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Sandra Mantz: Arbeitsbuch Kommunizieren in der Pflege

Rezensiert von Prof. Dr. Olaf Scupin, 03.08.2016

Cover Sandra Mantz: Arbeitsbuch Kommunizieren in der Pflege ISBN 978-3-17-025754-2

Sandra Mantz: Arbeitsbuch Kommunizieren in der Pflege. Mit heilsamen Worten pflegen. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2015. 160 Seiten. ISBN 978-3-17-025754-2. 24,99 EUR.

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Thema

Die Kommunikation spielt im Gesundheitswesen eine wesentliche Rolle. Die Kommunikation findet zum Beispiel zwischen Institutionen des Gesundheitswesens, den Hausärzten, Kliniken, Kostenträgern aber eben auch direkt zwischen Mitarbeiterinnen der Institutionen und den Patienten, Klienten, Bewohnern, Angehörigen, eben den Nutzern des Systems statt. Die Qualität der Kommunikation besitzt einen wesentlichen Einfluss auf den Behandlungserfolg. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung des Gesundheitswesens geht in seinem Gutachten von 2003 davon aus, dass bis zu 30% der Behandlungsfehler auf ungenügende Absprachen, Koordination und Aufklärungsmängel zurückzuführen sind.

Die Autorin des vorliegenden Buches befasst sich vordergründig mit der direkten Kommunikation zwischen Pflegenden und den zu pflegenden Menschen, deren Angehörigen, aber auch zwischen dem Pflegepersonal. Die Kommunikation zwischen den Institutionen des Gesundheitssystems werden explizit nicht einbezogen. Das erscheint auch nicht wesentlich, da im realen Kontext Menschen direkt miteinander kommunizieren (z.B. der Sachbearbeiter der Krankenkasse mit einem Stationsarzt).

Die vorgestellten Ansätze, Methoden, Selbstreflexionen und Übungen sind ohne weiteres auf andere Gesundheitsfachberufe übertragbar. Wesentlich erscheint vor diesem Hintergrund, dass noch mehr von Seiten des Managements darauf geachtet werden muss, wer eigentlich direkt mit Patienten und dem Dependenzpflegesystem kommunizieren darf oder sollte? Die Autorin selbst bezieht ihre theoretischen Ansätze aus den Gebieten der Interaktionstheorien (u.a. Watzlawick und Rogers) und der Neurobiologie.

Die Verfasserin des Buches kann auf eine breite berufspraktische Tätigkeit zurückblicken, was zu einer sehr authentischen Beispiel- und Übungsstruktur im vorliegenden Buch führt.

Aufbau und Inhalt

Zunächst stellt die Autorin die Notwendigkeit einer präzisen Kommunikation und Gesprächsführung vor.

Bereits ab dem ersten Kapitel werden wertvolle Hinweise über eine Sprachkultur vorgestellt. Jedes Kapitel enthält Übungen in denen der Leser die zuvor behandelten Themen vertiefen kann. Die Autorin versteht es die Kapitel so aufzubereiten, dass diese auch losgelöst voneinander gelesen und bearbeitet werden können.

So werden im Kapitel 4 die Sinne als Erkenntnis- bzw. Diagnostikgegenstand zur Kommunikation behandelt. Sehr bildhaft, im wahrsten Sinne des Wortes, wird zum Beispiel die akustische Kompetenz auch darauf hin geschärft, wie Situationen „gehört“ werden (S. 52). So kann ein Mensch entscheiden, ob er zuhört, weghört, raushört, mithört, hinhört oder auch aufhorcht. Diese umgangssprachlich durchaus trivial verwendeten Begriffe sollen wörtlich genommen werden und so die Haltung zu einem Gesprächspartner mitbestimmen. Auf dieser Grundlage soll der Leser dann empirische Beispiele aufschreiben wie das Hören eine positive oder negative Qualität besitzen kann. Wie ein roter Faden zieht sich der Gedanke der Autorin, dass das Pflegepersonal Worte mit dem dahinterstehenden Sinn verstehen und sehr bewusst einsetzen sollte.

