Rudolf Bieker (Hrsg.): Verwaltung und Soziale Arbeit
Rezensiert von Prof. Dr. Elmar Hinz, 14.08.2017
Rudolf Bieker (Hrsg.): Verwaltung und Soziale Arbeit.
Kohlhammer Verlag
(Stuttgart) 2015.
210 Seiten.
ISBN 978-3-17-026036-8.
D: 24,00 EUR,
A: 24,70 EUR,
CH: 34,50 sFr.
Grundwissen Soziale Arbeit, Band 1.
Thema
Was öffentliche Verwaltung ist, ist schwer zu umschreiben. So verweist auch der Autor dieses Titels auf das Problem der wenig aussagekräftigen Negativdefinition und entscheidet sich für eine Kombination aus Positiv- und Negativdefinition der Verwaltung, die auf die letztlich politisch bestimmten öffentlichen Aufgaben Bezug nimmt.
Soziale Arbeit wird nicht nur zu einem großen Teil durch öffentliche Verwaltungen gewährleistet und finanziert, sondern mitunter auch ausgeführt. Insoweit unterscheidet sich die Bindung dieser öffentlichen Aufgabe an das Verwaltungsrecht kaum von anderen Aufgaben. Gerade die gewünschte Vielfalt von Akteuren kommunaler Sozialpolitik setzt aber voraus, dass alle Beteiligten ein Grundverständnis vom Verwaltungshandeln haben: Nur so können gemeinsam wirksame Angebote erstellt werden. Verändert sich außerdem – wie vielerorts in den letzten Jahren zu beachten – das Verwaltungshandeln, wird sich auch die gemeinsame Leistungsproduktion verändern müssen.
Dieser Band soll also aus Perspektive der Sozialen Arbeit kompakt berufsvorbereitende Grundlagen des kommunalen Verwaltungshandelns vermitteln und will dabei Studierenden der Sozialen Arbeit auch das Selbststudium erleichtern. Er erinnert in Teilen an einen Text des Autors, der 2006 in einem anderen Verlag erschienen ist.
Autor
Professor Dr. Rudolf Bieker ist Hochschullehrer am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach. Sein Lehrgebiet sind Theorien und Strukturen sozialer Dienste sowie Sozialverwaltung. Weitere Veröffentlichungen des Autors befassen sich mit dem Studium und Berufseinstieg in die Soziale Arbeit sowie der Arbeitsmarktintegration behinderter Menschen.
Aufbau
Das Buch ist in sechs Kapitel unterteilt, die mit der Formulierung von Lernzielen beginnen und weiterführenden Literaturhinweisen schließen. Neben einem aktuellen Literaturverzeichnis hat der Titel auch ein Glossar sowie ein Stichwortregister. Zusätzlich zu 24 Abbildungen und 13 Tabellen werden in dem Text Definitionen, Zitate, Beispiele und vertiefende Informationen hervorgehoben.
Inhalt
Das Kapitel A befasst sich in fünf Gliederungspunkten auf 18 Seiten mit dem Aufbau der öffentlichen Verwaltung in Deutschland. Nach der Definition von Verwaltung und Behörden werden insbesondere die Struktur von Landesverwaltungen sowie Typen kommunaler Verwaltungsträger beschrieben.
Kapitel B ist in sieben Gliederungspunkten und auf 61 Seiten eine vertiefende Betrachtung der Kommune als Verwaltungsträger. Ausgehend von ihrem Selbstverwaltungsrecht wird der unterschiedliche Handlungsspielraum von Selbst- und Fremdverwaltungsaufgaben erläutert. Bei den Organen der Gemeinde werden bereits die Ausschüsse mit sozialpolitischer Aufgabenstellung hervorgehoben. Nachdem (moderne) Verwaltungsorganisation besprochen ist, wird der Verlauf kommunalpolitischer Entscheidung erörtert.
Als kommunale Sozialverwaltung werden im Kapitel C in vier Gliederungspunkten auf 31 Seiten insbesondere zentrale Handlungsfelder wie Sozialhilfe, Kinder- und Jugendhilfe und Gesundheitshilfe sowie ihre Entwicklungstendenzen dargestellt. Dabei werden bürgerbezogene und trägerbezogene Tätigkeiten unterschieden und jeweils – verwaltungsrechtlich stringent und in diesem Kontext als doppeltes Mandat der Sozialverwaltung bekannt – zwischen individueller Leistungsgewährung und kollektiver Gefahrenabwehr differenziert.
