Christian Peters: Skateboarding
Rezensiert von Monika Pietsch, 10.06.2016
Christian Peters: Skateboarding. Ethnographie einer urbanen Praxis. Waxmann Verlag (Münster, New York) 2016. 336 Seiten. ISBN 978-3-8309-3354-0. D: 34,90 EUR, A: 35,90 EUR.
Thema
Zu dem Spannungsverhältnis zwischen „Skateboarding und Stadt“ hat Peters im Rahmen seiner Dissertation Feldforschung in Köln betrieben. Er geht unter anderem den Fragen nach: Warum ist das Verhältnis so schwierig? Welche Bedeutung hat der urbane Raum für das Skateboarding? Wie steht es um die Skater-Community? Welche Rolle spielen die Medien?
Autor
Christian Peters ist Geograph und Sportwissenschaftler. Seine Interessen sind: Sportgeographie, Sport und Raum, sportliche Bewegungskulturen und Urbanität.
Entstehungshintergrund
Nach seinen eigenen Erfahrungen als Kind mit dem Skateboard und später mit Inlinern, entschied sich Peters seine Leidenschaften für die Bewegungskultur des Skateboardings und gleichzeitig für wissenschaftliche Betrachtungen zu verbinden.
Aufbau und Inhalt
Das Buch besteht aus fünf Kapiteln und einem Anhang mit Quellenverzeichnis, Glossar, Abbildungs- und Tabellenverzeichnis.
1. Einleitung. Peters gibt einen Einblick in die Untersuchung, Fragestellung und Erkenntnisinteresse. Er beschreibt die Nutzung des urbanen Raums unter anderem als „Spiel-“ fläche für Musik, Sport und Betätigung in vielfacher Hinsicht. Die Skater begannen vor ca. 40 Jahren mit der „Besetzung“ des Raums und werden nun auf ausgelagerte Areale verwiesen.
2. Analyseoptik. Peters beschreibt den wissenschaftlichen Standpunkt, die „theoretischen Sehinstrumente“ und die methodische Vorgehensweise. Seine ethnographische Studie wurde über 6 Jahre geführt und mit mehr als 80 Feldaufenthalten beforscht. Es handelt sich um ethnographische Beobachtungen und qualitative Interviews. Peters setzt sich kritisch mit der Gratwanderung zwischen Beobachtung im Rahmen der Studie und den persönlichen Kontakten zur Szene, die immer intensiver werden, auseinander.
3. Ethnographie. In diesem Kapitel geht es um die Praktiken des Kölner Skateboarding, die Akteure, Orte, Gewohnheiten, Vorlieben und die Bedeutung der Domplatte. Peters beschreibt unter anderem seine eigene Entwicklung in der Kölner Szene und deren Mitglieder, die Praxis des Fahrens, die Rolle der Medien etc.
- Street-Skateboarding in Köln – Die untersuchte Praxis
- „Dropping in“ – Mein Hineinwachsen in die Praxis
- Skateboarding in Köln – Zur Raum-zeitlichen Entwicklung
- „Performing Space“ – Praktiken des Skateboardfahrens
- „Being Skateboarder“ – Praktiken des Skateboarder-Seins
- „Doing Media“ – Praktiken des Mediengebrauchs
- „Learning by Doing“ – Praktiken des Kompetenzerwerbs
- „Policy Making“ – Skateboarding als politische Praxis
4. Skateboarding- Umrisse einer Theorie der Praxis. Peters führt die theoretischen und persönlichen Studienergebnisse und -erkenntnisse zusammen.
5. Stadt als kollaborative Praxis – Schlussbetrachtung
Fazit
Insider der Szene werden sich und ihr Tun wiedererkennen. Liebhaber der Domplatte werden die Bedeutung speziell dieses öffentlichen Raums für vielerlei Betätigung kennen und verstehen lernen. Andere LeserInnen bekommen einen guten Überblick über alles was mit Skaten, der Technik, den Schwierigkeiten und auch mit der Abgrenzung zu anderen „Bewegungsformen“ zu tun hat.
Peters legt mit dieser Dissertation ein umfangreiches Werk zum Thema Skaten vor. Die Dauer der Studie, die Intensität, mit der sie betrieben wurde, und auch die Begeisterung für den „Sport“ und seine Menschen sind spürbar.
Die Dissertation beginnt mit einem sehr theoretischen Teil (Die soziologische Fachsprache ist sicher wissenschaftlich nötig und selbstverständlich, wirkt zu diesem Thema allerdings gestelzt.). Das Herzstück allerdings ist ein munterer Wechsel zwischen Beschreibungen, Erklärungen und Interviews. Für das Verständnis der Originalzitate ist der angehängte Glossar hilfreich, da sich auch die Skater einer „Fachsprache“ bedienen. (Die wissenschaftlichen Deutungen der Interviews sind wieder schwer verständlich für den Nicht-Soziologen.)
Die historische Rolle des Skateboardings als Ausdruck einer neuen Bewegungskultur im öffentlichen Raum und die direkte Verbindung des sportlichen Könnens mit dem Material eines Boards wird deutlich. Eine politische Dimension wird eher als nicht gegeben angesehen, vielmehr ist es eine Lebensform, die auch Mode, Technik und Medien beeinflusst und durch sie beeinflusst wird. Gesellschaftlich ist es unter anderem interessant, dass sich Skater weder vereinnahmen noch pädagogisieren lassen. Sie sind eine zufällige, autonome aber dennoch Gruppe, die ihren eigenen sich wandelnden Regeln folgt. Skateboarding wird von Peters als ein Ausdruck einer Bewegung der „Open-Source-Stadt“ betrachtet, zu dem beispielsweise auch die Praktiken des „Urban-gardening“ oder „Le Parkour“ zählen.
Rezension von
Monika Pietsch
Training und Konstruktives Lernen
selbständige Trainerin und Beraterin, Schwerpunkt: Team- und Führungskompetenzen mit den Methoden des konstruktiven Lernens
Website
Es gibt 60 Rezensionen von Monika Pietsch.
Zitiervorschlag
Monika Pietsch. Rezension vom 10.06.2016 zu:
Christian Peters: Skateboarding. Ethnographie einer urbanen Praxis. Waxmann Verlag
(Münster, New York) 2016.
ISBN 978-3-8309-3354-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/20437.php, Datum des Zugriffs 06.11.2024.
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