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Manfred Wildner: Unser Gesundheitswesen

Rezensiert von Dr. Christian Heidl, 20.04.2016

Cover Manfred Wildner: Unser Gesundheitswesen ISBN 978-3-13-176691-5

Manfred Wildner: Unser Gesundheitswesen. Fakten, Widersprüche, Irrtümer. Georg Thieme Verlag (Stuttgart) 2015. 190 Seiten. ISBN 978-3-13-176691-5. D: 19,99 EUR, A: 20,60 EUR, CH: 23,00 sFr.

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Thema

Die Publikation von Manfred Wildner, „Unser Gesundheitswesen. Fakten, Widersprüche, Irrtümer“ setzt sich implizit mit dem deutschen Gesundheitswesen auseinander. Der Autor schildert eindrucksvoll, wie viele Phänomene, ambivalente Statistiken und Regelungen, Verkennungen und Missverständnisse das Gesundheitswesen beinhaltet, und stellt sich dabei die Frage, weshalb das so ist? Ein Blick auf das Gesundheitswesen zeigt, dass es sich hierbei um ein komplexes Gebilde handelt, was eine große Anzahl an Personen, Organisationen, Einrichtungen, Regelungen und Prozesse beinhaltet, deren Aufgabe u. a. darin besteht, die Gesundheit zu erhalten und zu fördern sowie Krankheiten und Verletzungen zu behandeln.

Manfred Wildner gilt als angesehener Experte des deutschen Gesundheitswesens und legt ein interessantes Potpourri zugrunde, welche dem Leser spannende Einblicke gewährt, die er so wahrscheinlich nie bekommen hätte. Die Aufbereitung der Kurzgeschichten ist sehr gelungen, wobei nicht nur Fakten dargelegt werden, sondern ebensolche Kuriositäten, Paradoxien und Hintergrundinformationen. Erläutert wird bspw., welchen Einfluss hat das Internet auf das Verhältnis zwischen Arzt und Patient? Weshalb ist die Anzahl an Toten im Verkehr rückläufig, obgleich die Dichte des Verkehrs zunimmt?

Die Lektüre des Buches eignet sich für jede interessierte Person, die im deutschen Gesundheitssystem tätig, damit in Verbindung steht oder gerne einen informierenden Blick darauf geworfen hätte. Weiterhin enthält das Werk sowohl historische und philosophische Anekdoten als auch literarische und kulturelle Bezüge und verleiht der Veröffentlichung, aus dem Zusammenspiel mit tatsächlichen Fakten, eine profunde Qualität.

Die Grundlage dieser Veröffentlichung bilden die Editorials für die Zeitschrift „Das Gesundheitswesen“.

Autor

Prof. Dr. med. Manfred Wildner war als Arzt in Großbritannien, den USA und in Deutschland tätig. Er leitet das Landesinstitut für Gesundheit am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Weiterhin hat der Autor eine Brückenprofessur für Gesundheitspolitik und Gesundheitsverwaltung an der Pettenkofer School of Public Health, der Ludwig-Maximilians-Universität München inne. Fortlaufend ist er als Schriftleiter der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Das Gesundheitswesen“ tätig.

Aufbau

Der Aufbau des Buches gliedert sich in zweiundzwanzig Kapitel. Im Anhang hätte ein Abkürzungsverzeichnis und Sachwortregister für ein strukturierteres Nachschlagen eingefügt werden können.

Inhalt

Das erste Kapitelzeigt den Weg zum ewigen Leben auf und die neue Langlebigkeit des Menschen. Weiterführend wird auf die Unterschiede zwischen oben und unten, zwischen Nord- und Süddeutschland, eingegangen. Im Anschluss erhält der Leser einen Einblick, was die Lebenszeit verlängert, anhand der Faktoren Gesundheitswesen, Sozioökonomie, Gesellschaftsordnung sowie Lebensstil. Abschließend wird dargelegt, was Männer falsch machen, was die Politik leisten kann, und was getan werden müsste, um den Weg zum ewigen Leben zu beschreiten.

Im zweiten Kapitel liegt der Fokus auf der Gesundheit und was das eigentlich ist? Hierbei werden unterschiedlichste Perspektiven, wie bspw. die Gesundheit im Alltag, Gesundheit als das höchste Gut, funktionale Gesundheit etc. diskutiert.

Das dritte Kapitel führt den Leser in bester Geheimagenten Manier in ein Quantum Trost – ein Thriller um Macht und Geld, ein. Der Spannungsbogen wird über die Themenaspekte, It´s the economy, stupid, zu dem Werteparadoxon von Wasser und Diamanten über die negativen Konsequenzen einer ökonomischen Fixierung bis hin zu einer Ökonomik der Liebe, welche Medizin wollen wir, das unverzichtbare Quantum Trost sowie der Nutzen, gespannt.

