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Andreas Suchanek: Unternehmensethik

Rezensiert von Dr. Thomas Kowalczyk, 07.01.2016

Cover Andreas Suchanek: Unternehmensethik ISBN 978-3-8252-3990-9

Andreas Suchanek: Unternehmensethik. In Vertrauen investieren. UTB (Stuttgart) 2015. 352 Seiten. ISBN 978-3-8252-3990-9. 24,99 EUR.

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Thema

Das Buch behandelt die Unternehmensethik in einem sehr umfassenden Sinn. Suchanek schlägt dazu eine Brücke von individual-ethischen zu institutionen-ethischen Überlegungen und weiter bis zum praktischen Alltagshandeln. In seinen Worten geht es darum, „grundlagentheoretische Reflexionen mit Relevanz für den Alltag zu verbinden.“ (Vorwort, S.V)

Autor und Entstehungshintergrund

Andreas Suchanek (geboren 1961) hat Volkswirtschaftslehre in Kiel und Göttingen studiert. Seit 2009 ist er Lehrstuhlinhaber für Wirtschafts- und Unternehmensethik an der HHL Leipzig Graduate School of Management.

Er ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung des Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik e. V. (WZGE) und Mitglied zahlreicher nationaler und internationaler Organisationen der Wirtschafts- und Unternehmensethik.

Seine Forschungsschwerpunkte sind: Wirtschafts- und Unternehmensethik, Nachhaltigkeit, Corporate Responsibility, Werte- und Integritätsmanagement.

Sein akademischer Lehrer war der bekannte Wirtschaftsethiker Karl Homann, der maßgeblich den institutionen-ökonomischen Ansatz zur Wirtschaftsethik entwickelte. Suchanek startet seine Überlegungen auf Basis dieser methodischen und inhaltlichen Grundlagen.

Aufbau

Das Buch ist nach einer Einleitung, die wesentliche Definitionen enthält, in drei Abschnitte unterteilt, die seinen Ansatz programmatisch nachzeichnen:

  1. Moralisches Urteilsvermögen
  2. Werte und Wirklichkeit
  3. Die Verantwortung von Unternehmen

Man kann am Aufbau erkennen, dass Suchanek von der individual-ethischen Ebene (1. Abschnitt) über den Praxisbezug (2. Abschnitt) zur institutionen-ethischen Betrachtung (3. Abschnitt) integrativ fortschreitet.

Beispielhaft für die weitere Gliederung seien hier die Kapitel des Ersten Abschnittes, die jeweils zwei weitere Untergliederungsebenen haben, benannt:

  1. Freiheit
  2. Kooperation
  3. Vertrauen
  4. Das größere Bild
  5. Handlungsorientierungen
  6. Der moral point of view

Das Buch endet mit einem Ausblick, der die Verantwortung der Stakeholder thematisiert und damit über die Ebene der Unternehmensverantwortung noch einmal weit hinaus geht. Suchanek bezieht damit die globalisierte Welt in seine Betrachtungen mit ein, ein wesentlicher Schritt, um die Praxistauglichkeit der Unternehmensethik abzurunden.

Unter seinen methodischen Ansätzen möchte ich drei hervorheben. Suchanek beschreibt im Vorwort, dass er hier eine interaktions-ethische Theorie vorlegt. Dazu definiert er in der Einleitung die drei Verständnisebenen, Spielverständnis, Spielregeln und Spielzüge auf welche er in den nachfolgenden Kapiteln zurück greift.

Interessant hierbei, dass Suchanek den im nächsten Absatz beschriebenen Praktischen Syllogismus auf jeder Verständnisebene dabei hat: „Zu beachten ist, dass es dabei um zwei Fragen und ihren Zusammenhang geht, die – um weiter im Bild zu bleiben – folgendermaßen lauten: „Welches Spiel wollen wir spielen?“, aber auch „Welches Spiel wird tatsächlich gespielt?“. Oder um es sachlicher auszudrücken: „In welcher Gesellschaft wollen wir leben?“ in Verbindung mit „In welcher Gesellschaft leben wir tatsächlich?“. Erst der Einbezug der zweiten Frage lässt die Ethik alltagstauglich werden; die grundlegende methodische Herausforderung besteht darin, beide Fragen immer wieder im Zusammenhang zu betrachten und sie nicht, wie es im Alltag nur allzu oft geschieht, getrennt voneinander zu diskutieren.“ (S.19)

Zweitens greift Suchanek auf den Praktischen Syllogismus zurück, ein Modell der Handlungstheorie, um menschliches Handeln analytisch-logisch zu beschreiben. Dazu werden – kurz zusammengefasst – drei Ebenen betrachtet: Obersatz (allgemeines Urteil) – Untersatz (partikulares Urteil, konkrete Situation) – Konklusion (abgeleitet aus den beiden Sätzen).

