Frederic Laloux (Hrsg.): Reinventing Organizations
Rezensiert von Monika Jansen, 14.04.2016
Frederic Laloux (Hrsg.): Reinventing Organizations. Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. Vahlen (München) 2015. 356 Seiten. ISBN 978-3-80064-913-6. 39,80 EUR.
Thema
In der Regel werden Organisationsveränderungen nur dann in Angriff genommen, wenn es einen externen Impuls oder eine interne Innovation dafür gibt. In den überwiegenden Fällen sind es die Rahmenbedingungen die Organisationen zu einer Veränderung drängen. Die inhaltlichen Themen die zu einem Überdenken der eigenen Organisation, dem eigenen Organisations- und / oder Managementmodell, den Verfahrensweisen und Arbeitsstrukturen führen sind beispielsweise gesetzliche Veränderungen, finanzielle Notwendigkeiten oder auch erhöhter Wettbewerbsdruck.
In den letzten Jahren nehmen aber auch vor allem die Mitarbeiterspezifischen Themen deutlich an Gewicht zu. Nicht zuletzt die demografischen Veränderungen und Herausforderungen, die sich vor allem die Zusammensetzung und die Stabilität aber auch der Innovationen von Teams im Unternehmen und des Unternehmens selbst beeinflussen.
Besonders betroffenen sind hier vor allem die Unternehmen und Branchen die tendenziell darauf angewiesen sind spezielle Fachkräfte vorhalten zu müssen oder aus Qualitätsgründen zu wollen, bzw. ohne die entsprechende Fachkräfte nicht existieren könnten.
Aufbau und Inhalt
In seinem Buch geht Frederic Laloux gezielt auf diesen Managementschwerpunkt ein.
Im ersten Kapitel widmet er sich der geschichtlichen Entwicklung und den traditionellen Organisationsmodellen die er kurz skizziert. Er setzt diese in Analogie mit anderen Ordnungssystemen außerhalb von Unternehmen, nämlich mit dem Wolfsrudel, der Armee, einer Maschine und der Familie. Jede Epoche von Organisationen ordnet er einer dieser Ordnungsstrukturen zu.
Frederic Laloux geht davon aus, das jeder Wechsel in eine höhere Ordnungsstruktur stets mit einer Krise verbunden ist die dazu führt, das Veränderungen möglich und durchgeführt werden können. Nur durch einen krisenhaften Zustand sind Organisationen und mit ihnen die Menschen die darin und daran mitwirken in der Lage neue, unbekannte Wege zu gehen.
Im zweiten Kapitel geht er auf die heutige Zeit und die aktuell genutzten Organisationsmodelle ein. Für Laloux stellt die jetzige Epoche den Beginn einer neuen Veränderung für neue Organisationsstrukturen dar. Er bezeichnet diese als lebendige Organisation. Im Folgenden werden 12 bestehende Organisationen untersucht, die sich bereits auf diesen neuen Weg befinden. Dabei handelt es sich um so verschiedene Branchen wie Energiesektor, Beratung, Gesundheitswesen, Schulen, Metallverarbeitung, Nahrungsmittelindustrie, Bekleidung oder Medien. Alle hier einbezogenen Unternehmen weißt Laloux drei wesentliche Faktoren für die Möglichkeit der Veränderungen zu, die Selbstführung der Beteiligten, die ganzheitliche Bearbeitung der Arbeitsaufgaben und den evolutionären Sinn. Diese drei Kriterien machen nach Laloux die Organisation aus sich selbst heraus lebendig und damit gestaltbar, gestalterisch und gestaltend zugleich.
