebens mitreißen wie eine Kalebasse, die flussabwärts treibt; das bedeutet ukiyo’ (zitiert nach Englisch, 2009, 213)“ (243 f). -
Begriffe
Mit präzis differenzierten und problematisierten Begriffsklärungen beginnt Jörg Zirfas seinen Beitrag „Die Grenze, die Bildung und die minima aesthetica“ (32 ff); es bringt also Gewinn, ihn ausführlicher zu zitieren.
Zunächst der Begriff ‚Grenze’. In Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, heißt es: „‚Linie, die zwei Staaten, Länder, Grundstücke oder andere Bereiche voneinander trennt’, stammt aus apoln. granica, granca … wird auf der gesamten Länge des polnisch-deutschen Grenzgebietes entlehnt“ (S. 474); „Mark ‚Grenze, Grenzland, Randgebiet’, ahd. marka ‚Grenze, Ende, Grenzland, Zeichen’ … Abgrenzung, Bestimmung… Zeichen, Beweis … engl. mark, ‚Grenze’, indoeuropäisch ‚Rand, Grenze’“ (S. 839). Grenze, so Zirfas mit Verweis auf Bilstein (2013), ist „mit politischen und rechtlichen Rivalitäten und Streitigkeiten, mit Kämpfen und Ansprüchen aufgeladen und wird dann auch auf andere Gebiete übertragen – auf die Religion, die Medizin und auch die Kunst …“ (32). „Die vielleicht wichtigsten Grenzen sind sinnlich und leiblich gebunden, etwa die Grenzen zwischen oben und unten, innen und außen, hinten und vorne, rechts und links, nah und fern, sichtbar und unsichtbar usw. … In der Bewegung wird auch der Horizont beweglich, der sich mit jedem Blick ändert und der wiederum den Blick ändert. … Der Artikel versucht vor diesem Hintergrund das ästhetische Borderlining der ästhetischen Erfahrung in bildungstheoretischer Hinsicht zu diskutieren“ (34).
Nach dem Begriff der Grenze „der Begriff der Ästhetik“, er ist „in der Moderne durchaus mehrdeutig und kann mit: Aisthesis, Elevatorik, Proportionalität, Subjektivität, Kallistik, Kosmetik, Artistik, Sensibilität, Ästhetizismus, Utopie und Virtualität in Verbindung gebracht werden“; Zirfas verweist hier auf Welsch 1996 (34). „Insofern lässt sich die ästhetische Erfahrung zunächst von der erkenntnistheoretischen und moralischen Erfahrung abgrenzen“ (35).
Dann „drei Begriffe der Erfahrung“ (mit Verweis auf Deines/Liptow/Seel 2013): „1. Mit dem Begriff der Erfahrung kann ein phänomenaler Akt verbunden sein, wie er in der Wahrnehmung, aber auch der Illusion oder in der Phantasie vorkommen kann. … 2. Sodann lässt sich von einem epistemischen Akt der Erfahrung sprechen, wenn dieser, etwa in Erfahrungswahrnehmungen oder auch Urteilen festhält und feststellt, dass etwas und wie etwas der Fall ist. … 3. In einem existentiellen Sinn lässt sich unter Erfahrung eine subjektiv bedeutsame Art des Betroffenseins oder des Widerfahrnisses verstehen“ (35). Dabei „kann man … eine aktive von einer passiven Seite unterscheiden. Die aktive Seite der Erfahrung besteht im Ausprobieren, im Versuchen, im Sich-Aussetzen, im Erfahrungen ‚machen’, die passive Seite im Erleiden und Hinnehmen, in der Widerfahrnis von Dingen und Sachverhalten“ (36; vergl. dazu das Begriffspaar pathisch-gnostisch bei Buytendijk).
Dementsprechend ist die “ästhetische Erfahrung … in der Geschichte der Ästhetik … oftmals als eine Erfahrung bestimmt worden, die mit einem spezifischen Objekt, mit einer ganz genau geformten Materie, in Verbindung steht“; die zusammenhängt mit „einer spezifischen Form der Urteilskraft, etwa der reflektierenden bei Kant, … der kontemplativen Versenkung bei Schopenhauer“ (36), abhängig von der “Wirkursache der ästhetischen Erfahrung … interesseloses Wohlgefallen (Kant), … Pathos der Distanz (Nietzsche) oder … Sinn für das Andere (Waldenfels).
Und schließlich kann man sich auch fragen, wozu wir ästhetische Erfahrungen machen (wollen). Hiermit ist etwa gemeint, dass wir ästhetische Erfahrungen mit einer ganz bestimmten Wertigkeit unserer Gefühle, Erkenntnisse oder auch Transformationen unserer selbst in Verbindung bringen. So kann man mit Schiller eine ästhetische Erfahrung machen wollen, um sich seiner politischen Freiheit bewusst zu werden, oder mit Lessing oder Rorty, um sich seiner empathischen Gefühle für die Mitmenschen zu versichern, oder mit Heidegger, um dem Sein der Welt auf die Spur zu kommen.
Wie man sieht, gibt es in der Moderne weder einen allgemeinverbindlichen Begriff der Erfahrung, noch einen der Ästhetik und also auch keinen der ästhetischen Erfahrung, und so lassen sich weder in Bezug auf den Gegenstand, noch auf die Form, weder auf die Bedingungen noch auf die Ziele ästhetischer Erfahrungen hier fundamentale Gemeinsamkeiten herausarbeiten“. Kennzeichnen lässt sich die ästhetische Erfahrung als „ein synästhetisches Vernehmen“ (37), „eine in einer gleichschwebenden Aufmerksamkeit gewonnene sinnliche Konstellation von sich wechselseitig ins Spiel bringenden Erscheinungsqualitäten von Ich, Welt und Wahrnehmung“, als eine „Entlastung vom Sinn der Sinne, denn man spielt mit ihm (Zirfas 2012)“ (38).
Zirfas verweist zudem auf van Gennep (Initiation) und Turner (liminal, liminoid), auf „Liminalität in Rausch und Ekstase“ (38) und „das Pathos einer tiefgreifenden Veränderung“, schränkt dann aber ein: „Zwar kann man wohl davon ausgehen, dass auch ästhetische Erfahrungen Grenzen der Wahrnehmung (aisthesis), des Bewusstseins (theoria), der Praxis (poiesis) und der Emotionen (katharsis) überschreiten (können), doch i.d.R. dürften sie weder - extensiv – mit einem sozialen Statuswechsel einhergehen, noch dürften sie in einer intensiven, tiefgreifenden, auch körperlich schmerzhaften Art und Weise den Novizen die gewünschten ästhetischen Normen und Imperative in ihren Leib einschreiben“ (40 f). Und anders als „die großen Grenzgänge eines Nietzsche oder Schopenhauer“ (43) [2] sind „die kleinen ästhetischen Grenzgänge bescheidener, indem sie nicht das ganz Andere, sondern das relativ Andere, nicht das ganz Neue, sondern das relativ Neue usw. anzielen“ (43). „Diese minima aesthetica bilden, wenn man so will, eigene ästhetische Grenzbereiche, die weniger auffällig, doch bildungstheoretisch betrachtet durchaus wichtige Entwicklungsprozesse in Gang setzen können“ (44). Dabei ist für Zirfas die „Grundsituation der ästhetischen Erfahrung … die Erfahrung eines Anderen, auf die das Subjekt eine Antwort finden muss: Es fällt uns etwas auf, das wir bislang noch nicht wahrgenommen haben“ (45). -
Wirkung
Hans Thies Lehmann steuert unter dem Titel „Grenze der Kunst, Kunst der Grenze“ (48 ff) „10 Anmerkungen“ bei. „Die Kunst sieht sich der Frage ausgesetzt, ob nicht das kritische (aufklärerische, subversive, transgressive) Potential, das die Künstler der ästhetischen Gegebenheit zuschreiben, zur Illusion verkam, weil sich keine einzige künstlerisch motivierte Regung mehr dem Sog bloßer frag- und zäsurloser Konsumption zu entziehen vermag“ (50). Künstler suchen nach Gegenstrategien. Deshalb findet man „auch innerhalb des Theaterrahmens … eine Vielzahl von Arbeiten, die die Grenze zwischen ästhetischem und realem Tun nicht respektieren … Solche Aktionen beziehen sich zu Recht auf den zur Moral gleichsam exterritorialen Status der Kunst. Und sie lassen zugleich verpönte, verbotene, illegitime, gar illegale Handlungen zu, die die Frage nach ihrem Status provozieren müssen“ (52). Deshalb auch „bewegt Theater sich am Rand im Grenzgebiet zum oder sogar direkt im Feld des Aktionismus“. Wenn z.B. „Rimini Protokoll eine Aktionärsversammlung künstlerisch durchleuchtet … wenn die Yes Men die Ideologie der Unternehmens-Elite bloßstellen - so fungieren Künstler … als gesellschaftliche Akteure“ (54). Lehmann eher resignierend: „Am Ende dürfte sich freilich immer wieder zeigen, dass ästhetisches Handeln auch dann, wenn es das Feld politischer Praxis betritt, im Grunde doch ein ‚Nicht-Tun’ bleibt“ (54) – aber, denke ich, trotzdem Wirkungen auslöst – und insofern doch ein „Tun“ ist. -
Immaterielles kulturelles Erbe (UNESCO)
Christoph Wulf behandelt unter der Überschrift „Bilder des Anderen“ (192 ff) das im „Kontext der UNESCO … als ‚immaterielles kulturelles Erbe’“ bezeichnete, „auf dem menschlichen Körper basierende Wissen“ als „Weg zur interkulturellen Bildung … Zu diesen für die Bildung und Vermittlung kultureller Identität wichtigen Formen gehören mündliche Traditionen und Ausdrucksformen, soziale Praktiken, Rituale und Feste, Wissen und Praktiken des Umgangs mit der Natur und dem Universum, traditionelle Kunstfertigkeiten und handwerkliches Können sowie Performance-Künste. In diesen Praktiken drücken sich Menschen aus, inszenieren sie ihre Identität und führen sie Merkmale ihrer Kultur auf, mit denen sie ihre kulturelle Identität erzeugen, darstellen und weitervermitteln. … Die Bedeutung des immateriellen Kulturerbes für die kulturelle Vielfalt der Menschheit deutlich zu machen, war das Anliegen einer entsprechenden UNESCO-Konvention von 2003, die aufgrund ihrer zügigen Ratifikation durch viele Länder schon im Frühjahr 2006 rechtskräftig wurde. Während die Mehrzahl der asiatischen, afrikanischen und südamerikanischen Länder schon früh entschieden für den Schutz des immateriellen Kulturerbes eintrat, zögerten die USA und zahlreiche westeuropäische Länder, seine Bedeutung anzuerkennen. 2013 ratifizierte schließlich auch die Bundesrepublik Deutschland die Konvention“ (192 f).
