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Elke Wagner: Mediensoziologie

Rezensiert von Arnold Schmieder, 18.02.2015

Cover Elke Wagner: Mediensoziologie ISBN 978-3-8252-4224-4

Elke Wagner: Mediensoziologie. UVK Verlagsgesellschaft mbH (Konstanz) 2014. 149 Seiten. ISBN 978-3-8252-4224-4. 15,50 EUR.

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Thema

Da man einen „einheitlichen Kanon zur Mediensoziologie“ bislang noch suchen müsse, da Medien in verschiedenen Gesellschaftstheorien einen zentralen Stellenwert haben und in der Hauptsache von verwandten Disziplinen zum Gegenstand der Forschung gemacht wurden und werden (S. 9), will die Verfasserin nicht nur die theoretischen wie empirischen Ergebnisse diesbezüglicher Forschungen bündeln, sondern darüber hinaus vor allem auch „Gegenstandsbereiche“ aufzeigen, „in denen Medien für soziale Praktiken eine Rolle spielen (können).“ Medien, so Elke Wagner, „sind Mittler, die Botschaften übertragen – sie schleichen sich dabei in den Übermittlungsvorgang ein und prägen diesen. Gleichzeitig machen sich Medien im praktischen Vollzug unsichtbar.“ (S. 12) Dabei ist der Blick nicht nur auf die klassischen Massenmedien gerichtet, sondern es sind „unterschiedlichste Gegenstände“, „unterschiedlichste Phänomene“, die als Medien auftreten bzw. eine Rolle spielen können. (S. 11)

Aufbau und Inhalt

Das Buch, das sich als Einführung versteht, ist in zwei Hauptteile gegliedert, nämlich in Medientheorien und Praktische Mediensoziologie.

Der erste Teil umfasst sechs Oberkapitel, die um medientheoretische Ansätze und den jeweiligen Medienbegriff namhafter Autoren kreisen und einen gesellschaftstheoretischen Hintergrund haben bzw. erkennen lassen. Dahin leitet das erste Kapitel, in dem gleich die Frage aufgeworfen wird, ob und wie Medien soziale Praktiken prägen, was zunächst an einem kulturwissenschaftlich orientierten Ansatz (Innis) ausgelotet wird, um dann auf die Frage um Medien und Gesellschaft fokussiert zu werden, wozu die Rolle von Facebook im Arabischen Frühling exemplarisch herangezogen wird. Marshall McLuhan mit seinem oft zitierten Diktum „Das Medium ist die Botschaft“ wird aufgegriffen und erläutert, um dann unter Rückgriff auf die Theorie von Kittler, einem hermeneutisch orientierten Literaturwissenschaftler, in diesem zweiten Kapitel zu zeigen, dass Medien „alle möglichen Erfahrungsformen“ vorausgehen, sie aber trotzdem ein „Eigenleben“ führen. (S. 36) Das lehrt: „Ändern sich Medien, so ändern sich auch soziale Praktiken.“ (S. 41) Dieser Denkstrang wird im dritten Kapitel entlang einer kritischen Mediensoziologie (Adorno, Horkheimer, Bourdieu) weiter verfolgt und unter den Fragen behandelt, was denn so schlimm an den Massenmedien sei und ob sie nicht auch etwas Gutes bewirken könnten. Dass die Rezipienten nicht hilflos dem ‚Verwertungsdiktat‘ medialer Produktion ausgeliefert sind, sondern sich „auch kritisch hierzu verhalten“ können (S. 53), soll im vierten Kapitel mit Rückgriff vor allem auf die Cultural Studies (Hall, Fiske) nachgewiesen werden; deutlich wird, dass die Decodierung „einer Nachricht (…) immer von dem jeweiligen Ort und der Perspektive des Interpreten“ abhängt. (S. 66) Dass und warum Medien (vormals: ihre Wirkung) ‚unsichtbar‘ bleiben und gleichwohl soziale Praxis vermitteln, wird im fünften Kapitel an den Theoremen von Sybille Krämer zu den Medien als ‚unsichtbaren‘ Boten, von Tarde zur Medialität als „schlafwandlerische Nachahmung“ und Latours „Medialität als Black Box“ dargelegt. Alle Positionen eint, dass mediale Intervention im alltäglichen Interaktionsgeschehen zwar wirksam ist, aber unkenntlich bleibt. Im diesem Teil abschließenden sechsten Kapitel wird Luhmanns Medienbegriff i.d.H. als Beleg dafür herangezogen, dass über Medien soziale Situationen strukturiert werden, um so „Kommunikation in modernen Gesellschaften wahrscheinlicher“ machen zu können. (S. 90)

