Barbara Innecken: Kinesiologie
Rezensiert von Dipl.-Päd. Petra Steinborn, 26.08.2015
Barbara Innecken: Kinesiologie. Kinder finden ihr Gleichgewicht ; Spiele, Lieder und Geschichten. Don Bosco Verlag (München) 2011. 135 Seiten. ISBN 978-3-7698-1899-4. D: 16,90 EUR, A: 17,40 EUR, CH: 25,90 sFr.
Thema
Die körperliche und seelische Balance ist durch Leistungsstress, Zeitdruck, Bewegungsmangel und Reizüberflutung auch schon im Kindesalter gefährdet. Übungen aus der Kinesiologie können Kindern das innere Gleichgewicht zurückbringen, damit es nicht zu Entwicklungsstörungen und Lernblockaden kommt.
Autorin
Barbara Innecken, Jahrgang 1952 ist Sprachheilpädagogin. Lange Zeit hat sie im Schuldienst gearbeitet. Sie hat Ausbildungen in verschiedenen Bereichen der Angewandten Kinesiologie und der Systemischen Therapie. Seit 1994 arbeitet sie in eigener Praxis und ist Referentin in der Fort- und Weiterbildung. Zudem ist sie 1.Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Systemaufstellungen (DGfS).
Aufbau und Inhalt
Das Buch umfasst 136 Seiten und ist in einem Format von 19,5 x 17,5 aufgelegt. Die Bilder im Buch sind überwiegend in schwarz - weiß gestaltet. Das Buch wendet sich an Menschen in erzieherischen Berufen, die mit Kindern im Alter von 4-8 Jahren in Kindergarten, Grundschule und Kita arbeiten.
Es gliedert sich in neun Kapitel, die nicht durchnummeriert sind. In das Buch sind Karten eingelegt, die als Erinnerung für die Basisübungen dienen können. Der Fließtext ist etwas eingerückt und am Rand sind Merksätze gedruckt, die die Lesbarkeit und Orientierung erleichtern. Auf dem oberen Seitenrand ist die jeweilige Kapitelüberschrift abgedruckt. Merkkästen und Praxistipps fassen wichtige Inhalte zusammen. Bilder und Zeichnungen zeigen, wie die Übungen durchzuführen sind. Im Praxisteil wird bei jeder vorgestellten Übung kurz erläutert, um was es geht, wie es geht, was das Ziel der Übung, welche Variationen und Spiele es gibt.
Das Buch gliedert sich in folgende Kapitel:
- Ein paar Worte zuvor…
- Veränderte Kindheit- bedrohtes Gleichgewicht
- Kinesiologie – ein junger Baum mit alten Wurzeln
- Durch Bewegung ins Gleichgewicht- die Theorie
- Durch Bewegung ins Gleichgewicht- die Praxis
- Grenzen als Wegweiser
- Ein paar Worte zum Schluss….
- Spieleregister
- Serviceteil
Die Autorin führt die Leserschaft mit ein paar Worte zuvor ins Thema ein. Ein zentrales Thema unserer Zeit ist Stress, den auch schon Kinder erleben. Stress erzeugt Ungleichgewichte im körperlichen, seelischen und geistigem Wachstum, was sich auch einschränkend auf die Entwicklung auswirkt. Sie erläutert, dass die Kindheit heutzutage verändert ist, was direkten Einfluss auf das Gleichgewicht der Kinder hat: Veränderte Kindheit – bedrohtes Gleichgewicht (im wortwörtlichen Sinn geht es um das Gleichgewicht der Kinder). Wer dies nicht beachtet kann es erleben, dass alltägliche Belastungen zu Entwicklungsstörungen und zu dauerhaften Lernblockaden führen können. Was sind die Bedrohungen unserer heutigen Zeit? Aus Sicht der Autorin sind es der Bewegungsmangel, die Medienüberflutung, Leistungsdruck und Überforderung, emotionale Belastungen, Umweltverschmutzung und eine denaturierte Ernährung.
Im folgenden Kapitel wird definiert, was Kinesiologie ist, die es seit den 60er Jahren gibt. Die Autorin beschreibt es als ein „Bündnis aus östlichem Erfahrungswissen und weltlicher Wissenschaft“(S. 15). Sie erläutert die Kinesiologie an der Metapher Kinesiologie – ein junger Baum mit alten Wurzeln. Die Traditionelle Chinesische Medizin bilden die Wurzeln des Baumes und die Applied Kinesiology nach Dr. George Goodheart bilden den Stamm. Die verschiedenen Methoden, die sich im Laufe der Zeit entwickelt haben sind die Früchte am Baum. Anfänglich wurde die Kinesiologie kritisch gesehen, mittlerweile ist sie etabliert. Entstanden sind „Früchte“ in verschiedenen Richtungen wie der Medizin, der Psychologie, in der Musiktherapie, im Sport/Wellnessbereich und in der Pädagogik. Ein Großteil der in diesem Buch vorgestellten Übungen stammen aus der Edu – Kinesiologie.
In den folgenden zwei Kapiteln wird ausführlich dargestellt, wie die Kinder durch Bewegung ins Gleichgewicht kommen, einmal aus der Perspektive der Theorie und einmal aus der Perspektive der Praxis.
