Dörte Weltzien, Christina Bücklein: 1,2,3 - Die Jüngsten im Blick
Rezensiert von Dr. Lisa Jares, 16.03.2016

Dörte Weltzien, Christina Bücklein: 1,2,3 - Die Jüngsten im Blick.
FEL Verlag Forschung Entwicklung Lehre
(Freiburg) 2015.
208 Seiten.
ISBN 978-3-932650-72-7.
Das Buch ist ausschließlich als kostenfreier Download verfügbar über
www.fel-verlag.de/node/92.
Entstehungshintergrund und Thema
Die vorliegende Publikation „1, 2, 3 – Die Jüngsten im Blick“ stellt die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung eines Projektes dar, welches den Qualifikations- und Weiterbildungsbedarf von pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen im Großraum Ludwigshafen/Speyer untersuchte und mit einem besonders konzipierten, modularen Fortbildungsangebot auf eben diese Bedarfe reagierte.
Insgesamt nahmen an der Modellphase des Projekts zwischen Januar 2013 und Juli 2014 elf Kindertageseinrichtungen (davon zwei im Verbund) teil. Das Projekt wurde im Rahmen der Trägerschaft des Diakonischen Werkes Pfalz mit Unterstützung der BASF SE im Rahmen der „Offensive Bildung“ umgesetzt. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgte durch das Zentrum für Kinder und Jugendforschung (ZfKJ) der Evangelischen Hochschule Freiburg.
Autorinnen
- Prof. Dr. Dörte Weltzien ist Professorin an der Evangelischen Hochschule Freiburg. Hier ist sie Prodekanin im Fachbereich Pädagogik und Supervision und Studiengangsleitung im Master Bildung und Erziehung im Kindesalter. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen u.a. in der Gestaltung von Interaktions- und Bildungsprozessen sowie der Evaluation frühpädagogischer Programme.
- Christina Bücklein, M.A. ist Kindheitspädagogin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Evangelischen Hochschule Freiburg.
Aufbau und Inhalt
Die Publikation umfasst 208 Seiten und unterteilt sich in insgesamt 10 Kapitel, Literaturverzeichnis und Anhang mit einbezogen.
In Kapitel 1 werden der Hintergrund sowie das Ziel des Projektes skizziert. Es wird der Wandel von frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung dargelegt, welcher das pädagogische Fachpersonal vor besondere zu bewältigende Herausforderungen stellt.
In Kapitel 2 wird die wissenschaftliche Begleitung, eingeschlossen die Ziele und das Evaluationsdesign des Projektes, detailliert vorgestellt. Das methodische Vorgehen und die Erhebungsmethoden, so die schriftliche Befragung von Fachkräften, Eltern und Trägern, die leitfadengestützten Interviews mit Leitungs- und Fachkräften, die Strukturerhebung zur Erfassung von Raum- sowie Materialangebot, Gruppendiskussionen auf Basis von Dilemmasituationen und Videosequenzanalysen von Alltagssituationen werden ausführlich dargelegt.
Kapitel 3 widmet sich den Ausgangssituationen, mit denen die teilnehmenden Einrichtungen in das Projekt starten. Die verschiedenen konzeptionellen Hintergründe und die Strukturmerkmale der einzelnen Einrichtungen werden ebenso dargestellt, wie die Sichtweisen der pädagogischen Fachkräfte zur Gruppenatmosphäre, zur Zufriedenheit, zu Erwartungen und Wünschen in Bezug auf das Projekt und zu den Wissens- und Erfahrungsbeständen. Ebenso erfolgt eine Selbsteinschätzung des Kenntnisstandes der Fachkräfte in Bezug auf alters- und entwicklungsspezifische Themen. Die Befragung kam zusammenfassend zu folgendem Ergebnis: „Die Ausgangssituation der teilnehmenden Kindertageseinrichtungen und Fachkräfte weist auf einen deutlichen Bedarf an zusätzlichem Fachwissen und Handlungskompetenzen hin; dabei besteht vor allem der Wunsch, eine gute Verknüpfung zwischen Theorie und reflektierter Praxis herzustellen“ (S. 51).
In Kapitel 4 wird die vertiefende Analyse zum Projektverlauf dargelegt. Im Rahmen des Projektes wurden in fünf der elf teilnehmenden Einrichtungen vertiefende Analysen in Form von Gruppendiskussionen und videogestützten Beobachtungen durchgeführt. Dies hatte zum Ziel, die möglichen Wirkungen des Projektes auf differenten Ebenen der pädagogischen Praxis zu betrachten um zu möglichen Erklärungsansätzen zu gelangen.