Mit Ausschnitten aus den Theorien von George Herbert Mead und Habermas beginnt der zweite Hauptteil, wobei dieses erste Kapitel der Rolle von Sprache und Medien in den Prozessen der Identitätsbildung gewidmet ist. Auf diesem Hintergrund wird die Frage des zweiten Kapitels um authentische Gefühle aufgeworfen und am Einfluss von Romanen auf die romantische Liebe (Luhmann) und dem Verlust eben dieser romantischen Form im Internet (Illouz) im Sinne einer praktischen Mediensoziologie unter der Perspektive erörtert, was Gefühle überhaupt mit Medien zu tun haben und wie das Internet die Liebe verändert. Wie und dass dabei die ‚Anschlussfähigkeit‘ eine wesentliche Rolle spielt und „eine Bezugnahme auf mediale Formatvorlagen bei gleichzeitiger Distanzierung“ erfolgt, ist der Kernpunkt. Wie Medien – nicht bruchlos – in solche ‚Privatheit‘ gestaltend eingreifen, ist insoweit auch Thema des dritten Kapitels, in dem entlang Habermas der Strukturwandel der Öffentlichkeit nachgezeichnet und aufgezeigt wird, wie Massenmedien die Praxis des Öffentlichen verändern. In Aufnahme des Begriffs der „vermachteten Arena“ (Habermas) interpretiert Frau Wagner, ‚vermachtet‘ würde Öffentlichkeit deshalb, „weil Institutionen und Organisationen der Massenmedien die Inhalte setzen und vorstrukturieren. Ein gleichberechtigter Diskurs findet nicht statt“ – was an Adorno und Horkheimer anschlösse. (S. 122) Die Populärkultur bleibt nicht unerwähnt; ihr ist das vierte Kapitel gewidmet, in dem mit Stäheli gezeigt wird, dass sie kein globaler „Einheitsbrei“ ist, sondern, so Stäheli, die „‚verschiedenen Effekte (…) von ihrem ‚ursprünglichen‘ Kontext losgelöst und in zahlreichen kulturellen Kontexten zitier- und wiedereinsetzbar‘“ werden. (S. 133) Wie eine globalisierte Gesellschaft entsteht und ob eine Weltgesellschaft (auch) ein mediales Produkt sei, ist Gegenstand des abschließenden fünften Kapitels, in dem kurz historisch ausgeholt wird, um dann die Rolle von Tourismus und Fotografie näher zu untersuchen: „Wenn wir als Touristen verreisen, wird unser Blick auf Orte durch die Bilder von diesen Orten vorstrukturiert.“ Und korrespondierend dazu: „Weltereignisse simulieren durch eine bestimmte Teilnehmeranordnung die Integration der ganzen Welt. Dabei spielen sich Weltereignisse vor einem Weltpublikum ab, das über Massenmedien hergestellt wird.“ (S. 140 f.)

