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Bernhard Kalicki, Catrin Wolff-Marting (Hrsg.): Qualität in aller Munde

Rezensiert von Dipl.Soz-Päd. Martin Walz, 04.01.2016

Cover Bernhard Kalicki, Catrin Wolff-Marting (Hrsg.): Qualität in aller Munde ISBN 978-3-451-32965-4

Bernhard Kalicki, Catrin Wolff-Marting (Hrsg.): Qualität in aller Munde. Themen, Perspektiven, Positionen in der kindheitspädagogischen Debatte. Verlag Herder GmbH (Freiburg, Basel, Wien) 2015. 160 Seiten. ISBN 978-3-451-32965-4. D: 19,99 EUR, A: 20,60 EUR.

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Thema

Bereits über viele Jahre hinweg wird die Frage nach der Qualität in der Sozialen Arbeit und im Bereich der frühkindlichen Bildung diskutiert.

Unter dem Motto „Qualität? Ja, bitte! Vor allem in der frühkindlichen Bildung.“ fand Ende September 2014 eine Bundesfachtagung des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes (pfv) statt. Die Vorträge dieser Tagung und weitere ergänzende Fachbeiträge finden sich in diesem Band. (Vgl. S. 7).

Das Buch soll, so die Herausgeber, einen Einblick in die aktuelle Qualitätsdiskussion geben. Dabei gehen die Autorinnen und Autoren im ersten Teil auf unterschiedliche Diskussionsstränge und inhaltliche Positionierungen ein, während im zweiten Teil das Thema Qualität aus verschiedenen, eher praxisbezogenen Perspektiven betrachtet wird.

Herausgeber_in und Autor_innen

Prof. Dr. Bernhard Kalicki: Diplom-Psychologe, forscht am Deutschen Jugendinstitut (DJI) und lehrt an der Evang. Hochschule in Dresden (EHS). Es ist stellvertretender Vorsitzender des pfv. (S. 125)

Catrin Wolff-Marting: Studium der „Pädagogik der Kindheit“ (B.A.), Mitarbeiterin des Landeskompetenzzentrums zur Sprachförderung an Kindertageseinrichtungen in Sachsen (LakoS). Seit 2013 Vorstandsmitglied des pfv. (S. 126)

Im Buch finden sich Beiträge des/der Herausgeber_in und zwölf weiterer Experten und Expertinnen.

Entstehungshintergrund

Der Pestalozzi-Fröbel-Verband gibt eine eigene Schriftenreihe heraus, die sich mit relevanten sozialpädagogischen Fragen auseinandersetzt und die Bundesfachtagungen dokumentiert. So erschienen im Verlag Herder beispielsweise auch Bände zur „Qualifikation in der Frühpädagogik“ oder zu „Kindheitsbilder – Familienrealitäten“.

Aufbau

Das Buch gliedert sich in zwei Hauptteile.

  1. „Qualitätsdiskurse in der Frühpädagogik“ (42 Seiten, fünf Beiträge)
  2. „Akteure, Handlungskonzepte und Perspektiven“ (64 Seiten, sieben Beiträge)

Eine Einführung und ein Ausblick der Herausgeber umrahmen das Ganze. Am Ende jedes Beitrages findet sich ein Literaturverzeichnis.

Im Anhang werden auf zwei Seiten das Selbstverständnis und die Ziele und Aufgabenfelder des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes beschrieben sowie Informationen zu den Autor/innen und Herausgebern gegeben.

Zu 1 „Qualitätsdiskurse in der Frühpädagogik“

In ihrer kurzen Einführung „Qualität in aller Munde“ erklären die Herausgeber Catrin Wolff-Marting und Bernhard Kalicki beispielsweise, dass Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen einer qualitativ hochwertigen Betreuung die Wichtigkeit dieses Themas bestätigen. Sie geben Hinweise zum Entstehungshintergrund des Bandes und dessen Inhalt.

