Anja Faber: Pflegealltag im stationären Bereich zwischen 1880 und 1930
Rezensiert von Dr. phil. Hubert Kolling, 28.01.2015
Anja Faber: Pflegealltag im stationären Bereich zwischen 1880 und 1930.
Franz Steiner Verlag
(Stuttgart) 2014.
251 Seiten.
ISBN 978-3-515-10685-6.
46,00 EUR.
Schriftenreihe: Medizin, Gesellschaft und Geschichte : (MedGG) ; Jahrbuch des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert-Bosch-Stiftung[Medizin, Gesellschaft und Geschichte / Beiheft].
Thema
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Pflege von Patienten im stationären Bereich, also im Krankenhaus und in den Irrenanstalten, von verschiedenen Schwester-, Bruder- und Wärterschaften übernommen. Für ihr Buch „Pflegealltag im stationären Bereich zwischen 1880 und 1930“, in deren Mittelpunkt die verschiedenen daran beteiligten Gruppierungen beziehungsweise die im Pflegedienst handelnden Personen stehen, hat Anja Faber deren Lebensbedingungen und Lebensumstände sowie Arbeitsalltag untersucht.
Autorin
Anja Faber ist examinierte Krankenschwester. Von 2002 bis2007 studierte sie an der Hochschule für Jüdische Studien und Erziehungswissenschaften in Heidelberg mit Schwerpunkt Jüdische Geschichte, bevor sie 2008 Promotionsstipendiatin der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart wurde. Im Verein „Lebens-Wege“ (www.lebens-wege.de) engagiert sie sich als Trauerbegleiterin und leitet im Haus der Johannesgemeinde Heidelberg-Neuenheim eine Trauergruppe für junge Erwachsene.
Entstehungshintergrund
Die vorliegende Arbeit, die als „Beiheft 53“ der von Prof. Dr. Robert Jütte herausgegebenen renommierten Reihe „Medizin, Gesellschaft und Geschichte“ erscheint, wurde im Juni 2013 von der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Stuttgart als Dissertation angenommen (Gutachter: Prof. Dr. Robert Jütte und Prof. Dr. Franz Quarthal). Für die Drucklegung, die mit Unterstützung der Robert Bosch Stiftung GmbH Stuttgart erfolgte, wurde das Manuskript leicht überarbeitet.
Aufbau
Nach dem Vorwort gliedert sich die Untersuchung, die vierzig Graphiken und zwei zeitgenössische Schwarzweiß-Abbildungen enthält, in die folgenden Haupt- und Nebenkapitel, die ihrerseits teilweise in weitere Unterkapitel unterteilt sind:
- Einleitung
- Einführung
- Fragestellung und Erkenntnisinteresse
- Forschungsstand
- Quellen und Methoden
- Aufbau
- Kontext und Rahmenbedingungen
in der Medizin und Krankenpflege des ausgehenden 19. und beginnenden
20. Jahrhunderts
- Entwicklung des Krankenhauses und psychiatrischer Anstalten
- Entwicklungen in Medizin und Psychiatrie
- Rahmenbedingungen in der Pflege
- Resümee
- Charakterisierung und
Sozialprofil der Schwesternschaften und Pflegegruppierungen
- Zusammensetzung des Pflegesektors
- Genderaspekte
- Das erstellte Sozialprofil
- Resümee
- Lebensbedingungen und -umstände
der Pflegegruppierungen
- beim Eintritt
- Leben in der Gemeinschaft
- Privatleben
- Resümee
- Arbeitsbedingungen
- Arbeitszeiten
- Finanzielle Vergütung
- Soziale Leistungen
- Urlaub
- Erkrankungen
- Arbeitsunfälle
- Resümee
- Ausbildung und
Tätigkeitsbereiche der Pflegegruppierungen
- Ausbildung
- Tätigkeitsbereiche
- Resümee
- Spannungsfelder und Probleme
- Konflikte und Beschwerden der Pflegenden aufgrund von Rahmenbedingungen
- Konflikte des Krankenpflegepersonals
- Beschwerden über das Krankenpflegepersonal
- Resümee
- Schlussbetrachtung
- Bibliographie.
