Jörg Friebe: Reflexion im Training
Rezensiert von Dipl. Päd. Andrew F. Kmiec, 11.02.2015

Jörg Friebe: Reflexion im Training. Aspekte und Methoden der modernen Reflexionsarbeit. managerSeminare Verlags GmbH (Bonn) 2012. 2. Auflage. 312 Seiten. ISBN 978-3-941965-08-9. 49,90 EUR.
Thema
Friebe bezeichnet sein Werk als „Bestandsaufnahme“ und „systematische Form der Aufarbeitung“ verschiedener Aspekte und Formen von Reflexionsarbeit, mit denen er in den letzten 15 Jahren konfrontiert war.
Sinn dieser Darstellung ist, den Lesenden Hilfen zu geben, „um sich tief greifend und systematisch auf Reflexionen vorzubereiten und diese kompetent durchzuführen. “ Er verbindet dabei Erfahrungen aus dem Spektrum der Jugendarbeit und des Wirtschaftstrainings.
Autor
Jörg Friebe ist eigenen Angaben zufolge ausgebildeter Outdoortrainer/Erlebnispädagoge, Kommunikationsberater nach Schulz von Thun und befasst sich bei der Entwicklung von Teams und Unternehmenskultur mit der Frage, wie Reflexionen im Training sinnvoll und effektiv durchgeführt werden können.
Entstehungshintergrund
Der Autor identifiziert eine Lücke in der Fachdiskussion hinsichtlich systematischer Aufbereitung der Verbindung zwischen Theorie und Praxis professioneller Reflexion und hat den Anspruch, diese zu schließen.
Aufbau
Das Buch ist in vier Kapitel gegliedert.
- Nach dem Vorwort wird in Kapitel I auf 27 Seiten die Metapher des Reflexionsspiegels mit äußerem Rahmen, innerem Rahmen und Standbeinen entwickelt. Es enthält drei Unterkapitel mit zehn weiteren Untergliederungen. Für den äußeren Rahmen steht die Begriffsklärung von Reflexion und ein Prozessmodell. Der innere Rahmen beleuchtet die Phasen und sechs traditionelle Lernmodelle und geht der Frage nach, wer wann in welcher Form innerhalb eines Trainings sinnvoll reflektiert. Dabei wird der Prozess von der angeleiteten zur selbständigen Reflexion aufgezeigt. Die Standbeine fokussieren auf die Grundhaltung des Trainers und die Frage, wie reflektiert wird. Hier werden die Haltung des Trainers und seine Funktionen als Begleiter, Resonanzkörper, und auch als „Arzt“ beschrieben.
- Kapitel II (S. 49-198) titelt „Der Reflexionsspiegel – Vier Drehpunkte“. In vier Teilkapiteln mit 79 Untergliederungen wird erläutert, was darunter subsumiert ist: Ziele, Phasen, Aktivierende Methoden und Dokumentation.
- Kapitel III (S. 199-262) trägt den Titel „Der Reflexionsspiegel – Die Spiegelfläche und die Rückseite des Spiegels“. Die Erläuterungen sind hier in zwei Teilkapiteln mit 54 Untergliederungen geordnet.
- Kapitel IV (S.263-301) enthält die „Umsetzung und Praxisbeispiele“ mit der Checkliste zur Planung, Beispielen von Fallstricken sowie Darstellungen gelungener Operationalisierung. Zwei Teilkapitel enthalten hier 19 Untergliederungen.
Inhalt
Der hochdifferenzierte formallogische Aufbau lässt die Komplexität des Vorhabens erahnen. Im Vorwort wird auf diese Komplexität eingegangen und die Spiegel-Metapher als Strukturinstrument für die Thematik wie auch als Strukturgrundlage des Buches erläutert. Der Einsatz der Spiegel-Metapher wird grafisch aufbereitet. Als weitere Strukturebene werden die so genannten „W-Fragen“ genannt.
Friebe benennt zwei mögliche Zugänge zum Buch. Zum einen adressiert er LeserInnen, die ihre Reflexionskompetenz erweitern wollen und neugierig auf Nutzenaspekte unterschiedlicher Denkmodelle sind. Zum anderen sollen auch erfahrene PraktikerInnen angesprochen werden, die sich durch die Lektüre neben einer Vertiefung und Weiterentwicklung der eigenen Arbeitsansätze eine Bereicherung durch das Kennenlernen weiterer Modellierungen versprechen.
