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Marco Conci, Wolfgang Mertens (Hrsg.): Psychoanalyse im 20. Jahrhundert

Rezensiert von Prof. Dr. Margret Dörr, 06.11.2017

Cover Marco Conci, Wolfgang Mertens (Hrsg.): Psychoanalyse im 20. Jahrhundert ISBN 978-3-17-028428-9

Marco Conci, Wolfgang Mertens (Hrsg.): Psychoanalyse im 20. Jahrhundert. Freuds Nachfolger und ihr Beitrag zur modernen Psychoanalyse. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2016. 256 Seiten. ISBN 978-3-17-028428-9. 30,00 EUR.

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Thema

Die in diesem Band von Expert_innen porträtierten Pionierinnen und Pioniere der Psychoanalyse werden hinsichtlich ihrer bedeutsamen theoretischen Beiträge und ihrer nachhaltigen Wirkung auf die psychoanalytische Praxis und Theoriebildung gewürdigt. Eindrucksvoll wird der Leserin und dem Leser aufgezeigt, in welcher Weise das jeweils gebündelte und reflektierte Erfahrungswissen dieser herausragenden Persönlichkeiten zum Fundament einer „pluralistischen Psychoanalyse“ gezählt werden muss und nach wie vor einen bedeutenden Rang im gegenwärtigen psychoanalytischen Diskurs einnehmen. Dabei werfen die in diesem Band skizzierten Portraits ein Licht auf die Geschichte der Psychoanalyse in den jeweiligen Ländern und verdeutlichen zudem, wie eng Leben und Werk oftmals zusammenhängen.

Entstehungshintergrund

Der vorliegende Band erscheint in der Buchreihe „Psychoanalyse im 21. Jahrhundert – klinische Erfahrung, Theorie, Forschung, Anwendungen“, die von Cord Benecke, Lilli Gast, Marianne Leuzinger- Bohleber und Wolfgang Mertens herausgegeben wird. Die Herausgeber/innen verbinden damit den Anspruch, gut verständlich in die verschiedenen Themenbereiche der Psychoanalyse einzuführen und dabei den gegenwärtigen Kenntnisstand nicht nur klassisch freudianisch oder auf eine bestimmte Richtung bezogen, sondern auch richtungsübergreifend und Gemeinsamkeiten aufzeigend darzustellen. Damit soll eine wichtige Lücke in der Fachliteratur geschlossen werden.

Herausgeber_innen der Reihe

  • Prof. Dr. Cord Benecke ist Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie am Fachbereich Humanwissenschaften der Universität Kassel.
  • Prof. Dr. phil. Lilli Gast ist Vizepräsidentin der International Psychoanalytic University in Berlin.
  • Prof. Dr. Marianne Leuzinger-Bohleber war geschäftsführende Direktorin des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt am Main und Professorin für Psychoanalytische Psychologie an der Universität Kassel.
  • Prof. Dr. Wolfgang Mertens war Professor für Klinische Psychologie und Psychoanalyse an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

Herausgeber des Bandes

Dr. med. Marco Conci ist Psychotherapeut und Psychoanalytiker (DPG, SPI, IPA) in eigener Praxis in München,

Prof. em. Dr. Wolfgang Mertens war Professor für Psychoanalyse und psychodynamische Forschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ist seit über 35 Jahren praktizierender Psychoanalytiker.

Aufbau

Zwölf Nachfolger_innen von Sigmund Freud werden von ausgewiesenen Expert_innen der Psychoanalyse porträtiert, wobei bereits die jeweiligen Überschriften die zentralen Fokussierungen der Pionier_innen der Psychoanalyse in Theorie und Praxis markieren (siehe Inhalt).

Dass es den Herausgebern Conci und Mertens besonders wichtig ist, auch die jeweiligen Verknüpfungen zwischen biografischen Lebensthemen und wissenschaftlichem Werk bei den Pionier_innen darzustellen, zeigen bereits die, von den meisten Autorinnen und Autoren hinreichend eingehaltenen, Vorgaben zur Gliederung der Portraits:

  1. Einführung
  2. Stationen des Lebens
  3. Psychoanalytische Herkunft, Prägungen, Abgrenzung
  4. Theoretische Orientierung
  5. Beziehung zu den psychoanalytischen Strömungen im Herkunftsland
  6. Veröffentlichung und Rezeption des Werkes im deutschsprachigen Raum
  7. Wichtige theoretische Beiträge und Konzepte
  8. Bedeutung für die zeitgenössische Psychoanalyse.