Inhalt
Ausgehend von der Betrachtung des Pflegealltags auf einer Krankenhausstation in heutiger Zeit wird im ersten Kapitel („Einleitung“) die Fragestellung und das Erkenntnisinteresse der Studie vorgestellt, ebenso wie ein Überblick über den Forschungsstand sowie die der Untersuchung zugrunde liegenden Quellen und Methoden gegeben.
Das zweite Kapitel („Kontext und Rahmenbedingungen in der Medizin und Krankenpflege des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts“) bietet einen kurzen historischen Überblick über die Entwicklung des modernen Krankenhauses und der psychiatrischen Anstalten, über die wissenschaftlichen Entwicklungen und Erkenntnisse in Medizin und Psychiatrie sowie über die für die Pflege relevanten Rahmenbedingungen im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert.
Während im dritten Kapitel („Charakterisierung und Sozialprofil der Schwesternschaften und Pflegegruppierungen“) die einzelnen Pflegegruppierungen sowie das erstellte Sozialprofil der untersuchten Schwestern- und Wärterschaften vorgestellt werden, beleuchtet das vierte Kapitel („Lebensbedingungen und -umstände der Pflegegruppierungen“) den Alltag außerhalb der Stationsarbeit, insbesondere das Privatleben der Schwestern und Pflegern.
Nachdem im fünften Kapitel („Arbeitsbedingungen“) die damaligen Arbeitsbedingungen aufgezeigt werden, die für die einzelnen Pflegegruppierungen galten, behandelt das sechste Kapitel („Ausbildung und Tätigkeitsbereiche der Pflegegruppierungen“) die Ausbildungsmodalitäten und die verschiedenen Pflegetätigkeiten, auch mit Blick auf die Irrenpflege.
Im siebten Kapitel („Spannungsfelder und Probleme“) geht es schließlich um Spannungen, Konflikte und Probleme im Pflegealltag, hervorgerufen durch Personalknappheit, hohe Arbeitsbelastung, zwischenmenschliche Diskrepanzen oder Fehlverhalten.
Das achte und neunte Kapitel sind der „Schlussbetrachtung“ und „Bibliographie“ vorbehalten.
Diskussion
Mit der im Rahmen ihrer Dissertation entstandenen Studie verfolgt Anja Faber das Ziel, „den Pflegealltag der verschiedenen Pflegegruppen im stationären Bereich zwischen 1880 und 1930 aufzuzeigen“ (S. 25). Während sie den Begriff „Pflegealltag“ primär auf das Tätigkeitsfeld der Pflegenden unter den jeweils herrschenden Rahmenbedingungen bezieht, beleuchtet sie in den einzelnen Kapiteln auch verschiedene Aspekte des Lebens, die Auswirkungen auf den Pflegealltag hatten. Exemplarisch hat die Autorin hierzu von der konfessionellen Pflege die Clemensschwestern aus Münster, die Sarepta-Diakonissen und Nazareth-Diakone aus Bielefeld, von der weltlichen Pflege die Rot-Kreuz-Schwestern aus Düsseldorf sowie die Wärterinnen und Wärter der Heil- und Pflegeanstalt Illenau untersucht.
Zunächst konstatiert Anja Faber, dass durch die fortschreitende Industrialisierung der Bedarf an medizinischer Versorgung in den Ballungsräumen immer größer wurde. Bedingt durch Armut und katastrophale hygienische Verhältnisse hätten sich Seuchen und Epidemien verbreitet. Daraufhin seien Krankenhäuser entstanden, an denen ausschließlich Kranke behandelt wurden, während gleichzeitig der Bedarf an qualifiziertem Pflegepersonal wuchs. Zugleich habe sich im 19. Jahrhundert auch der Umgang mit den psychisch Kranken maßgebend geändert, indem sie als „Kranke“ anerkannt und nicht mehr in Toll- oder Zuchthäusern weggesperrt werden mussten. „Die Pflege spürte den Umbruch durch wachsende Arbeitsanforderungen sowie Personalmangel, und das bei schlechter finanzieller Versorgung, Absicherung und Ausbildung. Auf diese Missstände machte die B.O.K.D. [Berufsorganisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands] aufmerksam. Allerdings änderte sich Grundlegendes erst Mitte des 20. Jahrhunderts, wie beispielsweise durch die Einführung einer dreijährigen Krankenpflegeausbildung“ (S. 54).
