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Andrea C. Schmid: Kompetent für das Studium!?

Rezensiert von Prof. Dr. Reinhard Burtscher, 11.08.2015

Cover Andrea C. Schmid: Kompetent für das Studium!? ISBN 978-3-7815-2009-7

Andrea C. Schmid: Kompetent für das Studium!? Eignung und Gesundheit im Studium der Lernbehindertenpädagogik. Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung (Bad Heilbrunn) 2014. 147 Seiten. ISBN 978-3-7815-2009-7. D: 32,00 EUR, A: 32,90 EUR, CH: 42,90 sFr.

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Autorin

Andrea C. Schmid ist Sonder- und Diplompädagogin. Sie forscht und lehrt nach langjähriger Tätigkeit in der Schulpraxis als Akademische Oberrätin am Institut für Prävention, Integration und Rehabilitation der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Entstehungshintergrund

Die Veröffentlichung fasst zentrale Ergebnisse aus dem Langzeitforschungsprojekt „Eignung und Gesundheit im Studium der Lernbehindertenpädagogik (EGIS-L)“ zusammen. Sie wurde von der Fakultät für Psychologie und Pädagogik der LMU München mit dem vorliegenden Buchtitel als Habilitation angenommen. Als Gutachter waren Prof. Dr. Ulrich Heimlich, Prof. Dr. Clemens Hillenbrand und Prof. Dr. Sabine Walper tätig.

Aufbau und Inhalt

Der inhaltliche Teil umfasst 118 Seiten und wird ergänzt durch ein Literaturverzeichnis sowie einen Anhang. Frau Schmid schreibt in der Einleitung: „Die zentrale Fragestellung der vorliegenden Untersuchung befasst sich mit der psychischen und physischen Belastungsfähigkeit von Studierenden der Lernbehindertenpädagogik sowie deren Kompetenzen und Eignungsvoraussetzungen für das Studium bzw. den anvisierten Lehrberuf gegen Ende des Studiums im Vergleich zum Studienbeginn. Inwiefern ergeben sich Veränderungen hinsichtlich des Erlebens von und des Umgangs mit stressbehafteten Situationen? Wie unterscheidet sich die Selbsteinschätzung der Studierenden im Vergleich zu der Fremdeinschätzung von außen durch Praktikumslehrkräfte und Dozenten? Welche Auswirkungen hat eine Intervention zum Thema Studierendengesundheit auf die Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe? Zeigen sich Unterschiede im internationalen Vergleich?“ (S. 9)

Nach dem Vorwort und der Einleitung befasst sich die Autorin im dritten Kapitel mit den begrifflichen Grundlagen sonderpädagogischer Professionalität. Sie beschreibt Kompetenzmodelle und deren Funktionen für die Professionsentwicklung. Für den Bereich der Gesundheit bezieht sich die Autorin auf die WHO-Definition von 1948 und verweist auf Antonovskys Konzept des Gesundheits-Krankheits-Kontinuum.

Im vierten Kapitel skizziert sie die Stressbelastung im Studium der angehenden Lehrkräfte. Dabei fasst Frau Schmid die Belastungsquellen in einem Zwischenfazit folgendermaßen zusammen: „Als Hauptbelastungsquellen werden von Lehrkräften nach den beiden Ausbildungsphasen in der Schulpraxis am häufigsten ein schwieriges Lernverhalten der Schüler, eine heterogene Schülerschaft sowie die Notwendigkeit einer permanenten Präsenz angegeben, neben ungünstig empfunden Rahmenbedingungen wie große Klassen, mangelnde Förderstunden etc.“ (S. 47)

Im fünften und sechsten Kapitel folgt eine empirisch quantitative und qualitative Studie zur sonderpädagogischen Professionalität im Studium der Lernbehindertenpädagogik. Insbesondere der Aspekt der Personalkompetenz wird von der Autorin in den Mittelpunkt ihrer Untersuchung gestellt.

