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Anselm Böhmer: Verfahren und Handlungsfelder der Sozialplanung

Rezensiert von Prof. Dr. habil. Monika Alisch, 03.06.2015

Cover Anselm Böhmer: Verfahren und Handlungsfelder der Sozialplanung ISBN 978-3-658-03319-4

Anselm Böhmer: Verfahren und Handlungsfelder der Sozialplanung. Grundwissen für die Soziale Arbeit. Springer VS (Wiesbaden) 2015. 187 Seiten. ISBN 978-3-658-03319-4. D: 16,99 EUR, A: 17,47 EUR, CH: 21,50 sFr.

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Thema

Das als Lehrbuch konzipierte Buch trägt der „zunehmenden Notwendigkeit von Steuerung öffentlicher und sozialer Prozesse“ Rechnung heißt es im Vorwort verbunden mit der Erkenntnis, dass „sich Sozialplanung zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Deutschland stets zwischen den beiden Ex­tremen der großen Ansprüche an Sozialplanung und der nicht minder großen Gefahr, dass sich Pläne kaum oder gar nicht realisieren lassen“ bewege. Zwischen diesen Extremen ist die Zielsetzung dieses Bandes angesiedelt und konzentriert sich auf ausgewählte Verfahren der Sozialplanung, die den Adressat_innen des Bandes – Studierenden der Sozialen Arbeit, affiner gesellschafts- und sozialwissenschaftlicher Fachgebiete sowie planungstheoretischer Fachgebiete – im Arbeitsalltag begegnen werden und zeigt am Beispiel der zwei Handlungsfelder der Jugendhilfe- und der Altenhilfeplanung die konkreten Planungsschritte und die dabei zu bewältigenden Herausforderungen für die Sozialplaner_innen auf.

Autor

Dr. Anselm Böhmer, MBA, ist seit dem Jahr 2012 Professor für Sozialplanung/ Sozialraumorientierung an der Hochschule Ravensburg/Weingarten. Innerhalb dieser Thematik lehrt und forscht er auf dem Gebiet der kommunalen Entwicklung, der Gemeinwesenarbeit und dem Settlementansatz sowie zu Beteiligungsprozessen und der Arbeit mit freiwillig Engagierten. Von 2004 bis 2008 arbeitete er in einem Spitzenverband der deutschen Wohlfahrtspflege und war anschließend bis 2012 Professor für Soziale Arbeit an der DHBW.

Aufbau und Inhalt

Nach einer kurzen Einführung zu einem Stadtteil als Fallbeispiel, an dem Verfahren der Sozialplanung illustriert werden, gliedert sich das Lehrbuch in vier Hauptkapitel.

Im Kapitel 2 zur Operativen Sozialplanung wird sehr kompakt Grundlegendes zu Planung als Methode Sozialer Arbeit entfaltet. Dabei unterscheidet der Autor Soziale Arbeit im Planungskreislauf von Kommunen einerseits und freien Trägern andererseits. Der dort schematisch dargestellte Planungskreislauf mit seinen vier Hauptphasen

  1. „Definition des Planungsziels“,
  2. „Räumliche Analyse und Planung“,
  3. „Programme/Produk­te/Prozesse“ sowie
  4. „Evaluation und Bewertung“ (S. 6),

bildet die Heuristik für die Verortung der Verfahren der Sozialplanung. Dabei wird betont, dass Planungsprozesse nicht immer diesen idealtypischen Zyklus durchlaufen (vgl. u.a. S.164). Für die Nachvollziehbarkeit des 3. Kapitels zu den Verfahren der Sozialplanung ist das Schema hilfreich, um den Ort der Verfahren im Planungszyklus zu erläutern.

In diesem 3. Kapitel erfahren die Leser_innen „übersichtsartig, welche einzelnen Verfahren die Sozialplanung prägen können“ (S. 21). Die sechs Verfahren

  1. „Sozialraumanalysen“,
  2. „ABC-Analyse“,
  3. „Vergleichende, indikatorengestützte Nutzwertanalyse“,
  4. „Kostenvergleich“
  5. „Projektplanung“ und
  6. „Verfahren für Evaluation und Controlling“

werden kurz jeweils in ihrer praktischen Umsetzung (Perspektiven und Methoden) vorgestellt und in ihren Vor- und Nachteilen eingeschätzt. In grau hinterlegten Textfeldern werden Kernbegriffe der jeweiligen Verfahren definiert (z.B. wird geklärt, was unter „Kosten“ zu verstehen ist oder was „Controlling“ meint) oder es werden kritische Zitate oder Auszüge aus Gesetzestexten in der Weise hervorgehoben. Wie in allen Kapiteln des Bandes sind am Ende unter der Überschrift „Perspektiven und Reflexionen“ Fragen und Aufgaben zu den Inhalten des Kapitels formuliert sowie Literatur zur Vertiefung zusammengestellt.