Gestützt auf die Auswertung von Personalunterlagen und Nachrufe auf verstorbene Schwestern, aber auch auf serielle Quellen wie Eintrittsbücher und Personalkarteikarten und nicht zuletzt Ergo-Dokumente wie Briefe und Tagebuchaufzeichnungen, ergänzt durch zeitgenössische Zeitschriften der beruflichen Zusammenschlüsse, zeichnet die Autorin, um ein möglichst differenziertes Bild über den Pflegealltag um 1900 zu bekommen, mit Hilfe der Personendaten sodann ein Sozialprofil der einzelnen Gruppierungen, das Eintritts- und Austrittsalter, schulische Bildung, Beruf des Vaters und soweit vorhanden berufliche Vorerfahrungen beinhaltet, das sie – gegebenenfalls um die Verweildauer im Beruf und die Austritts- beziehungsweise Kündigungsgründe – ergänzt. Wie sie hierbei zeigt, wurden im ausgehenden 19. Jahrhundert die Kranken nicht mehr nur von katholischen Pflegeorden oder Wärtern versorgt. Indem eine Vielzahl an protestantischen und interkonfessionellen Schwesternschaften entstanden, habe sich aus der ursprünglichen Liebestätigkeit zunehmend ein anerkannter Beruf entwickelt. Auffallend bei der Entstehungsgeschichte der einzelnen Schwesternschaften, mit Ausnahme der Rot-Kreuz-Schwesternschaft, sei der charismatische Gründer, der als Oberhaupt der Schwestern- beziehungsweise Wärterschaft eine „Vaterposition“ eingenommen habe. Aufgrund ihrer Untersuchung kann Anja Faber zeigen, dass sich die Schwestern- und Bruderschaften hinsichtlich des Berufes des Vaters, der Schulbildung und der Verweildauer kaum unterschieden. „Mit geringen Abweichungen stammte der überwiegende Teil des Pflegepersonals aus der unteren Mittelschicht, hauptsächlich aus landwirtschaftlichen und handwerklichen Familien. […] Allerdings“, so die Autorin, „kann man deutliche Unterschiede sowohl zwischen den Geschlechtern als auch zwischen den Diakonissen, Diakonen und der Wärterschaft der Illenau in Bezug auf das Kündigungsverhalten erkennen. Punkte wie Heirat, fehlende Eignung, Berufswechsel und Gesundheit spiegeln sich ganz unterschiedlich in den Auswertungsergebnissen wider“ (S. 108).
Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchung sind die Lebensbedingungen und -umstände sowie der Arbeitsalltag der Pflegegruppierungen einschließlich der Pflegen in der Psychiatrie. In diesem Zusammenhang weist Anja Faber zunächst darauf hin, dass sich die Aufnahmekriterien in den verschiedenen Gemeinschaften beziehungsweise Anstalten glichen. Demnach wollte man gesunde, leistungsfähige, aus einem moralischen, christlichen Elternhaus stammende Anwärterinnen und Anwärter, die einen gewissen Grad an Bildung mitbrachten. Zur besseren Identifikation und stärkeren Bindung an die Gemeinschaft und das Mutterhaus hätten die konfessionell geführten Pflegegemeinschaften ein feierliches Eintrittsritual vollzogen. Das Mutterhaus habe für Diakonissen, Diakone, Rot-Kreuz- und Ordensschwestern die zentrale Rolle im Leben eingenommen und die neue Familie dargestellt. Diesem Bild entsprechend hätten die „Eltern“ für ihre „Kinder“ gesorgt, was freilich nicht nur die Versorgung bei Krankheit und im Alter bedeutete, sondern auch einen Verlust von Eigen- und Selbstständigkeit. „Insgesamt können die Lebensumstände und -bedingungen für die einzelnen untersuchten Gruppierungen“, so die Autorin, „als problematisch angesehen werden. Auf der einen Seite erhielten sie Arbeit, Kost und Logis, auch versorgte man sie im Alter und bei Krankheit. Durch das Familienkonzept sollte ihnen ein Gemeinschaftsgefühl vermittelt werden. Gleichzeitig aber band man sie damit auch in hohem Maße an das Mutterhaus bzw. an die Anstalt und nahm ihnen durch die strikten Regeln ihre Eigen- und Selbständigkeit“ (S. 135).