Im siebten Kapitel diskutiert die Autorin anhand des Vier-Quadranten-Modells nach Wilber (1999) ihre Ergebnisse. Sie stellt fest, dass „insgesamt die Studierenden der Lernbehindertenpädagogik ähnlich zur Rekrutierung für den späteren Beruf geeignet sind, wie diejenigen anderer Lehramtsstudiengänge bzw. Berufsgruppen“. (S. 96) Und weiter: „Im Unterschied zu anderen Lehramtsstudierenden ist der Berufswunsch nach intensiver Auseinandersetzung meist die erste Wahl. Allerdings wird dem Beamtenstatus und dem damit verbundenen zukünftigen sicheren Arbeitsplatz eine hohe Bedeutung beigemessen. Als Gefahr für die eigene Gesundheit lassen sich idealistische Vorstellungen und Grundhaltungen feststellen.“ (S. 97)

Im achten Kapitel folgt ein Ausblick, den die Autorin unter drei Aspekten kurz abhandelt. Sie verweist unter 8.1. auf die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen im Bereich der Berufswahlmotivation bzw. Eignungsfeststellung für das Studium und den Beruf, skizziert in 8.2 die Auswirkungen der Modularisierung der Studiengänge und in 8.3 die Stärkung der heil- und sonderpädagogischen Kompetenzen im Hinblick auf die Umsetzung von Integration bzw. Inklusion.

Das letzte Kapitel der vorliegenden Arbeit beinhaltet eine Ergebnisdarstellung nach dem Mehrebenenmodell nach Bronfenbrenner (1989). Frau Schmid belegt und betont ausdrücklich „die Entwicklung personaler Bildungskompetenz als Schlüssel für eine sinnvolle Lehrerbildung!“ (S. 114)

Diskussion

Frau Schmid veröffentlicht als Habilitationsschrift ein schmales Buch. Im theoretischen Teil fokussiert sie sich auf Basisliteratur. Der Zugang zum Begriff der Gesundheit ist knapp, beispielsweise bleibt das Determinantenkonzept von Gesundheit unerwähnt oder Hurrelmanns Beschreibung von Gesundheit als gelungene Bewältigung innerer und äußerer Anforderungen (vgl. Hurrelmann 2010, 88). Die theoretischen Grundlagen sonderpädagogischer Professionalität werden deutlich herausgearbeitet. Die quantitative Studie beinhaltet eine untersuchte Studienanfängerkohorte von 53 Studierende der Fachrichtung Lernbehindertenpädagogik im WS 2007 /2008 über eine Laufzeit von drei Jahren. Die Längsschnittuntersuchung umfasst eine Interventionsgruppe (N=14), die in Begleitveranstaltungen von zwei Semesterwochenstunden, Themen aus dem Präventionsprogramm für Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf (vgl. AGIL nach Hillert/Koch) bearbeiten. Die Ergebnisse beider Gruppen werden anschaulich und klar dargestellt. Die qualitative Studie beinhaltet sieben Interviews. Sie dienen der Überprüfung und Ergänzung der quantitativen Daten.

Die Stärke der vorliegenden Untersuchung liegt in der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Fragestellung der Eignung und Gesundheit im Studium der Lernbehindertenpädagogik. Damit widmet sich Frau Schmid einem noch wenig beforschten Thema der Lehrerbildung. Die Schwäche der Untersuchung liegt in der geringen Teilnehmerkohorte und der damit eingeschränkten Aussagekraft der Untersuchung.

Fazit

Die Habilitationsschrift von Frau Schmid liefert für jene Leserinnen und Leser gute Anregungen, die weiterführende Untersuchungen in diesem Themenbereich planen. Auch für Lehramtsstudierende der Lernbehindertenpädagogik formuliert die Autorin wichtige Erkenntnisse zu Bewältigungsmustern. Das Buch bietet einen kurzen aber aktuellen Stand zur Professionstheorie der Sonderpädagogik und letztlich das Bekenntnis zur lebenslangen Weiterentwicklung (personaler) Kompetenzen im Rahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung.

Rezension von
Prof. Dr. Reinhard Burtscher
Kath. Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB), Studiengang Heilpädagogik
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Es gibt 4 Rezensionen von Reinhard Burtscher.

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Zitiervorschlag
Reinhard Burtscher. Rezension vom 11.08.2015 zu: Andrea C. Schmid: Kompetent für das Studium!? Eignung und Gesundheit im Studium der Lernbehindertenpädagogik. Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung (Bad Heilbrunn) 2014. ISBN 978-3-7815-2009-7. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/18215.php, Datum des Zugriffs 20.01.2025.


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