Kapitel D befasst sich umfänglich und prozessual gegliedert mit den verwaltungsrechtlichen Grundlagen des Verwaltungshandelns. Viele Beispiele aus der Sozialen Arbeit illustrieren die Ausführungen zu Sachverhaltsermittlung, Ermessen, Beteiligung, Erlass und Aufhebung von Verwaltungsakten. Darüber hinaus wird der Umgang mit persönlichen Daten sowie die strafrechtliche Schweigepflicht allgemein und speziell in der Jugendhilfe erörtert.
Im Kapitel E Haushalt und Finanzen werden auf 31 Seiten zunächst die Einnahmequellen der Gemeinden und dann die doppische Haushaltsplanung erläutert. Der Gliederungspunkt Haushalt gibt dabei nicht nur einen knappen Überblick über die moderne kommunale Haushaltsführung in Nordrhein-Westphalen, sondern erläutert auch die Zusammenhänge der Drei-Komponenten-Rechnung sowie der haushaltsrechtlich gebotenen Ziele und Kennzahlen.
Abschließend werden im Kapitel F insbesondere Kreise in ihrer Bedeutung für die kommunale Sozialarbeit dargestellt. Grundsätzlich sind sie örtlicher Träger der Sozialhilfe und Träger der Jugendhilfe; ergänzend werden andere Kommunalverbände unter- und oberhalb der Kreise erwähnt.
Diskussion
Dem Autor gelingt eine solide und stringent gegliederte Zusammenfassung des Verwaltungswissens für die Soziale Arbeit. Darstellend wird sowohl der Aufbau als auch die politische Entscheidungsfindung in deutschen Kommunen erörtert; im Kern wird das Handeln der kommunalen Sozialverwaltung nicht nur durch die relevanten Rechtsquellen, sondern auch durch Beispiele plastisch.
Häufig wird auf die Situation in Nordrhein-Westphalen Bezug genommen. Zwar werden Unterschiede zwischen allen Gemeindeordnungen und Rechnungsstilen erwähnt, aber nicht weiter vertieft. Föderale Besonderheiten müssen zwar in einem einführenden Text nicht vertieft werden, sollten aber immer wieder herausgestellt werden. Sie helfen zudem herauszuarbeiten, was tatsächlich nur ein Spezifikum ist.
Zunehmend beinhaltet Verwaltungswissen heute nicht nur rechtliche und politikwissenschaftliche Erwägungen, sondern auch betriebswirtschaftliche. Während die Darstellung der Kommune als Verwaltungsträger hier politikwissenschaftlich geprägt ist, wird das Verwaltungshandeln insbesondere aus rechtlicher Perspektive betrachtet. Gerade in der Sozialen Arbeit ist das Verwaltungshandeln u.a. gegenüber den Trägern zwischenzeitlich stark durch eine verwaltungsbetriebswirtschaftliche Rationalität geprägt, die noch vertieft werden könnte. Insoweit könnten auch strukturbeschreibende Teile des Textes an einer Stelle zusammengefasst und gestrafft werden.
Das Selbststudium weiter vereinfachen würde der Ausbau des Glossars um die eingeführten Begriffe des Verwaltungshandelns. Kleinere Ungenauigkeiten im Lektorat werden sicher in Folgeauflagen beseitigt.
Fazit
Verwaltungswissen ist wichtig für die Soziale Arbeit: Studierende und Praktiker erhalten durch diesen Titel einen hilfreichen Überblick und ein fundiertes Nachschlagewerk zu den für sie relevanten Aspekten. Wiederholend und einordnend ist der Text auch für fachfremde Leser interessant. Zu erwarten ist jedoch, dass letztlich erst praktische Managementprobleme zur Vertiefung des benötigten Verwaltungswissens motivieren werden.
Rezension von
Prof. Dr. Elmar Hinz
Dipl.-Kfm.
Professor für Verwaltungswissenschaften an der FH Nordhausen
Website
Mailformular
Es gibt 10 Rezensionen von Elmar Hinz.
Zitiervorschlag
Elmar Hinz. Rezension vom 14.08.2017 zu:
Rudolf Bieker (Hrsg.): Verwaltung und Soziale Arbeit. Kohlhammer Verlag
(Stuttgart) 2015.
ISBN 978-3-17-026036-8.
Grundwissen Soziale Arbeit, Band 1.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/20320.php, Datum des Zugriffs 06.11.2024.
Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt.
Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns.
Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen
für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.