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Jens Kersten (Hrsg.): Inwastement - Abfall in Umwelt und Gesellschaft

Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 17.03.2016

Cover Jens Kersten (Hrsg.): Inwastement - Abfall in Umwelt und Gesellschaft ISBN 978-3-8376-3050-3

Jens Kersten (Hrsg.): Inwastement - Abfall in Umwelt und Gesellschaft. transcript (Bielefeld) 2016. 338 Seiten. ISBN 978-3-8376-3050-3. D: 29,99 EUR, A: 30,90 EUR, CH: 40,10 sFr.
Beziehungen Kulturen der Gesellschaft, Band 16.

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Whose Waste – Whose Problem?

Spätestens seit der Mahnung des Brundtland-Berichts von 1987, Our Common Future – Unsere Gemeinsame Zukunft, in dem die Menschheit aufgefordert wird, wirtschaftliches Handeln nicht mehr als „business as usual“ zu betreiben und das „throughput growth“, Durchflusswachstum, durch „sustainable development“, eine tragfähige Entwicklung abzulösen, sollte jedem Individuum und jeder Gemeinschaft klar geworden sein, dass ökonomisches Denken und Tun eines Perspektivenwechsels bedarf. Die lokalen und globalen Ökosysteme ächzen unter den Lasten des verantwortungslosen Verbrauchs der Biomasse und der natürlichen und künstlich erzeugten Ressourcen auf der Erde. Die Folgen sind nicht mehr zu ignorieren: Globale Erwärmung der Erdatmosphäre, Durchlöcherung der Ozonschicht, Bodendegradation, Verringerung der Artenvielfalt (Robert Goodland). Die Frage – „Darf der Mensch alles machen, was er kann oder glaubt zu können?“ – erinnert ja daran, dass nur ein Gleichgewicht von Mensch und Natur, von Technik und Umwelt ein humanes, gerechtes und friedliches Überleben der Menschheit ermöglicht (Jacob A. Goedhart, Über-Leben, 2006, www.socialnet.de/rezensionen/10087.php). Das Problem wird im wahrsten Sinne des Wortes „greifbar“; etwa wenn der NABU alljährlich zum „Frühjahrsputz“ aufruft und Einzelpersonen, Stammtische, Schulen und Vereine mit Plastiksäcken, Handkarren, Harken und Handschuhen ausgestattet mitmachen und fleißig einsammeln, was andere in die Büsche, in den Park und in den Wald gleichgültig oder gezielt weggeschmissen und entsorgt haben. Dass dabei sogar Forderungen gestellt werden, wie Umweltschutz als Pflichtfach in den Schulen einzuführen, oder schärfere Strafen für Umweltsünder vorzusehen, zeigt ja nur, wie wenig Selbstverantwortung in der Gesellschaft ausgeprägt ist.

Entstehungshintergrund und Herausgeber

Abfall ist eine soziale Konstruktion! Was heißt das? Es soll darauf hingewiesen werden, dass die geläufige, überlieferte und praktizierte Auffassung, dass Abfall „Schmutz als Sache, Gegenstand, Material oder Materie am falschen Ort“ bezeichnet und im Ge- und Verbrauchsdenken der Menschen mit den Maßstäben „rein / unreich“ gewertet wird, falsch ist. Es geht darum, die Begrenztheiten zwischen dem, was der Mensch als (materiell) wertvoll und wertlos kategorisiert, neu zu bedenken: „Aufgrund dieser materialistischen Perspektiverweiterung kommt über die damit aufgerufenen sozialen, historischen und kulturellen Kontexte bereits mehr Spannung in unsere Diskussion um Abfall“. Theoriebildungen, Instrumente und Praxisbeispiele dafür, wie ein Perspektivenwechsel vollzogen werden kann, liegen mittlerweile vor; etwa mit der vom französischen Soziologen und Philosophen Bruno Latour entwickelten „Akteur-Netzwerk-Theorie“ (Bruno Latour, Existenzweisen. Eine Anthropologie der Modernen, 2014, www.socialnet.de/rezensionen/17792.php).

