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Annedore Prengel, Ursula Winklhofer (Hrsg.): Kinderrechte in pädagogischen Beziehungen

Rezensiert von Prof.in Dr. Ulrike Zöller, 15.09.2015

Cover Annedore Prengel, Ursula Winklhofer (Hrsg.): Kinderrechte in pädagogischen Beziehungen ISBN 978-3-8474-0625-9

Annedore Prengel, Ursula Winklhofer (Hrsg.): Kinderrechte in pädagogischen Beziehungen. Bd. 2. Forschungszugänge. Verlag Barbara Budrich GmbH (Opladen, Berlin, Toronto) 2014. 288 Seiten. ISBN 978-3-8474-0625-9. D: 36,00 EUR, A: 25,60 EUR, CH: 35,50 sFr.

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Thema

Der Band‚Kinderrechte in pädagogischen Beziehungen. Band 1: Praxiszugänge‘ legt den Schwerpunkt der Beiträge auf die Verbesserung pädagogischer Beziehungen im Sinne der Kinderrechte in verschiedenen pädagogischen Arbeitsfeldern und gewährt einen umfassenden Einblick in den Zusammenhang zwischen der Qualität pädagogischer Beziehungen und den sozialphilosophischen Paradigmen der Anerkennung und Ermutigung. Entsprechend können sich Demütigungen oder Verletzungen im Rahmen der pädagogischen Interaktion auf Bildungswege von Kindern und Jugendlichen auswirken. In grundlegende pädagogische und psychologische Erkenntnisse sowie rechtliche Rahmenbedingungen, welche die Qualität pädagogischer Beziehungen betreffen, führen die qualitätsvollen und weitgefächerten Beiträge des Bandes ein. Außerdem werden Konzeptionen zur Verbesserung pädagogischer Beziehungen im Sinne der Kinderrechte in den verschiedenen pädagogischen Arbeitsfeldern mit Kindern und Jugendlichen vorgestellt. Die Rezension zu ‚Kinderrechte in pädagogischen Beziehungen. Band 1: Praxiszugänge‘, ist unter www.socialnet.de/rezensionen/17811.php abrufbar.

„Kinderrechte in pädagogischen Beziehungen. Band 2: Forschungszugänge“ legt den Schwerpunkt der Beiträge auf wissenschaftliche Studien einschließlich ihrer Forschungsmethoden, die pädagogische Beziehungen und ihre kinderrechtliche Verbesserung untersuchen. Beide Bände sind sowohl für die Praxis als auch für die Wissenschaft interessant, da sich Querverbindungen zu rechtlichen Grundlagen, internationalen Entwicklungen, Fragen der Gewalt und Ansätze der Prävention und Intervention herstellen lassen.

Herausgeberinnen

Annedore Prengel ist emeritierte Professorin an der Universität Potsdam und Seniorprofessorin an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Ursula Winklhofer, M.A. und Dipl.-Sozialpäd. ist wissenschaftliche Referentin am Deutschen Jugendinstitut, Abteilung Kinder und Kinderbetreuung, München.

Entstehungshintergrund

„Band 1: Praxiszugänge“ und „Band 2: Forschungszugänge“ sind wegen der internationalen Konferenz „Kinderrechte und die Qualität pädagogischer Beziehungen – Professionelles Handeln zwischen Inklusion und Exklusion in Schulen, Kindertageseinrichtungen und außerschulischen Bildungsbereichen“ entstanden. Die Konferenz hat vom 03.- 05. Oktober 2013 an der Universität Potsdam stattgefunden. Hervorzuheben ist, dass beide Sammelbände erstmals Zugänge zur Analyse der Bedeutung von Kinderrechten für pädagogische Beziehungen zusammenhängend publizieren, die sonst eher unverbunden in getrennten Diskursen zu suchen sind. Um die Vielzahl der Beiträge strukturiert herauszugeben, sind diese in einen Praxisband und in einen Forschungsband aufgeteilt.

