Giovanna Debatin: Frühpädagogische Konzepte praktisch umgesetzt
Rezensiert von Dr. Anke Meyer, 08.07.2016

Giovanna Debatin: Frühpädagogische Konzepte praktisch umgesetzt. Partizipation in der Kita. Cornelsen Verlag GmbH (Berlin) 2016. 126 Seiten. ISBN 978-3-589-15872-0. D: 15,50 EUR, A: 16,00 EUR, CH: 19,40 sFr.
Thema
Aktive gesellschaftliche Teilhabe kann schon früh gelernt werden. Bereits in der Kita können Kinder sich sowohl an alltäglichen als auch an besonderen Entscheidungen beteiligen. Partizipation ist eine Querschnittsaufgabe in der frühkindlichen Bildung. Um sie konsequent umzusetzen, müssen alle Bereiche im Kita-Alltag auf ihre Beteiligungsmöglichkeiten hin unter die Lupe genommen werden. Wie das aussehen kann, zeigt Giovanna Debatin, Fachfrau für Kinderpartizipation, sehr praxisnah.
Aufbau und Inhalt
In einer kurzen theoretischen Einführung zeigt Debatin, was Partizipation ist und wie sie rechtlich verankert ist. Außerdem geht sie auf die unterschiedlichen Grade der Partizipation ein.
Im zweiten Kapitel „Viele Wege führen zur Partizipation – Beispiele aus der Praxis und für die Praxis“ geht es zunächst darum eine Basis zu schaffen, um mehr Partizipation in der Kita möglich zu machen. Dabei gibt sie dem Team, das sich auf den Weg zu mehr Partizipation machen möchte, erst einmal selbst Raum, um sich zu überlegen, warum es mehr Partizipation geben soll, um dann eine gemeinsame Definition hierfür zu finden. Die einzelnen Teammitglieder bekommen die Möglichkeit, sich bewusst zu machen, was eine entsprechende Veränderung für jeden persönlich bedeutet. Debatin macht den Vorschlag in einer gemeinsamen Kita-Verfassung die Eckpunkte für eine partizipative Kita festzulegen.
Im zweiten Teil des Kapitels – dem umfangreichsten Teil des Büchleins – beleuchtet Debatin, welche Möglichkeiten der Partizipation in einer Vielzahl von Alltagssituationen zu finden sind. Sie geht beispielsweise auf das Wickeln ein, auf das Schlafen und auf das Essen. Auch auf komplexere Themen wie Raumgestaltung, Personalauswahl und Finanzen. Dabei hat sie immer alle Beteiligten im Blick, wie z. B. Kinder, Eltern und Mitarbeiter/innen.
Das dritte Kapitel heißt „Darauf müssen sie achten“. Hier geht es um die notwendige Haltung, um partizipativ arbeiten zu können, darum wie die Eltern miteinbezogen werden können, um die klare Begrenzung der partizipativen Freiräume und um Qualitätsstandards, um die eigene Arbeit überprüfen zu können.
Im vierten Kapitel „Stolpersteine und Tipps“, werden Widerstände thematisiert, die bei einer Umgestaltung einer Kita zu mehr Partizipation auftreten können. Dabei geht es sowohl um die eigenen Widerstände, Widerstände von Eltern, die den Sinn des ganzen nicht verstehen, und um Widerstände im Team.
Im Anhang findet sich eine Verfassung eines AWO Kinderhauses. außerdem gibt es Hinweise auf weiterführendes Material und eine ausführliche Literaturliste.
In jedem Kapitel gibt es zahlreiche Praxisbeispiele, Bilder und konkrete Tools, um die partizipative Arbeit voranzutreiben.
Diskussion
Das Buch ist ein eher schmales Bändchen von ca. 120 Seiten, angefüllt mit reichhaltigen Praxistipps. Es eignet sich gut, um sich zur Weiterentwicklung in Sachen Partizipation anregen zu lassen. An einigen Stellen musste ich schlucken, weil Debatin den Kindern sehr weit reichende Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet, so dass ich befürchtete, dass der Kita-Alltag bald nur noch aus Aushandlungsprozessen zwischen allen Beteiligten besteht.
Auf der anderen Seite betont Debatin immer wieder, auch die eigenen Grenzen in den Blick zu nehmen und nicht alles auf einmal zu verändern. Freiräume gelten eben nicht nur für die Kinder. Auch die Erzieherinnen und Erzieher sollen am Partizipationsprozess partizipieren und letztlich sind sie es, die die Grenzen der Freiräume so abstecken, dass sie sich mit ihrer Arbeit weiterhin identifizieren können.
Fazit
Ein Buch für die Praxis mit vielen anregenden Ideen und Denkanstößen und so viel Theorie wie nötig.
Rezension von
Dr. Anke Meyer
Lehrerin am Berufskolleg,
Fachleiterin für Sozialpädgogik in der LehrerInnenausbildung
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