Adalbert Metzinger: Entwicklungspsychologie kompakt für sozialpädagogische Berufe
Rezensiert von Sandra Ebert, 11.03.2015

Adalbert Metzinger: Entwicklungspsychologie kompakt für sozialpädagogische Berufe. Bildungsverlag EINS GmbH (Köln) 2014. 111 Seiten. ISBN 978-3-427-41043-0. D: 15,95 EUR, A: 16,40 EUR, CH: 22,90 sFr.
Thema
Adalbert Metzinger orientiert sich in seinem Arbeitsheft passgenau an den Themen, die er in seinem Buch „Entwicklungspsychologie kompakt“ vorstellt. Wie im Vorwort angemerkt soll das Arbeitsheft für das Selbststudium, die Prüfungsvorbereitung oder auch für die Unterrichtsbegleitung genutzt werden.
Aufbau
Das Arbeitsheft ist in 14 Kapitel gegliedert, die sich mit je unterschiedlichen Entwicklungsbereichen befassen. Nach den Aufgabenstellungen in den jeweiligen Kapiteln finden sich ausreichende Zeilen, um die Antworten direkt einzufügen.
Inhalt
In Kapitel 1 stellt der Autor Aufgaben zu den allgemeinen Grundlagen der Entwicklungspsychologie dar. Er verwendet hierbei vielseitige Aufgabenstellungen, so lässt er bspw. Beobachtungsprotokolle vergleichen oder lädt die Auszubildenden ein, anhand von Texten theoretische Begrifflichkeiten herauszuarbeiten. Weiter stellt er Zitate und Zeitungsmeldungen vor, welche von den Auszubildenden theoretisch eingeordnet werden können.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der körperlichen und motorischen Entwicklung. Hier finden die Lesenden in den Aufgaben eine variantenreiche Auseinandersetzung mit dem Thema, welche von Lückentexten zur motorischen Entwicklung über die Auseinandersetzung mit der eigenen körperlichen Veränderung seit der Einschulung bis hin zur Diskussionsaufforderung eines Textes reicht.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Entwicklung der Wahrnehmung. Hier stellt der Autor eine Fallgeschichte mit Aufgabenstellungen vor, die zur Verdeutlichung der Funktion und Bedeutung der menschlichen Wahrnehmung anregen. Im Anschluss daran haben die Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit, sich mit den unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen von Sehen, Hören und Zeit sowie dem Selbst- und Fremdbild zu beschäftigen.
Das vierte Kapitel thematisiert die Entwicklung der Sprache. Der Leser wird hier ermuntert, sowohl Fragen zur eigenen Sprachentwicklung zu beantworten und sich auch auf theoretischer Ebene mit den Voraussetzungen für den Spracherwerb sowie mit der Sprachentwicklung auseinanderzusetzen.
Im fünften Kapitel kann sich mit der Entwicklung des Denkens befasst werden. Hier wird der Leser zu Anwendungsaufgaben eingeladen wie z.B. dem Brückenbau mit Wörtern oder der Ordnung von Karten mit Bezug zu den Entwicklungsaltern des Kindes. Auch sieht der Autor Aufgaben vor, die sich mit den Merkmalen des Denkens in den verschiedenen Entwicklungsstufen befasst.
Im sechsten Kapitel steht die Entwicklung des Sozialverhaltens im Mittelpunkt. Unter verschiedensten Arbeitsaufträgen findet sich in diesem Kapitel eine Aufgabe, wie die Auszubildenden den Einfluss der familiären Konstellationen auf das Sozialverhalten eines Kindes einschätzen. Daneben enthalten sind Fragen, welche Aufgabe Konflikte grundsätzlich erfüllen und wie die Konfliktfähigkeit von Kindern professionell gefördert werden kann.
Das siebte Kapitel hat die Entwicklung der Sexualität zum Gegenstand. Hierbei werden die Lernenden eingeladen, sich mit den eigenen Vorstellungen von Sexualität und Sexualerziehung auseinanderzusetzen sowie verschiedene Definitionen von Sexualität und Beispiele von Aufklärungsstilen zu analysieren.
Die Entwicklung der Bedürfnisse steht im achten Kapitel im Fokus der Bearbeitung und ist mit drei Aufgaben recht überschaubar gehalten. Thematisiert werden neben der Maslowschen Bedürfnispyramide auch die Folgen unzulänglicher Befriedigung kindlicher Bedürfnisse.
Im neunten Kapitel greift der Autor die Entwicklung der Leistungsmotivation auf. Ein persönlicher Zugang zum Thema wird über die Auseinandersetzung mit den Berufswahlmotiven für den Erzieherinnenberuf verfolgt sowie über die Benennung erlebter motivierender und demotivierender Momente in der Ausbildung. Eine weitere Aufgabe befasst sich mit dem Stellenwert der Leistungsmotivation in unserer Gesellschaft.
Das zehnte Kapitel steht unter dem Titel der Entwicklung des Neugierverhaltens. Hierbei können sich Lernende mit der These „Kinder sind von Natur aus neugierig“ auseinander setzen oder sich auf die eigenen Interessen im Alter zwischen 6 und 9 Jahren zurück besinnen.