Bernhard Kalicki zeigt in seinem Beitrag „Pädagogische Qualität und Qualitätssteuerung: Konzepte und Strategien“ die verschiedenen Qualitätskonzepte im Laufe der letzten Jahre und aktuelle Entwicklungen auf. Genauer geht er unter anderem auf das Struktur-Prozess-Modell ein, diskutiert, welche Elemente ebenso zu einem bedarfsgerechten Angebot gehören könnten, und erläutert, warum die Prozessqualität als wesentliches Kernstück angesehen werden kann.

20 Jahre Qualitätsdebatte in der Kindheitspädagogik“: Detlef Diskowski orientiert sich bei seiner Einschätzung der Qualitätsdiskussion an den etablierten Parametern Struktur-, Orientierungs-, Prozess- und Ergebnisqualität. Hindernisse auf dem Weg sind nach dem Autor auf politischer bzw. struktureller wie auch auf normativ-konzeptioneller Ebene zu finden.

Peter Moss, dessen Beitrag „Über die Qualität hinaus zu einer ethischen und politischen Frühpädagogik“ von Pamela Oberhuemer übersetzt wurde, regt zum Nachdenken über das allgegenwärtige Konzept der Qualität an. Oft werde der Begriff nur rhetorisch, aber inhaltsleer verwendet. Er plädiert für eine politische und ethische Auseinandersetzung und einer Anerkennung der Tatsache, dass es eine Vielzahl von begründbaren Alternativen gibt.

Als provokanten Einstieg nutzt Ulla Grob-Menges das Beispiel des sogenannten Pflege-TÜVs. „Kritisch bleiben – größer denken. Zu Peter Moss´ Vorbehalten gegenüber der Definition und Vermessung von Qualität“ verdeutlicht dessen Positionen und Anregungen. Qualitätsmanagement, so Grob-Menges, hat den Frühbereich belebt. Die geforderten Rahmenbedingungen können aber nicht durch ein Gesetz garantiert werden, „sondern durch eine gemeinsame Grundhaltung, über die sich die Gesellschaft zu verständigen hätte.“ (S. 43). Die Autorin plädiert für einen streitbaren Blick auf die Qualität im vorschulischen wie auch im schulischen Bereich und unterstützt dabei Peter Moss´ Diskussionserweiterung.

Im Kapitel „Kultur, Kultur … Kinderrechte als Qualitätsmerkmal“ nähert sich Lothar Krappmann dem Thema aus einer anderen Richtung: den Vereinten Nationen. Die UN-Doppelstrategie umfasst neben dem Sicherheitsrat auch den Menschenrechtsrat, dessen Arbeit sich präventiv auswirken soll. Dabei geht es zum einen um die Setzung und Sicherung von Kinderrechten und zum anderen um eine prägende Kultur des Zusammenlebens in den Einrichtungen. In seinen Ausführungen hierzu verdeutlicht Krappmann, dass „Bedrohungen von Sicherheit und Würde“ (S. 49) nicht fern sind. Emotionale Not, Armut und Mobbing sind Bestandsteile des Alltags und auch größere Probleme, wie Krieg und Flucht, werden von den Kindern wahrgenommen und müssen gemeinsam angegangen werden. Lothar Krappmann rät den Beteiligten in den Einrichtungen, die Konvention der Vereinten Nationen in die Hand zu nehmen, sich zusammenzusetzen und bedeutsame Punkte zusammen mit den Kindern zu verändern.

Zu 2 „Akteure, Handlungskonzepte und Perspektiven“

Die zweite Buchhälfte beginnt mit einem Beitrag von Michael Wünsche: „Konzeptualisierungen von Qualität und Kompetenzdiskurs im Feld der Kindheitspädagogik“. Mit einem Blick auf die Entwicklungslinien und Erklärungsmodelle zeigt er die unterschiedlichen Herangehensweisen zur Bestimmung der Qualität auf. Im weiteren Verlauf seiner Ausführung geht er auf die Handlungsanforderungen an frühpädagogische Fachkräfte eine. Eine Herausforderung dabei besteht in der fortlaufenden Reflexion des Zusammenhangs von biografisch und fachlich begründeten Orientierungen und des Verhaltens in einer pädagogischen Interaktion.

