Suche nach Titel, AutorIn, RezensentIn, Verlag, ISBN/EAN, Schlagwort
socialnet Logo

Karlheinz A. Geißler, Jonas Geißler: Time is honey. Vom klugen Umgang mit der Zeit

Rezensiert von Susanne Rolf-Dietrich, 17.07.2015

Cover Karlheinz A. Geißler, Jonas Geißler: Time is honey. Vom klugen Umgang mit der Zeit ISBN 978-3-86581-706-8

Karlheinz A. Geißler, Jonas Geißler: Time is honey. Vom klugen Umgang mit der Zeit. oekom Verlag (München) 2015. 240 Seiten. ISBN 978-3-86581-706-8. D: 17,95 EUR, A: 18,40 EUR, CH: 25,90 sFr.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.

Kaufen beim socialnet Buchversand

Thema

Der Umgang mit „Zeit“ ist das Thema des Buches. Findet man in der modernen Management- und auch Ratgeberliteratur viele Bücher zu dem Thema, geht es in erster Linie um Optimierung von Arbeitsabläufen. Mehr schaffen in weniger Zeit. Die Autoren gehen einen konträren Weg und machen auf Entwicklung des Zeit-Begriffs durch die Jahrhunderte aufmerksam. Dem Leser wird vor Augen geführt, was Zeit bedeutet und wie wechselvoll der Umgang mit Zeit für die Menschheit ist.

Autoren

Karlheinz Geißler und Jonas Geißler, Vater und Sohn, gründeten das Institut für Zeitberatung Timesandmore, Sie beraten und trainieren verschiedene Organisationen zum neuen Umgang mit Zeit.

Karlheinz Geißler schrieb bereits verschiedene Bücher zu dem Thema „Zeit“. Nach der promotion Dr.rer.pol. war er zunächst an berufsbildenden Schulen tätig. Danach folgten Tätigkeiten an den Universitäten Karlsruhe, Augsburg und München. Gastprofessuren führten ihn zu weiteren Stationen in In- und Ausland.

Aufbau

Dieses Buch ist praxisorientiert und kann, vor allem beim mehrmaligen Lesen oder Nutzen, je nach dem Bereich aufgeschlagen werden, ohne dass die wesentliche Basis fehlen würde.

Dennoch baut es sich auf, in dem zunächst eine Einleitung und ein folgendes Interview den weiteren Kapiteln vorangestellt werden. Dem folgen unterschiedliche Sichtweisen auf „Zeit“, die jeweils in Kapiteln gegliedert sind.

Eine praxisorientierte, kurze auch optisch gut wahrnehmbare Rubrik „Was nun, was tun?“ hilft dem Leser mit konkreten Vorschlägen zu einem zufriedeneren Umgang mit – seiner – Zeit.

Den Abschluss des Buches bildet der Anhang, in dem weiterführende Literatur empfohlen wird und auf das eigene Institut sowie deren Arbeitsweise hingewiesen wird.

Die angesprochenen Kapitel lauten in der Überschrift:

  1. Wasser für die Fische, Zeit für die Menschen - Zeit, eine Vorstellung, Die Zeit der Physik, Verschiedene Kulturen und ihre Zeiten
  2. Die Uhr ist nicht die Zeit - Naturzeit und Uhrzeit, Ohne Uhr geht es nicht, mit ihr wird man auch nicht glücklich, Der Mensch als Uhrwerk
  3. Die Zeitmuster Rhythmik und Takt - Zeitmuster und Resonanzen im Alltag, Vom Rhythmus der Vormoderne zum Takt der Moderne, Vom modernen Takt zur postmodernen Gesellschaft
  4. Vielfältige Zeiten – Zwischenzeiten - Zeiten zum Lieben, Warten- Zumutung und Glück, Pausen – Erholung und Inspiration, Muße und Müßiggang – vom süßen Nichtstun, Langeweile – lange Weile, Jetzt – der vergessene Augenblick?
  5. Liebe Zeit – das Geflecht des Zeithandelns, Licht ins Dunkel: das Modell „Zeitgeflecht“, war´s das schon? Ressourcenzeiten nicht vergessen!, Spielräume balancieren, Konflikte erkennen und vermeiden, Sozialer Jetlag, „Dauerbrenner“ der Zeitverwirrung, Weniger ist mehr: Auswählen, Verzichten, Ignorieren und Verpassen
  6. Ein letztes Mal – Was nun, was tun?
  7. Anhang - zum Nach- und Weiterlesen, Zeitberatung statt Zeitmanagement

Inhalt

In unserer schnelllebigen Zeit werden beinahe alle Menschen mit dem Gefühl konfrontiert, nicht genügend Zeit für alle wichtig erscheinenden Dinge zu haben, die erledigt werden müssen.