Kapitel 5 geht auf die Situation zum Projektende ein. Hier wurde im Zuge einer summativen Evaluation „projektspezifische Wirkungen sowie mögliche förderliche und hemmende Faktoren“ (S. 94) herausgearbeitet. Die Rekonstruktion der Veränderungen wird betrachtet unter dem Blick allgemeiner Strukturmerkmale, Raumgestaltung und Materialausstattung sowie Tagesstrukturen und -abläufe, Eingewöhnungs- und Übergangsgestaltung. Darüberhinaus erfolgte eine Rekonstruktion hinsichtlich der subjektiven Veränderungen auf der Ebene der Fachkräfte und eine rückblickende Bewertung der Fachkräfte hinsichtlich des Projektes sowie ein umfassendes Fazit und eine Evaluation der Projektziele und -inhalte. Insgesamt zeigte sich, dass es durch das Projekt zu umfangreichen Veränderungen in den teilnehmenden Einrichtungen kam.
In Kapitel 6 wird sich der Perspektive der Eltern angenommen. Die Eltern wurden ebenfalls zu Beginn und zum Ende des Projektes befragt u.a. hinsichtlich ihrer Wahrnehmung von Veränderungen im pädagogischen Alltag, ihres Informationsstandes und des Projektverlaufes.
Kapitel 7 beleuchtet die Perspektive der Träger, welche ebenfalls mittels eines Fragebogens befragt wurden. Auch hier lag der Fokus u.a. auf den Wahrnehmungen von Veränderungen im pädagogischen Alltag, welche indirekt oder direkt auf das Projekt zurückzuführen sind.
In Kapitel 8 erfolgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse und es werden weitergehende Empfehlungen formuliert. So kommt das Projekt u.a. zu dem Ergebnis, dass das Projekt „zu einem höheren professionellen Verständnis und der Bereitschaft geführt (hat), die eigene Einrichtung als lernende Organisation anzuerkennen, in der ein kontinuierlicher fachlicher Austausch notwendig und im Sinne der Qualitätsentwicklung förderlich ist“ (S. 146).
Kapitel 9 stellt das Literaturverzeichnis dar und in Kapitel 10 befinden sich der Anhang inklusive Abbildungs- und Tabellenverzeichnis sowie die Fragebögen der Studie.
Diskussion
Kindertageseinrichtungen als professionelle Institutionen der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung stehen vor hohen fachlichen Herausforderungen. Das Projekt „1, 2, 3 – Die Jüngsten im Blick“, gibt Aufschluss über den Qualifikations- und Weiterbildungsbedarf von pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen, am Beispiel der Region Ludwigshafen/Speyer. Insbesondere das Design der Evaluation, welches die Situation vor Beginn des Projektes sowie nach Abschluss des Projektes beleuchtet, macht die Studie sehr wertvoll. Vielfältige qualitative und quantitative Methoden von Videoanalyse, Fragebögen und Interviews ermöglichen es, ein umfassendes Bild hinsichtlich der Selbsteinschätzung der Fachkräfte und der Fremdeinschätzung durch die wissenschaftliche Begleitung miteinzubeziehen.
Das Projekt konnte pädagogische Fachkräfte in Tageseinrichtungen dabei unterstützen die eigenen Kompetenzen zu erweitern um Strukturen zu entwickeln, die den Rahmen dafür schaffen, eine qualitativ hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in den ersten drei Lebensjahren in Tageseinrichtungen zu ermöglichen. Es erfolgte eine kontinuierliche Erfassung und Beurteilung des Projekteverlaufes.
Besonders positiv anzumerken ist, dass die Ergebnisse dieser interessanten Studie kostenlos als Download zur Verfügung gestellt werden.
Fazit
Die Publikation „1, 2, 3 – Die Jüngsten im Blick“ stellt die umfangreichen Ergebnisse einer Studie vor, welche den Qualifikations- und Weiterbildungsbedarf von pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen in der Arbeit von Kindern bis zum dritten Lebensjahr erkennt und dementsprechend mit einem speziell ausgerichteten Fortbildungsangebot reagiert. Insbesondere für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Feld der Pädagogik der frühen Kindheit und für Studierende der Kindheitspädagogik ist das Buch von Interesse.
Rezension von
Dr. Lisa Jares
Pädagogische Fachberaterin für Kindertageseinrichtungen, Lehrbeauftragte an verschiedenen Hochschulen in kindheitspädagogischen Studiengängen und Redakteurin des frühpädagogischen Fachportals ErzieherIn.de.
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