Die Entwicklung der Emotionen findet sich im elften Kapitel wider. Hier können sich die Interessierten einerseits mit Begriffsdefinitionen zu Emotionen auseinandersetzen. Andererseits werden die Auszubildenden für den kulturellen Einfluss im Ausleben von Emotionen sensibilisiert. Darüber hinaus kann sich der Leser über das Ankreuzen verschiedener Merkmale vor Augen führen, was eigene Verhaltensweisen im Ausleben der Emotion Wut sind. Weiter wird der Leser in diesem Kapitel zu einer Selbsteinschätzung zu den Symptomen Generalisierter Angststörung und Sozialer Phobie aufgefordert.
Kapitel 12 befasst sich mit der Entwicklung des Spielens und zielt in den verschiedenen Aufgaben auf die Herausarbeitung des Unterschieds zwischen kindlichem Spiel und der Arbeit des Erwachsenen, auf Spieltheorien, auf Funktionen des Spiels, sowie auf Spielbedürfnisse des Kindes. Der Praxisbezug wird hergestellt, indem der Nutzer Überlegungen zur Förderung des Spielverhaltens bei Kindern anstellen kann.
Im 13. Kapitel stellt der Autor die Entwicklung des Malens und Zeichnens in den Mittelpunkt. Aufgabenstellungen reichen von der Benennung der Funktionen des bildnerischen Ausdrucks bis hin zur Zuordnung von Kinderzeichnungen zum Entwicklungsstand des Kindes mit Hilfe des Mann-Zeichentest von Goodenough.
Der Entwicklung der Moral ist das vierzehnte und letzte Kapitel gewidmet. Hier werden die Auszubildenden eingeladen, sich bspw. mit dem Moralbegriff der Psychologie sowie moralischen Regeln und Normen auseinanderzusetzen. Die Verknüpfung zum Arbeitsalltag wird über Beispiele aus dem pädagogischen Handlungsfeld hergestellt, für die die Anwender Handlungsmöglichkeiten erarbeiten können.
Diskussion
Metzinger gelingt es durch verschiedene Arbeitsaufträge, Methoden und Fragestellungen, dem Leser entwicklungspsychologische Themenbereiche auf vielseitigen Wegen nahe zu bringen. Auf den 111 Seiten werden in kompakter Form wesentliche Inhalt, die für die sozialpädagogischen Berufe relevant sind, überblicksartig thematisiert.
Einige Themenbereiche werden mit der eigenen Entwicklung und Biographie der Leser verknüpft, doch wird hier leider versäumt, die angesprochenen Themen dann auf einer fachlichen Meta-Ebene zu reflektieren. So wird der Leser bspw. aufgefordert, seine Stellung in einer Gleichaltrigengruppe zu beschreiben, die Beschreibung wird jedoch nicht in eine Reflexion oder weitere Auseinandersetzung überführt (S.50, Aufg. 8).
Ähnliches findet sich im Bereich der Entwicklung der Moral, wo der Anwender Sätze zu moralischen Fragestellungen vervollständigen soll. Die Aufgabe endet mit der eigenen Haltung, ohne darauf hinzuweisen oder herausarbeiten zu lassen, dass diese subjektiv konturiert ist (S. 102, Aufg. 1). An dieser Stelle erscheint bspw. nicht klar, welcher Lerneffekt hinter der Fragestellung verborgen sein soll.
An anderer Stelle finden sich Arbeitsaufträge, dass Bilder aus der eigenen Kindheit in das Arbeitsheft eingeklebt werden sollen und der Anwender dieses Bild beschreiben soll, bspw. zu den körperlichen Veränderungen seit der Einschulung oder der Stellung im Gleichaltrigengefüge (S. 19/ S. 51). Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob diese Arbeitsanweisungen dem Alter der Auszubildenden angemessen sind und diese Methode den Zweck eines Arbeitsheftes erfüllt.
Kritisch einzuschätzen sind m.E. insbesondere die Aufgaben 16 – 19 des Kapitels Entwicklung der Emotion (S. 83-86). Hier fordert der Autor die Anwender ohne inhaltliche Vorbereitung oder thematische Rahmung auf, eine Selbsteinschätzung zu den Symptomen Generalisierter Angststörung, Sozialer Phobie, Einfacher Phobie und zum Thema „Ist die Angst bei mir schon krankhaft?“ zu vollziehen. Der Autor fragt am Ende der Selbsteinschätzung, ob die dargestellten Situationen und Symptome zutreffend sind und weist darauf hin, dass in diesem Fall der Verdacht auf eine bestehende Störung gegeben sei. Die Durchführung einer Selbstdiagnostik mit einem derartigen Postulat, ohne Rahmung und im Kontext eines Lehrbuchs, ist m.E. sehr gewagt, da die potentiellen Auswirkungen dieser Selbstdiagnostik nicht berücksichtigt werden und auch keine Unterstützungsangebote vorgestellt werden. Auch im Rahmen eines Unterrichts erscheinen derart persönliche Themen in dieser Form ungeeignet.
Fazit
Das Arbeitsheft gibt mit seinen abwechslungsreichen Aufgabenstellungen, seinen Bezügen zum pädagogischen Arbeitsalltag und über die Auseinandersetzung mit der eigenen Entwicklung verschiedene Denkanstöße zu entwicklungspsychologischen Themenbereichen und kann in verschiedener Hinsicht zur Wissenserweiterung beitragen. Bei einigen Aufgabenstellungen könnten über Fragen auf der fachlichen Metaebene mehr Gewinn für den Anwender erreicht werden.
Rezension von
Sandra Ebert
M.A. in Bildungswissenschaften, B.A. in Sozialer Arbeit, Systemische Beraterin, Supervisorin und Coachin
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