Die Autoren nehmen dies als Anlass den Spieß einmal umzudrehen, sie kommen nicht mit den brandneuen Methoden, um einen neuen Trend zu setzen. Sie setzen sich mit dem Thema Zeit und Leben auseinander. Was ist Zeit? Sollten wir Zeit nicht besser zum Leben nutzen als zum Managen? Was macht das Leben aus? Wo liegt der Sinn im Leben? In dem Hasten nach dem neuen Trends? Wie gehen wir mit dem kostbaren und endlichen gut „Zeit“ um? Die Sinnfragen und das kritische Hinweisen auf moderne Verhaltensweisen findet man hier immer wieder. Durchaus unterhaltsam führen die Autoren dem Leser immer wieder vor Augen, wie sehr die vielen Jahre, in denen Menschen ihr Tagwerk verrichten, Perspektiven und Lebensqualität verändern. Bereits im ersten Kapitel wird deutlich, dass ein abstrakter Begriff wie der der „Zeit“ keine eindeutige Definition haben kann. Menschen haben ein Bild von der Zeit, und auch dieses ist individuell unterschiedlich und schwankt auch verständlicherweise sehr in den vielen verschiedenen Kulturen überall auf der Welt. Da fällt das Zitat auf, in dem ein asiatischer Physiotherapeut, der in Deutschland arbeitet und lebt, sich zu dem Thema Verabredung äußert: „Okay, wir treffen uns um sieben am Strand, und wenn ich um acht noch nicht da bin, wartest du bis neun und gehst dann um zehn nach Hause.“ Deutlicher kann man das unterschiedliche Verständnis von Zeit kaum äußern – in Deutschland disqualifiziert man sich damit sofort. Die meisten Menschen sind durchgetaktet und haben keine Freiräume, um auf solche Treffen einzugehen. Seit zu Beginn der Neuzeit in einem italienischen Kloster die erste Räderruhr erfunden wurde, erlebten die Menschen nun den Takt des Zeigers und seine Auswirkungen auf ihr Leben. Es wurde nicht mehr in den Himmel geschaut, um sich an dem Sonnenstand zeitlich zu orientieren, sondern die Kirchturmuhr zeigte an, was die Stunde geschlagen hatte.

Doch, so schreiben es die Autoren, ist die Uhr nicht die Zeit. Die Uhr misst eine Erdrotation und simuliert Zeit. Was Menschen in der Spanne der Erdrotation erleben oder tun, macht ihr Leben aus. Die Taktung der Uhr nimmt Einfluss auf das Leben. Wie oft schaut ein Mensch pro Tag auf eine Uhr und erlauben sich viele Menschen noch uhrfreie Zeiten? Wann ist eine Zeit erfüllend und wann wird sie als verschwendet erachtet? Und was passiert bei der Zeitumstellung, bei der doch nur die Zeiger verstellt werden und nicht die Zeit?

Zum deutlichen Verständnis, welche Folgen die Taktung der Zeit auf Körper, Geist und Seele der Menschen hat, führen die Autoren den Film „Modern Times“, 1936, von und mit Charlie Chaplin an. Vielen Lesern fällt dabei wieder das Bild ein, in dem ein Mann am Fließband arbeitet und er versucht, den Anforderungen des Aufsehers nachzukommen und mit dem ständig steigenden Tempo Schritt zu halten. Er schafft es nicht und wird daraufhin in die Psychiatrie eingeliefert. Beachtenswert ist dabei, schon 1936 ahnte man offenbar, dass Maschinen einst den Takt vorgeben und der Mensch seine Bedürfnisse anpassen muss.