Im vierten Kapitel rückt der Patient, Nutzer und Kunde in den Mittelpunkt. Es wird dabei eruiert wie er es denn gerne hätte? Darunter fallen Perspektiven der besonderen Art Mensch sowie der Ökonomik und Moralphilosophie. Weiterführend werden unvermeidbare Rollenkonflikte, ethische Aspekte autonomer Patientenentscheidungen, verlässliche Informationen: die Qual der Wahl sowie klassische Tauschökonomik als „Modellplatonismus“ aufgezeigt, bevor die Rollenvielfalt als menschliche Realität das Kapitel vollendet.

Im fünften Kapitel geht das Werk auf Neues vom Übermenschen ein und erörtert dabei die Höchstleistungen in der Medizin.

Das sechste Kapitel legt dem Leser die Information zugrunde wie viel Ärzte das Land braucht – oder ist es eine falsch gestellte Frage? Über die Leibärzte des Sonnenkönigs nähert sich der Autor an die medizinische Versorgung in der Sozialgesetzgebung an, welche fortlaufend über die Sektoren des Gesundheitswesens und den professionellen „Mix“ informiert. Ärzteangebot und Ärztebedarf, existiert zu der richtigen Ärztedichte überhaupt eine Antwort oder ist die Systemsteuerung an sich die Herausforderung?

Kurs 59 Grad Nord, 24 Grad Ost nimmt der Autor im siebten Kapitel und klärt den Leser über die Orientierung der Werte auf. Hier wird die Frage auf Kurs – aber auf welchem? -gestellt, bevor über Gesundheitsvorstellungen und Postmoderne sowie über ethische Standpunkte von Wissenschaft und Sozialpolitik debattiert wird, bevor abschließend nochmalig auf den Kurs Bezug genommen wird.

Dabei geht es im achten Kapitel, um das menschliche Maß – der Umgang mit Fehlern eines Individuums. In den Fokus rückt hierbei Maß und Übermut, gibt es Idealmaß und Gesundheit oder benötigt es eine „Zivilisierung“ neuer Technologien sowie die Entwicklung einer Fehlerkultur?

Das neunte Kapitel zeigt die Politik als Beruf – Verantwortlichkeit und Augenmaß auf und setzt sich mit Politik als Beruf, Politik: ein Schauspiel und politische Rechenschaftspflicht auseinander.

Im zehnten Kapitel wird die sprichwörtliche Weisheit eruiert – ob Prävention Investition ist? Weiterhin werden die Arten der Prävention, eine Herausforderung für das Gesundheitswesen und die Prävention als Investition dargelegt.

Aus der Perspektive „Wer Angst hat vorm bösen Wolf“ soll die Risikokompetenz als Entwicklungsziel im elften Kapitel betrachtet werden. Der Umgang mit Angst, die Funktionen von Angst und Furcht, gibt es ein Gegenmittel zur Angst sowie die Risikokompetenz im Gesundheitswesen, das Vertrauen als Lebenskompetenz und die Lösung gegenüber der Angst unter bspw. den Verweis auf das Salutogenesekonzept von Aaron Antonovsky beschließen diesen Abschnitt.

Das zwölfte Kapitel legt dem Leser vor allem Gesundheit zugrunde und suggeriert gute Wünsche zum Neuen Jahr. Inhaltlich setzt sich der Absatz mit der Frage auseinander, ob Gesundheit Glück ist und ob ein Risiko im Zusammenhang mit Gesundheit besteht? Weiterführend wird auf die individualisierte Medizin: zwischen dem Erkrankungsrisiko und Gesundungschance eingegangen, die den Einfluss von Genen und Gesellschaft diskutiert sowie dem Aspekt, ob Gesundheit: vor allem gute Entscheidungen bietet.

Aus der Perspektive „armes reiches Land – von materiellen und postmateriellen Werten“ erstreckt sich der Informationsgehalt im dreizehnten Kapitel über Fragestellungen was bspw. das Leben gelingen lässt? Fortlaufend wird sich der Armut und Reichtum von heute angenähert. Das Risiko Lebensübergänge, Armut als Gesundheitsrisiko und Deutschland: armes reiches Land vollenden das Kapitel.

Im vierzehnten Kapitel setzt sich mit dem Frieden auf Erden – die menschliche Schicksalsgemeinschaft auseinander. Hierbei rückt die Demographie von gestern und heute, die Behandlungskosten, die weniger dramatischen Fakten, die verbesserte Versorgung sowie der gute Wille als soziales Kapital in den Fokus.