Aufbau und Inhalt

„Band 2: Forschungszugänge“ ist in drei Teile gegliedert:

  1. Teil 1 beginnt mit einem Vorwort des Kindheitsforschers Lothar Krappmann, der von 2003 – 2011 von der UN-Vollversammlung gewähltes Mitglied im UN-Ausschuss für die Rechte der Kinder war, sowie mit einer Einleitung der Herausgeberinnen. Lothar Krappmann arbeitet in seinem Vorwort heraus, dass die Kinderrechte neben ihrer Schutzfunktion für das Kind dazu beitragen sollen, die Qualität pädagogischer Beziehungen zu fundieren, indem Bedingungen für ihre Entfaltung geschaffen werden. Er weist auf den Forschungsbedarf hin, die bestehenden Beziehungsnetze an Schulen zu untersuchen und weiter an einer Entwicklung der dialogischen Kultur in der pädagogischen Interaktion zu arbeiten.
  2. Teil 2 stellt theoretische Grundlagen, wissenschaftliche Debatten und internationale Forschungsfelder zur Diskussion. Einige Beiträge reflektieren grundlagentheoretisch das interaktionistische Paradigma und anerkennungstheoretische Ansätze, die für die Beziehungsforschung im Lehrpersonen – Schüler_innenverhältnis herangezogen werden. Weitere Beiträge gehen auf Diskriminierung, den Zusammenhang von Lehrerhandeln und Gewalt sowie Ansätze des internationalen Qualitätsmonitorings ein. Es findet sich außerdem ein ins Deutsche übersetzter Vortrag mit dem Titel: „Children cannot be successful in the classroom unless they are successful in relationships“ – Analysen und Interventionen zur Verbesserung von Lehrer-Schüler-Beziehungen von Robert C. Pianta, Curry School of Education an der University of Virginia/USA, den Pianta am 3.10.2013 im Rahmen der Konferenz „Kinderrechte und die Qualität pädagogischer Beziehungen“ in Potsdam gehalten hat. Der Text gibt einen kompakten Einblick in die vielseitigen Forschungen Piantas über pädagogische Beziehungen. Teil 2 wird mit einer Würdigung für den zu früh verstorbenen südafrikanischen Wissenschaftler Almon Shumba abgeschlossen, der seine wissenschaftliche Laufbahn den Rechten von Kindern in Afrika gewidmet hat.
  3. Teil 3 veröffentlicht exemplarische Beiträge zu verschiedenen Studien zur Beziehungsforschung mit Fragestellungen, Forschungsmethoden und wichtigsten Befunden. Alle Studien geben einen knappen Einblick in das forschungsmethodische Vorgehen und zeigen auf, dass eine anerkennend konstruktive dialogische Kultur in pädagogischen Institutionen Deutschlands häufig noch nicht ausreichend etabliert ist. Neben anerkennend konstruktiven sind nicht anerkennend destruktive Beziehungsmuster verbreitet. Zusätzlich zu verschiedenen Studien zur Lehrpersonen – Schüler_inneninteraktion finden sich außerdem Untersuchungen in Kindertagesstätten, zur Gewaltprävention und im Feld arbeitsmarktbezogener Weiterbildung.

Der Anhang liefert eine Übersicht zum Band 1: Praxiszugänge

Beide Bände haben knapp 285 Seiten. Allerdings fallen in Band 2 die Beiträge teilweise größer aus als in Band 1, was der Komplexität der theoretischen Grundlagen und Darstellung der Forschungsergebnisse geschuldet ist.

Diskussion

Die positive Bewertung zum ersten Band, dass es sich um einen gelungenen Band handele, der aus der Menge der Tagungsbände herausstäche, kann an den 2. Band angeschlossen werden. Auch Band 2 löst den Titel: „Forschungszugänge“ sehr gut ein, weil theoretische Grundlagen, wissenschaftliche Debatten und internationale Forschungsfelder zur pädagogischen Beziehungsforschung breit aufgefächert werden. Die dargestellten Studien zur Beziehungsforschung geben interessante Einblicke, wie das Forschungsthema ‚Beziehung in pädagogischen Einrichtungen‘ umgesetzt werden kann.