Suchanek nutzt folgende Grundstruktur des Praktischen Syllogismus, die er dann unter zahlreichen Gesichtspunkten variiert. Nachfolgend Syllogismus 1 und 2 (in Klammern) zusammengefasst (S.44):

  1. Was will ich? (Eigene Ziele und Werte)
  2. Was kann ich? (Empirische Bedingungen)
  3. Was soll ich tun? (Handlung)

Drittens beendet Suchanek zahlreiche Kapitel mit Interviews von Führungspersönlichkeiten in Unternehmen zum vorgestellten Thema sowie Exkursen, die wirtschaftliche Ereignisse – in der Regel problematische – unter den betrachteten Gesichtspunkten erläutern. Diese Interviews und Exkurse sorgen für eine weitere Vertiefung und Praxisanbindung der vorgestellten Inhalte.

Ich werde nachfolgend einzelne Punkte bzw. Kapitel aufgreifen und diese dann mit Hilfe von Zitaten ausführen, um zusätzlich zum Inhalt einen Eindruck von seinem Schreibstil zu vermitteln.

Zu 1. Einleitung

Der Autor beginnt mit der Frage: „Wie wichtig ist (Unternehmens-)Ethik?“ und erläutert seine Position anhand der zwei gegensätzlichen Perspektiven „… (Unternehmens-)Ethik ist von grundlegender Bedeutung“ (jeweils S.2) und „… Unternehmensethik ist im (wirtschaftlichen) Alltag nutzlos, wenn nicht sogar problematisch.“ (S.3)

Suchanek gelangt über die Diskussion dieser Pole zur weiteren Frage, ob ethische Aussagen eigentlich trivial seien und beantwortet: „Die vermeintliche Trivialität ethischer Aussagen und Themen endet mithin sehr schnell, wenn es darum geht, wie eine moralische Norm in konkreten Situationen, in denen zahlreiche Faktoren und Bedingungen zu berücksichtigen sind, umgesetzt werden soll.“ Am Beispiel der Corporate Social Responsibility (CSR) – Strategie kommt er zur eigentlichen Beantwortung der Frage: „So gesehen wäre auch die gesamte Betriebswirtschaftslehre trivial, wenn postuliert wird, dass Unternehmen Gewinn erzielen sollen, dass sie dabei effizient vorgehen sollen und dass dabei die Marktbedingungen sorgfältig zu berücksichtigen sind. Offensichtlich sind diese Behauptungen zutreffend – eigentlich geradezu trivial; ebenso offensichtlich ist es aber, dass die tatsächlichen Herausforderungen darin liegen, zu erforschen, wie man das konkret machen soll.“ (beide S.5f)

In der Einleitung stellt Suchanek schließlich sieben Thesen auf, die den Brückenschlag von der individual-ethischen zur institutionen-ethischen Integration nachzeichnet.

  • „1. Ethik dient der Schulung des moralischen Urteilsvermögens.
  • 2. Moralisches Urteilsvermögen befasst sich mit der Frage des verantwortlichen Gebrauchs der Freiheit in Konfliktfällen.

  • 7. Verantwortliches Handeln ist eine Investition in gelingende (gesellschaftliche) Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil.“ (S.12)

Die letzte These wird zugleich in auffordernder Formulierung als goldene Regel der Unternehmensethik festgehalten: „Investiere in die Bedingungen der gesellschaftlichen Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil.“ (S.12)

Zu 3. Kooperation

Innerhalb des Kapitels „3. Kooperation“ thematisiert das Unterkapitel „3.1. Dilemmastrukturen“ die vielleicht herausforderndste Schwierigkeit beim Rückgriff auf Werte in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Suchanek erläutert an Hand des Schemas aus den Sozialwissenschaften, das als Gefangenendilemma bekannt ist, den Kern von Kooperationsproblemen.