Das fünfzehnte Kapitel erkundigt sich beim Leser, ob er Morgellonen kennt? Die Frage konzentriert sich dabei auf erfundene Krankheiten und verleugnete Risiken.

Im sechzehnten Kapitel wird das mächtige Placebo unter dem Aspekt, wie es Euch gefällt, erörtert. Anhand von Shakespeares Schauspiel ’Wie es Euch gefällt’ wird auf das Placebo eingegangen und die Risiken und Nebenwirkungen bei Placeboeinsatz geschildert, bevor abschließend dargelegt wird, dass es sich bei Wissenschaft um keine Belletristik handelt.

Europa – Einheit in Vielfalt informiert den Leser im siebzehnten Kapitel über den Friedensraum in Europa sowie dessen geeinter Vielfalt. Weiterführend wird über den europäischen Traum, die europäische Gesundheitspolitik und ihre Strukturen sowie die Liebe, die durch den Magen geht, diskutiert.

Im achtzehnten Kapitel wird der gute Staat – eine Meisterleistung, die Rolle des Staates, das Gerechtigkeit Frieden schafft und die Komplexität moderner Gesellschaften besprochen, bevor am Ende des Kapitels sich die Frage gestellt wird, ob Governance auch im Gesundheitswesen existiert?

Im neunzehnten Kapitel tritt abermals die ethische Komponente für eine öffentliche Gesundheit zutage? Jedoch mit der Schwerpunkt auf der Individual- und Bevölkerungsgesundheit im Spannungsfeld, der Ethik in Evolution, konkurrierende ethische Positionen sowie der Differenzierung in Kern- und Mantelethik.

Im zwanzigsten Kapitel rückt aus geschichtlicher Perspektive Aristoteles´ Sohn Nikomachos in den Mittelpunkt – eine Diskussion im Interesse unserer Kinder, bei der auf die Gerechtigkeit und Gesundheit eingegangen wird, auf den Betrug im Gesundheitswesen, auf die ärztliche Ethik, auf die Notwendigkeit einer Institutionen- und Ordnungsethik und eine notwendige Diskussion.

Im einundzwanzigsten Kapitel wird über den Transfer in die Praxis erörtert, bevor im abschließenden zweiundzwanzigsten Kapitel über die Zukunft als Pluralität, Zukunftsentwürfe in der Medizin, Hoffnungsträger „personalisierte Medizin“ sowie Patientensicherheit als Zukunftsthema und abschließend über den Flug von Raumschiff Erde informiert wird.

Fazit

Mit der Publikation „Unser Gesundheitswesen. Fakten, Widersprüche, Irrtümer“ wird ein Werk über das deutsche Gesundheitswesen dargelegt. Die Veröffentlichung lädt zu einem interessanten Ausflug in die Welt der gesundheitspolitischen Fakten, Widersprüche und Irrtümer ein. Der Spannungsbogen der Publikation zieht sich u. a. auf Themenfelder, die über die Lebenserwartungen von Individuen berichten, als auch eine sinnvolle Ökonomie für das Gesundheitswesen eruieren. Weiterhin wird erläutert, ob der Patient ein Kunde ist, was die beste Rolle des Arztes darstellt und was der Mensch von der Politik erwarten darf?

Manfred Wildner bringt als Arzt und im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit seine jahrelangen Erfahrungen aus den Gesundheitssystemen Großbritanniens, den USA und Deutschland in die Kurzgeschichten mit ein. Mit einem Augenzwinkern lässt der Autor den Leser entscheiden, ob dieser das deutsche Gesundheitswesen und dessen Qualität als optimale Versorgung betrachtet oder ob es sich um einen Irrgarten handelt, welcher unübersichtlich, schwer durchschaubar und an Leistungen für Versicherte spart.

Der Preis ist für die Publikation angemessen. Als Grundlage dieser Veröffentlichung dienen die Editorials für die Zeitschrift „Das Gesundheitswesen“. Der Leser erhält ein spannendes Werk über das deutsche Gesundheitswesen.

Rezension von
Dr. Christian Heidl
Diplom-Pflegewirt (FH), MSc Dozent und Wissenschaftlicher Mitarbeiter SRH Wilhelm Löhe Hochschule für angewandte Wissenschaften Fürth, Forschungsinstitut IDC
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Zitiervorschlag
Christian Heidl. Rezension vom 20.04.2016 zu: Manfred Wildner: Unser Gesundheitswesen. Fakten, Widersprüche, Irrtümer. Georg Thieme Verlag (Stuttgart) 2015. ISBN 978-3-13-176691-5. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/20291.php, Datum des Zugriffs 04.06.2023.


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