Das Kapitel 4 „Ausgewählte Handlungsfelder der Sozialplanung“ (S. 99ff.) hat die Aufgabe, Sozialplanung beispielhaft zu konkretisieren. Zu diesem Zweck wird zunächst die Jugendhilfeplanung (Abschn. 4.2) in ihrem fachlichen Selbstverständnis, ihren Standards, ihrer strategischen Umsetzung und Praxis dargestellt. Der Altenhilfeplanung, die als freiwillige kommunale Leistung dennoch ein „seit vielen Jahren etablierter Arbeitszusammenhang kommunaler Sozialplanung“ (S. 124) ist, nähert sich der Autor anders und diskutiert recht ausführlich „Lebenswelten Älterer“ (S. 125ff), fokussiert auf „Altersarmut“ (133ff.), bevor er auf eine kommunale Altenhilfepolitik (S. 136ff.) eingeht und rechtliche Bezüge des kommunalen Steuerungssystem der Altenhilfe darstellt (S. 138ff.). Der in diesem Abschnitt angelegte Fokus auf die Sicherstellung von Pflegearrangements, wird im Abschnitt „Regionale und lokale Altenhilfeplanung“ (S. 141ff.) noch vertieft, bevor Altenhilfeplanung und Vernetzung sowie die praktische Umsetzung der Methoden in der Altenhilfeplanung, wiederum mit dem Pflegeschwerpunkt, dargestellt werden (S. 150ff.).

Diskussion

Als Lehrbuch ist der vorliegende Band insofern eine Herausforderung für angehende Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, als gerade die Verfahren der Sozialplanung sehr kompakt vorgestellt werden und einige Vorkenntnisse sowohl in der empirischen Sozialforschung als auch im Sozialmanagement erfordern. Der mit dem Buch angestrebte Spagat zwischen dem Wissen um die Notwendigkeit von Planung bzw. Steuerung (was keineswegs das Gleiche ist, wie es an einigen Stellen des Buches erscheint) einerseits und der Begrenztheit von Planung andererseits, lässt den Autor an verschiedenen Stellen reflektieren und relativieren, was z.B. die Reichweite der vorgestellten Verfahren angeht. So wird im Zusammenhang mit Verfahren der Sozialraumanalyse darauf verwiesen, dass in der kommunalen Sozialplanung meist von Planungsräumen (Territorien) die Rede ist, wenn der Begriff „Sozialraum“ (S. 23f.) verwendet wird und eben nicht die Perspektive auf Sozialraum, die seit Längerem die wissenschaftlichen Diskursen der Sozialen Arbeit prägt und auch den Raum der sozialen Beziehungen in den Blick nimmt. Wer sich im Studium bis zur Lektüre dieses Lehrbuches noch nicht vertieft mit Sozialraumarbeit beschäftigt hat, könnte mit den kurzen Erläuterungen an dieser Stelle überfordert sein.

Gleichzeitig gelingt es Anselm Böhmer, insb. die Verfahren der Sozialplanung so darzustellen, wie sie in der kommunalen Praxis Anwendung finden – unabhängig davon, ob man sie aus einer disziplinären Perspektive heraus kritisieren würde, oder nicht. Vielleicht wäre eine deutlichere kritische Einordnung der einzelnen Verfahren für ein Lehrbuch auch zu ambitioniert. Andererseits ist für eine Nutzung des Buches in der Lehre hierauf sicher ein besonderes Augenmerk in der Diskussion mit Studierenden zu legen (und es sollte dann besonders das Kapitel 5 zur Weiterentwicklung der Sozialplanung diskutiert werden).

Fazit

Für Leser_innen, die sich besonders für die Altenhilfeplanung oder auch die Jugendhilfeplanung interessieren, könnte es Sinn machen, zuerst das entsprechende Kapitel dazu zu lesen und erst dann in die Logik der Planungsverfahren einzusteigen. Wer aus anderen gesellschafts- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen heraus, z.B. aus der Sozialwirtschaft, Sozialmanagement oder der Gesundheitsökonomie in die Lektüre dieses Lehrbuches einsteigt, erhält mit den klar strukturierten Darstellungen der Verfahren der Sozialplanung und ihrer theoretischen Einordnung einen informationsreichen und sehr praxisanleitenden Einblick in dieses sehr bedeutsame Handlungsfeld!

Rezension von
Prof. Dr. habil. Monika Alisch
Hochschule Fulda, Fachbereich Sozialwesen, Hessisches Promotionszentrum Soziale Arbeit, Sprecherin des CeSSt – Wissenschaftliches Zentrum Gesellschaft und Nachhaltigkeit.
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Es gibt 7 Rezensionen von Monika Alisch.

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ISSN 2190-9245