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Anneliese Heilinger, Wolfgang Knopf et al. (Hrsg.): [...] Aus der Werkstatt von Supervision und Coaching

Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 06.07.2004

Cover Anneliese Heilinger, Wolfgang Knopf et al. (Hrsg.): [...] Aus der Werkstatt von Supervision und Coaching ISBN 978-3-7065-1861-1

Anneliese Heilinger, Wolfgang Knopf, Ingrid Walther (Hrsg.): Brush up your Tools! Aus der Werkstatt von Supervision und Coaching. Studienverlag (Innsbruck, Wien, München, Bozen) 2004. 256 Seiten. ISBN 978-3-7065-1861-1. 26,00 EUR. CH: 45,60 sFr.
Reihe: Schriftenreihe Supervision, Band 5.

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Professionelle Reflexion beruflicher Praxis

Es gibt viele Begriffe für Situations- und Tätigkeitsbeschreibungen, die eine einfache, selbstverständliche Forderung benennen: Das, was der Mensch (beruflich) tut, soll er professionell, erfolgreich und effektiv machen! Die Begriffe, wie "Leistungsbewertung", etwa aus der schulischen, pädagogischen Lernpraxis, "Evaluation", im Sinne der Überprüfung von Organisationssystemen, "Qualitätsmanagement", z. B., um Arbeits- und Produktionsprozesse sichtbar und objektivierbar zu gestalten, und viele andere mehr, zielen auf spezifische Anforderungen in den jeweiligen beruflichen Tätigkeitsbereichen. Sie wurden (schon immer?) angewandt, um über eine subjektive Betrachtung und Einschätzung im beruflichen Zusammenhang hinaus- und hin zu kommen zu einer möglichst objektivierten, von außen betrachteten (Fremdevaluation) oder nach innen gerichteten Bewertung einer beruflichen Leistung (Selbstevaluation) zu kommen (vgl. in diesem Zusammenhang die Rezension der Handreichung "Evaluation entwicklungsbezogener Bildungsarbeit", von Annette Scheunpflug, hrsg. vom Evangelischen Entwicklungsdienst, 2003).

Supervisions- und Coaching-Angebote boomen bei uns und anderswo, vor allem in den USA. In den deutschsprachigen Web-Seiten des Internet finden sich z. B. rund 21.800 Annoncen, dubiose und seriöse. Was ist das eigentlich: Supervision? Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und wird abgeleitet von "super" und "videre; und lässt sich übersetzen als "Überschauen, von Oben (oder von Außen) betrachten". Supervisorinnen und Supervisoren (und Coucher) bieten an, befristet oder längerfristig, Individuen, Gruppen und Teams in ihren beruflichen Arbeitszusammenhängen zu beraten, Hilfestellung bei der Reflexion ihrer Tätigkeiten zu leisten, um so zur Qualitätssicherung und -steigerung der Arbeitsproduktivität beizutragen. Professionelle SupervisorInnen stützen sich jeweils auf unterschiedliche theoretische und praktische Konzepte und Denkrichtungen: psychotherapeutische, psychologische, kulturanthropologische, gruppendynamische... Damit ist freilich dem "Wildwuchs" der Angebote Tür und Tor geöffnet.

Entstehungshintergrund

Deshalb haben sich in Europa und den USA Netzwerke und Zusammenschlüsse von professionellen SupervisorInnen gebildet, mit dem Ziel, die Angebote in der Lebens- und Sozialberatung auf seriöse, wissenschaftliche Grundlagen zu stellen. So wurde 1997 in der Universität Wien die Assoziation nationaler Verbände für Supervision in Europa (ANSE) gegründet. Die Österreichische Vereinigung für Supervision (ÖVS) besteht nunmehr zehn Jahre. Aus diesem Anlass hat im Oktober 2003 in Salzburg eine Arbeitstagung stattgefunden. Der o. a. Band knüpft an die Ergebnisse an. In der Homepage der ÖVS (www.oevs.or.at) werden die folgenden Aufgaben und Möglichkeiten von Supervision und Coaching genannt:

  • Reflexion und Entscheidungshilfe bei aktuellen Anlässen
  • Unterstützung in herausfordernden beruflichen Situationen
  • Möglichkeiten des Verstehens und Bewältigens von Konflikten
  • Klären und Gestalten von Rollen, Funktionen und Aufgaben
  • Begleitung bei Veränderungsprozessen und neuen Herausforderungen
  • Mobbing- und Burnoutprophylaxe.

Inhalt

"Tools", also "Werkzeuge", reichen nicht aus, wenn die o. a. Ansprüche in seriöser und verantwortungsbewusster Weise eingelöst werden sollen; vor allem dann nicht, wenn sie "rasch angelernt" werden. Vielmehr gehe es bei der Arbeit der SupervisorInnen und CoachInnen um theoretische Fundierung, beziehungsgestaltende Grundeinstellungen, breite psychosoziale und organisatorische Kenntnisse sowie begründbare Werthaltungen. Das sind dann auch die Grundübereinstimmungen, die das Autorenteam aus der "Werkstatt von Supervision und Coaching" berichten lässt.