„Im Artikel 1, § 1 der Konvention heißt es dazu: ‚The ‚intangible cultural heritage’ means the practices, representations, expressions, knowledge, skills – as well as the instruments, objects, artefacts and cultural spaces associated therewith – that communities, groups … recognize as part of their cultural heritage. This intangible cultural heritage … provides with a sense of identity and continuity, thus promoting respect for cultural diversity and human creativity.’“ (193).
„Angesichts der Vereinheitlichungstendenzen der Globalisierung stellt die Förderung kultureller Vielfalt eine wichtige Gegenbewegung dar. … Denn ohne die immateriellen, den menschlichen Lebensalltag beeinflussenden Praktiken und Erzeugnisse sind kulturelle Bildung und Sensibilität für kulturelle Vielfalt kaum möglich.“ Wulf „verdeutlicht“ an fünf „Aspekten: 1) menschlicher Körper, 2) performativer Charakter kultureller Praktiken, 3) Mimesis und mimetisches Lernen, 4) Andersheit und Alterität, 5) interkulturelles/transkulturelles Lernen“ (194). Körper und Körperwissen – ohne „diese in komplexen Prozessen der Sozialisation und Erziehung erworbenen Formen praktischen sozialen Wissens können keine Rituale, Feste, künstlerische Praktiken oder Kunstfertigkeiten entstehen, modifiziert und weitergegeben werden. Auch Bourdieu hat … von Ritualen und Habitusformen gesprochen, die einerseits das Ergebnis sozialer Prozesse sind und andererseits aber auch diese formen und gestalten (1976, 1987)“ (195). „Nicht die gemeinsame Interpretation, sondern die kollektive Inszenierung und Aufführung ist für die Wirkungen von Ritualen und anderen sozialen Praktiken entscheidend“ (196). „Im Bereich immateriellen kulturellen Erbes gehören sie zu den wichtigsten sozialen Praktiken, mit denen Angehörige einer communitas kulturelle Kontinuität von einer Generation zur anderen herstellen“ (197).
Um jedoch „Menschen für die Bedeutung des immateriellen kulturellen Erbes und der kulturellen Vielfalt zu sensibilisieren, bedürfen sie der Erfahrung der Alterität“ (201). Dabei stören Ethnozentrismus, Logozentrismus und Egozentrismus. Zwar „gewinnt das moderne Subjekt aus seinem Egozentrismus Kräfte des Überlebens, der Durchsetzung …, andererseits führt er dazu, Differenzen nicht wahrzunehmen und kulturelle Vielfalt zu reduzieren“ (200) oder aggressiv zu verfolgen. „Egozentrismus, Logozentrismus und Ethnozentrismus sind miteinander verschränkt; als Strategien der Umformung des Anderen verstärken sie einander. Ihr gemeinsames Ziel besteht darin, Alterität auszuschalten und an ihre Stelle Vertrautes zu setzen. Besonders tragisch ist diese Situation in den Fällen, in denen sie zur Auslöschung lokaler und regionaler Kulturen führt“ (201). Für „Interkulturelles/Transkulturelles Lernen … kommt den Praktiken … eine ebenso große Bedeutung zu … wie den Objekten des materiellen kulturellen Erbes“ (201 f). Dabei bedeutet Begegnung immer auch Veränderung, denn: „Wenn die Frage nach dem Verständnis anderer Menschen auf die Frage nach dem Selbstverständnis und die Frage nach dem Selbstverständnis auf das Verständnis anderer Menschen verweist, dann sind Prozesse interkulturellen Lernens Prozesse der Selbstbildung, in denen mit dem heterologischen Denken auch die Einsicht in die prinzipiellen Grenzen der Verstehbarkeit des Anderen gewonnen wird“ (202). -
Historisches
Johannes Bilstein referiert und analysiert in seinem Beitrag: „Alfred Lichtwarks Männer-Bilder oder: Wie der Deutsche der Zukunft die Grenzen seines Geschmacks überwindet“ (84 ff) die berühmte Rede von Alfred Lichtwark auf dem ersten Kunsterziehertag (Dresden 1901), erzählt aber zunächst Lichtwarks faszinierende Lebensgeschichte. „Der Vater war wohl Alkoholiker … die Familie auf die Erwerbstätigkeit … der Mutter angewiesen, das Leben ist knapp, ärmlich und von Suchtmittelspezifischer Chaotik geprägt. Der kleine Alfred dagegen entwickelt in diesem Umfeld einen geradezu obsessiven Hang zu Ordnung und Sauberkeit: Alles Improvisieren ist ihm fern. … Der Vater stirbt dann 1869. Alfred, der älteste von insgesamt drei Kindern, gerät mit seinen siebzehn Jahren in die Position des Familien-Oberhauptes und nimmt das von Anfang an sehr ernst. … Seine ganze Schullaufbahn ist geprägt von unermüdlicher Arbeit und einer geradezu rasenden Bildungswut. Was dabei herauskommt, ist eine ganz spezifische Mischung aus konventioneller Schulbildung und autodidaktisch angeeignetem Wissen: genau die Art von Dilettantismus, die Lichtwark später propagieren wird“ (86). Dann “besucht er im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe Kurse bei dessen Direktor Justus Brinckmann. … schließlich bekommt der junge Mann … ein Stipendium und kann so endlich nach Leipzig gehen, um dort Kunstgeschichte zu studieren“ (87). „1881 bekommt er auf Vermittlung Brinckmanns am Berliner Kunstgewerbemuseum eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter. … Er beginnt, Kunstkritiken für Berliner und Hamburgische Zeitungen zu schreiben – und hat nun erstmals ein mehr als ausreichendes Einkommen“ (87). „‚Zugleich ein fleißiger und geschwinder Arbeiter und andererseits ein dankbar empfangender Genießer, entwickelt er sich zu einer Persönlichkeit von ungewöhnlich harmonischer Abrundung’ (Pauli 1936, 375)“. 1886 wird er „zum Leiter der Hamburger Kunsthalle bestellt. … Die Sammlungen sollen ausgebaut werden, zugleich und vor allem aber soll es um die künstlerische Erziehung des Volkes und um die Hebung des Schönheitssinnes gehen, um genuin pädagogische Aufgaben also. … ‚Wir wollen nicht ein Museum sein, das dasteht und wartet, sondern ein Institut, das tätig in die künstlerische Erziehung unserer Bevölkerung eingreift. Und das ist ja keine lediglich sittlich-ästhetische, sondern hervorragend sozial-ökonomische Frage.’ (Lichtwark 1886). … Lichtwark war ‚ein geborener Lehrer. Alles, was er im Gespräch wie im Vortrag aussprach, in Büchern, Aufsätzen oder Briefen schrieb, auch alles, was er für die Kunsthalle tat, dienten einem pädagogischen Zweck.’ (Hentzen 1985, 468)“ (88).