In einem weiteren Kapitel untersuchen die Autoren den Wert der Pausen und den sogenannten Zwischenzeiten. Was zunächst noch eher abwertend klingen mag, entwickelt sich als Glücksfall für den Menschen, denn Zwischenzeiten ermöglichen uns, Übergangssituationen besser zu verkraften.

Pausen und das Thema „Warten“ sind kostbare Geschenke, denn sie ermöglichen es, Ruhe in die Hektik des Alltags zu bringen. Warten und Wartenkönnen bereichern das Leben, machen Zeit und das Leben bunter, vielfältiger und friedlicher, mit einem Wort: menschlicher. Das Warten ist nicht die Hölle. „Die Hölle ist ein Leben, das kein Warten kennt“, so die Autoren.

Letztlich stellen sich Fragen, die dem Leser deutlich machen, wo wirkliche Lebensqualität und guter Umgang mit Zeit beginnt: Beim Seinlassen. „Auf was kann ich verzichten, was brauche ich nicht, was könnte ich sein lassen?“ lautet die Frage, die noch einmal auf den Punkt bringt, was Hetzen und Streben bewirken können und wie Zufriedenheit entstehen könnte.

Weniger ist mehr – das ist nicht neu, doch der Weg zu mehr Lebensqualität und Glück geht zu Verzicht, Ignoranz und Ruhe.

Praktische Hinweise folgen, damit das Gelesene umgesetzt werden kann,

Diskussion

Und noch ein Ratgeber und wieder eine weise Erkenntnis, dass Weniger mehr ist? Wie oft noch? Wer hier nach mehr Effektivität sucht und weiteren tollen Kniffen, liest gerade das falsche Buch. Das Anliegen der Autoren ist nicht, den Kalender besser zu beherrschen. Sie ermöglichen die konstruktive Auseinandersetzung mit dem Umgang des knappen Gutes „Zeit“. Wir können keine Zeit sparen und diese an anderer Stelle als ein jetzt zu verwendendes Gut wieder abrufen. Wir haben kein Zeitsparbuch und es gibt keine Rabattmarken. Uns bleibt der sorgsame Umgang und das bessere Verständnis für Zeit: Unsere Zeit – die vielen Tage und Jahre, die wir auf der Welt verbringen dürfen. Für das bessere Verständnis sorgen hier die ausführlichen und unterhaltsamen Exkurse in verschiedene Lebensbereiche und ihr Zusammenhang mit Zeit. Die Aufmachung, das Layout lässt schnell erkennen, wo ein Text Wissen vermittelt und eine farblich gekennzeichnete Seite wie ein Praxisbuch Aufgaben stellt bzw. Praxistipps bereithält.

Das macht dieses Buch zu einer anregenden Lektüre mit reflektierenden Charakter.

Fazit

Ein lesenswertes Buch für Menschen, die aus dem Zeit-Hamsterrrad aussteigen wollen und Veränderung aktiv angehen möchten.

Der geübte Schreiber kombiniert Wissensvermittlung, Reflexion und Unterhaltung.

Rezension von
Susanne Rolf-Dietrich
Website

Es gibt 18 Rezensionen von Susanne Rolf-Dietrich.

Besprochenes Werk kaufen
Sie fördern den Rezensionsdienst, wenn Sie diesen Titel – in Deutschland versandkostenfrei – über den socialnet Buchversand bestellen.


Zitiervorschlag
Susanne Rolf-Dietrich. Rezension vom 17.07.2015 zu: Karlheinz A. Geißler, Jonas Geißler: Time is honey. Vom klugen Umgang mit der Zeit. oekom Verlag (München) 2015. ISBN 978-3-86581-706-8. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/18695.php, Datum des Zugriffs 19.09.2024.


Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt. Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns. Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.


socialnet Rezensionen durch Spenden unterstützen
Sie finden diese und andere Rezensionen für Ihre Arbeit hilfreich? Dann helfen Sie uns bitte mit einer Spende, die socialnet Rezensionen weiter auszubauen: Spenden Sie steuerlich absetzbar an unseren Partner Förderverein Fachinformation Sozialwesen e.V. mit dem Stichwort Rezensionen!

Zur Rezensionsübersicht