Gegen die lokal- und globalgesellschaftliche Tendenz, „dass Konsumforschung Mainstream ist, Abfallforschung dagegen Underground bleibt“, hat sich an der Ludwig-Maximilians-Universität in München eine interdisziplinäre Diskussions-, Dialog- und Forschungsinitiative mit dem Ziel gebildet, die naturwissenschaftlichen und kulturwissenschaftlichen Aspekte von Inwastement zusammen zu bringen und eine interdisziplinäre Kooperation der Wissenschaftsbereiche Biologie, Ethnologie, Geo-, Geschichts-, Ingenieurs-, Kultur-, Rechts-, Religions- und Wirtschaftswissenschaften zu ermöglichen. Zwei an der Universität beheimatete wissenschaftliche Einrichtungen firmieren dafür in besonderer Weise: Zum einen die Rachel Carson Center for Environment and Society (RCC), zum anderen das Center for Advanced Studies (CAS). Beide Institutionen haben das Thema „Abfall in Umwelt und Gesellschaft“ als Schwerpunkt ihrer Arbeit ausgewiesen. Im Wintersemester 2013/14 fand zum Thema „Whose Waste, Whose Problem?“ eine Ringvorlesung statt. Die 16 Beiträge werden in dem Sammelband „Invastement“ vorgelegt. Der an der Münchner Universität tätige Rechts- und Verwaltungswissenschaftler und Lehrender am RCC, Jens Kersten gibt den Tagungsband heraus.

Aufbau und Inhalt

Neben der Einführung, in der der Herausgeber die Zielsetzung der interdisziplinären Initiative mit der Rahmenstruktur – Waste Units, Waste Systems, Waste Agents und Waste Governance – darlegt und auf ausgewiesene Theoriebildungen und Konzepte zum internationalen und interdisziplinären Dialog über Inwastements verweist (etwa auch auf das von der Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom entwickelte „general framework for analyzingsustainability of social-ecvological systems“; vgl. auch: Elinor Ostrom, Was mehr wird, wenn wir teilen. Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingüter, 2011, www.socialnet.de/rezensionen/11224.php), wird der Sammelband in vier Sachthemen gegliedert:

  1. „Dinge“,
  2. „Orte“,
  3. „Wege“,
  4. „Zeiten“.

Als „Dinge“ werden Sachen bezeichnet, die den Abfall bilden: Hausmüll, Industriemüll, Lebensmittelabfälle und CO²-Emissionen. Der Historiker von der Münchner Universität der Bundeswehr, Roman Köster, setzt sich mit „Hausmüll, Industriemüll“ auseinander. Dabei thematisiert er nicht nur die Zunahme der Abfallmengen, sondern er charakterisiert auch die im Laufe der (industrialisierten) Entwicklung sich bildende Differenzierung der zahlreichen Abfallarten. Er zeichnet nach, in welcher Form und mit welchem Bewusstsein zwar das Wissen um die Gefährlichkeit und Gefährdung durch Abfall in der Bevölkerung und Politik gestiegen ist, stellt jedoch auch fest, dass durch eine öffentliche Aufmerksamkeitsverlagerung hin zu den umfassenden Problemen des Klimawandels die Bewältigung der Abfallproblematik eher aus dem Blick geraten ist, bzw. sich hin zur Technisierung denn zur Vermeidung und Wiederverwertung verlagert hat.

Der Sozialethiker und Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Münchner Uni, Markus Vogt, reflektiert „Lebensmittelabfälle als ethisch-kulturelle Herausforderung“. Er analysiert die Quantifizierung der Lebensmittelabfälle mit Blick auf ihre normativen Implikationen, zeigt die Chancen und Barrieren auf, benennt die ethischen Kriterien für Konsumentenverantwortung hin zu weniger abfallintensiver Lebensstile, und bringt innovative Praxisbeispiele für eine Verringerung der Lebensmittelabfälle im zivilgesellschaftlichen Bereich in den Diskurs ein. Bedeutsam stellen sich dabei die lokalen und globalen Forderungen für Lebensmittelgerechtigkeit, der Beseitigung des Hungers in der Welt (vgl. dazu auch: Martín Caparrós, Der Hunger, 2015, www.socialnet.de/rezensionen/20252.php) und die Aufklärung der Menschheit für eine tragfähige und nachhaltige Entwicklung dar.