Dann also, unter der Überschrift “Männer-Bilder“, der „erste Kunsterziehertag in Dresden, veranstaltet am 28. und 29. September 1901“ (89); den Schlussvortrag „hält der prominenteste Redner des ganzen Kongresses: Alfred Lichtwark“ unter der Überschrift “Der Deutsche der Zukunft“ (90). Bilstein zitiert zunächst Lichtwark: “Kein Beobachter kann dies Streben nach Bildung im deutschen Volk verkennen. Es ist einer der Grundzüge der Erhebung des vierten Standes, es bewegt die Frauenwelt und hat bisher nur die oberen Schichten des Bürgertums noch kaum berührt“ (90 f). Lichtwark nennt „Lebensmächte … Die politische Partei, die Presse, die Erhebung und politische Organisation des vierten Standes, die Frauenbewegung und, als Folge der Schulpflicht und der Wehrpflicht, Schule und Heer. … Ihre Träger, der Professor, der Lehrer, der Offizier bilden festgeschlossene Stände mit eigener Überlieferung und eigenem Standesideal. … Diese drei Stände, der Professor, der Lehrer und der Offizier, die unsere Lebensauffassung und Lebensführung allein durch ihre Allgegenwart stärker beeinflussen als selbst die Kirche, deren Vertreter in größere Ferne gerückt sind, haben in keinem anderen Volk dieselbe Stellung und Bedeutung“. Bilstein kommentiert: „Was Lichtwark hier zu beschreiben versucht, ist Habitus-Bildung“ (91).
„Für die Entwicklung unseres Volkstums“, so Lichtwark, „müssen wir von der Erziehung verlangen, dass sie die liebende Hingabe an unsere eigene Literatur und Kunst in allen Kreisen erweckt. … Unter den Kulturvölkern sind wir die Ungeschlachten. Ein anmutiger Deutscher, der Ausdruck wirkt heute noch komisch“ (93). Den Lehrerstand wünscht er als „ein Vorbild heiterer, starker, überlegener Männlichkeit … Was der einzelne Lehrer aus sich macht, das macht er zugleich aus den vielen Geschlechtern von Schülern, denen er vorlebt.“ Der Lehrer also als „freier, freudiger Mann“, der den „Schulmeister in sich unterdrückt hat“ (94). Vor allem aber setzt Lichtwark auf den Offizier; er verkörpert den „einzigen deutschen Mannestypus, an den allseitige Anforderungen gestellt werden. … Das ist die Ausbildung des Körpers, die Erziehung des Willens und die drakonisch durchgeführte formale Erzogenheit, die sich … nicht bloß auf die äußere Haltung, sondern auch auf die Bildung des Herzens erstreckt, auf der die Fähigkeit beruht, in jedem Augenblick Herr seiner selbst zu sein und Worte und Taten des Takts zu finden. Wie beim englischen Gentleman sind es beim deutschen Offizier … wesentlich auch ästhetische Elemente, die ihn von anderen Ständen unterscheiden“ (95).
Bilstein kommentiert: „Das Ganze war provozierend – eigentlich skandalös. … Lichtwarks Offizier nimmt recht genau die gleiche argumentative Funktion wahr wie der Grieche bei Humboldt: Vorbild und Leitbild, körperlich-erotisch wirksames Grundmuster allen menschlichen – und das heißt im Zweifelsfall – allen männlichen Seins“ (96). Schon Jahre zuvor, 1895, hatte Lichtwark in einem Brief geschrieben: „Vielleicht wird der Offizier in unserer Cultur, was der Hofmann in der französischen und der Gentleman in der englischen war“ (98). Dazu Bilstein: „Lichtwark bietet – gerade in seinen Männer-Imaginationen – das überaus deutliche Bild einer gespaltenen Moderne: Einerseits erkennt er die Notwendigkeiten neuer und anderer Identifizierungs- und Habitualisierungsformen für die breite Masse der Bevölkerung. Andererseits findet er aber die Muster für diese zukünftigen Lebensformen nur in der Vergangenheit“ (99). „Und diese Konflikt-Linie: zwischen demokratisch-egalitärem Anspruch und defensiver Saturierung, zwischen selbstbewusstem Aufbruch und ängstlichem Kontrollbedürfnis, spiegelt sich vielleicht am deutlichsten in seinen Männlichkeits-Konzeptionen wider“ (102). Dabei zielt seine erzieherische Arbeit „darauf, in ganz Deutschland eine neue Kultur ästhetischer Reflexion herzustellen, bei Männern und Frauen“, denn, so Bilstein: „Vor allem anderen ist Lichtwark ja der Verkünder einer modernen Kunst, die wesentlich weiter ist, als seine Konzepte vom Deutschen der Zukunft“ (102). „Lichtwark wirkt insofern als ein doppelter Prophet, der sich – wie viele seines Zeitalters – den Erschütterungen der modernen Kunst stellt, um genau diese Erschütterungen in den Dienst seiner Modernisierungsbemühungen zu stellen“, ein „zerrissener Gentleman, als pädagogisch ernsthafter Dandy. Und das geht nicht (Oelkers 1991). Dass er diese Polyvalenzen dennoch zu leben versucht hat, macht vielleicht den entscheidenden Kern seiner Modernität aus“ (103). Mit diesem Satz schließt Bilstein sein faszinierendes Portrait ab. -
Historisches auch bei Rainer Bulands Beitrag: „Pädagogische Teleologie an der Grenze zur Effizienzsteigerung durch kreativ-schöpferisches Spiel“ (105 ff). Er beginnt seine historisch fundierten, auf Zukunft zielenden Überlegungen mit einer Mahnung: „Wir dürfen das Feld der pädagogischen Praxis nicht allein auf die Bewältigung standardisierter Tests ausrichten. … Gleichzeitig müssen wir … so selbstkritisch sein, dass wir erkennen: Die heutige Generation wächst in eine dominante Bildkultur hinein, in der Texte zunehmend als Kürzel vorkommen …“ (105). „Es wäre jedoch unsinnig, junge Menschen für eine Zukunft auszubilden, ohne auch daran mitzuwirken, dass es überhaupt noch eine lebenswerte Zukunft gibt. Zukunft heißt heute: Entweder eine Zukunft für alle oder für niemanden.“ Insofern geht es um die „Kategorie ‚Zukunftsfähigkeit’ als zentrale Orientierung aller pädagogischen Interventionen“ (106), zunächst jedoch um die „Portionierung der Welterfahrung im 19. Jahrhundert“ (106). „Die Grundidee der sich im Zuge des 19. Jahrhunderts in enger Verbindung mit der technischen Industrialisierung breit durchsetzenden Naturwissenschaft … bestand darin, die Welt und alles was darin der Fall ist, zu analysieren, das heißt in Teile aufzuspalten und zu synthetisieren, also wieder zusammen zu setzen. … Für die Schule wird der aus seinem Lebenszusammenhang destillierte Stoff in einen Lehrstoff umgewandelt und portioniert.“ Dabei wurde auf vieles „zugunsten eines auf Faktenwissen, Disziplin und Gehorsam basierenden Schul-Lernens verzichtet. Wichtig wurde der Stoff, der beherrscht werden sollte und dessen Beherrschung überprüft werden konnte“ (107).