Die Beiträge des 2. Bands stellen alle konsequent das Kind in den Mittelpunkt des Geschehens und die Auswirkung des Handelns der Lehrpersonen bzw. Erzieher_innen auf die (Lern-)Biografie von Kindern und Jugendlichen. Alle Artikel sind von hoher Qualität, bringen ihr Thema auf den Punkt und geben vor allem Raum zum Nachdenken. Es wird deutlich, dass die Forschung über das „Wie“ der Etablierung der Kinderrechte in pädagogischen Institutionen am Anfang steht. Die Dringlichkeit weiterer Forschungsbestrebungen wird evident. Die Frage, wie Kinderrechte ausgestaltet, etabliert und die menschenrechtliche Verpflichtung gegenüber allen Kindern in Deutschland zur Geltung kommen können, ist hinsichtlich der Umsetzung der Kinderrechtskonvention in der Bundesrepublik zentral. Die Rezensentin als Hochschullehrerin für Soziale Arbeit sieht über die Lehrpersonen – Schüler_innen - Interaktion hinaus viele Ansatzpunkte, die auch im Rahmen Sozialer Arbeit von hoher Relevanz sind. Ein interaktionistisches Beziehungsverständnis in Gestalt anerkennungstheoretischer Überlegungen ist beispielsweise in der Zusammenarbeit mit jungen Menschen, die sich in Übergangssituationen befinden, für die Soziale Arbeit von großer Bedeutung. Gerade in neo-liberalen Verhältnissen, die Soziale Arbeit unter Zeit- und Finanzdruck stellen, müssen Fachkräfte um eine Beziehungsgestaltung kämpfen, die Raum dafür gibt, pädagogische Beziehungen herzustellen, zu gestalten und aufrechtzuerhalten. Band 2: Forschungszugänge bietet hierzu theoretische Grundlagen und forschungsmethodische Ansätze.

Auch im Band 2 bauen die einzelnen Beiträge nicht systematisch aufeinander auf und wirken daher eher willkürlich aneinander gereiht. Leider fehlt auch in diesem Band ein Schluss, der die einzelnen Artikel bündelt und Rückschlüsse aus den hoch interessanten Beiträgen zieht.

Fazit

Die Herausgeberinnen stellen in der Einleitung fest, auch wenn oberflächlich betrachtet, zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine auf kognitive Ergebnisse reduzierte Schulforschung dominiere, sich eine verzweigte Unterströmung unabhängig voneinander durchgeführter erziehungswissenschaftlicher und interdisziplinärer Studien zu pädagogischen Beziehungen aufspüren lasse (S.20). Die Beiträge des Bandes 2: Forschungszugänge geben darüber in sehr gut aufbereiteter Form Auskunft. Gleichzeitig führen sie die Notwendigkeit wissenschaftlicher Untersuchungen im interaktionistischen Kontext pädagogischer Beziehungen vor Augen neben den im letzten Jahrzehnt dominanten Druck der internationalen Vergleichsstudien, die sich dem behavioristischen Paradigma zuordnen lassen.

Es ist zu empfehlen, beide Bände zu lesen. Dadurch kann sich für die Leserinnen und Leser ein umfassender Theorie-Praxis-Bezug hinsichtlich der Umsetzung der Kinderrechte in pädagogischen Beziehungen erschließen.

Rezension von
Prof.in Dr. Ulrike Zöller
Professorin für Theorie, Methodik und Empirie Sozialer Arbeit
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Es gibt 11 Rezensionen von Ulrike Zöller.

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Zitiervorschlag
Ulrike Zöller. Rezension vom 15.09.2015 zu: Annedore Prengel, Ursula Winklhofer (Hrsg.): Kinderrechte in pädagogischen Beziehungen. Bd. 2. Forschungszugänge. Verlag Barbara Budrich GmbH (Opladen, Berlin, Toronto) 2014. ISBN 978-3-8474-0625-9. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/17864.php, Datum des Zugriffs 23.01.2025.


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