Die Arbeitsbedingungen der untersuchten Pflegegruppierungen im ausgehenden 19. Jahrhundert müssen nach Ansicht von Anja Faber nicht nur zu den heutigen, sondern auch zu denen anderer Berufe im selben Zeitraum „als desolat bezeichnet werden“. Demnach prägten lange, anstrengende Arbeitstage, wenige Erholungsphasen und zunehmende Personalknappheit den Arbeitsalltag ebenso wie eine unzureichende Bezahlung. Außerdem habe es Spannungen innerhalb und zwischen den Pflegegruppierungen gegeben, wobei auch geschlechtsspezifische Unterschiede zum Tragen gekommen seien. Aufgrund ihrer Untersuchung hält die Autorin zusammenfassend fest: „Die schwierigen Arbeitsbedingungen und die anstrengende Arbeit machten viele Pflegende im wahrsten Sinne des Wortes krank. Sie litten hauptsächlich an Infektionserkrankungen, welche durch ihren schlechten Allgemeinzustand begünstigt wurden. Wenig Schlaf, zu kurze Erholungsphasen und eine häufig unzureichende Verpflegung kamen einem Raubbau am eigenen Körper gleich. Erste Krankheitssymptome wurden meist nicht wahr- oder ernst genommen, da Hintanstellung der eigenen Person vor allem in den konfessionellen Pflegegruppierungen als Tugend galt“ (S. 165).
Wie Anja Faber darlegt, war im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts bei den von ihr untersuchten Pflegegruppierungen die Ausbildung des Pflegepersonals, sowohl in der Krankenpflege als auch in der Irrenpflege, stets mit Unterricht in allgemeinbildenden Schulfächern wie Lesen, Schreiben und Rechnen sowie mit der christlichen Persönlichkeitserziehung verbunden. „Auf Letzterer lag lange die Priorität, da die Krankenpflege nicht als Beruf, sondern als Berufung galt. Zu den Hauptaufgaben der religiös geprägten Organisationen gehörte neben der körperlichen Pflege des Patienten auch der geistliche Beistand“ (S. 199). Mit dem 1906 erlassenen Krankenpflegegesetz hätten sich zwar nicht schlagartig die verschiedenen Ausbildungsmodalitäten geändert, es sei aber zu einer allmählichen Anpassung an die staatlichen Forderungen gekommen. Auffallend in Bezug auf die Ausbildungssysteme sei das der Rot-Kreuz-Schwestern aus Düsseldorf gewesen, indem sie mit einer insgesamt dreijährigen Ausbildungszeit genau den damaligen Forderungen der B.O.K.D. entsprachen und sogar die staatliche Regelung überschritten.
Nach Darstellung der Autorin gab es im 19. Jahrhundert Konflikte, Probleme und Spannungen im Pflegealltag genauso wie heute. Auch Arbeitsüberlastung und Personalmangel seien uns vertraut. Dennoch habe es Unterschiede gegeben, besonders in Bezug auf die Beschwerden, die damals seitens des Pflegepersonals geäußert wurden: „Mangelnde Beköstigung, schlechte Unterkünfte und das Andachtsverbot“, so Anja Faber, „sind spezifische Probleme der damaligen Zeit und wären heutzutage undenkbar“ (S. 229). Ein weiterer Punkt seien die Streitigkeiten innerhalb der Schwestern-, Brüder- und Wärterschaft gewesen. Neben geschlechtsspezifischen Problemen, die durch das starre Rollenverständnis verursacht wurden, habe es Differenzen gegeben, die aufgrund von Vorurteilen entstanden. In der Gesellschaft vorherrschend sei die Auffassung der ungebildeten, aber arbeitsamen Diakonisse und der gebildeten, feinen Rot-Kreuz-Schwester gewesen, während man auch dem Wartpersonal gegenüber weiterhin einige Vorbehalte hatte.
Aufgrund ihrer Untersuchung hält die Autorin zusammenfassend fest, dass der Pflegealltag zwischen 1880 und 1930 durch die damaligen Arbeitsbedingungen, die verrichteten Tätigkeiten sowie das Zusammenleben und das gemeinschaftliche Arbeiten von Schwestern, Brüdern und Ärzten beeinflusst wurde. Die hohe Fluktuationsrate verdeutliche, wie schwierig der Pflegeberuf war und welche Ansprüche man an die Pflegenden stellte. „Ungeachtet der zum Teil wenig qualifizierten Ausbildung wird anhand der oft detailliert beschriebenen Tätigkeiten deutlich“, so Anja Faber, „wie umfassend damals die Pflege war und dass die Ärzte durchaus eine Entlastung und Hilfe durch das Pflegepersonal bekamen. Fehlende Selbstbehauptung von Seiten der Pflegenden und ein mangelndes differenzierteres Selbstverständnis verhinderten, dass dieser Berufsgruppe die gebührende gesellschaftliche Anerkennung zuteilwurde“ (S. 233).