Kurz gefasst haben 2 Kooperationspartner jeweils zwei Möglichkeiten: kooperieren oder nicht kooperieren. Insgesamt ergeben sich aus diesen Auswahlmöglichkeiten dann vier Quadranten (2 mal 2 Möglichkeiten). Wenn keiner kooperiert ist das Ergebnis für beide schlecht. Kooperieren beide, so ist das Ergebnis für beide gut. Kooperiert nur einer und der andere nicht, so ist das Ergebnis für den Nicht-Kooperierer sehr gut. Denn er investiert nichts und erhält etwas, weil der andere (z.B. im guten Glauben an die gemeinsame Arbeit) kooperiert. Das kann er sich allerdings nicht mehrmals erlauben, weil dann nicht mehr mit ihm kooperiert wird, außerdem verspielt er selbstverständlich Vertrauen, was für weitere gute Zusammenarbeit wichtig wäre.

Das Gefangenendilemma beschreibt zahlreiche Konstellationen in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Anwendung der goldenen Regel und die gegenseitige Kooperation wäre – insgesamt betrachtet – sicher die befriedigendste Lösung. Damit sie gewählt wird, müssen allerdings umfangreiche Verträge geschlossen werden, die die gegenseitige Kooperation garantieren. Oder auf eine mehr grundsätzliche Weise muss gemäß der goldenen Regel in die Bedingungen der gesellschaftlichen Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil (persönlich und institutionell) investiert werden.

Bei der Nutzung von Gemeingütern zeigt sich jedoch, dass ohne unterstützende Bedingungen oft der Weg der Nicht-Kooperation von beiden oder mehreren Parteien gewählt wird, aus Furcht, einseitig zu kooperieren bzw. zur Nutzung kurzfristiger Vorteile. Suchanek gibt Bespiele:

„Trotz verschiedenster Bemühungen schreitet die Immission von Treibhausgasen voran, obwohl es mittlerweile zahlreiche gut belegte Argumente gibt, dass die damit voraussichtlich verbundenen Änderungen des Klimas sehr viel mehr schädliche als positive Folgen haben werden.

Es gibt zahlreiche Beispiele von Fischbeständen, die überfischt wurden – einem Phänomen, das historisch alles andere als neu ist, aber leider bleibend aktuell, wie Beispiele aus Nordsee, der Neufundlandbank oder dem Ostchinesischen Meer zeigen. Das ist nicht nur für die jeweiligen Fischbestände eine Katastrophe, sondern auch für die Gemeinschaften, die vom Fischfang gelebt haben.

Auch die Rechtsordnung ist immer in der Gefahr „übernutzt“ zu werden in dem Sinne, dass jene, die von ihr profitieren, nicht dazu beitragen, dass sie intakt bleibt.“ (S.61)

Suchanek erläutert: „Manchmal scheitert das an einer Person. Nicht selten aber ist es die Interaktion, also das wechselseitige Aufeinander-Reagieren, die unausgesprochenen Erwartungen und daraus resultierenden Enttäuschungen bzw. Defizite im Hinblick auf ein hinreichendes gemeinsames Spielverständnis, durch das sich zunächst Missverständnisse und dann, bei fehlendem Dialog auch sich verfestigende Konfliktstrukturen ergeben können.“ (S.61, Hervorhebungen durch Suchanek) In gemeinsames Spielverständnis kann man investieren, ebenso wie Dialog im hier betrachteten Sinn eine Investition darstellt.

Zu 12. Die Verantwortung von Unternehmen

Suchanek geht davon aus, dass ethische Risiken für Unternehmen zunehmen: „Damit sehen sich Unternehmen vor eine (mindestens) zweifache Herausforderung gestellt: Sie müssen sich im globalen Wettbewerb erfolgreich positionieren; der Druck steigt, Gewinne zu erzielen unter nunmehr oft globalem Wettbewerbsdruck, der nicht selten nur begrenzt wirksamen „Spielregeln“ unterliegt. Zugleich sind sie vermehrt der gesellschaftlichen Anfrage ausgesetzt, sich als verantwortliche Akteure zu erweisen, da ihnen als korporativen Akteuren vielfach Handlungsfolgen zugeschrieben werden, die als gesellschaftlich unerwünscht angesehen werden. Anders formuliert: Sie werden als Akteure angesehen, die „irgendwie“ Verantwortung für gesellschaftliche Problemlagen – vom Klimawandel über Korruption bis hin zu gesellschaftlicher Ungleichheit, von den vielfältigen konkreten Problemen ganz zu schweigen – haben.

