Beate Kohler, Ute Schulte Ostermann: Der Wald ist voller Nachhaltigkeit
Rezensiert von Prof. Dr. Werner Michl, 10.04.2015
Beate Kohler, Ute Schulte Ostermann: Der Wald ist voller Nachhaltigkeit. 21 naturpädagogische Projektideen für die Kita. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2015. 192 Seiten. ISBN 978-3-407-62931-9. 24,95 EUR. CH: 34,60 sFr.
Thema
Wildnis, Wald und Wiese werden als Lernort wiederentdeckt. Nach dem Bestseller von Richard Louv („Das letzte Kind im Wald“) und dem „Dangerous Book for Boys“ in den USA haben in Deutschland unter anderen Malte Roeper („Kinder raus“), Andreas Weber („Mehr Matsch“) und Gerhard Trommer („Schön wild“) mit ihren lesenswerten Büchern einen Trend aufgenommen und fortgeführt. Nun liegt mit „Der Wald ist voller Nachhaltigkeit“ von Beate Kohler und Ute Schulte Ostermann eine weitere sehr lesenswerte Publikationen zu dieser Thematik vor, die Natur, Wald-, Wildnis- und Erlebnispädagogen bereichern wird.
Aufbau
Das Buch enthält 21 Projektideen für Kinder aus der Kita und der Grundschule und steht in der Tradition des ökopädagogischen Lernens. Die 21 Projektideen sind im Rahmen einer Weiterbildung entstanden und bieten ein reichhaltiges Themenspektrum, das einen großen Bogen von der Biodiversität über die nachhaltige Holznutzung zur Ernährung spannt. Trotzdem war es offensichtlich nicht das Ziel der Herausgeberinnen, alle Themen zu bedienen, die der Wald bietet. Der Gesang der Vögel, die Welt der Wurzeln, Früchte und Pilze, die Geräusche und Gerüche des Waldes, die Wildspuren, die Jahreszeiten im Wald ergäben genügend Stoff für einen zweiten Band. Eigentlich schließen die Autorinnen damit keine Lücke (S. 7), obwohl in jüngster Zeit diese Zielgruppe in der Tat vernachlässigt wurde. Blickt man aber zwei Jahrzehnte oder länger zurück, dann wird man auf durchaus ernst zu nehmende Veröffentlichungen zu dieser Thematik stoßen (z. B. von Joseph Cornell, Ulrich Gebhard, John Seymour u. v. a. m.).
Schon beim Blättern der ersten Seiten bekommt man Lust auf die Lektüre. Neben hervorragenden farbigen Fotos werden wichtige Erkenntnisse und Hinweise in grün hinterlegten Kästchen zusammengefasst. Immer wiederkehrende grafische Elemente veranschaulichen und verdeutlichen den Inhalt. Dass hier mehr als vierzig Autorinnen und Autoren beteiligt waren – und damit 40 unterschiedliche Denk- und Schreibstile – merkt man dem Buch nicht an. Die Herausgeberinnen haben in überzeugender Weise für Klarheit, Übersichtlichkeit und Einheitlichkeit gesorgt.
Einblicke
Nach der anregenden Einleitung kann man sich nach Lust und Laune jenen Projektideen widmen, die das subjektive Interesse wecken. Wie alle Projektbeschreibungen beginnt „Achtung Froschalarm“ (S. 23 ff) mit der Darstellung der Ziele und mit grün hinterlegten Informationen. Dann wird mit einer kleinen Geschichte ins Thema eingeführt, das „Projekt im Überblick“ beschrieben und über die einzelnen Aktivitäten berichtet. Hier wurde zunächst von der örtlichen Bücherei eine Bücherkiste zum Thema Frosch zusammengestellt. Dann wird gesammelt: Bilder und Fotos von Fröschen, Spielfrösche, Tassen und Teller mit Froschmotiv. Mit der Froschhandpuppe „Professor Fridolin“ erfahren die Kinder alles Wissenswertes.
Dann geht es in die Natur, an einen Tümpel, und jetzt soll beobachtet und zugehört und gefroscht, nein geforscht, werden. In einer Zoohandlung lernen die Kinder exotische Frösche kennen. Kurz vor Beginn der Sommerferien wird eine Froschausstellung für andere Kinder, für Eltern und Freunde zusammengestellt.
Das nächste Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, dass die Kinder die heimischen Baumarten und Zusammenhänge zu Papier und anderen Holzprodukten kennenlernen. Eine keimende Kastanie wird im Sandkasten gefunden, und daraus entwickelt sich ein großes Interesse am Kastanienaum und anderen Baumarten. Mit Unterstützung des Försters und mit Bestimmungsbüchern werden Bäume gesucht und gefunden, ein selbst gebasteltes Baumarten-Memory entsteht. Weiter geht es mit der Frage, wie aus einem Baum Papier wird. Neben historischen Verweisen auf das alte China wird das Papier-Handwerk erlernt und Papier geschöpft. Nach einer Exkursion ins Umweltamt der Stadt wird Altpapier gesammelt und ein Papierfest durchgeführt.
Im nächsten Projekt dreht sich alles um die Heidelbeere, die nicht nur schmeckt und gesund ist, sondern die man auch bestens zu Marmelade, Gelee und Tee verarbeiten kann. Dann geht es beim nächsten Vorhaben um Wild- und Hausschwein. Auch hier hilft ein Förster bei der Spurensuche und vieles wird durch Beobachtungen im Tierpark gelernt. Der „Bauer Ludwig“ (S. 53) zeigt den Kindern seinen Stall, dann werden noch ein Tierarzt und ein Metzger besucht. So geht es munter weiter – Kompost, Bauholz, Lehmbackofen, Brennnessel, Wölfe, Wasser, Äpfel, Bodenkunde. Manche Themen überschneiden sich, aber das schmälert die Leselust keinesfalls.
Fazit
Man kann nur hoffen, dass alle Erzieherinnen und Sozialpädagogen, Lehrerinnen und Kindergärtner, die mit Kindern arbeiten – natürlich auch Eltern – , dieses Buch so bald wie möglich in ihrer Bibliothek stehen haben, Projekte umsetzen und neue Ideen draußen im Wald ausprobieren. Trotz Zecken, Wildschweinen und neuerdings Wölfen ist es für Kinder auf der Straße deutlich gefährlicher als im Wald. Wald und Bildung passen bestens zueinander, wie die Herausgeberinnen zu Beginn dieses inspirierenden Buches feststellen (S. 15). Die „Natur ist der beste Lernort, den wir gefunden haben“, so warb vor langer Zeit ein Träger der Erlebnispädagogik für seine Angebote. Dieses Buch ist der beste Beweis für die These.
Rezension von
Prof. Dr. Werner Michl
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Zitiervorschlag
Werner Michl. Rezension vom 10.04.2015 zu:
Beate Kohler, Ute Schulte Ostermann: Der Wald ist voller Nachhaltigkeit. 21 naturpädagogische Projektideen für die Kita. Beltz Verlag
(Weinheim, Basel) 2015.
ISBN 978-3-407-62931-9.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/18024.php, Datum des Zugriffs 03.11.2024.
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