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Christina Berndt: Resilienz. Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft

Rezensiert von Prof. Dr. phil. Barbara Wedler, 04.09.2015

Cover Christina Berndt: Resilienz. Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft ISBN 978-3-423-34845-4

Christina Berndt: Resilienz. Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft. Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burn-out. Deutscher Taschenbuch Verlag (München) 2015. 278 Seiten. ISBN 978-3-423-34845-4. D: 9,90 EUR, A: 10,20 EUR, CH: 14,90 sFr.

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Autorin

Nach dem Studium der Biochemie und der Promotion wechselte die Autorin das Fach und arbeitet seit 2000 als Redakteurin bei der Süddeutschen Zeitung. Sie gehört zu den renommiertesten WissenschaftsjournalistInnen in Deutschland.

Entstehungshintergrund

Dieses Buch kommt dem Geheimnis der ungeheuren inneren Stärke von Menschen, der Widerstandskraft auf die Spur, erhellt diese und sensibilisiert LeserInnen für dieses dynamische Phänomen.

Aufbau und Inhalt

In der Einleitung verdeutlicht Berndt, unter welchem Druck sich Menschen fühlen, privat, beruflich, wirtschaftlich etc. Widerstandsfähig gegenüber diesem Druck macht u.a. „Hornhaut auf der Seele“ (S. 10), Resilienz.

Hier ist Stärke gefragt. Denn auch wenn Stress durchaus sinnvoll ist, wird im 1. Kapitel verdeutlicht, wie sehr Stress Teil des Alltags geworden ist. Und dort wirkt er unterschiedlich auf die Menschen, auf deren seelische Gesundheit. Wie es gelingt, aus einer tiefgreifenden Krise wieder herauszukommen, wird an realen Beispielen gezeigt.

Im 2. Kapitel wird der Frage nachgegangen: Was zeichnet die Widerständigen im Alltag aus? Aufbauend auf die erste systematische Erforschung der Resilienz auf der Insel Kauai sowie die Bielefelder Invulnerabilitätsstudie stellt Berndt wesentliche Faktoren, die seelischen Schutz bieten, vor. Interessante Studienergebnisse ergeben sich u.a. aus der Betrachtung der Position von erstgeborenen Kindern und der Wechselwirkung mit der Fähigkeit zum Aufbauen von Beziehungen. Differenziert hingegen werden die Ausprägung des Selbstbewusstseins bzgl. der Entwicklung von Resilienz und auch das Träumen (von einer bewältigten Situation) betrachtet. Berndt diskutiert das posttraumatische Wachstum und stützt sich dabei auf Forschungsergebnisse unter chronisch Kranken, Jugendlichen, Polizisten im New York vom 11.09.2001 u.v.m.

Im 3. Kapitel folgen Die harten Fakten zu starken Menschen: Woher kommt die Widerstandskraft? Dem neuesten Stand der Forschungen zufolge sind es Gene, die Prägung durch die Eltern sowie Veränderungen der Erbanlagen (durch das Leben). Bezüge zur Neurobiologie, Genetik sowie Epigenetik verdeutlichen diese komplexe Dynamik, die sich zwischen Umwelteinflüssen und dem Individuum abspielen. Und der Blick auf diese biochemischen Prozesse macht wiederum Mut, weil Veränderungen möglich sind, bis in die Korrelate der Gene.

Wie das 3. Kapitel belegt, wird ein gewisses Maß an Resilienz mit den Genen in die Wiege gelegt. Weil Resilienz (nicht nur) bei Kindern gefördert, trainiert werden kann, wurden spezielle Stärketrainings für Kinder (und Eltern) entwickelt. Berndt zeigt exemplarisch, Wie man Kinder stark macht in Krippen und Kindergärten. Ein Plädoyer für ein gewisses Maß an Stress auch für Kinder liefert der Resilienzforscher Fr. Lösel in einem zitierten Gespräch. Es ist eine logische Schlussfolgerung, dass diese Grundgedanken in die Elementarbildung, in die Bildungspläne der Kindergärten einfließen. Am Ende des Kapitels steht die Erkenntnis, dass Eltern sich weniger Sorgen müssen um eigene Fehler in der Erziehung. Denn bereits Kinder sind fehlertolerant.

Die Synthese alle Beispiele, Forschungsergebnisse findet sich in den Lehren für den Alltag, im 5. Kapitel. Mut macht, dass Resilienz trainierbar ist, dass Menschen sich verändern können bis ins hohe Alter. Und auch wenn Optimismus ein grundlegendes Persönlichkeitsmerkmal ist, finden sich allerhand Möglichkeiten, sorgsam mit eigenen Ressourcen umzugehen, Resilienz zu stärken/ wieder aufzubauen und aktiv dem alltäglichen Stress sowie tiefen Krisen zu begegnen. Und so, wie bereits im allerersten Abschnitt des Buches auf das Faulsein eingegangen wird, schließt dieses Buch auch mit den Aufforderungen für Muße, Nichtstun und Schlaf als Quelle der Kreativität und Energiespender.

Im Anhang der Kapitel folgt der Dank an die Professionellen jeglicher Art und den Ehemann. Dem Verzeichnis der genannten Wissenschaftler folgen Literaturverzeichnis sowie Abkürzungsverzeichnis. Am Ende des Buches finden sich das Personenregister und Sachregister.

Diskussion

Der Titel lenkt die LeserInnen gezielt in die Richtung psychischer Belastungen und Erkrankung. Doch die Autorin hält sich weder an den Depressionen noch am Burn-out fest. Sie geht in die Tiefe der Resilienzforschung: von den Anfängen auf Kaunai bis hin zu den neuesten Erkenntnissen aus der Epigenetik. Klassiker wie Seligman werden ebenso zitiert wie Wissenschaftler quasi aus der Nachbarschaft wie Fingerle und Greve. Berndt gelingt es mit Leichtigkeit, die Dynamik, Komplexität und Zerbrechlichkeit von Resilienz nachzuzeichnen. Mit vielen Sätzen werden die LeserInnen entlastet (z.B. dass auch Eltern nicht fehlerfrei sein müssen), ohne sie aus der Verantwortung für sich selbst zu entlassen.

Fazit

Eindringlich geschrieben, verständlich und anschaulich. In den Kapiteln findet sich jeder LeserIn wieder. Das Buch ist absolut lesens- und empfehlenswert, nicht zuletzt, weil es unwahrscheinlich Mut macht.

Rezension von
Prof. Dr. phil. Barbara Wedler
Professur für klinische Sozialarbeit und Gesundheitswissenschaften
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Es gibt 82 Rezensionen von Barbara Wedler.

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ISSN 2190-9245