Die Volkswirtschaftlerin und Direktorin des Zentrums für Energie, Klima und erschöpfbare Ressourcen der Münchner Universität, Karen Pittel, diskutiert mit ihrem Beitrag „CO²-Emissionen“ die Frage von Lastenverteilung und Governance im Kontext von Effizienz und Gerechtigkeit. Sie zeigt die historischen, kulturellen und ökonomischen Zusammenhänge auf und verdeutlicht das Dilemma zwischen Anpassung und/oder Vermeidung von CO²-Emissionen aus wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Sicht. Sie verweist darauf, dass „eine effektive und effiziente Regelung dieser speziellen Art von Abfall ( ) durch das Fehlen einer internationalen Institution, welche rechtlich bindende Normen beschließen und durchsetzen kann, nur schwer implementierbar (ist)“.

Mit dem Gliederungsbegriff „Orte“ werden Deponien, Slums und Ozeane bezeichnet. Die Naturwissenschaftlerin vom Department für Geo- und Umweltwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität, Soraya Heuss-Aßbichler, und der Trierer Technikwissenschaftler Gerhard Rettenberger fragen in ihrem Beitrag „Geschichte der Deponie – ist Deponie Geschichte?“. Sie zeigen die historische Entwicklung der Abfallentsorgung seit der Frühgeschichte und den ersten Hochkulturen, über das Mittelalter bis in die Neuzeit auf und datieren die Zeit der Industrialisierung als die „Geburtsstunde der geordneten Deponie“. Durch neue Formen der Abfallentstehung, Atommüll, Klärschlämme, u.a., entstehen Notwendigkeiten und Bedürfnisse, „final sinks“ unter nachhaltigkeitsbestimmten Gesichtspunkten zu betrachten und ein Bewusstsein für eine sichere und finanzierbare Deponiepolitik zu schaffen: „Allgemein ist festzustellen, dass ein gesellschaftliches Defizit besteht, wenn es darum geht, Abfallvermeidung und -entsorgung als eine gemeinsame Aufgabe zu begreifen“.

Die Münchner Ethnologin Eveline Dürr informiert mit „Slum(scapes)“ über ihre Forschungen in verarmten, siedlungs- und sozialbenachteiligten Stadtgebieten in Lateinamerika und anderen Slums. Sie bezeichnet diese urbanen Lebens- und Wohnlandschaften als „slumscapes“ und definiert sie als „benachteiligte Stadtlandschaften, die sich vom dominanten Stadtbild unterscheiden, spezifische Lebenswelten ausbilden und trotz großer, weltweiter Diversität eine Identität durch die Außenzuschreibung als ‚Slum‘ konstruieren und mittels globaler Kommunikationskanäle präsentiert werden“. Sie wendet sich gegen die Tendenzen, Slums als immobile und abgegrenzte Räume und ihre Bewohner als „Opfer“ zu bezeichnen; vielmehr zeigt sie auf, dass Slumscapes sich als „grenzenlose Räume“ darstellen, in denen die Akteure vielfältige Möglichkeiten der Globalisierung nutzen.

Der Gründungsdirektor der Berliner Initiative „Haus der Zukunft GmbH“ (www.hausderzukunft-deutschland.de)Reinhold Leinfelder und der Journalist Rüdiger Haum thematisieren „Ozeane“. Sie diskutieren die Entwicklung, Bedeutung, Inbesitznahme und Umgang des „Ozean(s) als AB-Ort des Landwesens Mensch“, indem sie sich mit dem zunehmenden Grad der Verschmutzung der Meere durch den Menschen auseinandersetzen. Sie entwickeln Visionen von einem „neuen Bild des Meeres und neuem Handeln“, z. B. „die Vision eines müllfreien Menschheitserbes Meere“ und zeigen auf, dass die Menschheit sowohl die technischen Möglichkeiten dafür hat, als auch die vernunftgemäßen Herausforderungen für eine funktionierende und zukunftsfähige „Unswelt“ bestehen muss.

