Fritz Beske: Perspektiven des Gesundheitswesens
Rezensiert von Dr. phil. Andreas Meusch, 16.02.2016

Fritz Beske: Perspektiven des Gesundheitswesens. Geregelte Gesundheitsversorgung im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft. Springer (Berlin) 2015. 116 Seiten. ISBN 978-3-662-48940-6. D: 24,99 EUR, A: 25,69 EUR, CH: 26,00 sFr.
Thema
Das Buch verbindet zwei Themen:
- Anpassung des Gesundheitswesens an einen steigenden Versorgungsbedarf bei sinkenden finanziellen und personellen Ressourcen
- Förderung der Patientensicherheit.
Autor
Prof. Dr. med. Fritz Beske (Jg. 1922) ist Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen. Nach über 25 Jahren im Staatsdienst Schleswig-Holstein – zuletzt als Staatssekretär im Sozial- und Gesundheitsministerium – gründete er 1976 das später nach ihm benannte Institut für Gesundheits-System-Forschung, dessen Direktor er bis Ende 2012 war.
Entstehungshintergrund
In seinem 2013 erschienen Buch „Gesundheitsversorgung von morgen: Was kommt auf Versicherungen, was auf Ärzte und was auf Patienten zu“ (ISBN 978-3804732346) hatte der Autor angesichts einer alternden Bevölkerung in Verbindung mit einem kostenintensiven medizinischen Fortschritt bereits von „Perspektiven einer Umwälzung“ gesprochen. Das neue Buch knüpft daran an und entwickelt ein Konzept für das Gesundheitswesen der Zukunft. Der Autor sieht für die Realisierung nur ein kleines Zeitfenster, da die ersten Baby-Boomer bereits in Rente gehen.
Aufbau
Der Autor beschreibt zunächst die ökonomische, demographische, rechtliche und sozialmedizinische Ausgangslage, aus der er Grundsätze einer geregelten Gesundheitsversorgung im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft ableitet. Das ist die Grundlage zur Erörterung von 14 Handlungsfeldern, für die jeweils Vorschläge für konkretes Handeln entwickelt werden. Den Abschluss bildet die Aufforderung zu umgehenden Handeln, auch mit Blick auf die Zunahme der Asylbewerber.
Inhalt
Die demographische Entwicklung verbunden mit steigenden Krankheits- und Pflegekosten insbesondere bei der wachsenden Altersgruppe der 65 bis 85jährigen führen dazu, dass der heutige Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht mehr finanziert werden kann und Fachpersonal fehlt. Der Autor hält das gegenwärtige Gesundheitssystem in weiten Bereichen für überreglementiert. Der Leistungsumfang geht für ihn über das hinaus, „was für erforderlich gehalten wird“ (S. 28). Er will die Private Krankenversicherung erhalten, auch um über Zusatzversicherungen auf das nach seiner Überzeugung notwendige Absenken des Leistungsumfangs der GKV zu reagieren.
Im Krankenhaussektor plädiert er für einen Bettenabbau und die Fokussierung der Investitionskosten auf die wirklich bedarfsnotwendigen Häuser sowie den Verzicht auf die Vorgabe der wohnortnahen Versorgung.
Die Stärkung des Hausarztes und die Einschränkung der freien Arztwahl sind für ihn aus finanziellen wie Qualitätsgesichtspunkten entscheidend. Außerdem fordert er eine grundlegende Neuorganisation der Notfallversorgung.
Von der Neugründung des Bundesgesundheitsamtes als Bundesoberbehörde über die Finanzierung der Prävention aus Steuermitteln bis zu unattraktiven Vergütungen für Kaiserschnittgeburten listet der Autor eine Vielzahl von Maßnahmen auf, die er für unverzichtbar hält, um bei den gegebenen Rahmenbedingungen das medizinisch Notwendige noch finanzieren zu können.
Für notwendig hält der Autor auch die obligatorische Erfassung der Patientendaten in einer elektronischen Gesundheitsakte mit der dann auch ein umfassendes Versorgungsmanagement durchgeführt werden kann. Abschließend plädiert der Autor für mehr Mittel für eine von der Auftragsforschung unabhängige Versorgungsforschung.
Diskussion und Fazit
Wir leben über unsere Verhältnisse und die Zeit drängt. Das ist die Botschaft des inzwischen 93jährigen Autors, der ein „Ruck-Buch“ schreiben wollte wie der damalige Bundespräsident Herzog eine „Ruck-Rede“ gehalten hatte. Ob die Vielzahl der geforderten Einzelmaßnahmen ein Konzept sind, kann dahingestellt bleiben. Auch wenn diese inhaltlich auf der Linie liegen, die der Autor seit Jahrzehnten mit profunder Faktenkenntnis und starken Überzeugungen verficht, fällt sein Alarmismus auf. Die Lage ist für ihn so ernst, dass er die Politik auffordert, eine Bewusstseinsveränderung in dem von ihm beschriebenen Sinne ggf. auch zu erzwingen (S. 3)
Faktenreiches und meinungsstarkes Alterswerk des Nestors der Gesundheitssystemforschung in Deutschland.
Rezension von
Dr. phil. Andreas Meusch
Lehrbeauftragter an der Fakultät Wirtschaft und Soziales der Hochschule für Angewandte Wissenshaften (HAW), Hamburg,
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