Winfried Zapp (Hrsg.): Werteorientierte Konzeptionen im Krankenhaus
Rezensiert von Prof. Dr. Bernd Halfar, 16.02.2016

Winfried Zapp (Hrsg.): Werteorientierte Konzeptionen im Krankenhaus. Analyse – Verfahren – Praxisbeispiele. Springer Gabler (Wiesbaden) 2015. 176 Seiten. ISBN 978-3-658-07837-9. D: 29,99 EUR, A: 30,83 EUR, CH: 37,50 sFr.
Thema und Herausgeber
Es gibt in der Sozialwirtschaft immer einen gewissen thematischen Modewechsel. Seit einigen Jahren surft das Tagungsthema „Werte“ auf der höchsten Welle; mit sprachlichen Varianten ala „Wertschätzung durch Wertschöpfung“ oder „Wertschöpfung durch Wertschätzung“ oder „Wert(e)orientierte Unternehmensführung“ oder „unternehmensorientierte Wertführung“ oder was so noch alles sprachlich machbar ist. Auf dieser Welle reiten meisterhaft die Ethiker, die Theologen und PR-Wolkenschieber, während die bräsigen Controller und sonstigen Zahlenknechte weiterhin die Wertschöpfung und die von ihnen geschätzten Werte in Exceltabellen suchen.
Insofern weiß man nicht so recht, was sich hinter dem Buchtitel „Wertorientierte Konzeptionen im Krankenhaus“ verbirgt. Aber der Herausgeber, Winfried Zapp, Professor an der Hochschule Osnabrück für BWL mit dem Schwertpunkt Controlling im Gesundheitswesen, ist eine Bank für gut durchdachte Texte. Der hier vorgelegte Band enthält Arbeiten aus dem akademischen „Zapp-Stall“, die sich dem Thema wirtschaftswissenschaftlich zuwenden und den entscheidenden Punkt treffen:
Alle Wertekonzeptionen müssen Werte schaffen, erhalten und vermehren. Eine Erschöpfung der Werte ist auf jeden Fall zu vermeiden. Wann aber setzt, betriebswirtschaftlich gesehen, eine Werteerschöpfung ein?
Aufbau und Inhalt
Das Buch enthält fünf Beiträge.
Als Eröffnungsbeitrag präsentieren Heier/Karsten/Müller-Wenzel/Zapp den „Economic Value Added“ als den Klassiker der Wertschöpfungsbetrachtung. Dargestellt wird die Geschichte des Ansatzes, über erste Verfahren des „Shareholder Value Managements“ und die Differenz zwischen wertorientiertem und gewinnorientiertem Controlling. Übersichtlich und gut nachvollziehbar werden die im wertorientierten Controlling eingesetzten (neuen) Instrumente aufbereitet, die einzusetzenden Kennzahlen besprochen und die Systematik des Economic Value Added grundlegend erläutert. Die Autoren zeigen gut nachvollziehbar die Berechnungsschritte, demonstrieren am Beispiel eines Krankenhauses eine Modellrechnung und diskutieren die Vor- und Nachteile dieses Ansatzes.
Eine weitere Spitzenkennzahl im wertorientierten Controlling liefert die Konzeption des „Return-on Capital-Employed“ (ROCE). Die beiden Autoren Bode/Wiens untersuchen in ihrem Beitrag die Möglichkeit, mit diesem Ansatz die Unternehmenswertentwicklung eines Krankenhauses methodisch abbilden zu können und entsprechend die wertorientierte Steuerung eines Krankenhauses methodisch zu begleiten. An der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung eines Modellkrankenhauses wird die Ermittlung der ROCE-Kennzahl Schritt für Schritt gezeigt und diskutiert. Für die Bildung des Zählers werden die beiden Alternativen EBIT (operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Good-Will- Abschreibungen) und NOPAT (Net Operating Profit after Tax) dargestellt und auf ihren Informationsgehalt und auf ihre Praktikabilität diskutiert. Auch für die Bildung des Nenners, in dem das betriebsnotwendige Kapital eingestellt wird, zeigen die Autoren mit dem aktivischen und passivischem Berechnungsverfahren alternative methodische Zugänge. Die Rechenwege zur Ermittlung des betriebsnotwendigen Kapitals werden an einem Beispiel gezeigt und in die nun gebildete ROCE – Kennzahl überführt. Im Anschluss an diesen Methodenteil zeigen Bode und Wiens, wie ein Krankenhaus die für die Wertsteigerung verantwortlichen Werttreiber rechnerisch ermitteln kann und als beeinflussbare Werte in einen Werttreiberbaum integrieren kann.
Wie immaterielle Werte zu bewerten und in das Controlling zu integrieren sind, beschäftigt Daniela Bode in ihrem Beitrag. Nach theoretischen Ausführung über „Intangibles“, Begriffsdefinitionen und der Darstellung von Kategorisierungsschemata immaterieller Werte und Überlegungen zu deren bilanzieller Bewertung, kümmert sich die Autorin um Ansätze zur Bewertung immaterieller Werte im Krankenhaus. Dargelegt werden Methoden wie „Direct Intellectual Capital“, „Wissensbilanzen“, „Scorecards“, die gut dargestellt und auf ihre Brauchbarkeit für das Krankenhauscontrolling diskutiert werden. Auch dieser Beitrag ist theoretisch fundiert, methodisch orientiert und mit vielen Überlegungen zur Praktikabilität im Krankenhaus geschrieben.
Einen grandiosen Beitrag liefern Berlit/Richter/Zapp über die Cashflow-Analyse im Krankenhaus. Mit dem Einstieg über die Kapitalflussrechnung wird ein guter Überblick über verschiedene Cashflow-Ansätze geliefert: freier Cashflow, Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit, aus Investitionstätigkeit sowie aus Finanzierungstätigkeit. Nach dieser Übersicht kümmert sich der Beitrag um die Berechnungsmethoden, um die Determinanten der Berechnung und leitet dann über zu den Besonderheiten des Cashflow-Managements im Krankenhaus. Der Leser wird hier methodisch an die Hand genommen, er wird Schritt für Schritt durch das Verfahren geführt.
Abgeschlossen wird der Band durch einen Beitrag von Sudmann über Lean-Healthcare. Dieser Beitrag erinnert weniger an einen fachlichen, wissenschaftlichen Text, sondern eher an eine vertextete Powerpoint-Präsentation eines Unternehmensberaters, der Sudmann auch ist, mit überschaubarem inhaltlichem Gewicht und Neuigkeitswert.
Fazit
Das Buch ist gelungen, es ist ein weiterer „Beweis“, dass die Krankenhaus – BWL und das Krankenhausmanagement dem fachlichen Niveau des „Sozialmanagements“ voraus sind, und dass – auch deshalb – schwierige Themen wie „Wertorientierung“ ökonomisch sauber, ohne Wolkenschiebereien, behandelt werden können. Die auch in diesem Buch gelungene Verschmelzung von theoretischer Fundierung, methodischer Klarheit und Praxisrelevanz ist ein (weiteres) Lob an den Osnabrücker Kollegen Winfried Zapp.
Rezension von
Prof. Dr. Bernd Halfar
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