Den Anfang bilden die 12 Basisübungen aus der Kinesiologie, mit denen das empfindliche innere Gleichgewicht der Kinder immer wieder neu ins Lot gebracht werden kann. Es handelt sich um Gehirnpunkte, Anschaltpunkte, Überkreuzbewegungen, die Liegende Acht, den Elefanten, das Dirigieren, die Eule, das Ohren ausfalten, das Wadendehnen, das Löwengähnen, die Stirnpunkte und die Cook Übung. Im Anschluss an die Vorstellung dieser kinesiologischen Basisübungen werden eine Vielzahl von abwechslungsreichen Spielideen vorgestellt, die Kinder dahin gehend unterstützen, mit Stressfaktoren umzugehen. Drei Beispiele berichten kurz von Kindern, die mit Kinesiologie unterstützt wurden. Sie veranschaulichen das Vorgehen. Die Autorin berichtet aber auch darüber, dass es immer wieder vorkommt, dass man an Grenzen kommt. Die Autorin versteht Grenzen als Wegweiser. Das Buch endet mit ein paar Worte zum Schluss….dem Spieleregister mit einer Tabelle, in der man 32 Spiele in Bezug auf das jeweilige Kapitel, dem Namen des Spiels, der Angabe, für welches Alter es geeignet ist, die Sozialform und die Einordnung in die 12 kinesiologischen Basisübungen. Dort ist auch die Seitenzahl angegeben, sodass man das Spiel schnell findet.
In einem Serviceteil findet man Adressen von qualifizierten Kinesiologen und Seminarveranstaltern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Darüber hinaus gibt die Autorin Literaturempfehlungen zum Thema.
Diskussion
Der Begriff Kinesiologie ist aus dem griechischen Wort "Kinesis" für Bewegung und "Logos" für Lehre abgeleitet. In den 1960er Jahren wurde die Kinesiologie als „Applied Kinesiology“ von dem amerikanischen Chiropraktiker Dr. George Goodheart entwickelt. Er beobachtete, dass bei einem Patienten mit Schulterschmerzen die Schultermuskulatur geschwächt war. Daraus leitete er die Annahme ab, dass sich gesundheitliche Probleme als Schwäche in den Muskeln abbilden. Er entwickelte den aus älteren Verfahren bekannte Muskeltest weiter. Dieser kann in verschiedenen Bereichen angewandt werden, wie zum Beispiel zur Identifizierung von Stressfaktoren. Kinesiologie ist eine Methode, die den Menschen in seiner Ganzheitlichkeit wahrnimmt, was bedeutet, dass Befunde nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit emotionalen und mentalen Einflüssen und Abhängigkeiten betrachtet werden.
Im Laufe der Zeit entwickelte sich dieser Ansatz in verschiedene Fachrichtungen wie der Medizin, der Psychologie, der Musiktherapie, im Sport/Wellnessbereich und in der Pädagogik hinein. Ein Großteil der in diesem Buch vorgestellten Übungen stammt aus der Edu – Kinesiologie, die von dem Ehepaar Gail und Paul Dennison entwickelt wurde. „Edu“ steht dabei für „education“ (englisch für Erziehung) und „kinesis“ (griechisch für Bewegung). Bei diesem Ansatz geht es darum, Kindern (und Erwachsenen) das Lernen zu erleichtern. Es wird davon ausgegangen, dass man Lerninhalte schneller aufnehmen kann, wenn sie mit bestimmten Bewegungen den Energiefluss im Körper und die Vernetzung der Gehirnhälften verbessern. Im Vordergrund steht das Individuum und neben den lerngymnastischen Übungen („Brain Gym“) wird auch immer das Lernmilieu untersucht und in Balance gebracht. Die Methode ist wissenschaftlich nicht bewiesen und wird deshalb z.B. von den Krankenkassen nicht übernommen. Einige Annahmen aus den 1960er Jahren sind mittlerweile überholt. Dennoch spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, die Basisübungen in spielerischer Form in den pädagogischen Alltag einzubauen und damit Kinder zu animieren, aktiv zu werden.
Fazit
Die körperliche und seelische Balance ist durch Leistungsstress, Zeitdruck, Bewegungsmangel und Reizüberflutung auch schon im Kindesalter gefährdet. Übungen aus der Kinesiologie können Kinder unterstützen, in ein inneres Gleichgewicht zu kommen. Diese einfachen Übungen lockern auf, aktivieren und helfen, eine Umgebung zu schaffen, in der Kinder lernen und sich entwickeln können. Sie lernen nebenbei, dass man etwas für das eigene Wohlbefinden tun kann, in dem man mit einfachen Mitteln aktiv wird.
Rezension von
Dipl.-Päd. Petra Steinborn
Tätig im Personal- und Qualitätsmanagement in einer großen Ev. Stiftung in Hamburg-Horn. Freiberuflich in eigener Praxis (Heilpraktikerin für Psychotherapie). Leitung von ABC Autismus (Akademie-Beratung-Coaching), Schwerpunkte: Autismus, TEACCH, herausforderndes Verhalten, Strategien der Deeskalation (systemisch), erworbene Hirnschädigungen
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Zitiervorschlag
Petra Steinborn. Rezension vom 26.08.2015 zu:
Barbara Innecken: Kinesiologie. Kinder finden ihr Gleichgewicht ; Spiele, Lieder und Geschichten. Don Bosco Verlag
(München) 2011.
ISBN 978-3-7698-1899-4.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/19034.php, Datum des Zugriffs 24.01.2025.
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