Mit der vorliegenden Untersuchung wurden erstmals sechs Pflegegruppierungen im Zeitraum von 1880 bis 1930 umfassend in Bezug auf ihren Pflegealltag untersucht, wodurch nunmehr ein anschauliches Bild über die Pflegenden und ihren Pflegealltag vorliegt. Dabei repräsentieren die verschiedenen Gruppierungen – darunter Angehörige der sogenannten konfessionellen Pflege, wie Nonnen, Diakonissen und Diakone, aber auch weltliche Schwestern, vertreten durch die Rot-Kreuz-Schwestern und ungeschultes Wartpersonal – alle damaligen für den Untersuchungszeitraum relevanten Vertreter, welche sich der Pflege Kranker im stationären Bereich annahmen.
Mit ihrer auf breiter Quellenbasis erstellten Arbeit hat Anja Faber einen wichtigen Beitrag zur Pflegegeschichte geleistet, weil sie unsere Kenntnisse und Vorstellungen, die wir bisher über den Pflegealltag in der Vergangenheit hatten, vertieft und vervollständigt hat. Wünschenswert wären in diesem Zusammenhang lediglich mehr zeitgenössische Abbildungen zu den einzelnen Pflegegruppierungen gewesen. Der Blick ins 21. Jahrhundert zeigt, dass einige Aspekte, wie beispielsweise Personalmangel, starke Arbeitsbelastung oder schlechte Vergütung, immer noch aktuell sind.
Die Untersuchung verfügt über einem soliden Anmerkungsapparat mit Quellenbelegen und weitergehenden Informationen. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass die Autorin bei verschiedenen Personen nicht nur auf die klassischen medizinischen Nachschlagewerke verweist, sondern auch auf das bisher im Umfang von sechs Bänden vorliegende – von Horst-Peter Wolff (Bände 1-3) und Hubert Kolling (Bände 4-6) herausgegebene „Biographische Lexikon zur Pflegegeschichte“ (vgl. die Rezensionen unter: www.socialnet.de/rezensionen/11459.php und www.socialnet.de/rezensionen/14183.php). In diesem Zusammenhang sei der Hinweis erlaubt, dass es dort auch Einträge über die im Text erwähnten Personen Otto Antrick (1858-1924), Kaiserin Augusta (1811-1890), Luise von Baden (1838-1923), Theodor Billroth (1829-1894), Johann Friedrich Dieffenbach (1792-1847), Franz Anton Mai (1742-1814), Martin Mendelsohn (1860-1930), Ludwig Scholz (1868-1918) und Johann Hinrich Wichern (1808-1881) gibt.
Fazit
Wer sich für die Geschichte der Krankenpflege und insbesondere über den Pflegealltag im stationären Bereich zwischen 1880 und 1930 interessiert, wird die von Anja Faber vorgelegte Arbeit mit großem Genuss lesen, zumal sich viele der angesprochenen Punkte bezüglich der Lebensbedingungen und Lebensumstände sowie dem Arbeitsalltag sehr schön mit der Situation in der Gegenwart vergleichen lassen.
Rezension von
Dr. phil. Hubert Kolling
Krankenpfleger, Diplom-Pädagoge und Diplom-Politologe
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Es gibt 191 Rezensionen von Hubert Kolling.
Zitiervorschlag
Hubert Kolling. Rezension vom 28.01.2015 zu:
Anja Faber: Pflegealltag im stationären Bereich zwischen 1880 und 1930. Franz Steiner Verlag
(Stuttgart) 2014.
ISBN 978-3-515-10685-6.
Schriftenreihe: Medizin, Gesellschaft und Geschichte : (MedGG) ; Jahrbuch des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert-Bosch-Stiftung[Medizin, Gesellschaft und Geschichte / Beiheft].
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/17875.php, Datum des Zugriffs 15.01.2025.
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