Wolfgang Schubert: Künstler und Kreative, ihre Altersvorsorge und [...]
Rezensiert von Prof. Dr. Uwe Helmert, 07.05.2015
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Wolfgang Schubert: Künstler und Kreative, ihre Altersvorsorge und ihr Umgang mit drohender Altersarmut. Verlag Dr. Kovač GmbH (Hamburg) 2015. 106 Seiten. ISBN 978-3-8300-8222-4. D: 65,90 EUR, A: 67,80 EUR, CH: 89,00 sFr.
Thema
Künstler und Kreative verdienen trotz ihres überwiegend hohen Bildungsniveaus und Ansehens in der Gesellschaft zumeist nur sehr wenig. Später resultieren daraus ebenfalls nur geringe Alterseinkünfte. Mit der Künstlersozialversicherung entstand im Jahr 1983 erstmals eine kollektive Absicherung für künstlerisch tätige und kreative Freiberufler in Deutschland. Durch diese Versicherung erlangten die Betroffenen eine höhere Planungssicherheit für ihre Berufsausübung und können sich damit besser auf ihre kreative Tätigkeiten konzentrieren.
Autor
Wolfgang Schubert hat diese Arbeit am Fachbereich Sozialökonomie der Universität Hamburg geschrieben.
Aufbau und Inhalt
- Entstehung der Deutschen Rentenversicherung
- Allgemeine Entwicklungen der Lohn- und Bevölkerungsstrukturen und ihre Folgen für die Deutschen Rentenversicherung
- Ursachen und Folgen für das Entstehen von Altersarmut bei Künstlern und Kreativen
- Fazit und Ausblick auf ähnliche Entwicklungen bei anderen Berufen
- Anhang: Rechtliche Ausgestaltung und Gesetzestexte / Interviewleitfaden / Mitschriften der Interviews / Berechnungsgrundlagen der Beiträge zur Künstlersozialkasse 2013
In Kapitel 1 wird zunächst kurz die historische Entwicklung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) seit ihrer Gründung im Jahr 1889 dargestellt. Danach geht der Autor ausführlich auf die Altersversorgung für Künstler und Kreative ein. Erst 94 Jahre nach der Gründung der DRV gelang es mit dem 1983 in Kraft getretenen Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG), auch selbständigen Künstlern und Publizisten sozialen Schutz in der Renten-, Kranken und Pflegeversicherung zu gewährleisten. Im Jahr 2013 waren 179 000 Personen in der Künstlersozialkasse versichert. Das Durchschnittseinkommen dieser Personengruppe betrug im Jahr 2014 nur etwa 15 000 Euro und war damit deutlich niedriger als das Durchschnittseinkommen der Angestellten in Deutschland (beinahe 40 000 Euro). Danach stellt der Autor die Altersversorgungssysteme für Künstler und Kreative in Österreich, Frankreich, Schweden und den Niederlanden in ihren Grundzügen dar.
In Kapitel 2 werden allgemeine Entwicklungen bei den Löhnen und Einkünften der Freiberufler sowie die demografischen Veränderungen in Deutschland und deren Folgen für die DRV einschließlich der Künstlersozialkasse beschrieben.
In Kapitel 3 geht der Autor auf seine eigene „Mini-Studie“ ein (6 Befragte, Interviewdauer: 6 bis 20 Minuten).
In Kapitel 4 gelangt der Autor zu folgendem Fazit: Die erst sehr spät gegründete Künstlersozialkasse gewährt der Berufsgruppe der Künstler und Kreativen endlich einen Kollektivschutz. Sie ist deutlich günstiger als eine private Krankenkasse, weil die Beiträge an das Einkommen gekoppelt sind. Infolge der relativ niedrigen Einkommen der Versicherten in der Künstlersozialkasse kann aber letztlich nur eine geringe Altersrente erzielt werden. Auch in anderen europäischen Ländern sind die Einkommen der Künstler ähnlich niedrig wie in Deutschland, so dass auch dort Unterstützungsprogramme für Künstler und Kreative innerhalb ihrer Sozialsysteme eingeführt wurden.
Diskussion
Der Autor behandelt zweifelsohne ein wichtiges und bisher eher vernachlässigtes Thema. Es geht letztlich um die Frage, was den Deutschen eigentlich ihre Künstler und Kreativen wert sind. Erst mit fast 100 Jahren Verspätung wurde die Künstlersozialkasse gegründet, und durch den gesetzlich geregelten Bundeszuschuss von 20% wird die materielle Unterstützung von künstlerisch Tätigen und Publizisten etwas verbessert. Dennoch ist die Altersarmut für den überwiegenden Anteil dieser Personengruppe vorprogrammiert. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn sich der Autor in seinem Ausblick dazu geäußert hätte, unter welchen Bedingungen der mittlerweile eingeführte gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro dazu beitragen kann, Altersarmut bei Künstlern und Kreativen abzubauen.
Zielgruppen
Zielgruppen sind Kulturschaffende, Akteure aus dem Bereich der Sozialversicherung sowie Forschende, Lehrende und Studierende aus den Kultur- und Sozialwissenschaften.
Fazit
Das Buch gewährt einen informativen Einblick in die oftmals prekäre Lebenslage einer Berufsgruppe, deren Tätigkeiten im kulturellen Bereich von der Bevölkerung sehr geschätzt werden, aber materiell zu wenig unterstützt werden.
Rezension von
Prof. Dr. Uwe Helmert
Sozialepidemiologe
Es gibt 101 Rezensionen von Uwe Helmert.