Anne Bernadette Zapf: Progressive Projektarbeit
Rezensiert von Dipl. Kfm. Dieter Harant, 14.08.2015

Anne Bernadette Zapf: Progressive Projektarbeit. Evaluation eines Modells zur Durchführung von selbstgesteuerter Projektarbeit. Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung (Bad Heilbrunn) 2015. 200 Seiten. ISBN 978-3-7815-2025-7. D: 39,00 EUR, A: 40,10 EUR, CH: 51,90 sFr.
Thema
Thema des vorgestellten Buchs ist die Evaluation eines Modells (PROGRESS-Methode – PROjektGRuppen Entdecken Selbstverantwortlich und Selbstgesteuert) zur Durchführung einer selbstgesteuerten Projektarbeit in der Sekundarstufe
Autorin
Die Autorin ist Diplompädagogin und Lehrerin für die Fächer Mathematik und Deutsch. Sie lehrt und forscht im Bereich der Unterrichtsforschung und-entwicklung, insbesondere zu neuen Lern- und Lehrformen im Kontext von Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung
Entstehungshintergrund
Das Buch entstand im Rahmen einer Dissertation während eines mehrjährigen Forschungsprojekts an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Schwerpunkt ist die Evaluation der Wirksamkeit der PROGRESS-Methode bezogen auf die Optimierung selbstgesteuerter schulischer Projektarbeit.
Aufbau
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit schulischer Projektarbeit, ihrer Zielsetzung, der Umsetzung und dem Stellenwert im Schulalltag. Im nachfolgenden Kapitel werden verschiedene Ansätze/Konzepte zum selbstgesteuerten Lernen dargestellt. Das dritte Kapitel stellt eine spezielle Methode der selbstgesteuerten Projektarbeit dar – die PROGRESS-Methode.
Der darauf folgende empirische Teil gliedert sich in das Forschungsdesign und die -ergebnisse auf Stichproben- und Klassenebene, Ziel ist die Evaluation der PROGRESS-Methode.
Inhalt
Die Einleitung stellt das Forschungsinteresse am Thema dar, dass zwar einerseits die Methode der schulischen Projektarbeit zu selbstständigem Arbeiten, zur Förderung von Schlüsselqualifikationen u.a. führen soll, dass aber die Realität zeigt, dass die Selbststeuerung der Lernprozesse nur unzureichend erfolgt. Ziel der Promotionsarbeit, die dem Buch zugrunde liegt, ist die Evaluation der PROGRESS-Methode, die in einem stufenweisen Vorgehen, das selbstgesteuerte Lernen von Schüler_innen bis hin zur Projektarbeit entwickelt.
Im ersten Kapitel werden die theoretischen Hintergründe für die selbstgesteuerte Projektarbeit dargelegt. Es werden die Ursprünge der Begriffe und die historische Entwicklung der Projektarbeit im Kontext Schule aufgezeigt. Dabei nimmt die Autorin als Arbeitsgrundlage Deweys Interpretation von Projektarbeit, dieser weist auf die besondere Bedeutung der eigenen Erfahrung für das Lernen hin.
Ein Unterkapitel widmet sich verschiedenen Phasenmodellen (Frey, Gudjons, Emer/Lenzen, Hänsel, Traub) der Projektarbeit und stellt deren jeweilige Schritte kurz dar, wobei das Phasenmodell und die Projektmerkmale der PROGRESS-Methode von Traub, das auch Untersuchungsobjekt des empirischen Teils ist, wesentlich umfassender behandelt werden.
Es folgt das zweite Kapitel zum selbstgesteuerten Lernen sowohl aus pädagogischer als auch psychologischer Perspektive beleuchtet. Dabei wird differenziert in selbstständiges, selbstbestimmtes, selbstgesteuertes bzw. selbstreguliertes Lernen und wie verschiedene Forschungsrichtungen (Kognitions-, Motivations-, Volitionspsychologie, Konstruktivismus, 3-Schichten-Modell Boekaerts) das „selbstgesteuerte Lernen“ betrachten.
Das dritte Kapitel führt die vorher erläuterten theoretischen Ansätze zusammen und in die PROGRESS-Methode ein. Dazu werden Begründungen für die Sinnhaftigkeit schulischer Projektarbeit aufgezeigt, z.B. Erwerben von Schlüsselqualifikation in Ergänzung zum vermittelten Fachwissen oder eine größere Nachhaltigkeit der Wissensvermittlung. Ziel der PROGRESS-Methode ist es, eine bessere Deckung zwischen Ansprüchen an die Projektarbeit und den Ergebnissen zu erreichen, die in vielen Fällen nicht gegeben ist.