  • Die Organisationsberaterin am Institut für Supervision und Organisationsentwicklung an der Universität Salzburg, Angela Gotthardt-Lorenz weist z. B. in ihrem Beitrag "Kulturelle Vielfalt und Profil der Supervision" darauf hin, dass die Reflexion der kulturellen und interkulturellen Bedingungen als zentrale Herausforderung für Supervision angesehen müssten;
  • der Psychotherapeut Siegfried Tatschl benennt "Reflexion als Kernkompetenz von Supervision";
  • die niederländische Trainerin und Lehrsupervisorin Sijtze de Roos stellt in ihrem englischsprachigen Text "Skills and Methods of Observation" zur Diskussion;
  • die Vorsitzende der ÖVS, Renate Wustinger, bringt Modell der Rangdynamik aus der sozialpsychiatrischen Schule von Raoul Schindler in den Diskurs ein;
  • die Lehrtrainerin der Österreichischen Gesellschaft für Gruppendynamik und Organisationsberatung, Barbara Prowaznik, berichtet über ihre Praxiserfahrungen mit den Gesprächsformen der zirkulären und reflexiven Fragen;
  • der Psychologe Reinhold Bartl informiert über Formen der "problemfokussierten Kommunikation" in der Psychotherapie, mit der Ericksonschen Hynotherapie;
  • die Bildungsmanagerin Judy Michaela diskutiert ihre Erfahrungen mit der Lösung von aktuellen Problemen in Alltagssituationen mit Hilfe der psychotherapeutischen Konzepte der Übertragung und Gegenübertragung;
  • die Sozialpädagogin und Psychotherapeutin Sigrid Winter deutet die "Zauberformel NLP" in ihrem Vorschlag zu einem wirksamen Interventionsansatz um in "Neues-Lebens-Programm";
  • der Gestaltpädagoge Reinhold Rabenstein ruft zur "Kreativität in der Supervision" auf;
  • der Organisationsberater Wolfgang Gaiswinkler und die Sozialwissenschaftlerin Marianne Roessler laden bei der Weiterentwicklung der Supervisions- und Coaching-Praxis ein, den anderen Blick mit dem lösungsfokussierten Ansatz nach Steve de Shazer und Insoo Kom Berg zu wagen;
  • die Gruppendynamiktrainerin Andrea Tippe ordnet die Theorie und Methode der Gruppendynamik in den Themenzusammenhang ein;
  • der Psychotherapeut und Direktor des gemeinnützigen Instituts INITA aus Hannover, Matthias Sell, diskutiert seine Erfahrungen mit der Transaktionsanalyse;
  • der selbständige Unternehmensberater Franz Xaver Wendler, bietet mit der Methode der Horizontal-Analyse eine Verbalisierungshilfe für die Team-Supervision an;
  • der Coacher Gerhard Liska bringt in den Diskurs einen phänomenologisch-prozessorientierten Ansatz ein, das dialogische Gesprächsdiagramm;
  • Übungen zur Burnout-Prophylaxe sind das Thema der Psychotherapeutin Auguste Reichel;
  • für die Pädagogin und Schauspielerin Vera Albert sind Sprache, Sprachidentität und Sprachsozialisation wichtige Elemente bei der Supervision;
  • der Managementtrainer Martin Gössler provoziert mit "sieben kreuz- und quergedachten Thesen" die Diskussion zur Teamberatung;
  • die Mediatorin Christa Renoldner plädiert für die Methode der systemischen Strukturaufstellung;
  • die Theaterpädagogin Margarete Meixner sieht das "Theater als Anstoß zum Lernen über sich selbst", etwa mit den Theatertechniken Augusto Boals;
  • der Arzt Anton Leitner geht davon aus, dass die Diagnostik in der Supervision eine Voraussetzung beim Umgang mit Krisen darstellt;
  • die Geschäftsführerin der ÖVS, Ingrid Walter, gibt schließlich einen Abriss aus der zehnjährigen Arbeit der Organisation.

Fazit

Die illustere Versammlung der Praktiker und Theoretiker "aus der <österreichischen> Werkstatt von Supervision und Coaching" vermittelt ein spannendes Bild dieses (neuen) Berufs- und Beratungsfeldes. Der Band befruchtet den Diskurs, wie er auch in Deutschland und anderen europäischen und außereuropäischen Ländern geführt wird; zum Wohle einer seriösen und verantwortungsbewussten Arbeits-, Berufs- und damit Lebensberatung.

Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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Zitiervorschlag
Jos Schnurer. Rezension vom 06.07.2004 zu: Anneliese Heilinger, Wolfgang Knopf, Ingrid Walther (Hrsg.): Brush up your Tools! Aus der Werkstatt von Supervision und Coaching. Studienverlag (Innsbruck, Wien, München, Bozen) 2004. ISBN 978-3-7065-1861-1. Reihe: Schriftenreihe Supervision, Band 5. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/1844.php, Datum des Zugriffs 13.09.2024.


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