Weil die „Wege“, die sich der Abfall sucht, überraschend und irritierend sind, braucht es eine Nachschau darüber, wie die Stoffströme verlaufen. Der Münchner Naturwissenschaftler Wolfram Mauser, Mitglied des Deutschen UNESCO-Komitees und Vorsitzender des Earth Science Advisory Commitee der Europäischen Weltraumorganisation ESA, vermittelt einen Überblick zum „Abfall und Globale Stoffströme – vom Archaikum zum Anthropozän“. Der vielfältige, linear wie spiralförmig sich gestaltende Umgang des Menschen mit dem Abfall zeigt vor allem, dass die stetig steigenden, lokalen und globalen Bedürfnisse nach Nahrungs-, Luxusmittel und Energieversorgung zum Anstieg von Abfallprodukten führt. „Abfall ist damit das beinahe unvermeidliche Nebenprodukt der Stabilisierung urbaner Gesellschaften“.

Die Professorin für Mensch-Umwelt-Beziehungen, Claudia R. Binder und die Geografen Michael Jedelhausen und David Wagner vom Department für Geographie der Ludwig-Maximilians-Universität, spüren den „Phosphorwege(n) in Richtung Nachhaltigkeit“ nach. Dabei geht es vor allem darum, die Bedeutung und die positiven und negativen Auswirkungen der Phosphorversorgung und -knappheit weltweit zu reflektieren und für einen nachhaltigeren Umgang mit Phosphor einzutreten. An Fallbeispielen aus der Schweiz und aus München zeigt das Autorenteam die unterschiedlichen Aspekte des Phosphormanagements in der Landwirtschaft und Abfallwirtschaft auf. „Das zunehmende Wissen um die Grenzen mineralischer Phosphatvorkommen und eine daraus resultierende, gesellschaftlich-politische Debatte über die Schließung von Phosphatkreisläufen verändert jedoch gegenwärtig jene Prioritäten und kann mittelfristig Praktiken im Umgang mit Abfall und Abwasser neu formen“.

Der Historiker und Direktor des Rachel Carson Center for Environment and Society der Münchner Universität, Helmuth Trischler, setzt sich mit dem Thema „Recycling als Kulturtechnik“ auseinander. Er zeigt die verschiedenen Bedeutungszusammenhänge auf, wie sie sich aus ökonomischer, juristischer und kulturell-historischer Sicht ergeben. Die sich dabei ergebenden Herausforderungen für einen konsumbewussten Konsumenten machen deutlich, dass aus „einer kulturhistorisch geschärften Perspektive ( ) sich das Feld des Recycling … nicht nur auf die Rückführung von Abfall in den Kreislauf der Produktion und Konsum (bezieht), sondern ( ) auch Praktiken der Verlängerung des Lebenszyklus von Gebrauchsgütern durch Instandhaltung und Reparieren, der Ressourcenschonung durch die Weitergabe von gebrauchten Gütern oder Gegenständen und auch der Substitution von knappen Stoffen in Kommandowirtschaften, Kriegs- und Krisenzeiten (umfasst)“. Eine Entwicklung hin zum „Upsccling“ (Michael Braungart / William McDonough) ist zu fordern und zu fördern.

Weil sich Abfall im allgemeinen länger hält als die Existenz von Menschen, kommt der Betrachtung der „Zeiten“ beim Inwastement eine weitere Bedeutung zu. Die Münchner Professorin für Anthropologie und Umweltgeschichte, Gisela Gruppe, unternimmt mit ihrem Beitrag „Bioarchäologie des Abfalls“ einen Streifzug durch die Geschichte der Alltagsgeschichtsforschung. Es sind die Fundgruben, gezielten Ausgrabungen und zufälligen Entdeckungen, die das Wissen über die Menschheitsgeschichte bereichern und so aus dem „vergangenen“ Abfall aktuelle Aufschlüsse vermitteln. Es bietet sich an, Begriffe wie „Altlast“ auch unter den Gesichtspunkten einer historisch geleiteten, inhaltlichen Reflexion von „Nachhaltigkeit“ zu betrachten.