Auch heute, so Buland, besteht die „Gefahr eines einseitig auf die Förderung der Rationalität hin ausgerichteten Lernens„; so werden „die Schulfächer, die die Rationalität des Menschen ins Zentrum stellen, höher bewertet als alle anderen Fächer“, werden „die nicht-rational-basierten Fächer als ‚Nebenfächer’ bezeichnet und damit marginalisiert.“ Dabei gibt es „kein wirkliches Argument, warum das Rationale gegenüber dem Musischen und Ästhetischen höher bewertet werden soll. … Bezeichnender Weise sehen schon Horkheimer und Adorno den einzigen Ausweg in einer mimetischen Behutsamkeit. Wir sollten uns den Menschen, Tieren und Dingen in einer Weise annähern, die nicht gleich wieder alles und jedes dem begrifflichen Denken einverleibt … Viel eher sollte die Annäherung an die Welt eine Art intentionslose ästhetische Kontemplation sein. Als Spielforscher“, so Buland, „würde ich von einem Sich-Einspielen in die belebte und unbelebte Welt sprechen“ (110), das nicht „auf die Qualität ‚Erleben’“ verzichtet. „Ein völlig neues Denken ist notwendig. Damit geht die Notwendigkeit einher, sowohl die Inhalte als auch die Methoden des Lernens völlig anders zu fassen. Erfreulicherweise muss dies nicht neu erfunden werden, sondern wir können auf eine vielfältige und umfangreiche Erfahrung … zurückgreifen: Theaterpädagogik, ästhetische Forschung, Playing Arts, Spielpädagogik, offenes Lernen und vieles andere mehr“ (111), rückt doch die „musische oder ästhetische Bildung … ab von der Haltung der Belehrung und geht über zu einer Haltung des Begleitens und Anregens.“ Sie weiß: „Bildung ist immer Selbst-Bildung und damit jeweils eine Eigenschöpfung, die jedoch im Zusammenspiel mit anderen gebildet wird“ (112) [3]. Sie braucht den Pädagogen, „der nicht die Spielregeln vorgibt, sondern auffordert, die eigenen Spielregeln zu erfinden. Damit ist auch klar, dass der Pädagoge eine völlig andere Haltung einzunehmen hat. Weg vom Lehrer hin zum Mentor“ (113). Denn: „Die pädagogische Intervention kann nicht über Belehren und Anleiten geschehen. Es geht darum, einen Freiraum, einen geschützten und anregenden Rahmen bereit zu stellen, innerhalb dessen Menschen ihre eigene Bildung erfinden, entwickeln und durchführen können. Gleichzeitig müssen diese Prozesse begleitet und in Austausch mit anderen gebracht werden. Vor allem folgende vier Aspekte sind wesentlich: 1. Gestaltung eines sicheren Rahmens und einer anregenden Atmosphäre… 2. Lernen und Bildung braucht die Spur der Begeisterung … 3. Gegenseitiger Austausch … Austausch innerhalb der Gruppe“ (113) [4]. „4. Bildung als Selbstbildung. … Der Grund für die Forderung des Selbst-Tuns liegt darin, dass das eigene Beispiel in einer Weise anregend wirkt, wie dies keine didaktische Methode vermöchte“ (114). -
Praxis
Wiebke Lohfeld behandelt in ihrem Beitrag „Biografie, Bildung und Spiel“ (58 ff) als Praxis-Beispiel ein Playing Arts-Projekt: „Studierende einer Gruppenperformance inszenierten in der Mainzer Innenstadt … einen Einkaufsbummel, wobei sie Tiermasken trugen und sich von einer weiteren Mitspielerin filmen ließen. Der Alltag in der Innenstadt, der ganz gewohnte und alltägliche Raum, wurde spielerisch aufgebrochen. Die Studierenden haben einen Ausdruck für ‚Anderssein’ mit einer alltäglichen Situation körperlich erfahren und anschließend nochmals ästhetisch reflektiert, indem sie den Film geschnitten und in eine vorzeigbare Form gebracht haben (Essenz). In dem Spiel selbst haben sie ihren eigenen Möglichkeitshorizont erweitert“ (66).
„Playing Arts wird im Folgenden als grundsätzlich offener und potentiell kontingenter Bildungsimpuls thematisiert, der vornehmlich Erfahrungsräume mit einem Aufforderungscharakter an den Einzelnen anspricht, seine bisherigen Erfahrungen und Wissensbestände kritisch in neuen und unerwarteten Horizonten zu eruieren“ (67). Playing Arts nutzt „vielseitige Zugänge … Bewegung/Tanz, Musik, Malen, Performance, Texte, Fotografie, Film etc. Entgegen einer pädagogisch oktroyierten Struktur“ übernehmen hier Form und „Gestaltung eine Strukturfunktion für den entstehenden Erfahrungsraum“ (68); „der Einzelne verfügt selbst über seinen Bildungsprozess, den er über ästhetische Resonanzen von Anderen reflektieren und in seinem je eigenen Sinne zu einem Gestaltungs(end)punkt führen kann. Schlüsselbegriff für den Vermittlungsprozess in Playing Arts“, so Lohfeld, „ist die Ästhetische Resonanz. … Anna Dorothea Brockmann (2011) fasst Resonanz im Kontext von Playing Arts phänomenologisch als ein leibliches Geschehen, welches durch die Entäußerung, d.h. die sprachliche oder gestische Mitteilung, eine Objektivierung erfährt. … ‚Resonanz ist grundlegend ein Bewegungs-Phänomen. Es gibt keine Resonanz ohne Bewegung, Eigenbewegung und Mitbewegung am Anderen. Und: Resonanz ist deshalb grundlegend ein leibliches Phänomen, eine leibliche Fähigkeit’ (Brockmann 2008, S. 1)“, „in dem sich ‚Austauschbewegungen zwischen spontaner Zuwendung und Anwendung’ (Brockmann 2008, S. 5) entfalten können“ (69). Einfacher formuliert „wird Playing Arts … als eine Praxis verstanden, die sich durch ästhetisch-gestalterische Selbsttätigkeit auszeichnet (Riemer 2005). Der Schritt von einem Impuls über die Resonanz hin zur Ausgestaltung der neu entstehenden Bilder“, so Lohfeld, „kann nur vom Einzelnen selbst vollzogen werden. Entscheidend ist dabei, dass der Weg in ästhetischer Auseinandersetzung beschritten wird. … Es besteht der Zwang für den Einzelnen, seine Responsivität im Gefüge des Ereignisses selbst auszuloten“ (70).
„Unterstützend wirkt dabei … die Begleitung durch einen Mentor, der immer wieder die eigene Entscheidung des Spielenden … herausfordert … Damit ist immer ein weiterer Horizont adressiert, als es in der Engführung einer auf Ergebnisse zielenden Vermittlung möglich ist“ (70 f), zumal „Resonanzen aus der Gruppe ebenfalls als Impulse in den Spiel- und Gestaltungsprozess des Einzelnen einbezogen werden“ (71). „Insofern wird über die ästhetische Konfrontation einer erfahrungsbezogenen Bespielung im lebensweltlichen Raum – also dem Alltag – in der Gestalt, die diese hervorbringt (Tiermasken und Film), ein Kristallisationspunkt der Begegnung von Kunst und Alltag hergestellt“ (71). Und noch ein Kristallisationspunkt: „In ästhetischen Prozessen … besteht aus pädagogischer Sicht … die Möglichkeit, Erfahrungen zu motivieren, die für den Einzelnen im Rahmen einer kreativ-schöpferischen Auseinandersetzung zu einem Kristallisationspunkt der erfahrenen Differenz von Alltagskultur, Kunst und Selbst führen… Erkenntnis wäre an den Erfahrungsmoment gebunden, in dem sich alltägliche und ästhetische Erfahrungen in ihrer Spannung zeigen, z.B. in einer vom Subjekt produzierten Ausdrucksgestalt“ (72 f).
Lohfeld behandelt noch ein zweites Playing Arts Projekt, bei dem „die Frage nach dem ‚Bild vom Menschen’ als Anstoß für eigene Bespielungen der Studierenden von der Dozentin vorgeschlagen“ wurde. „Weitere Impulse kamen vornehmlich aus der Gegenwartskunst und den im Seminar entstandenen Resonanzen. … Bevor sich die Studierenden auf einer wissenschaftlichen Ebene mit der Frage nach einem Bild vom Menschen befassten, wurden sie aufgefordert, ihr eigenes alltagstheoretisch fundiertes Bild vom Menschen zu benennen und in einer Geste zu gestalten“ (73). „Das Thema ‚Bild vom Menschen’ wurde als Auseinandersetzungsfläche vorgegeben … Die Anforderung der Selbstkonfrontation … führte hier zu Gesten, die zusammengefasst folgende Konnotationen aufwiesen: Ich-Andere, Natur-Kultur, Freiheit-Abhängigkeit, Begrenzung-Transzendenz, Vielfalt, Todesbewusstsein, Entwicklungslogik, Individualität-Gemeinschaft, Prägung-Gestaltung, Dasein, Selbstbildung, Wirklichkeit-Fiktion u.a.“ (74). Lohfeld resümiert: „Indem im Seminar Bezugspunkte gesetzt wurden: a) was ist der Mensch?, b) Kunst?, c) Alltagskultur?, konnte der Veränderungsprozess eine irritierende Richtung einnehmen, in der die Differenzerfahrung sicherlich im Vordergrund stand …“ (80). -
Gerold Scholz behandelt in seinem schlicht und einfach „Verstecken“ genannten Beitrag (116 ff) zwei Themen: „Ich werde zunächst auf die Bedeutung des Verstecken-Spielens von Kindern eingehen. Ich wechsele dann die Perspektive auf Erwachsene und frage, ob es heute und in absehbarer Zukunft möglich ist, sich zu verstecken“ (116). Für das Verstecken-Spiel referiert Scholz eine amerikanische Untersuchung zu „hide and seek & peekaboo“ von Barritt, Loren S. et al. [5]Sie erläutern und kommentieren die Spielregeln und stellen fest: „‚Hide and seek is fun’. Ich übersetze“, so Scholz, „‚fun’ hier nicht mit ‚Spaß’, sondern mit ‚Spannung’“ (119); zu denken wäre dabei etwa an Heckhausen und seinen Aktivierungszirkel. „Im Spiel, so fassen die Autoren zusammen, erwirbt das Kind ein differenziertes Verständnis der eigenen Positionalität. ‚The child learns that there are more ways to look and learns that there are many ways in which you can be looked at. … possible to take up other person’s perspectives.’ Das Versteck-Spiel, kann man sagen, thematisiert die Position des eigenen Leibes … Viele Kinder halten diese Situation nicht für lange aus und verlassen ihr Versteck“ (122). Das gilt, denke ich, vor allem für Jüngere; für sie ist das Gefundenwerden wichtig; erst für Ältere ist Ziel des Spiels das Nicht-gefunden-werden und vor allem das Sich-FREI-schlagen!