Diskussion

Zentrale Fragestellung für eine Mediensoziologie ist die „nach der gesellschaftlichen Bedeutung von Medien“; eine Fragestellung, die schon die alte Zeitungswissenschaft beschäftigt hat, die ihr folgende Publizistikwissenschaft, ebenso die Kulturwissenschaften und zentraler dann schon die Kommunikationswissenschaft. Da Frau Wagner darum bemüht ist, der Mediensoziologie ein eigenes Gesicht zu geben, fügt sie die Fragen hinzu: „Wie wirken sich Medien auf soziale Prozesse aus? Verändern Medien soziale Praktiken?“ (S. 17) Sie schließt sich der These an, „dass Medien etwas verändern, wenn sie zum Einsatz kommen.“ In eine Fragestellung übersetzt, der empirisch nachzugehen ist, heißt das: „Verändern Medien tatsächlich die von ihnen vermittelten Informationen?“ Und im Fettdruck hervorgehoben: „Welche Sozialformen entstehen durch die Medien?“ (S. 25) Man mag einwenden, so genuin seien diese Fragestellungen nicht, zumindest in Bezug auf den einzelnen Rezipienten von der älteren us-amerikanischen Wirkungsforschung unter mannigfachen Blickwinkeln schon behandelt, was von der deutschen Publizistikwissenschaft aufgegriffen und kommunikationstheoretisch gewendet und erweitert wurde. In einem schon älteren Werk zu Speziellen Soziologien heißt es im Beitrag Kommunikationssoziologie von Franz Dröge, diese würde wie andere Bindestrich-Soziologien „die funktionelle Differenzierung des Systems Gesellschaft und die Autonomiegewinnung der Subsysteme“ reflektieren. Unter dieser Perspektive sei festzustellen, dass Massenmedien „den gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß wesentlich“ mitstrukturieren: „Obgleich grundlegende Mittel subjektiver Vergesellschaftung geworden, modifizieren sie dadurch den Vergesellschaftungsprozeß ständig und tragen – neben dem technologischen Prozeß laufender Kapitalsubstitution in der Produktion, dem sie selbst verstärkt unterliegen – so zum beschleunigten Wandel der kapitalistischen Industriegesellschaften bei“. Und was „Wirkung als sozialer Prozeß“ betrifft, heißt es bei Dröge, dass der „mediale Kommunikationsprozeß kein reiner Wirkungsprozeß ist, sondern ein sozialer Vermittlungszusammenhang, in dem die Charakteristika der beteiligten sozialen Aggregate Inhalte, Strukturen und Folgen des Wissensumschlags konstituieren, für den die Medien in modernen Gesellschaften zwingende Randbedingungen darstellen.“ So gesehen scheint – auf der Theorieebene für eine eigenständige Mediensoziologie – das Feld längst geackert und gepflügt, das Frau Wagner allerdings für den Zweck praktischer Mediensoziologie kultiviert, um im Grunde kommunikationswissenschaftliche Neophyten näher in Augenschein nehmen zu können. – Das gelingt überzeugend.

Wenn die Autorin sich darüber auslässt, dass sich Medien in den „Übermittlungsvorgang“ gleichsam einschleichen und den „Botschaften“ ein bestimmtes Gepräge geben, wenn sie im Zuge ihrer Analyse betont, dass die RezipientInnen sich dazu „auch kritisch“ (s.o.) verhalten oder sie gar uminterpretieren können (so etwa in der populärkulturellen Kommunikation), liegt ein Seitenblick auf interpersonale Kommunikation nahe und auf das, was thematisch übertragbar scheint bzw. – eben auch mediensoziologisch – fruchtbar zu machen wäre. Etwa an Watzlawicks Axiome ist zu erinnern, zunächst daran, dass menschliche Kommunikation sich analoger und digitaler Modalitäten bedient, was meint, dass jede Kommunikation zugleich auf einer Sach- und Beziehungsebene stattfindet, eine Verzahnung oder Vernetzung, die auch zwischen gleichviel welchen Medien und den NutzerInnen auszumachen ist. „Man kann nicht nicht kommunizieren“, lautet das bekannte erste Axiom bei Watzlawick und ist im zweiten dahingehend konkretisiert: „Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, derart, dass letzterer den ersteren bestimmt.“ Bezüge zu Watzlawicks Analysen sind insbesondere (und exemplarisch) im Rückgriff auf Tardes Annahme herzustellen, Medien würden „Formatvorlagen“ bereitstellen, „an die immer wieder anders angeschlossen werden kann“, wobei die von Sybille Krämer hervorgehobene „Unsichtbarkeit im praktischen Vollzug“ ebenso bedeutsam scheint.

