Andrea Tabatt-Hirschfeldt, Armin Schneider: Den Wohlfahrtsmix gemeinsam steuern
Rezensiert von Prof. Dr. Berit Adam, 11.09.2015

Andrea Tabatt-Hirschfeldt, Armin Schneider: Den Wohlfahrtsmix gemeinsam steuern. Impulse zur Weiterentwicklung von Public-Management und Sozialmanagement aus empirischer Perspektive. Paulo Freire Verlag (Oldenburg) 2015. 195 Seiten. ISBN 978-3-86585-330-1. D: 25,90 EUR, A: 26,70 EUR, CH: 36,50 sFr.
Thema
Bereits seit den 90er Jahren wird versucht, eine gemischte Wohlfahrtsproduktion in Deutschland zu erreichen. Trotz dessen erfolgt eine Verbindung in akademischer Hinsicht noch nicht. Die Studiengänge Sozialmanagement (SM) und Public Management (PM) laufen parallel zueinander ab, obwohl beide auf ein späteres Arbeiten im öffentlichen bzw. sozialen Bereich ausgerichtet sind.
Die Autorin Andrea Tabatt-Hirschfeldt untersucht in ihrem Werk „Den Wohlfahrtsmix steuern?“ unter Mitwirkung von Armin Schneider den bestehenden Wohlfahrtsmix sowie die bisherigen Entwicklungen der zwei relevanten Studiengänge. Des Weiteren werden die Studiengänge hinsichtlich ihrer Inhalte durchleuchtet und miteinander verglichen. Die gesammelten Daten werden aufbereitet und analysiert, um so ein aktuelles Bild der akademischen Ausbildungen und der bestehenden Verzahnungen zu erhalten. Darüber hinaus werden die informellen und formalen Aspekte erörtert, die zu einer Hinderung der Verzahnung führen. Daraus werden mögliche Überwindungsmöglichkeiten entwickelt und beschrieben.
Entstehungshintergrund
Andrea Tabatt-Hirschfeldt unterrichtet seit 2009 an der Hochschule Coburg im Bereich Organisationslehre, Sozialwirtschaft und Sozialmanagement. Davor arbeitete sie 18 Jahre als Sozialarbeiterin für die Stadt Braunschweig. Sie ist sowohl Mitglied im erweiterten Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmanagement/Sozialwirtschaft als auch der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialmanagement/Sozialwirtschaft.
Armin Schneider hat seit 2007 die Professur für Sozialmanagement und Forschung in der Sozialen Arbeit an der Hochschule Koblenz inne. Er hatte leitende Funktionen in der kirchlichen Kinder- und Jugendhilfe und unterrichtete Leadership und Management am Campus Institut in Oberhaching und der Hochschule Zuyd in Maastricht.
Aufbau und Inhalt
Das Werk gliedert sich in drei Teile, bestehend aus acht Kapiteln.
Der erste Teil untersucht die theoretischen Gründe, weshalb die Studiengänge SM und PM bisher kaum verbunden werden und wie eine mögliche Verzahnung zu erreichen ist. Dies geschieht unter dem Vergleich verschiedener Definitionen des Wohlfahrtmixes in Verbindung mit der dazugehörigen Governance. Zum Schluss analysiert die Autorin die Entwicklungen im SM und PM, wobei sich zwei Parallelen entdecken lassen. Zum einen gab es eine Umkehr hin zum Markt. Dieser Umstand führte verstärkt zum Einführen betriebswirtschaftlicher Elemente. Zum anderen erfolgte ein Paradigmenwechsel hinsichtlich der Governance durch das Einführen einer netzwerkartigen Steuerung (Kapitel 1).
Der zweite Teil umfasst die Ergebnisse der empirischen Forschung. Es wird untersucht, inwieweit bei der akademischen Ausbildung auf den Wohlfahrtsmix reagiert werden muss unter der Forschungsfrage „Welche Vorstellungen, Ideen bzw. Verbindungen zwischen den Studiengängen des Sozialmanagements und Public Management werden von den Akteuren an den Hochschulen (HAW´s) benannt, gesehen und angestrebt?“ (Kapitel 2). Aus der theoretischen Arbeit heraus werden Grundlagen für die Forschung geschaffen. Zur Unterteilung bildet die Autorin zwei Ober- sowie zwei Unterkategorien (Kapitel 3). Anschließend werden vier Hochschulen untersucht, die sowohl SM als auch PM anbieten. Hierbei wird eine Analyse der Dokumente hinsichtlich der Module mittels der zuvor geschaffenen Kategorien durchgeführt. Diese Analyse führt zu einem quantitativen Ranking, welches Hinweise auf den Umfang der Überschneidungen beider Studiengänge geben kann (Kapitel 4). Zur besseren Interpretation wurden Experteninterviews (Studiengangsleitungen) anhand eines Leitfadens geführt. Diese Interviews dienen dem Aufzeigen der bisherigen Verzahnungen der beiden Studiengänge (Kapitel 5). Nach der Dokumentenanalyse und der Datenerhebung erfolgt die Datenaufbereitung, bei welcher die Kategorien überprüft und erweitert werden sollen. Die Experteninterviews werfen sowohl informelle als auch formale Erklärungen bezüglich der Kategorien und Verzahnung auf, so dass Theorien und Studien mit Aspekten beider Bereiche überprüft werden (Kapitel 6). Da die Untersuchungen ergaben, dass generell keine Verzahnungen der beiden Studiengänge vorhanden sind, wird im weiteren Verlauf der gesamte deutschsprachige Raum analysiert. Durch die Interviews mit den Experten wurden drei neue Kategorien gebildet („Erfolgsfaktoren Verzahnung“, „Bedingungen gemeinsamen Lernens“ und „Mehrwert Studierende“), nach denen die erhaltenen Daten aufbereitet werden (Kapitel 7).
Der letzte Teil des Werks, geschrieben von Armin Schneider, befasst sich mit der Frage, wie die aufgekommenen informellen und formalen Hindernisse für eine Verbindung von SM und PM überwunden werden können. Das Ziel hierbei ist die tatsächliche Umsetzung einer Verzahnung von SM und PM mittels der Bereitstellung eines Konsenses, von Werkzeugen und Ressourcen und anderem Notwendigen (Kapitel 8).
Diskussion
Die Studiengänge SM und PM sind in Deutschland momentan noch weitestgehend unabhängig voneinander organisiert, trotz vieler Überschneidungen in Hinblick auf die Module und die späteren Arbeitsaufgaben. Selbst an Hochschulen, die beide Studiengänge anbieten, besteht kaum eine Verzahnung, obwohl ein Mehrwert sowohl für die Studierenden als auch für die späteren Arbeitgeber entstehen würde. Um die bestehenden Hindernisse bei einer Verbindung von SM und PM zu überwinden, müssen die verschiedenen informellen und formalen Aspekte untersucht und mögliche Lösungsansätze aufgezeigt werden. Andernfalls können Studiengangsleitungen im Streben nach einer Verzahnung gehemmt werden.
Fazit
Das Buch ist äußerst fachspezifisch, jedoch lesenswert für Personen aus dem akademischen Bereich und Studierende einer der beiden Studiengänge. Es zeigt interessante Möglichkeiten der Realisierung auf und stellt die aktuelle Lage in Deutschland umfassend dar.
Rezension von
Prof. Dr. Berit Adam
Professorin für Public Management, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
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