Dann „‚peekaboo’ … Das Kuckuck-Spiel vermittelt eine der wichtigen menschlichen Beziehungen, nämlich die zwischen angeschaut werden und anschauen. Es vermittelt ‚awareness of self identity.’“ (121). Es ist „ein Spiel zwischen Erwachsenen und Kindern“ (123); sein „standardisiertes Interaktionsmuster“ (Bruner 1997, 103, hier zitiert auf S. 124) verbindet „Sprache mit Handlungen … Der Spracherwerb ist eingebettet in seinen kulturellen Kontext und er ist zugleich nicht denkbar ohne den Leib“ (125). Und zugleich, denke ich, vermittelt das Kuckuck-Spiel Vertrauen in die Konstanz der Welt: der ‚verschwundene’ Erwachsene kommt zurück.
Im zweiten Teil geht es Scholz „um das Verstecken … von Erwachsenen“ (125), genauer um „Verstecken können“ (126). Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist die Tatsache, „dass im Internetzeitalter der Nutzer zwar Waren kauft, dass aber er selbst die eigentliche Ware ist, mit der gehandelt wird“ (126). Dabei macht der „Computer – und darin sehe ich“, so Scholz, „einen Paradigmenwechsel, der sich auf viele Lebensbereiche bezieht - … mit Erfolg aus qualitativen Daten quantitative und durch einen Rückübersetzungsvorgang wiederum Daten, die Qualität suggerieren“ (131). Zugleich können „Eltern schon jetzt durch Handyortung … immer genau wissen …, wo sich ihre Kinder aufhalten. … Die im Bildungsbegriff enthaltene Grundidee der Unverfügbarkeit des Kindes löst sich hier auf zugunsten der Effektivierung der Entwicklung des Kindes“ (131). Und eine bittere Nachbemerkung: „Die Idee, nicht durch Erziehung zur Tugend, sondern durch Überwachung zu einer tugendhaften Gesellschaft zu gelangen, ist alt“ (132). -
Sich auf ein Spiel mit Kindern einlassen – Susanne Schittler sieht in ihrem Beitrag „Topologie der Leerstelle. Performative Zugänge in der Lehrer_innenbildung“ (135 ff) zunächst „Anknüpfungspunkte“ an die „Tradition eines Bildungsdiskurses, der Bildung immer auch als Ent-Bildung begreift und seinen Ausgang bei Platons Euthymedos nimmt (Zirfas 1999, 184)“. [6] Im „Mittelpunkt“ des Beitrags „stehen die Verbindungen von Lehrer_innenbildung und Performancetheorie und -praxis …, um die Verhältnisse auszuloten [7], die entstehen, wenn die Konzeption der Leerstelle als eine Art Kompassnadel dient“ (136); gemeint ist eine „mögliche Veränderung in der Haltung„; sie „soll anhand zweier ausgewählter Situationen aus dem Kontext der Lehrer_innenausbildung an der Universität diskutiert werden, in denen die Vorstellung einer Linearität des Handelns unterbrochen wird und mögliche Alternativen in den Blick treten“ (137). Da hat ein Student den Text des Froschkönigs vorbereitet und mit einer kleinen Ausstattung, einer „als Turm gestalteten grauen Pappbox“ (147), umgeben; er unterbricht sein Lesen immer wieder, liest erst weiter, wenn „das magische Tier“ gedrückt wird. Dann beginnt ein „Mädchen die Variationsmöglichkeiten“ auszutesten. „Was passiert“, fragt Schittler, „wenn Lehramtsstudierende sich dazu verleiten lassen, ‚Unsinn’ zu machen, wenn sie wieder mit Kindern spielen und in diesem Spiel eine eigene Aufmerksamkeitsqualität entwickeln?“ Jedenfalls entspinnt sich ein munteres Spiel zwischen Student und Schülerin, dem auch andere zuschauen. „Die auf die Box geschriebene Spielregel wurde von beiden akzeptiert und im nächsten Moment übertreten, der Spielrahmen wurde somit von beiden gemeinsam ausgelotet„(148). Wichtig dabei, dass der Student „nicht mehr auf ein ‚Gelingen’ als Umsetzung seiner ursprünglichen Intention fokussiert war“, sind doch „Erziehende und Zu-Erziehende … verbunden in einem ‚immer wieder neu zu bestimmenden Unterfangen, an dem beide mitwirken und mitbeteiligt sind’ (Meyer-Drawe/Lippitz 1987, 68)“ (150) – oder mit den Worten von Kristin Westphal (2001, 550 f): „Bildung als Antwortgeschehen ist an selbstreflexive Prozesse gebunden, in denen Fremdheit als Orientierung für Bildungsprozesse geltend gemacht werden kann. … Das Hören als Antwort auf einen Anspruch, der von anderen ausgeht, kann auch das eigene Andere sein“ (151). „Die Erfahrung, sich auf die Ideen der Kinder einlassen zu können und gleichermaßen ein Zutrauen in das eigene Improvisieren zu erlangen,“ so Schittler abschließend, „wäre eine andere Art der Selbst-Vergewisserung und grundiert dann vielleicht ein zukünftiges Professionsverständnis, das die Relationalität ebenso wie die daraus resultierende Kontingenz des eigenen Handelns wahrnimmt, jedoch nicht, um sich aus der pädagogischen Verantwortung zu lösen, sondern um mit einem aufmerksamen Zutrauen, einer aktiven Passivität auf Kinder, die Sache und sich selbst zu blicken und Verantwortung als etwas zu begreifen, das mit-zu-tei-len ist“ (152). -
Um Beobachten lernen geht es bei Heike de Boer und Daniela Merkinger. In ihrem Beitrag „Grenzen erfahren – Grenzen erweitern. Beobachten lernen in der Lehrerbildung“ (156 ff) gehen sie von der Frage aus: „Wie können Studierende dafür sensibilisiert werden, Schülerhandlungen nicht von ihrem Ergebnis, sondern vom Prozess her zu betrachten, so dass die Komplexität der Bedeutungsgenese in den Blick gerät? Ein möglicher Weg besteht darin, Studierende Schülerhandlungen beobachten und im Anschluss daran schriftlich beschreiben zu lassen“ (156).
Dabei unterlaufen immer auch Wertungen. „Wertungen sind Ausdruck des Interessenehmens an der Welt und geben wichtige Hinweise auf Vorstellungen, Motivationslagen und individuelle Einstellungen“ (158). Allerdings: Der Prozess des Bewertens „läuft häufig wenig bewusst ab und führt zur unhinterfragten Bezugnahme auf vermeintlich geteilte schulische Normen, die sich z.B. in der dualistischen Unterscheidung von ‚richtigem’ und ‚falschem’ Verhalten zeigt. … Unaufmerksamkeit ist in diesem Sinne eine Zuschreibung, die auf die Deutung der BeobachterIn zurückgeht und etwas über ihre Erwartung an das Schülerverhalten aussagt. … Beobachtungen vollziehen sich mit Hilfe von Unterscheidungen und orientieren sich an ‚eigenen Interessen, Absichten und Wertungen, in denen jeweils eine Dynamik von Schlussfolgerungen und habituellen, routinisierten theoretischen Überzeugungen’ wirksam ist (Lehmann-Rommel 2012, 133)“ (159). Auch die „Beschreibung von Beobachtungssituationen“ (von beobachteten Situationen!) basiert auf „den subjektiven Beobachtungen der beobachtenden Person. … Beschreibungen sind Dokumente der Beobachtungsprozesse und werden durch individuelle Einstellungen, Erfahrungen, Alltagstheorien und kulturelle Kontexte inhaltlich strukturiert. … letztlich kann jede Lehrperson stets nur feststellen, wie sie oder er ein Kind in einer bestimmten Situation wahrgenommen hat, nicht aber wie ein Kind (grundsätzlich) ist“ (160). De Boer / Merkinger erwarten: „Der professionalisierte beobachtende Blick und das schriftliche Beobachtungsprotokoll ermöglichen das Durchbrechen von Automatismen und Routinen“. So „kann der Schreibprozess selbst zur Grenzerfahrung für die BeobachterIn werden“ (161). Freilich macht die Verschriftlichung Probleme; darauf weisen die Autorinnen mit Wygotski-Zitaten (1964, 350) hin: „Der Übergang von der inneren zur äußeren Sprache stellt eine komplizierte dynamische Transformation dar – die Umwandlung einer prädikativen und idiomatischen Sprache in eine syntaktisch gegliederte und anderen verständliche Sprache“, die geschriebene Sprache also eine „auf die maximale Verständlichkeit für andere Personen gerichtete Sprache“ (Wygotski 227 f) – zitiert auf S. 162. Durch das Aufschreiben „manifestiert sich gleichsam die Differenz zwischen der Vielschichtigkeit des mit allen Sinnen Erfahrenen und Beobachteten und dem, was überhaupt in Schrift fassbar ist“ (163). Das kann zugleich „ein Anstoß sein, der eigenen Wahrnehmung als subjektiver Konstruktion von Wirklichkeit auf die Spur zu kommen – gerade in dem Bemühen, den beobachteten Prozess möglichst genau zu beschreiben“ (164).