Aus diesem Grund erfolgt im Kapitel 6 (Wortschatzkammer) ein kurzer aber präziser Diskurs über die Wortbedeutung, die Wortfamilie und die Semantik. Auf dieser Basis werden dann zum Beispiel verschiedene Begrüßungs- und Abschiedsformulierungen vorgestellt. Die Vielfalt dieser Satzkonstruktionen soll zum Ausdruck bringen, dass die Stimmung der Gesprächspartner durch eine Wort- und Satzvielfalt beeinflusst werden kann. Es ist eben ein Unterschied und dem jeweiligen Setting überlassen, ob ein Mensch „Schönen guten Abend“ oder „Einen guten Abend wünsche ich Ihnen“ sagt (94). Auch in diesem Kapitel wird eine Übungssequenz angeboten, die das Gelesene erproben und einüben soll.

Die Autorin postuliert, dass für die Schulung der Sprachkompetenz eine Qualifizierung zum Sprachbegleiter sinnvoll sein kann. Im Kapitel 7 werden ausgewählte Ergebnisse einer wissenschaftlichen Begleitforschung im Rahmen einer Qualifizierung zum Sprachbegleiter vorgestellt (S 116ff). Als wesentliches Ergebnis wird dargestellt, dass sich „95% der Teilnehmer nach der Weiterbildung in der Lage (fühlen) in einem Gespräch mit den unterschiedlichen Kontaktgruppen adäquater reagieren zu können“ (116).

Als Abschluss des Arbeitsbuches „Kommunizieren in der Pflege“ werden mögliche Lösungsvorschläge aus den einzelnen Kapiteln vorgestellt. Diese erheben nicht den Anspruch die Dimension ’richtig´ oder ´falsch´ zu bedienen. Vielmehr ist dies eine Hilfestellung für den Leser seine individuelle Herangehensweise an ein Sprachthema zu überprüfen und Anregungen zu erhalten.

Fazit

Das „Kommunizieren in der Pflege“ kann als wertvolles alltagstaugliches Kompendium dienen um sich auf unsichere bzw. schwierige Gesprächssituationen vorzubereiten. Ob das Buch ohne eine Anleitung verwendet werden kann muss der Leser selbst entscheiden. Eine fachtheoretische Orientierung im Rahmen der Einleitung hätte dem Buchinhalt sicher gut getan. Bei manchen Formulierungen wird eine wissenschaftsbasierte Erläuterung vermisst. Diese Aussage muss jedoch dahingehend relativiert werden, da sich das Buch vordergründig an Berufspraktiker wendet. Die stringent lösungsorientierte Herangehensweise der Autorin sorgt für eine hohe Praxisrelevanz. Der Anschein einer wissenschaftlichen Fundierung benötigt das vorliegende Buch nicht. Die Pflegepersonen, die dieses Buch lesen werden, finden einen reichhaltigen Beispielfundus, der einen Transfer in die Berufspraxis leicht ermöglicht. Eine Methodenkritik zur vorgestellten Evaluierung der Fortbildung zum Sprachbegleiter wird nicht geliefert. Es müssten, damit die Kriterien der Evaluationsforschung eingehalten werden, die genannten Effekte sicher nach einem längeren Zeitraum wiederholt überprüft werden. Der wissenschaftliche Gegenstand der Wirksamkeit der Bildungsmaßnahme (z.B. die Kontrollüberzeugung) ist nicht transparent und hält in der vorgestellten Kurzform den Kriterien der Bildungsforschung wohl nicht stand.

Das vorliegende Buch ist insgesamt ein spannendes und kurzweilig zu lesendes Schulungsmanual für die Sprachentwicklung von Pflegepersonen. Die Autorin geht einen unkonventionellen aber erfrischenden Weg der Wissensvermittlung, der didaktisch gut aufbereitet ist. Die Sprache ist gut verständlich und ein roter Faden jederzeit erkennbar.

Rezension von
Prof. Dr. Olaf Scupin
Professur für Pflegemanagement an der Ernst-Abbe-Hochschule (EAH) Jena, Mitglied der Leibniz-Sozietät zu Berlin, Direktor am Institut für Coaching und Organisationsberatung der EAH Jena, Diplom-Pflegewirt (FH), Pflegedirektor, Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivpflege, Krankenpfleger, Weiterbildung zur Leitung einer Station oder Abteilung am ÖTV-Institut Duisburg
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Es gibt 14 Rezensionen von Olaf Scupin.

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Zitiervorschlag
Olaf Scupin. Rezension vom 03.08.2016 zu: Sandra Mantz: Arbeitsbuch Kommunizieren in der Pflege. Mit heilsamen Worten pflegen. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2015. ISBN 978-3-17-025754-2. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/19008.php, Datum des Zugriffs 25.01.2025.


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