Zu Kapitel I: Der äußere Rahmen enthält dieBedeutungszuschreibungen des Reflexionsbegriffs im Kontext von Trainingsmaßnahmen. Ausgehend von Heisenbergs Wahrnehmungsverständnis und John Lockes Reflexionsideen wird eine Begriffsbestimmung vorgenommen, die auch die Aufgabenstellung der Berater-/Trainerfunktion einschließt. Der Nutzen von Reflexion wird stichpunktartig aufgelistet und ein Prozessmodell der Reflexionsarbeit vorgestellt. Auch auf die Begriffe Wertschätzung, Konfrontation, Entwicklung und Akzeptanz wird kurz eingegangen. Der innere Rahmen wird als interdependenter Bestandteil definiert und erläutert, an welchen Punkten, also vor, während und nach einer Aktion, Reflexion einsetzbar ist. Die zunehmende Verselbständigung von der angeleiteten bis zu eigenständigen Reflexion im Alltag und Meta-Reflexion von Gruppenprozessen wird erläutert. Die Standbeine beschreiben die idealtypische Grundhaltung eines Beraters/Trainers sowie dessen Selbstbild
Zu Kapitel II: Im ersten Drehpunkt werden die grundlegenden Ziele von Reflexion entfaltet, im zweiten Drehpunkt werden verschiedene Methoden vorgestellt, mit denen Reflexionen ohne Überforderung der Adressaten etabliert und vertieft werden kann. Im dritten Drehpunkt werdenüber fünfzig Darstellungs- und Aktivierungsformen dargestellt und im vierten Drehpunkt Möglichkeiten der Ergebnissicherung beschrieben.
Zu Kapitel III: Ausgehend von der Prämisse, dass mit dem Einbringen passender Fragen Schwerpunkte identifiziert wie auch gesetzt werden, hat der Autor unter Spiegelfläche eine Fragensammlung zusammengestellt. Die Spiegelrückseite dient der Beantwortung der Frage, mit welchen theoretischen Modellen gearbeitet werden kann. Es werden zwölf Modelle in Kurzform erläutert.
Zu Kapitel IV: Hier wird eine idealtypische Planung von Reflexionen dargestellt. Besonderes Augenmerk wird den Risiken, die als Fallen bezeichnet werden, gewidmet. Den Abschluss bilden einige Praxisbeispiele.
Diskussion
Auf den ersten Blick mutet die Gliederung an, als habe der Autor zu viel in zu wenigen Seiten unterbringen wollen. Das Vorwort gibt Aufklärung darüber und lässt zumindest teilweise entspannter weiterlesen. Der im Vorwort komprimiert vorgetragene Kompass in Verbindung mit der sehr eingängig gestalteten grafischen Aufbereitung steht exemplarisch für das Gesamtwerk. Erläuterungen, Darstellungen und Erklärungen werden didaktisch sehr sinnvoll mit Grafiken und Tabellen verknüpft, so dass trotz teils hochkomprimierter Darstellung das Geschriebene gut verstehbar wird. Auch wird bewusst auf wissenschaftliche Fundierungen verzichtet. Das ist einerseits erfrischend, andererseits hätte hier etwas mehr an Darstellung mit entsprechenden Literaturverweisen tatsächlich für qualitative Aufwertung gesorgt.
Fazit
Für Einsteiger empfiehlt sich das Buch eher weniger. Die Metaphorik in ihrer strammen Strukturgebung verführt dazu, eben dies als das Modell zu internalisieren, was es definitiv nicht sein kann.
Für erfahrene Fachkräfte dagegen bietet es einen umfangreichen Fundus an Anregungen. Insofern ist der selbst gestellte Anspruch teilweise geglückt. Eine systematische Aufbereitung des Themas aus der Beraterperspektive ist als teilweise gelungen zu bewerten.
Für den Anspruch, sich auf dieser Basis „tiefgreifend“ auf Reflexion vorbereiten zu können, bedürfte es der Ergänzung weiterer Primärquellen vor allem bei der Darstellung der theoretischen Grundlagen sowie einer präziseren Erläuterung des Entscheidungsprozesses zur Auswahl der vorgestellten Bausteine.
Rezension von
Dipl. Päd. Andrew F. Kmiec
M.A., Freie Pädagogische Praxis; Lehrkraft für besondere Aufgaben im Ruhestand, Frankfurt University of Applied Sciences
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