Zur Darstellung der oben genannten Faktoren werden aus den jeweiligen Unternehmen Beispiele aus der Praxis näher beleuchtet und kritisch bewertet. Bei der Selbstführung geht der Blick über die Prozesse und die Strukturen in einem Unternehmen hinaus. Mit der Ganzheitlichkeit stehen auch die allgemeinen Praktiken wie die Reflexion, die Teamarbeit, die kollegiale Beratung, das Storytelling usw. im Vordergrund der Betrachtung. Daran anschließend werden die personellen Prozesse wie das Einstellungsverfahren, die Weiterbildung, die Stellenbeschreibungen, die Flexibilität usw. dieser ausgewählten Unternehmen verdeutlicht.
Im Bereich des evolutionären Sinns geht der Autor auf die Themen von Konkurrenz, Wachstum, Gewinne usw. ein, allerdings nicht, ohne auf entsprechende Methoden zu achten, die den evolutionären Sinn fördern können. Genannt werden hier z.B. spirituelle Praktiken, leerer Stuhl usw. Der Hinweis, dass Strategie insgesamt ein organischer Prozess ist, scheint dabei fast schon immanent zu sein.
Am Ende jedes beschriebenen und mit Praxisbeispielen hinterlegten Faktors stellt Frederic Laloux die evolutionären Praktiken unseren heutigen Praktiken und Verfahren gegenüber. Dies erleichtert es aus der Fülle der vorangegangenen Informationen einen klaren Überblick zu behalten, aber auch eine notwendige Bewertung vornehmen zu können.
Dem Themenschwerpunkt Organisationskultur widmet der Autor einen separaten Abschnitt in diesem Kapitel. Nach der Klärung des Verständnisses von Organisationskultur geht er über zu den Besonderheiten der Organisationskultur in den evolutionären Organisationen.
Das dritte Kapitel zeigt Fredric Laloux dann die spezifischen Bedingungen auf die evolutionäre Organisationen benötigen um gegründet werden zu können. Die Veränderung selbst ist dabei die provokativ Situation sowohl an die Organisation als auch an das Management, aber auch an alle anderen an der Veränderung Beteiligten. Auch hier sind die Beispiele aus den 12 untersuchten evolutionären Unternehmen hilfreich für das Verständnis. Sie geben für die Praxis gute Impulse.
Zum Abschluss präsentiert Laloux die Ergebnisse seiner Analyse der zwölf Unternehmen, die seine These untermauern.
Im Anhang schließlich finden sich die genutzten Recherchefragen und weitere Erläuterungen zum Vorgehen und der betrachteten Inhalte.
Abschließend werden alle beobachteten evolutionären Praktiken den entsprechenden, heute genutzten Praktiken in den Bereichen Struktur, Prozess und Methoden in einer Tabelle zusammen und gleichsam gegenübergestellt.
Fazit
Das Buch bietet keine Lösung für eine Organisationsentwicklung, aber es öffnet den Blick auf das neue, teilweise aus heutiger Sicht noch undenkbare. In Form einer „best practice“-Darstellung werden funktionierende, bestehende Unternehmen vorgestellt die Mut machen, die aber gleichzeitig auch kritisch betrachtet werden. Alles in allem bietet das Buch genügend Angriffspunkte für alle die wirklich etwas in einer Organisation ändern möchten, auch wenn die Ideen dafür noch so ungewöhnlich sind. Es werden hinreichend Anstöße gegeben genauer hinzusehen.
Rezension von
Monika Jansen
Erziehungswissenschaftlerin (M.A.) und Master of Organizational Management (MoM), ist tätig als Referentin für ambulante Dienste, Bereich Wirtschaft und Statistik eines großen Wohlfahrtsverbandes. Langjährige Berufserfahrung in Führungspositionen der unterschiedlichen Arbeitsfelder der Altenhilfe. Herausgeberin der beiden Werke „Pflege & Management“ und Pflegehandbuch des DUZ-Verlages.
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Zitiervorschlag
Monika Jansen. Rezension vom 14.04.2016 zu:
Frederic Laloux (Hrsg.): Reinventing Organizations. Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. Vahlen
(München) 2015.
ISBN 978-3-80064-913-6.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/20242.php, Datum des Zugriffs 06.10.2024.
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