Dazu nutzt die PROGRESS-METHODE das so genannte Sandwich-Prinzip, Phasen der Vermittlung wissenschaftlichen Wissens werden kombiniert mit Phasen der subjektiven Auseinandersetzung. In der PROGRESS-METHODE wird die Selbststeuerung bei den Lernenden schrittweise in verschiedenen Stufen aufgebaut (Methoden und Kompetenzen, Überleitung vom projektorientierten Lernen zur Projektarbeit).
Das vierte Kapitel ist das Bindeglied zwischen theoretischem und empirischem Teil. Dazu werden in einem ersten Schritt die Lehrer_innen nach einem bewährten Konzept in der Methode geschult und es folgt die praktische Umsetzung in den Klassen.
Der empirische Teil ab Kapitel 5 stellt dar „welche Veränderungen auf Seiten der Schüler_innen der fortgebildeten Lehrkräfte beobachtbar sind und welche Erfahrungen die Lehrpersonen mit der PROGRESS-METHODE schildern.“ Dabei wird zunächst das Forschungsdesign mit der Formulierung der Forschungshypothesen erläutert, die Stichprobe und die Methoden zur Datenerhebung dargestellt, jeweils bezogen auf die Perspektive der Schüler_innen sowie der Beobachter_innen (jeweils bei Experimental- und Kontrollgruppe). Als Untersuchungsmethoden wurden standardisierte Fragebogen, Videografien und Interviews eingesetzt.
In Kapitel 6 folgt die Darstellung der Untersuchungsergebnisse auf der gesamten Stichprobenebene und auf der Ebene differenziert nach Klassen.Als ein wesentliches Ergebnis wird festgehalten, dass der persönliche Lernerfolg bei den Schüler_innen signifikant höher ist als der persönliche Lernerfolg im bisherigen Projektunterricht.
Kapitel 9 beschäftigt sich mit der Sicht der Lehrenden auf die PROGRESS-Methode. Daraus ergeben sich verschiedene Vorteile, aber auch eine Vielzahl von Verbesserungsansätzen.
In Kapitel 10 ist ein weiteres Ergebnis der Untersuchung zu sehen: die Entwicklung eines Projekt-Kompetenzrasters für jeweils Lernende und Lehrende, in dem verschiedene Teilkompetenzen in sechs Lernfortschritte untergliedert sind. Anwendbar ist diese Raster während der gesamten Zeit der Sekundarstufe, zur Ermittlung und Dokumentation der individuellen Lernfortschritte bei allen Schüler_innen.
In Kapitel 11 und 12 wird ein Gesamtfazit gezogen und werden die Ergebnisse bewertet.
Das letzte Kapitel umfasst ein Literatur-, Abbildungs- und Tabellenverzeichnis.
Diskussion
Das Buch umfasst eine theoretische Darstellung des Stands der Forschung im Bereich der schulischen selbstgesteuerten Projektarbeit sowie eine vertiefende Beschäftigung und Evaluation mit einer bestimmten Methode (PROGRESS-Methode).
Die PROGRESS-Methode hat zum Ziel, die Projektarbeit in Schulen für Lehrende und Lernende unter anderem durch eine klare Strukturierung des Vorgehens zu verbessern.
Die Zielerreichung wurde durch einen empirischen Forschungsansatz in der Schulpraxis in Baden-Württemberg evaluiert. Die Forschungsergebnisse führten einerseits zu Vorschlägen zur Verbesserung der Methode bzw. ihrer Anwendung als auch zu einer neuen Struktur zur Beurteilung des Lernfortschritts.
Wesentliche Voraussetzung für eine hohe Wirksamkeit der Methode ist eine entsprechend intensive Schulung der Lehrenden, ohne die eine erfolgreiche Umsetzung wenig erfolgsversprechend scheint. Ist diese Voraussetzung gegeben, kann die Anwendung der Methode die selbstgesteuerte Projektarbeit in Schulen wesentlich verbessern.
Fazit
Es wird neben theoretischen Grundlagen eine spezielle Methode vorgestellt und evaluiert, die das selbstgesteuerte Lernen in der schulischen Projektarbeit fördern soll.
Die Untersuchungsergebnisse weisen eine Verbesserung der Projektarbeit durch die Anwendung der PROGRESS-Methode sowie auch Verbesserungspotenziale in der Anwendung nach.
Es ist bei diesem Buch immer gegenwärtig, dass es sich um eine Promotionsarbeit handelt, was die Lesbarkeit meines Erachtens einschränkt. Es richtet sich deshalb eher an wissenschaftlich Interessierte bzw. Arbeitende oder auch Pädagogen, die mit dem Thema schulische Projektarbeit befasst sind und sich damit intensiver auseinandersetzen wollen.
Rezension von
Dipl. Kfm. Dieter Harant
Unternehmensberater für soziale Einrichtungen
Geschäftsführer IBPro e.V.
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