Im Dialog – Interaktionen zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern gestalten.“ Judith Durand geht es um die Bedeutung von Sprache - Sprachkompetenzen – als wesentliche Schlüsselkompetenz. Die Qualität der Dialoge stellt für sie ein wesentliches Puzzleteil mit maßgeblichem Einfluss auf die Qualität der pädagogischen Arbeit dar. In ihrem Beitrag geht sie unter anderem auf das allgemeine Bildungspotenzial von dialogischen Interaktionen oder die alltagintegrierte Sprachbildung ein.

Kornelia Schneider ist es wichtig, „Beziehungen unter Kindern von klein auf wahrnehmen und unterstützen“. In ihrem Beitrag beschreibt sie Kompetenzen und Handlungen von Kleinst- und Kleinkindern im Kontext des sozialen Miteinanders. Teams und pädagogische Fachkräfte können, wenn sie Kommunikationsstil und Peer-Beziehungen der Kinder beachten, so die Autorin, die „Wirkmächtigkeit in gemeinsamen Spielen“ (S. 81) unterstützen und den Kindern weitere Erfahrungen ermöglichen.

Im November 2014 ist die UN-Kinderrechtskonvention 25 Jahr alt geworden. In „Kinder haben Rechte: Der Kinderrechtsansatz in Kindertageseinrichtungen“ spannt Jörg Maywald einen weitreichenden Bogen. Dieser beginnt bei der Aktualität des Themas und führt über Legitimation und historische Entwicklung hin zur Adaption in Deutschland. Er gibt einen Überblick über das „Gebäude der Kinderrechte“ (S. 87) und verdeutlicht abschließend die Notwendigkeit der Umsetzung von Kinderrechten in der Kita.

Kita-Leitung im Spannungsfeld von Betriebswirtschaft und Pädagogik“ lautet die Überschrift des Beitrags von Jens Christian Möller. Er beschreibt die Managementaufgaben und deren Dilemmata. Als zentrales Element kann die Steuerung der Teamarbeit angesehen werden. Möller vergleicht in seinen Ausführungen Kindertageseinrichtungen weiter als Fraktal und setzt diese in den Kontext der musikalischen Metaphern Orchester und Jamsession einer Jazz-Band. Abschließend geht er genauer auf vier Felder der Leitungskompetenz ein.

Mit der gelingenden Bildungs- und Erziehungspartnerschaft, also der „Qualität – auch in der Zusammenarbeit mit Eltern und Familien“ setzt sich Wilfried W. Steinert auseinander. Er gibt Impulse zur Reflexion von Haltungen und der gegenseitigen Wertschätzung. Die Entwicklung der partnerschaftlichen Beziehung benötigt „Entwicklungszeit“ (S. 103) und beginnt bereits beim ersten Kontakt. Der Autor nennt Möglichkeiten der Gestaltung und geht auch auf den Aspekt weniger „kompetente“ Eltern ein.

Claus-Peter Rosemeier zeigt im Beitrag „Gruppenstrukturen als Rahmen für Qualität“, welche Bedeutung Gruppenarbeit im frühpädagogischen Bereich hat und wie sich Veränderungen der Gruppenstrukturen auswirken. Der erste Teil seiner Ausführungen umfasst beispielweise die Entwicklung der Gruppenpädagogik, Bildung in der Kita, Identität und Gruppenzugehörigkeit oder die Erweiterung der Beziehungen. Ausgehend von der Frage, ob man Gruppen steuern kann, analysiert der Autor Gruppenstrukturen im frühkindlichen Bereich.