Die Kombination beider Herausforderungen, verstärkter Wettbewerbsdruck und vermehrte Zuschreibungen von Verantwortlichkeiten, führt dazu, dass sich der Grundkonflikt von Moral und Gewinn verschärft. Anders gesagt: Ethische Risiken nehmen zu.“ (S.265, Hervorhebungen durch Suchanek)

Das lässt sich, anders ausdifferenziert, durchaus auf lokale und regionale Unternehmen wie auch Träger sozialer Dienstleistungen übertragen.

Der Autor setzt sich in diesem Kapitel mit verschiedenen taktisch-ethischen Handlungsmustern von Unternehmen auseinander (corporate philanthropy, greenwashing, good corporate citizen) und fasst zusammen: „Anders formuliert besteht das zentrale Problem in der Inkonsistenz der Handlungsmuster: Wenn ein Unternehmen mal wohltätig, mal opportunistisch, unmoralisch oder kriminell handelt, passt das nicht zusammen; einzelne Wohltaten können nicht die Fehltaten, die an anderer Stelle geschehen, einfach kompensieren.“ (S.267, Hervorhebung durch Suchanek)

Er beleuchtet die gesellschaftliche Funktion von Unternehmen und formuliert „… kurz: es geht um gesellschaftlich gewünschte Wertschöpfung.“ (S.275, Hervorhebung durch Suchanek)

Zu 13. Relevante Inkonsistenzen

Suchanek schlägt vor, Inkonsistenzen „… grundsätzlich aus der Sicht des Unternehmers, allerdings durch die Brille des Unparteiischen Betrachters [zu betrachten], also jenem Standpunkt, der für ein vernünftiges gemeinsames „Spielverständnis“ steht und damit jenen Maßstab bildet, an dem sich ein Unternehmen vernünftigerweise orientieren sollte.“ (S.283, Hervorhebung durch Suchanek)

Individual-ethisch betrachtet, ist es ein starkes normatives Element, dass eigene Handlungen später bereut werden können. Wenn ich als Akteur in meine Entscheidung insbesondere bei stark eigennützigen Entscheidungen folgende Überlegungen mit einbeziehe: Werde ich meine Handlung bereuen, wenn sie öffentlich diskutiert wird, wenn ich sehe, wie viel Unheil ich damit anrichten könnte, wenn meine Familie oder meine Partnerin davon Kenntnis erlangen? usw., so können diese Überlegungen die zu treffende Entscheidung korrigieren.

Dies überträgt Suchanek auf Unternehmen: auch Unternehmen können bereuen, z.B. durch:

  • „die Abwanderung von Kunden,
  • die Abwanderung von Investoren,
  • höhere Risikozuschläge bei Krediten oder Versicherungsprämien,
  • verschlechterte Beziehungen zu Behörden, die z.B. zu Verzögerungen bei Genehmigungen, mehr und detailliertere Prüfungen u.a.m. führen,
  • geringere Produktivität der Mitarbeiter aufgrund von Demotivation oder Verunsicherung,
  • eine Beeinträchtigung der Unternehmenskultur, bei der die kommunizierten Werte an Glaubwürdigkeit verlieren oder
  • ein haftender Makel auf der Marke, die dadurch leichter zur Zielscheibe von Nicht-Regierungsorganisationen oder Medien wird.“ (S.284)

Zu Ausblick

Im Ausblick thematisiert Suchanek die Rolle der Stakeholder, insbesondere Regierungen, Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Nicht-Regierungsorganisationen, Vertrauensmittler (Beurteiler von Unternehmen mit Hilfe von Auszeichnungen, Siegeln etc.), Medien und schließlich Vertreter des Bildungssystems.

Dabei hebt er zwei Leitsätze hervor, die durch Stakeholder bzw. Gesellschaft und Politik zur Geltung gebracht werden müssen:

  1. Verantwortlich handelnde Unternehmen müssen grundsätzlich darauf vertrauen können, dass ihr Handeln von anderen honoriert wird.“
  2. Es ist auch im Interesse der Gesellschaft, dass gerade die verantwortlichen Unternehmen erfolgreich sind.“ (beide S.320, Hervorhebung durch Suchanek)

Diskussion und Fazit

Um ausnahmsweise mit einer Schlussfrage zu beginnen: Warum dieses dicke Buch über Unternehmensethik von Andreas Suchanek lesen? Im Berufsalltag geraten wir quasi ständig in Situationen, in denen wir unsere ethischen Vorstellungen und praktische Zwänge unten einen Hut bringen müssen. Das ist oft nicht einfach. Dieses Buch – in Ruhe gelesen – hilft in klarer Sprache ganz wesentlich dabei, die großen und die kleinen Entscheidungen wohlgeordnet und reifer anzugehen.