Sicher nicht von ungefähr befragt Elke Wagner die Authentizität von Gefühlen am Begriff der Liebe, wobei sie mit Eva Illouz die emotionssoziologische Dimension des Mediums Internet auf die Veränderung je individuellen Verständnisses von Liebe untersucht, aber nicht nur: Ihr Rekurs auf Luhmanns These, „‚das Medium Liebe‘“ sei „‚selbst kein Gefühl, sondern ein Kommunikationscode‘“ (S. 104), verweist (wie hier vergleichbar Luhmanns Forschungsansatz) auf Elias und seine Analyse des Prozesses der Zivilisation. Der von Elias geprägte figurationssoziologische Begriff des „Interdependenzgeflechts“, das soziale Zusammensein von Individuen in unterschiedlichen Konstellationen und ihr Angewiesensein aufeinander, ist der Ort, wo man eben zum einen „nicht nicht kommunizieren“ kann (Watzlawick) und zum anderen diese Kommunikation samt der historisch entwickelte Bedeutung von Begriffen als „schlafwandlerische Nachahmung“ auf jenen „Formatvorlagen“ à la Tarde basiert. Um im hier exemplarisch bemühten Beispiel zu bleiben: Der Watzlawicksche „Beziehungsaspekt“, hier das soziale Zusammensein von Liebenden, wirkt sich bestimmend auf den „Inhaltsaspekt“ aus, wie sie also ihre Liebe definieren wollen. Kritische Distanzierungen (nicht nur) Adoleszenter wie: ‚Liebe ist etwas für kleine Mädchen und Althippies‘ signalisieren, dass die historisch überkommene Form der romantischen Liebe kaum noch psychosoziale Enklaven in einem hier und heute neoliberal zugerichteten Alltag vorfindet. Liebe würde „pragmatisch betrieben, aber romantisch ausgeflaggt“, diagnostiziert Schuldt bezeichnenderweise unter dem Kapiteltitel „Mehr Gefühl – mit Kalkül“. Dass kalkuliert wird im Sinne von Vorteilsnahme und Konkurrenz, verweist auf den Kern dessen, was gesellschaftliche Verhältnisse ausmacht, die in „Interdependenzgeflechten“ zur Alltagswirklichkeit werden, Interaktionen und Beziehungen formal und inhaltlich strukturieren und Kommunikate wie Begriffe mit bestimmten Bedeutungen aufladen, ihnen eine Tendenz geben können – nicht müssen. Dass und wie (auch) dieses Phänomen von einer Ambivalenz gekennzeichnet ist, was für praktische Mediensoziologie relevante Fragen (und nicht nur gegenüber diesem Gegenstand) aufwerfen könnte, darauf ist mit anderen Analysen bzw. theoretischen Überlegungen verwiesen:

Wenn der Philosoph Harry G. Frankfurt die „Natur der Liebe“ als einen „Modus interessefreier Sorge“ definiert, die sich Gründe für liebevolle Zuwendung schaffe, dann ist hier ein Moment der ‚romantischen‘ Liebe ent- und erhalten, das der Soziologe Anthony Giddens „von der sexuell/erotischen Attraktivität der leidenschaftlichen Liebe“ unterscheidet: „Die Liebe bricht mit der Sexualität, indem sie sich die Sexualität einverleibt; die ‚Tugend‘ beginnt für beide Geschlechter eine neue Bedeutung anzunehmen, man verbindet mit ihr (…) Charaktereigenschaften, die eine Person als ‚besondere‘ herausheben.“ Dies scheint im „Modell der partnerschaftlichen Liebe“ fortzuleben, von der Giddens sagt, es lege einen „ethischen Rahmen nahe, der nicht-destruktive Emotionen im individuellen wie im öffentlichen Leben begünstigen würde. Es sorgt für die Möglichkeit einer Revitalisierung des Erotischen – (…) als eine wesensmäßige Qualität der Sexualität in sozialen Beziehungen, die durch Gegenseitigkeit geformt werden und nicht durch ungleich verteilte Macht.“ Giddens meint abschließend, sexuelle Aktivität habe vormals „ein Band mit der Endlichkeit des individuellen Lebens“ geschmiedet und „gleichzeitig ein Versprechen“ enthalten, „daß diese ohne Bedeutung sei“. Seine These lautet, ein „Echo der Transzendenz“ halle in der heutigen Form von Liebe und Sexualität nach und müsse unter dieser Voraussetzung von einer „Aura der Nostalgie und Desillusionierung umgeben sein“. Das ist mit dem Freudschen Verständnis von „Wortvorstellungen“ als „Erinnerungsreste“ zu erhellen, allerdings unter der Voraussetzung, dass solches „Echo“ und ebenso eine romantische Liebes-Reminiszenz über Sozialisationsinhalte und medialen Transport bewahrt worden sind und so individualgeschichtlich wirksam werden können: Laut Freud waren diese „Wortvorstellungen“ einmal „Wahrnehmungen und können wie alle Erinnerungsreste wieder bewußt werden (…): bewußt werden kann nur das, was schon einmal bw Wahrnehmung war, und was außer Gefühlen von innen her bewußt werden will, muß versuchen, sich in äußere Wahrnehmung umzusetzen.“ Wenn sich heutige ‚pragmatische‘ Liebe mit ‚romantischem‘ „Erinnerungsrest“ Sexualität „einverleibt“ (s.o.), ist mit Giddens zu kritisieren, dass aus „dieser Perspektive gesehen (…) Sexualität nicht das Gegenteil einer Zivilisation (ist), die sich dem wirtschaftlichen Wachstum und der technischen Kontrolle verschrieben hat, sondern die Verkörperung ihres Scheiterns.“

