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Günter Endruweit: Empirische Sozialforschung

Rezensiert von Dipl.-Päd. Claudia Klett, 18.11.2015

Cover Günter Endruweit: Empirische Sozialforschung ISBN 978-3-8252-4460-6

Günter Endruweit: Empirische Sozialforschung. Wissenschaftstheoretische Grundlagen. UVK Verlagsgesellschaft mbH (Konstanz) 2015. 99 Seiten. ISBN 978-3-8252-4460-6. D: 12,99 EUR, A: 13,40 EUR, CH: 18,70 sFr.
UTB.

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Thema

Günter Endruweit beschreibt die wissenschaftstheoretischen Fragestellungen, die im Verlauf eines Forschungsprozesses der empirischen Sozialforschung zu berücksichtigen sind.

Autor

Dr. Günter Endruweit war bis zu seiner Emeritierung als Professor für Soziologie an verschiedenen deutschen Universitäten tätig und hatte dort außerdem verschiedene Ämter in der Selbstverwaltung inne.

Aufbau und Inhalt

Im ersten Kapitel werden zunächst die Kernbegriffe des Buches erläutert und definiert, beginnend mit dem Begriff "Wissenschaft" – mit den drei Elementen Wissen, Forschung und Theorie. Dabei veranschaulicht und beschreibt Günter Endruweit gleichzeitig mögliche Vorgehensweisen bei der Definition von Begriffen für die empirischen Sozialwissenschaften. Die Bedeutung des Begriffs "Empirische Sozialwissenschaft" klärt er zum einen durch die Abgrenzung zu den Naturwissenschaften in Bezug auf den Gegenstand – also die Erforschung der Gesellschaft – und auf die sich daraus ableitenden Anforderungen an die spezifischen Forschungsmethoden. Zum anderen grenzt er die empirische Vorgehensweise, also das Überprüfen der Theorie an der Wirklichkeit, zu den Geisteswissenschaften ab. Den dritten zentralen Begriff, "Wissenschaftstheorie", definiert Günter Endruweit als Regelwerk für die Gültigkeit von Wissensaussagen.

Das zweite Kapitel ist das umfassendste des Buches, hier beschreibt Günter Endruweit die wissenschaftstheoretischen Aspekte des sozialwissenschaftlichen Forschungsprozesses, und zwar zu den einzelnen Phasen des Forschungsprozesses. Das entsprechende Ablaufschema ist im Buch auf der letzten Seite (S. 99) als Grafik abgebildet.