Des Weiteren macht diese „Idealgliederung“ der Herausgeber deutlich, dass auch mit diesem Band (durchaus erfolgreich) das Ziel verfolgt wird, Studierenden und Ausbildungskandidat_innen ein „didaktisches Instrument zur Verfügung zu stellen, durch welches die Komplementarität der historischen, der klinischen und der wissenschaftlichen Dimensionen der Psychoanalyse klar zum Ausdruck kommen kann.“ (S. 17).

Inhalt

Folgende Persönlichkeiten werden fokussiert dargestellt:

  • Anna Freud (1895-1982) – „Die Pionierin der Kinderanalyse“ von Thomas Aichhorn
  • Sandor Ferenczi (1873-1933) – „Emotion und Beziehung in der Psychoanalyse“ von Herbert Will;
  • Melanie Klein (1882-1960) – „‚Weibliches Genie‘ oder ‚Antigenie‘“ von Claudia Frank;
  • Donald W. Winnicott (1896-1971) – „Der unorthodoxe ‚mütterliche‘ Psychoanalytiker“ von Eveline List;
  • Wilfried R. Bion (1897-1979) – „Der Mut zur Unsicherheit und zum Nichtverstehen“ von Wolfgang Hegener;
  • John Bowlby (1907-1990) – „Der Bindungs-Psychoanalytiker“ von Karl Heinz Brisch;
  • Jacques Lacan (1901-1981) – „Rückkehr zu Freud und weiter“ von Chistian Kläui;
  • Jean Laplanche (1924-2012) – „Von Freuds eingeschränkter zur Allgemeinen Verführungstheorie“ von Udo Hock;
  • Harry Stack Sullivan (1892-1949) – „Der unerschrockene Pionier der interpersonalen Psychoanalyse“ von Marco Conci;
  • Heinz Kohut (1913-1981) – „Der empathische Psychologe des Selbst“ von Wolfgang Milch;
  • Heinrich Racker (1910-1961) – „Der Pionier der Gegenübertragung“ von Robert Oelsner;
  • Alexander Mitscherlich (1908-1982) – „Gesellschaftspolitisch engagierte Psychoanalyse“ von Timo Hoyer.

Fazit

Die von den Herausgebern vorgesehenen Kapitel werden von national und international bekannten Kolleginnen und Kollegen bearbeitet, die sowohl mit der geschichtlichen als auch klinischen Dimension der jeweiligen Protagonist_innen dezidiert vertraut sind. Wie intensiv diese sich mit dem Leben, der Entwicklung, der klinischen Anwendung und der Rezeption der jeweiligen Werke der Pioniere und Pionierinnen auseinandergesetzt haben, zeigen die respektvoll lebendigen, gehaltvollen und sprachlich gelungenen Portraits, die ich mit großem Genuss und inhaltlichem Gewinn gelesen habe.

Mit diesem Band ist es meines Erachtens den Herausgebern Conci und Mertens geglückt, eine überzeugende Auswahl von eigenwilligen, kreativen – und eben auch teilweise ehemals in der Psychoanalytischen Community angefeindeten – Pionierinnen und Pioniere vorzunehmen. Und zugleich kann die Wahl der Autorinnen und Autoren verstanden werden als Ausweis der pluralistischen Entwicklung und Ausrichtung der zeitgenössischen Psychoanalyse, die einem konstruktiven facettenreichen Dialog historisch ausgebildeter Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker offen steht.

Eine gelungene Einführung und zugleich ein exzellenter Überblick über „Freuds Nachfolger und ihr Beitrag zur modernen Psychoanalyse“, die für psychoanalytisch interessierte Leserinnen und Leser anregend ist.

Rezension von
Prof. Dr. Margret Dörr
Professorin (i. R.) für Theorien Sozialer Arbeit, Gesundheitsförderung an der Katholischen Hochschule in Mainz, Fachbereich Soziale Arbeit und Sozialwissenschaften. Arbeitsschwerpunkte: Affektabstimmungsprozesse in der Sozialpsychiatrie (BMBF-Projekt)‚ Psychoanalytische (Sozial)Pädagogik, Gesundheitsförderung.
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Es gibt 27 Rezensionen von Margret Dörr.

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Zitiervorschlag
Margret Dörr. Rezension vom 06.11.2017 zu: Marco Conci, Wolfgang Mertens (Hrsg.): Psychoanalyse im 20. Jahrhundert. Freuds Nachfolger und ihr Beitrag zur modernen Psychoanalyse. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2016. ISBN 978-3-17-028428-9. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/20781.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.


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