In ihrem Schlusswort „Qualität liegt in den Händen vieler – ein Ausblick“ heben Berhard Kalicki und Catrin Wolff-Marting einzelne Aspekte des Gehörten hervor und nennen zukünftige Herausforderungen. Auch wenn „die Kernfrage nach guter Qualität nie abschließend zu beantworten ist“ (S. 119), so hoffen die Verfasser doch, dass sich „nachhaltige Maßnahmen“ (S. 119) etablieren werden, die auch für die pädagogischen Fachkräfte in der Praxis zumutbar sind.

Diskussion und Fazit

Schon der erste Eindruck, den das Buch vermittelt, ist gut. Bereits beim ersten Blättern wirkt es durch Schriftgröße, Layout und Größe Umfänge der Teilbeiträge sehr einladend.

Beim Thema Qualität im frühkindlichen Bereich gibt es in der Tat eine Vielzahl von Ansatzpunkten und Blinkwinkeln. Das Ziel des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes, viele verschiedene Mosaiksteine im Rahmen der zweitägigen Bundesfachtagung (September 2014) zusammenzutragen, ist erreicht worden. Dies zeigt die vorliegende Publikation, die die Vorträge der Tagung mit weiteren Fachbeiträgen ergänzt.

Die Herausgeber Catrin Wolff-Marting und Bernhard Kalicki führen die Leser zu Beginn kompakt in das Themenfeld und die Tagungsdokumentation ein. Danach folgen zwölf abwechslungsreiche Teilbeiträge zu einzelnen Perspektiven oder Aspekten. Die Autor_innen geben dabei sowohl einen informativen Einblick in ihr Thema als auch meist, eine – direkte oder indirekte - persönliche Bewertung und weiterführende Impulse. Sicher gab es an der Fachtagung, im Anschluss an die Vorträge, interessante Diskussionen. Aber auch in der vorliegenden Schriftform regen die Darstellungen, Meinungen und Einschätzungen der Verfasser zum Nachdenken und zum eigenen Positionieren ein. Wenn Kindertageseinrichtungen Kinder optimal fördern und im Idealfall Benachteiligungen ausgleichen sollen, so ist eine hohe Qualität notwendig. Wir kommen nicht umhin, begründete Ziele festzulegen, uns über Wege der Zielerreichung zu verständigen und den Erfolg unserer Arbeit zu überprüfen. Für die Träger besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Qualitätsentwicklung. Das bedeutet nicht, dass alle Einrichtungen am Ende mit einem Zertifikat ausgezeichnet sein müssen. Wie intensiv und in welcher Form die Qualitätsdiskussion jedoch geführt wird, hängt von den Verantwortlichen vor Ort ab. Die Bestimmung der Qualität muss im Diskurs mit den wichtigsten Bezugsgruppen erfolgen. Bestimmte Aspekte sollten, da stimme ich Catrin Wolff-Marting und Bernhard Kalicki in ihrem Ausblick zu, übergreifend weiterentwickelt (verbessert) werden: die Fachkraft-Kind-Relation und die Freistellung für mittelbare pädagogische Arbeit und Leitungsaufgaben.

Die zwölf Beiträge dokumentieren den Bundesfachtag des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes (2014) und geben einen interessanten und abwechslungsreichen Einblick in die aktuelle Qualitätsdiskussion.

Rezension von
Dipl.Soz-Päd. Martin Walz
Master of Social Management, Diplom-Sozialpädagoge (FH) Geschäftsführer Kindertageseinrichtungen mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Kinder- und Jugendhilfe
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Es gibt 68 Rezensionen von Martin Walz.

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Zitiervorschlag
Martin Walz. Rezension vom 04.01.2016 zu: Bernhard Kalicki, Catrin Wolff-Marting (Hrsg.): Qualität in aller Munde. Themen, Perspektiven, Positionen in der kindheitspädagogischen Debatte. Verlag Herder GmbH (Freiburg, Basel, Wien) 2015. ISBN 978-3-451-32965-4. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/19565.php, Datum des Zugriffs 25.01.2025.


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