Suchanek behandelt die Unternehmensethik im vorliegenden Buch in einem sehr umfassenden Sinn. Dazu schlägt er eine Brücke von individual-ethischen zu institutionen-ethischen Überlegungen. Parallel dazu betrachtet er zugleich normative Grundsätze und empirische Bedingungen, um unter Berücksichtigung beider Ebenen zum praktischen Alltagshandeln zu gelangen. Methodisch bedient er sich dazu des „Praktischen Syllogismus“ (nähere Erläuterungen unter Inhalt), den er im Grundsatz folgendermaßen ansetzt: (1) Was will ich? (Eigene Ziele sowie Unternehmensziele und -Werte, normative Ebene) – (2) Was kann ich? (Eigene bzw. Möglichkeiten des Unternehmens, Empirische Ebene) – (3) Was soll ich bzw. das Unternehmen tun? (Konklusion, Handlungsebene).

Suchanek bewegt sich durchgängig auf diesen Ebenen und kommt so zu alltagspraktischen Erkenntnissen. Er entwickelt dadurch im Ergebnis eine sehr angewandte Unternehmensethik. Sein Buch ist daher für alle Leser geeignet, die sich in ihren Unternehmen und Organisationen sowohl grundsätzlich als auch ganz praktisch mit der ethischen Fundierung ihrer Handlungen auseinandersetzen wollen bzw. müssen.

Die Parallelbetrachtung von normativer und empirischer Ebene – bevor dann Schlüsse gezogen werden – bewahrt uns vor sogenannten normativistischen und empiristischen Kurzschlüssen, denen Suchanek jeweils ein eigenes kleines Kapitel widmet. Abgekürzt lassen sich diese Fehlschlüsse definieren: Normativistischer Kurzschluss heißt: zu einseitig moralisch, um in der Praxis tauglich zu sein. Empirischer Kurzschluss bedeutet: zu einseitig empirisch, um ausreichend ethische Qualität zu beinhalten.

Der Autor verfolgt darüber hinaus einen interaktions-theoretischen Ansatz. Diesen unterfüttert er mit den drei Ebenen Spielverständnis – Spielregel – Spielzug. Er konkretisiert diese Ebenen anhand des Straßenverkehrs, des Sports und des Gesundheitswesens. Daran – wie auch im gesamten Buch – ist zu erkennen, dass Suchanek in diesem Buch über die reine Unternehmensperspektive hinaus agiert und formuliert.

Methodisch ist das Buch sehr schlüssig, sprachlich ist es ausgesprochen schnörkellos und direkt formuliert (siehe die ausführlichen Zitate im oben stehenden Text), was der komplizierten Thematik sehr zugute kommt. Inhaltlich ist es sehr reichhaltig und wird durch viele praktische Beispiele (Interviews, kleine Exkurse und wertvolle erläuternde Fußnoten) ergänzt.

Alles zusammen ergibt das ein sorgfältiges und zugleich umfangreiches Buch (rund 330 Seiten Text im Buchformat). Es eignet sich daher nicht zur kurzen Lektüre, sondern mehr zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit Ethik im gesellschaftlichen und vor allem wirtschaftlichen Alltag. Allerdings sind die einzelnen Kapitel sehr abgerundet geschrieben und daher überwiegend einzeln lesbar. Nur sollten sich die Leser nach der Lektüre nur einzelner Kapitel vor den o.g. normativistischen und empiristischen Kurzschlüssen besonders hüten.

In seinem Standardwerk „Ökonomische Ethik“ (Suchanek, 2007, S.VI, 190 Seiten Text im handlichen Taschenbuchformat) notierte der Autor noch im Vorwort: „Die folgenden Ausführungen bilden so etwas wie ein Zwischenfazit an der Arbeit zur Konzeption einer ökonomischen Ethik.“ Im hier rezensierten Buch „Unternehmensethik – In Vertrauen investieren“ ist Suchanek nun weit über das oben zitierte „Zwischenfazit“ hinaus gegangen. Das Buch liest sich als abgerundetes Werk.

Literatur

Suchanek (2007): Ökonomische Ethik. 2.Auflage, Mohr Siebeck UTB, 199 Seiten, ISBN 978-3-8252-2195-9

Rezension von
Dr. Thomas Kowalczyk
Geschäftsführer COMES e.V., Berlin
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Es gibt 22 Rezensionen von Thomas Kowalczyk.

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ISSN 2190-9245