Anschließend geben de Boer/Merklinger „Beispiele“ aus einem „Seminar mit dem Titel ‚Beobachten lernen an Beispielen aus dem Deutschunterricht’“ (164). Wenn ich recht verstehe, wurde dabei eine Video-Sequenz „von nur 35 Sekunden … gemeinsam rekonstruiert“ (165), die Situation in Wirklichkeit also NICHT beobachtet. Zudem gab es das „Protokoll … einer studentischen Tutorin“, erstellt „mit dem Ziel, einen Referenzpunkt für die Protokolle der Studierenden zu haben“ (166). In diesem Protokoll „wird sehr detailgenau der Ablauf dieser kurzen Szene dargestellt“; ihm werden „Text(ausschnitt)e gegenübergestellt …, die zur gleichen Szene entstanden sind“ (167). Der eigentliche „Lernprozess“ geschieht „durch das dreimalige Anfertigen eigener Beobachtungsprotokolle, die jeweils von einer geschulten Tutorin mit individuellem Feedback versehen wurden, … durch die Reflexion und Diskussion … in der Seminargruppe“ (169 f), durch wiederholte Überprüfung der „Formulierungen…, ob sie ‚beschreibend, wertend oder unpassend’ sind“ (171).
Im letzten Abschnitt ihres Beitrags thematisieren die Autorinnen „Erfahrungen, die dadurch entstehen, dass die beobachtende Studentin bei der Reflexion ihren ‚Blick auf sich selbst’ richtet … und so die Begrenztheit ihrer eigenen (normativen) Vorstellungen und Erwartungen erfährt. … Letztendlich münden solche Reflexionen in einen Prozess der Selbsterkenntnis, der ermöglicht, die eigenen normativen Vorstellungen zu beschreiben und zu hinterfragen sowie die eigenen Grenzen erfassen und zugleich erweitern zu können“ (172).
Die „Subjektivität der Wahrnehmung als Grenzerfahrung“ wird möglich, weil „im Seminaraustausch diametral entgegengesetzte Deutungen zu ein und derselben beobachteten Situation nebeneinander stehen, was Irritationen erzeugt und zum Hinterfragen gewohnter Erklärungsmuster führt“ (173); dabei wäre zwischen Wahrnehmung und Deutung noch zu differenzieren. Jedenfalls ermöglicht die „Beobachtung von Schüler_innen … Studierenden, sich mit der Perspektive von Schüler_innen auseinanderzusetzen. … konfrontiert“ sie „zugleich mit der Begrenztheit der eigenen Perspektive. … Die doppelte Begrenztheit der eigenen Perspektive, einerseits als subjektiv geprägt und andererseits durch den institutionellen Kontext der Schule beeinflusst, wird in diesem Prozess erfahrbar“ (173). „Die Irritation der als bekannt oder als selbstverständlich erachteten Denk- und Handlungsroutinen … trägt dazu bei, Etikettierungs- und Stigmatisierungsprozessen entgegenzuwirken sowie eine fragend-forschende Grundhaltung aufzubauen“ (175). Mit diesem Satz beenden de Boer / Merkinger ihren Beitrag.
Drei kurze Nachbemerkungen: Mich wundert, dass bei den SchülerInnen selbst nicht nachgefragt wurde, was sie mit bestimmten Handlungen erreichen wollten bzw. dabei gefühlt/gedacht haben. – Einige studentische Texte verstehe ich anders als die Autorinnen; die „Subjektivität der Wahrnehmung“ schreibt sich also fort. – Und noch eine Verwunderung: da gab es „in vielen Beobachtungsprotokollen anfangs … die synonyme Verwendung von ‚scheinbar’ und ‚anscheinend’“ (eigentlich eine Verwechslung). Daraufhin wurde im „gemeinsamen Austausch mit den Studierenden … diese Bedeutungsdifferenz herausgearbeitet“ (169) - bei Studierenden des Lehramts „herausgearbeitet“! -
Um Musik im Unterricht geht es bei Peter W. Schatt. Er beginnt seinen Beitrag „Musik – entgrenzt? Die Rolle der Musik in (unterrichtlichen) Bildungsprozessen“ (205 ff) mit einigen „Vorüberlegungen“ zu Rolle und „Rollenspiele in Grenzen“ (206). „Es werden nämlich schon durch den Begriff der Rolle wichtige Eigenschaften und Funktionen von Grenzen … deutlich“ (207). „Grenzen“, so Schatt, „entstehen offenbar durch Unterscheidungen – die mehr oder weniger rational und emotional begründet sein können – und sie dienen dazu, diese mehr oder weniger bewussten Gründe und Unterscheidungen zu erhalten. … Ich – Du – Wir, Mein und Dein, Recht und Unrecht … - all dies beruht auf Wertvorstellungen, Normen und Regeln, auf intersubjektiv getroffenen Übereinkünften also, die durch Interaktion und Kommunikation vermittelt werden und letztlich die Eigenart einer Kultur ausmachen“ (207). „Konzertveranstaltungen sind letztlich unter anderem dazu da, die Grenze zwischen Alltag und Ausnahmezustand zu überschreiten, … und letztlich sind sogar Landesgrenzen keine unveränderlichen Gegebenheiten, sondern Ergebnisse von Verhandlungen“ (208) – oder – ‚letztlich’ – von Sieg und Niederlage!
Schatt bringt dann eine interessante Reihe von „Definitionen, die … Hans Heinrich Eggebrecht in dem Buch Was ist Musik zitierte, um die Probleme einer Definition aufzuzeigen (1987)“. Da erscheint eine Fülle positiver Adjektiva: Musik ist “bene … wohl“, bringt “geschickte und angenehme Klänge klüglich … richtig … lieblich … agréable …“ (210). Als mögliche „Zugänge“ zur Musik greift Schatt „exemplarisch … Komposition, Aufführung und Hören“ heraus (215). Zumindest missverständlich dabei seine Mitteilung, dass „mit der ersten Oper die tradierte Grenze zwischen Musik und Theater überschritten wurde“ (217) – Musik gab es bereits in den Tragödien, Komödien, Satyrspielen des antiken Theaters; Peri versuchte ja gerade mit seiner „Dafne“ von 1598, diese Tradition wiederzubeleben. Auch in den Osterspielen spielte Musik eine wichtige Rolle, ganz zu schweigen von den Joculatoren, den wandernden Ärzten und ihren Spielleuten.
„Im musikpädagogischen, auf Praxis gerichteten Denken zeichnen sich“, so Schatt, „vier deutlich voneinander unterscheidbare Bereiche ab … Der Bereich der Erziehung durch und zur Musik, der Bereich des Denkens in Musik, der Bereich verbaler oder musikalischer auf Verständigung zielender Kommunikation und Interaktion und der Bereich musikalischer bzw. musikbezogener Bildung“ (222 f). Zum „Bereich der Erziehung durch und zur Musik“ heißt es: „Bis in unsere Tage wurde die bereits bei Platon entfaltete Überzeugung tradiert, die Beschäftigung mit Musik könne den Menschen besser werden lassen.“ Hier ist deutlicher Widerspruch angezeigt; die Aussage beruht auf einer (von Musikern gern) tradierten, aber verengten Übersetzung von mousike techne – das eben nicht bzw. nicht nur „Musik“ meint, sondern „Musenkünste“ (zu denen u.a. das Theater, aber auch die Astronomie gehörte); mousikos heißt zwar auch „musikalisch“, aber eben auch „überh. künstlerisch und wissenschaftlich gebildet.- adv. fein, harmonisch“ (Gemoll: Gr.-dt. Schul- und Handwörterbuch).