Jens Kersten fragt: „Eine Million Jahre?“, indem er über die juristische Metaphysik der atomaren Endlagerung reflektiert. Die bisherigen gesetzlichen Regelungen und (unzureichenden) Perspektiven bei der Endlagerung des hochradioaktiven Atommülls machen das Dilemma deutlich, dass die Abfallbeseitigung dieses höchstbrisanten und gefährlichen Mülls dazu führt, dass diese (unmögliche) Herausforderung „uns Menschen – solange es uns in den kommenden eine Million Jahren noch gibt – beherrschen wird“.

Der Literaturwissenschaftler, Historiker und Co-Direktor des RCC, Christof Mauch, beschließt den Sammelband mit seinem Essay „Abfall(ge)schichten“, indem er sich als „Müllhistoriker“ auf die Spuren eines (Müll-)Detektivs begibt. Es sind Erzählungen von Tatort-Krimis, von Müllsammlern auf den brennenden und stinkenden Deponien in der Welt, von maffiosen Strukturen und gewinnträchtigen Schiffsladungen von technischem Schrott aus den Industrieländern in Richtung der globalen Armenhäuser, von illegalen Entsorgungsaktivitäten an Land und im Meer. Die Mehrdeutigkeit des Begriffs „(Ge-)Schichten“ wird deutlich und gleichzeitig drängend, nämlich „dass die Schichten im Müll Spuren enthalten, die uns zu Verbrechern und Umweltverschmutzern führen können, die nahezu untrüglich unser Verhältnis zur Natur – menschliches Konsumverhalten, Aufbau, Zerstörung und Risiken für unsere Umwelt – vor Augen führen“.

Ein Orts-, Regionen- und Länderverzeichnis und ein Sachregister erleichtern die Beschäftigung mit dem Buch.

Fazit

Mit Abfällen leben. Die ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Herausforderungen darüber, wie wir unseren Müll entsorgen, Müllberge wachsen sehen, uns mit der Frage der Vor- und Entsorge von An- und Abfällen beschäftigen, uns der Verantwortung für eine für alle Menschen lebenswerte Umwelt bewusst werden, nach „Waste Justice“ rufen und vielleicht sogar eine Zukunft mit „Zero-Waste“ erhoffen, steht offensichtlich nicht auf der dringlichsten Agenda des Menschheitsdiskurses. So ist es lobenswert und lohnenswert, dass sich die Münchner Initiative „Inwastement“ daran gemacht hat, fächerbezogen, interdisziplinär und wissenschaftlich der Frage nach unserem Abfall mit dem Framework – waste units, waste systems, waste agents und waste governance – nachzugehen und sich der vielschichtigen Frage „Wie gehen wir mit unseren Abfällen um?“ in vier Schritten widmen: Dinge – Orte – Wege – Zeiten. Sie regen damit einen interdisziplinären, wissenschaftlichen Dialog an, der uns zu „Ausgräbern“ und „Spurensucher“ macht und aufzeigt, dass Abfall Ver- und Zerfall bedeuten kann, aber auch Recycling und Vor(aus)sicht ermöglicht, Wege weisen kann hin zu einer Kultur der Nachhaltigkeit und einem individuellen und kollektiven, lokalen und globalen Perspektivenwechsel, wie ihn die Weltkommission „Kultur und Entwicklung“ (1995) gefordert hat: „Die Menschheit steht vor der Herausforderung umzudenken, sich umzuorientieren und gesellschaftlich umzuorganisieren, kurz: neue Lebensformen zu finden“.

Der Sammelband wird für Biologen, Ökonomen, Ökologen, Ethnologen, Geografen, Kulturwissenschaftler, Historiker, Techniker, Juristen, Theologen, Pädagogen, und all jene empfohlen, die erkennen wollen, dass Abfall eine soziale Konstruktion ist und damit eine Herausforderung darstellt, „die Materialität des Abfalls und seiner Orte … stärker in den Blick zu nehmen“.

Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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Zitiervorschlag
Jos Schnurer. Rezension vom 17.03.2016 zu: Jens Kersten (Hrsg.): Inwastement - Abfall in Umwelt und Gesellschaft. transcript (Bielefeld) 2016. ISBN 978-3-8376-3050-3. Beziehungen Kulturen der Gesellschaft, Band 16. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/20614.php, Datum des Zugriffs 20.09.2024.


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