Medien sind – auch da – in der Tat „Mittler“, wie es bei Elke Wagner heißt. Sie generieren (u.a.) auch Narrative, die „im praktischen Vollzug“ (s.o.) interpersonaler Kommunikation ‚unsichtbar‘ bleiben. Dazu aber, das zeigt die Autorin entlang der Cultural Studies auf, können sich die ‚Akteure‘ in nicht nur einem sehr intimen „Interdependenzgeflecht“ wie z.B. der Liebe „auch kritisch“ (s.o.) verhalten: etwa sich auf die Suche nach mehr und anders definiertem „Gefühl“ zu begeben („Mehr Gefühl“; s.o.), ohne die Augen vor einer Lebenswirklichkeit des „Kalkül“ (s.o.) zu verschließen, in der sie wie von „einem Zaun von schweren Ängsten“ (Elias) eingepfercht sind – und daraus ‚auszubrechen‘ versuchen, weil objektiv gesetzte Widersprüche subjektiv auch über etwa „Erinnerungsreste“ virulent bleiben, was es – eben auch – in Medien und ihren ‚Botschaften‘ aufzuspüren gilt, und zwar gerade im Hinblick auf eine „praktische Mediensoziologie“, wie sie die Autorin eröffnet, und da alle von ihr genannten Themenfelder betreffend, die wie das Beispiel ‚Liebe‘ zu analysieren wären.

Explizit ist solche soziologische Erweiterung dessen, was mediensoziologisch mit Blick auf gesellschaftliche Produktions- und Reproduktionsprozesse und ihrem Einfluss auf subjektive Strukturen und die Rolle von Medien im Hinblick auf interpersonale Kommunikation einbezogen und auf Theorie fokussiert werden könnte, bei Frau Wagner nicht Thema, wenngleich implizit zu entnehmen: Löst sie doch eine Engfassung des Kommunikationsbegriffs, wie er mediensoziolgisch zu erwarten wäre, auf und verweist in wenn auch anderer Terminologie auf jene „Inhalts- und Beziehungsaspekte“ (s.o.) und konzentriert sich dabei auf die durch Medien entstehenden „Sozialformen“, dabei auf „Übertragungsverhältnisse“, die „bestimmte Phänomene“, vorrangig „soziale Phänomene erfahrbar und sichtbar machen“, was allemal und nicht nur für eine spezielle Mediensoziologie von Relevanz ist. (S. 17 u. 19) – Interdisziplinarität wäre insofern auch einer Mediensoziologie zu empfehlen, die sich im Reigen der Wissenschaften positionieren will.

Fazit

Ihr Buch richte sich an Studierende im Bachelor-Studiengang und verstehe sich als Einführung, betont Elke Wagner gleich eingangs, setze aber „grundständiges Wissen über soziologische Sachverhalte“ voraus. (S. 13) Angesichts des Buches ist das ein Understatement. Jenes ‚grundständige Wissen‘, das sie vorausgesetzt wissen will, vermittelt die Autorin, soweit es für die jeweils behandelten Aspekte von Belang ist, in ihrem Buch selbst. Ein Lehrbuch ist es zwar, und dies in bestem Sinne, aber es bescheidet sich nicht mit bloßen, zum Teil recht kurzen, nicht aber verkürzenden Wiedergaben theoretischer Erklärungsansätze, sondern es werden zugleich plausible Forschungsaufgaben konturiert, die gerade da belangvoll erscheinen, wo es um „Sozialformen“ im Zusammenhang der Entwicklung und Verbreitung neuerer medialer Möglichkeiten geht. Insofern dokumentiert das Buch eine glückliche Verbindung von Forschung und Lehre. Gleichwohl wird es dem Anspruch gerecht, eine Einführung zu sein. Eingestreute Übungsvorschläge und -beispiele, Infoboxen, das jeweilige knappe Fazit am Ende der Kapitel sind durchaus sinnvolle und bereichernde Lektüre- und Lernhilfen. Insofern dürfte diese Einführung, zugleich eine Studie, für eine breitere LeserInnenschaft von Interesse sein.

Rezension von
Arnold Schmieder
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Zitiervorschlag
Arnold Schmieder. Rezension vom 18.02.2015 zu: Elke Wagner: Mediensoziologie. UVK Verlagsgesellschaft mbH (Konstanz) 2014. ISBN 978-3-8252-4224-4. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/17924.php, Datum des Zugriffs 16.09.2024.


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