Durchaus richtig dann, wenn Schatt fortsetzt: „Freilich wechselten die Begründungen sowie die Inhalte: Erschien bei Platon das ‚Gute’ als Fähigkeit, am Geschick der Polis politisch und kämpferisch mitzuwirken, so war es im Laufe der Zeit von der Treue zu Kaiser und Vaterland, dem Glauben an Gott, der Gefolgschaft gegenüber dem ‚Führer’ und einem demokratischen oder toleranten, für andere Kulturen aufgeschlossenen Verhalten immer etwas, was von den Mehrheiten in einer bestimmten Kultur für wünschenswert gehalten wurde. … Die Überzeugung aber, dass es möglich sei, dies durch Musik“ (richtig: durch die musischen Künste!) „zu bewirken, ist aber abzugrenzen von der Einsicht, dass es primär die Gemeinsamkeit eines Handelns ist, die solches bewirken kann. Musik erscheint demnach nur als ein denkbarer und sinnvoller, aber keineswegs notwendiger Inhalt neben vielen anderen“ (223) - womit Schatt wieder bei dem eigentlichen athenischen Erziehungsgedanken angekommen ist.
Diskussion
Im – bisher nicht behandelten – Beitrag von Birgit Althans gibt es einige befremdliche Thesen; sie sind, wo nicht zurückzuweisen, zumindest zu diskutieren. Unter der Überschrift „Bedrohte Reservate“ (177 ff) schreibt sie über „Das deutsche Stadttheater und die Grundschule für kurze Beine“. Ein erster Teil ist überschrieben „Maximierung Mensch: Das versteckte – und das inszenierte - Paradigma der Ökonomisierung und Beschleunigung in Theater und Schule“ (179); der zweite Teil behandelt „Rückschlüsse für die Schauspiel- und Lehrerbildung“.
Zunächst geht es um „Auswirkungen der Finanzkrise“ auf das Theater. Es hat, so Althans, „von jeher ein spezifisches Modell des künstlerischen Arbeitens entwickelt, das die psychischen und mentalen Ressourcen der Schauspieler_innen kontinuierlich an ihre Grenzen trieb bzw. sie diese überschreiten ließ – was wiederum stets als besondere Qualität dieses Berufs galt“ (180). Dazu eine Studie von Haunschild / Schößler: „Im Vergleich zu früheren Studien fiel insbesondere am untersuchten Großstadttheater auf, dass Schauspieler diese Fitnessanforderungen reflektieren und sich durch sportliche Aktivitäten (Fitnessstudio, Jogging, Yoga und so weiter) bewusst ‚fit machen’, um im täglichen Proben- und Aufführungsmarathon körperlich mithalten zu können. Viele der Befragten äußerten, dass der früher übliche, durch nächtliche Kantinengespräche geprägte, die Grenzen zwischen Arbeit und Nichtarbeit auflösende Lebensstil heute nicht mehr mit den Selbstansprüchen an die eigene körperliche Leistungsfähigkeit vereinbar sei’ (2011, 265)“ (180). „Die körperliche und geistige Verausgabung der Schauspieler“, so Althans, „ließ sich zu Zeiten stabil subventionierter Stadttheater mit Rekurs auf Georges Bataille sehr gut als kreative, positiv begriffene ‚unproduktive Verausgabung’ auffassen, die die Grenzen der ‚beschränkten Ökonomie’ und ihrer langweiligen, bedrückenden Konventionen (Bataille 1985, 12) überschritt und den Schauspielern zur Weiterentwicklung ihrer spielerischen und persönlichen kreativen Ressourcen verhalf“ (180). „In den Zeiten der Knappheit und des Knappheitparadigmas … gerinnt diese als kreativ empfundene und wertgeschätzte Praxis jedoch zur gouvernementalen Form“ (181). Soll heißen: Arbeit wird „gegenwärtig vor allem projektförmig organisiert, das heißt gefragt sind Teamgeist, kommunikative Kompetenzen, Netzwerke, Kreativität, kurzfristige Zusammenschlüsse und Flexibilität, wie sie eben auch die Theaterarbeit, zumal die gegenwärtige, verlangt … (Schößler/Bähr 2009, 11)“ (181).
Nun lässt sich sicherlich weder gegen „Teamgeist und kommunikative Kompetenzen“ noch gegen Sorge um die eigene Gesundheit grundsätzlich etwas einwenden, auch nicht gegen „Fitness“ als Freude an eigener körperlicher Kraft und Beweglichkeit. Sicherlich neigt der Fitness-Gedanke seit dem Boom der 80er Jahre immer wieder zur grotesken Übersteigerung; sein Grundprinzip lässt sich jedoch zumindest bis in die Lebensreform-Bewegung um 1900 zurückverfolgen (wenn man nicht gleich zu Turnvater Jahn oder dem alten Olympia zurückgehen will) und: Leibesübungen gibt es in jeder menschlichen Gesellschaft; Kinder entwickeln sie spontan oder übernehmen sie von Älteren; denn: „wichtig sind die verschiedenen Formen praktischen Körperwissens. … Ohne diese in komplexen Prozessen der Sozialisation und Erziehung erworbenen Formen praktischen sozialen Wissens können keine Rituale, Feste, künstlerische Praktiken oder Kunstfertigkeiten entstehen, modifiziert und weitergegeben werden“ (s.o. Wulf, 195). Freilich sollte neben den Leibesübungen noch Zeit für Kantinengespräche sein! -
Tendenziell ähnlich negativ zu bewertende Optimierungsversuche sieht Althans auch in der Schule. Dort werden „Angebotsprofile entwickelt, die der jeweiligen Schule möglichst ein Alleinstellungsmerkmal garantieren … Zu einem solchen Wettbewerbsvorteil kann die Teilnahme an bildungs- und gesundheitspolitischen Modellen wie die ‚Gesunde und Bewegte Schule’ gezählt werden. Derartige – ursprünglich reform- oder alternativ-pädagogisch konzipierte – Modelle werden mittlerweile … sowohl als Optimierung der kindlichen Leistungsbereitschaft, Eliminierung von … Langeweile schon bei Grundschülern, wie auch als leistungs- und gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen des Lehrkörpers präsentiert“ (182). Althans referiert ausführlich die „Maximierung Mensch in der Gesunden Schule“, beschreibt das „Modellprojekt ‚Bewegte Schule’“, „die umfassenden – ganzheitlichen! – Leistungen des Modells und die damit verbundene Output-Erwartung, die nachhaltige Steigerung der Leistungsfähigkeit von Schüler_innen und Lehrer_innen“ (183). Sie kommentiert: „Der heimliche Lehrmeister des bewegten Klassenzimmers lässt niemanden entkommen – die optimalen bzw. optimierten Bedingungen des Raumes und das mit ihm verknüpfte Sinneswahrnehmungsregime lässt keine abschweifende Aufmerksamkeit mehr zu. … Der Unterrichtsraum … lässt niemanden mehr entkommen …“ (184). Eine Seite vorher hatte Althans allerdings unter „Leistungen des Modells“ zitiert: „in den Innenräumen Nischen, Lerninseln, Zwischenräume und Ecken für individuelles Lernen als Rückzugs- und Bewegungsraum … schulische Außenräume für Bewegungsspiel, Erholung, Ruhe, Kommunikation“ (183). Also durchaus auch „Rückzugsraum“ und „Ruhe“. Althans weiter: „Nachdem die öffentliche Schule das kindliche Bewegungsbedürfnis in zwei Jahrhunderten durch strenge Disziplin zum Sitzen auf Stühlen und Bänken erzogen und umgeformt hat und so erfolgreich den ‚homo sedativus’ … produzierte, muss sie nunmehr im 21. Jahrhundert durch das Angebot animierenden Mobiliars die permanente Bewegung von Schüler- und Lehrkörpern erzwingen“ (184) – permanente Bewegung erzwingen? „Ursprünglich reformpädagogisch argumentierende Schulentwicklungs-Projekte mutieren im aktuellen, ökonomisierten Kontext somit schnell, so die These, auch für die Lehrkräfte zu Orten der Selbstoptimierung. Die Lehrer transformieren unter diesen Rahmenbedingungen des Diskurses ähnlich wie die anfangs beschriebenen Schauspieler am Stadttheater zu ‚Arbeitskraftunternehmern’, ‚die für den Aufbau und Erhalt ihrer körperlichen (und künstlerisch-kreativen) Fitness und damit ihrer momentanen und zukünftigen Beschäftigungsfähigkeit selbst verantwortlich’ (Haunschild/Schößler 2011, 265) sind“ (185). Da soll also der einzelne für Aufbau und Erhalt seiner körperlichen und künstlerisch-kreativen Fitness (künstlerisch-kreative Fitness?) „selbst verantwortlich“ sein. Schlimm.
