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Matthias Wilk, Christina Jasmund: Kita-Räume pädagogisch gestalten

Rezensiert von Prof. Dr. Norbert Huppertz, 26.08.2015

Cover Matthias Wilk, Christina Jasmund: Kita-Räume pädagogisch gestalten ISBN 978-3-407-25705-5

Matthias Wilk, Christina Jasmund: Kita-Räume pädagogisch gestalten. Den Raum als Erzieher nutzen. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2015. 176 Seiten. ISBN 978-3-407-25705-5. 24,95 EUR. CH: 34,60 sFr.

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Thema

Räume und die Frage nach ihrer Bedeutung in der Elementarpädagogik scheinen Konjunktur zu haben. So hat auch der Beltz-Verlag seine Publikation dazu veröffentlicht. Titel: „Kita-Räume pädagogisch gestalten. Den Raum als Erzieher nutzen“ (von Matthias Wilk und Christina Jasmund). Frage: Ist der Raum wirklich ein „Erzieher“? Wie so oft, hat auch hier die pädagogische Fachsprache ihre Schwierigkeit. Natürlich ist das nur bildlich, und nicht wörtlich gemeint. Zu überlegen bleibt jedoch bei derlei Terminologie, ob dadurch nicht (ungewollt) eine Auf- bzw. Überbewertung einerseits (d.h. hier des Raumes) sowie eine Ab- bzw. Unterbewertung „des Erziehers“ bzw. der wirklichen Erzieherin erfolgt.

Aufbau und Inhalt

Was bietet das Buch? Auf den 145 Seiten steht durchaus „viel“ und „vielerlei“. Was nicht verwundert, wenn ein Architekt, der auch Bildhauer und Schreiner ist, mit einer Diplom-Philosophin, die auch Erzieherin und Professorin ist, ein Buch schreiben.

Der Inhalt:

  • Raum und Architektur,
  • Raum als Einflussfaktor frühkindlicher Entwicklung,
  • soziale Einflussfaktoren auf frühkindliches Raumverhalten,
  • Raum und ganzheitliche Bildungsförderung,
  • Raumgestaltung und Qualitätsentwicklung,
  • raumbildende Maßnahmen (Farbe, Elemente wie Fenster, Türen, Treppen, Außenanlagen),
  • Handlungsbedarf in Aus- und Fortbildung.

Diskussion

Die Buchpublikation verdient mehrere Komplimente, z.B. dass sie ein umfassendes Literaturverzeichnis bietet und mit Quellen wissenschaftlich umgeht. Ein positives Beispiel findet sich auf S. 129 f. zur Farbgestaltung.

Zu betonen ist auch die Gründlichkeit und Tiefe, mit der die Autoren an ihr Vorhaben gegangen sind, z.B. etymologische Herleitung der Begriffe, Sprichwörter, geschichtliche Informationen, sogar lateinische Zitate (den Fehler auf S. 133 wollen wir übersehen: „Portas patet …“ statt „porta patet …“, am besten übersetzt mit: „Die Tür ist geöffnet, mehr noch das Herz“).

Gut gemeint ist auch das Glossar, wobei die Erzieherin – für diese mit will das Buch geschrieben sein – lernen kann, was der „index of inclusion“ ist, was „semipermeabel“ heißt, was unter „Proxemik“ zu versteht ist, und sogar, was eine „Sauberlaufzone“ ist. Gesteigert und, kritisch betrachtet übertrieben, scheint allerdings, wenn erklärt wird, dass „conditio sine qua non“ eine „unabdingbare Voraussetzung“ betrifft, dass „dichotom“ eine Zweiteilung betrifft (was als Adjektiv natürlich nicht mit „Zweiteilung“ übersetzt werden darf), dass „transluzent“ schlicht und einfach „lichtdurchlässig“ heißt usw.

Auch gewisse Satzmonster wären evtl. besser vermieden worden, z.B.: „Seine frühkindlichen proxemischen Strukturen persistieren, ohne dass das Kind diese altersentsprechend adaptieren kann.“ (S. 46) Eingangs heißt es: „Die Autoren wenden sich mit diesem Buch an Pädagoginnen …“ (S. 8)

Kritisch anzufragen bleibt das Verständnis von Erziehung und des Erziehungsbegriffes. Der Raum ist eben nach dem Wissenschaftsverständnis des Rezensenten kein Erzieher (vgl. S. 79). Bei dem der Veröffentlichung zugrunde liegenden Erziehungsverständnis bleibt ebenfalls zu fragen, wie es mit der Verantwortung des tatsächlichen und wahren Erziehers bestellt ist. Diese darf niemals, so unsere Position, bei einer wissenschaftlichen Reflexion vernachlässigt werden und auf der Strecke bleiben (S. 18 f.). Erzieherinnen sind auch keine Ko-Konstruktivistinnen, sondern gesellschaftlich bestellte Fachkräfte mit einer großen Verantwortung und zahlreichen, verantwortungsvoll durchzuführenden Aufgaben.

Bemerkenswert ist noch der Umgang mit der Raumfrage in den einzelnen didaktischen und pädagogischen Positionen wie Situationsansatz usw. Hier hätte man sich eine etwas fundiertere und systematischere Vorgehensweise gewünscht (Kap. 5).

Fazit

Es handelt sich um ein reichhaltiges, theoretisch fundiertes Buch, in dem man sich nicht gescheut hat, etwas tiefer zu schürfen – ein erfreuliches Gegenstück zur vielfach verbreiteten „Rezeptliteratur“ in der Elementarpädagogik. Über die u.a. formalen Unzulänglichkeiten, z.B. Interpunktion und Orthographie, kann geduldig hinweg geschaut werden.

Rezension von
Prof. Dr. Norbert Huppertz
Professor für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Sozial- und Elementarpädagogik, mehrere Jahre auch Tätigkeit in der DDR
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Es gibt 16 Rezensionen von Norbert Huppertz.

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Zitiervorschlag
Norbert Huppertz. Rezension vom 26.08.2015 zu: Matthias Wilk, Christina Jasmund: Kita-Räume pädagogisch gestalten. Den Raum als Erzieher nutzen. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2015. ISBN 978-3-407-25705-5. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/18025.php, Datum des Zugriffs 25.01.2025.


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