  • Forschungsthema: Das Forschungsthema wird als Bindeglied zwischen "Wirklichkeit und Wissenschaft" (S. 28) beschrieben, was anhand der möglichen Quellen für eine Forschungsfrage, Forschungsauftrag und Forscherneugier, verdeutlicht wird.
  • Theorie: Hier begründet Günter Endruweit zunächst die Erforderlichkeit von Theorien als Ausgangspunkt für die Forschungspraxis und geht auf verschiedene mögliche Quellen der Theorien ein. Ausführlich werden dann die wissenschaftstheoretischen Aspekte und deren Folgen für den Forschungsprozess zu den einzelnen Bestandteilen von Theorien beschrieben: zur Verwendung von Begriffen, zu Sätzen bzw. verschiedenen Satztypen wissenschaftlicher Aussagen sowie zu "komplexeren Theorieelementen". Zum Abschluss des Kapitels geht Günter Endruweit auf verschiedene Funktionen der Theorie im Forschungsprozess ein.
  • Deduktion: In diesem Kapitel werden die Herausforderungen beim "Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere" (S. 51) angesprochen.
  • Hypothesen: Was bei der Ableitung von Hypothesen als zu überprüfende Behauptungen aus wissenschaftstheoretischer Sicht zu beachten ist, wird in Bezug auf mögliche Formen einer Hypothese, auf die Formulierung von Hypothesen sowie auf die Falsifikation bzw. Verifikation von Hypothesen dargestellt.
  • Operationalisierung: Als nächsten Schritt im Forschungsprozess wird die Operationalisierung aufgeführt, also die Übersetzung der Hypothesen in "Forschungsoperationen" (vgl. S. 61). Hierbei geht Günter Endruweit unter anderem auf die wissenschaftstheoretischen Herausforderungen bei der Operationalisierung von Begriffen und Hypothesen ein sowie auf allgemeine Überlegungen zur Auswahl der Stichprobe und der statistischen Verfahren. Auch die Qualitätskriterien Validität und Reliabilität werden in diesem Kapitel ausführlich beschrieben.
  • Datenerhebung: In dieser Phase sollten die vorher festgelegten forschungsstrategischen Entscheidungen nur noch umgesetzt und nicht verändert werden, um die Intersubjektivität der Daten nicht zu beeinträchtigen (vgl. S. 77).
  • Auswertung: Hier bezieht sich Günter Endruweit hauptsächlich auf die quantitative Forschung, bei der die Auswertung der Daten anhand von statistischen Verfahren erfolgt. Inwieweit die Auswertungsverfahren in dieser Phase modifiziert oder ergänzt werden dürfen, wird hier diskutiert.
  • Theoriebilanz: Die Phase der Theoriebilanz umfasst hier die Feststellung der Forschungsergebnisse als wissenschaftlich fundiertes Wissen bzw. die Beantwortung der Forschungsfragen. Als besonders zu beachtende Aspekte, um die Wissenschaftlichkeit zu wahren, werden hier u.a. die Möglichkeit der Werturteilsfreiheit sowie die Objektivität bzw. Intersubjektivität diskutiert. Auch die Reichweite der Ergebnisse in Bezug auf die zu überprüfende Theorie wird angesprochen.
  • Induktion: Neben der Überprüfung der Theorie sieht Günter Endruweit auch die Ergänzung der Theorie durch Induktion als Teil des Forschungsprozesses an und auf der Grundlage der jeweils nur hypothetischen oder auch vorläufigen Gültigkeit der Theorien als wissenschaftstheoretisch gerechtfertigt.
  • Theorie II: Die abschließende und zugleich wissenschaftstheoretisch anspruchsvollste Phase des Forschungsprozesses nennt Günter Endruweit Theorie II. Darunter versteht er "eine „geläuterte“ Fassung der Ausgangstheorie" (S. 92), entsprechend den Ergebnissen der Forschung. Hierbei unterscheidet er die Vorgehensweise, je nachdem ob eigene oder fremde Theorien überprüft wurden.

Im dritten Kapitel werden für den Forschungsprozess bedeutende wissenschaftsethische Themen kurz angerissen und auf weiterführende Literatur dazu verwiesen.

Zum Schluss thematisiert Günter Endruweit im vierten Kapitel die aus seiner Sicht verbesserungswürdige Berücksichtigung der beschriebenen wissenschaftstheoretischen Anforderungen in der gängigen Forschungspraxis.

Diskussion

In seinem Buch fasst Günter Endruweit die zentralen wissenschaftstheoretischen Probleme und Fragestellungen pragmatisch für empirische Forschungsprozesse zusammen, ohne sich dabei in philosophische Grundsatzdiskussionen zu vertiefen. Durch die Einteilung der Kapitel entsprechend den Phasen eines Forschungsprozesses kann immer wieder gezielt nachgeschlagen werden. Nicht alle Aspekte oder erforderlichen Vorgehensweisen können endgültig geklärt werden, an manchen Stellen werden lediglich zu beachtende Probleme thematisiert, auf die die Forschenden selbst und im Einzelfall eine geeignete Antwort finden müssen.

Günter Endruweit hält eine kontinuierliche Verbesserung und Weiterentwicklung der Qualität und der Gültigkeit sozialwissenschaftlicher Theorien durch die Berücksichtigung der wissenschaftstheoretischen Normen für erreichbar und leistet durch dieses Buch seinen Beitrag dazu.

Fazit

Das Buch bietet eine kompakte, übersichtliche und gut verständliche Einführung in die wichtigsten wissenschaftstheoretischen Aspekte, die beim Erstellen einer empirischen Forschungsarbeit zu beachten sind. Insbesondere für Studierende der Sozialwissenschaften und für interessierte Laien empfehlenswert.

Rezension von
Dipl.-Päd. Claudia Klett
Duale Hochschule Baden-Württemberg
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Es gibt 1 Rezension von Claudia Klett.

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Zitiervorschlag
Claudia Klett. Rezension vom 18.11.2015 zu: Günter Endruweit: Empirische Sozialforschung. Wissenschaftstheoretische Grundlagen. UVK Verlagsgesellschaft mbH (Konstanz) 2015. ISBN 978-3-8252-4460-6. UTB. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/19266.php, Datum des Zugriffs 16.09.2024.


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