Was also tun, wenn „der Schulraum durch Modelle wie die ‚Bewegte und Gesunde Schule’ zum ‚Bewegungsgefängnis’ wird“ (185), wenn Schauspieler „Fitnessanforderungen reflektieren und sich durch sportliche Aktivitäten (Fitnessstudio, Jogging, Yoga und so weiter) bewusst ‚fit machen’“ (180)? Was tun – „vielleicht genau das“, so Kai van Eikels (2013b, 117), „was die Stimme aus meinem Publikum (sie gehörte einem Dramatiker, der einiges über Ökonomie weiß) sagte: … die Theatermachenden dauerhaft, ohne Aussicht auf Rückkehr aus dem Haus jagen, wo sie sich an ihrem besonderen Ort eingeschlossen haben … Wenn Theater Institutionalisierungen seiner Praxis braucht, soll es diese Institutionalität mit den Menschen, die dafür zusammen arbeiten, in der verwahrlosten Wirklichkeit des gegenwärtigen Lebens draußen neu erproben und sehen, was und wozu sie taugt. … In diesem Sinne: Finanziert die Theaterschaffenden weiter, und schmeißt sie raus!“ (offensichtlich zustimmend zitiert von Althans, 186). Nun war der „Dramatiker, der einiges über Ökonomie weiß“ sicherlich eine Koryphäe; meine Erfahrungen mit dem Berliner Kinder- und Jugendtheater sprechen freilich eindeutig gegen seinen Vorschlag. Nur zwei Beispiele: die „Rote Grütze“ (wichtiges Kinder- und Jugendtheater der 70er und 80er Jahre; ‚Darüber spricht macht nicht’, ‚Was heißt hier Liebe?’ Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin 1977, ‚Mensch ich lieb Dich doch’; Gastspiele im In- und Ausland; arbeitete ohne ein eigenes Theater; stellte den Spielbetrieb ein, weil die Kräfte vom ständigen Unterwegs aufgezehrt wurden). Beispiel 2: „Atze“ (zunächst eine kleine, beinahe unbekannte Berliner Liedermachergruppe, Auftritte vor allem in Jugendheimen; nach der Übernahme einer eigene Spielstätte Aufstieg zu einem führenden Musiktheater für Kinder und Jugendliche, mehrfach Ikarus-Preis; spielt bis heute).
Für Schulen formuliert Althans einen abgemilderten Ratschlag (sie sollen also nicht ausziehen aus dem Schulgebäude, auch die Professoren nicht aus der Uni; keine Verlagerung also des ‚Unterrichts’ auf die Agora wie bei Sokrates und den Sophisten): „Es gilt, so die These, auch für Schulen, im Außenraum, in ihrer Region, in ihrem ihre Schule umgebenden Stadtteil zusammen mit den Schüler_innen aktiv und kreativ zu werden, um sich und ihren Anspruch auf ihr Gebäude und die Fortsetzung dessen öffentlicher Subventionierung zu legitimieren“ (186) – vor allem aber, denke ich, um Um-Welt zu erfahren!
Abschließend zitiert Althans noch die selbstkritische Frage von Heiner Goebbels, „ob wir bei den Aufnahmeprüfungen für diese Disziplinen“ (Schauspiel, Regie) „die richtigen Klienten anziehen – oder auswählen“ (2011). „Dieser Frage kann ich“, so Althans, „mich seitens des aktuellen ‚Lehrercastings’ nur anschließen“ (188 – seitens? Oder in bezug auf?). -
Noch ein Blick auf Entwicklungen der Universität, die mich erschrecken. Da schreibt Schittler von „Absicherungsbewegungen von Seiten vieler Studierender, die in Folge der aktuellen Veränderungen im Bildungswesen Wissen als Ware betrachten und folgerichtig Vermittlung von ‚Faktenwissen’ und ‚Handlungskompetenz’ als Dienstleistungen der Dozent_innen einfordern“ (140). Auch „rückt … immer öfter die Anwendung empirischer Methoden in den Mittelpunkt der universitären Lehre, womit sich im ungünstigsten Fall eine Vorstellung der Messbarkeit von Wissensvermittlung durch Prüfungen, Evaluationen und weitere ‚empirische’ Instrumente verbreitet und als Grundverständnis weiter in die Schulen getragen wird. … Das korrespondiert mit einer Studienstruktur, in der pro Semester u.U. bis zu 6 Modulprüfungen zu absolvieren sind und erfordert ein gelingendes Zeitmanagement, das Machbarkeit häufig vor Interesse und Intensität stellt“ (140).
Dem entsprechend gab es für ein Playing Arts Projekt zwar unterschiedliche „Kunstimpulse“, aber auch Literatur. „Die zu lesende Literatur für das Seminar hat entsprechend auf curriculare Standards zurückgegriffen, damit Abschlussarbeiten entstehen konnten“ (77). Erstaunlich: eine „zu lesende Literatur“ greift „auf curriculare Standards zurück …“. – Jedenfalls passt dazu, dass in einigen Beiträgen mit einem Übermaß an Zitaten und Literaturverweisen ‚gearbeitet’ wird.
Fazit
„Grenzverhältnisse“ erfreut durch eindringliche Analysen von eher ungewöhnlich gestalteten Bildungsprozessen, die eng verbunden sind mit Selbstbildung und (ästhetischer) Erfahrung – insofern ein Plädoyer sowohl für offene Lernsituationen wie für einen offenen Blick auf Lernen. Ärgerlich wird es, wenn Analysen sich in Begriffs- und Zitathäufungen flüchten, die kaum noch Bezug zu den Phänomenen haben.
[1] Wichtige Veröffentlichungen: Räume der Unterbrechung. Theater, Performance, Pädagogik, 2012; Wirklichkeiten von Stimmen. Grundlegung einer Theorie der medialen Erfahrung, 2002; Zwischen Himmel und Erde - Annäherungen an eine kulturpädagogische Theorie des Raumerlebens, 1997.
[2] Nietzsche: „… in der Kunst genießt sich der Mensch als Vollkommenheit“ (Streifzüge eines Unzeitgemäßen, Götzen-Dämmerung, §§ 8 und 9), von Zirfas zitiert auf S. 41
[3] Dazu gibt es die Abb. 2: „Kinder beim Maskenbau“ und die Erläuterung: „‚Person’ meint bei den Griechen das, was durch eine Maske hindurch tönt“ (112). Ein Lapsus: ‚persona’ ist Lateinisch, von ‚personare’ hindurchtönen, laut erschallen; das entsprechende griechische Wort für Maske heißt prosopeion, auch prosopon.
[4] Zu ‚Austausch’ vergl. die Ausführungen zu ‚Resonanz’ im folgenden Beitrag von Wiebke Lohfeld
[5] The world through children’s eyes: hide and seek & peekaboo, 1984; auch deutsch in: Lippitz, Wilfried / Meyer-Drawe, Käte (Hg): Lernen und seine Horizonte 1984
[6] Achtung - ein Übertragungsfehler; Platons Dialog heißt Euthydemos - bei Zirfas noch richtig zitiert.
[7] Es ist schon verblüffend, wie oft in Texten, bei denen es um Spiel und Interaktion geht, ausgelotet wird. Da „wäre es wert auszuloten“, welche „Formen der Beziehung sich“ durch „gemeinsam erlebte liminale oder spielerische Phasen … herstellen können“ (145). Seite 148 wird nicht mehr gespielt, sondern „ein Spielrahmen gemeinsam ausgelotet“. Auf S. 70 „besteht der Zwang für den Einzelnen, seine Responsivität … selbst auszuloten“; S. 58 „wird ein Verständnis … ausgelotet“; „Grundpfeiler … werden … genauer ausgeleuchtet“ (59). „Dabei steht im Zentrum, dass der Einzelne … die Grenzen seiner eigenen Welt auslotet“ (68). – Merke: Lot heißt Senk-, Richtblei. Gerade, die senkrecht auf einer anderen steht. Loten: die senkrechte Lage bestimmen (vergl. Pfeifer: Etymolog. Wörterbuch).
Rezension von
Prof. Dr. Hans Wolfgang Nickel
Institut für Spiel- und Theaterpädagogik der Universität der Künste Berlin
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Zitiervorschlag
Hans Wolfgang Nickel. Rezension vom 09.02.2015 zu:
Wiebke Lohfeld, Susanne Schittler (Hrsg.): Grenzverhältnisse. Perspektiven auf Bildung in Schule und Theater. Beltz Juventa
(Weinheim und Basel) 2014.
ISBN 978-3-7799-2976-5.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/17658.php, Datum des Zugriffs 07.10.2024.
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