Maria Kurz-Adam: Kinder auf der Flucht
Rezensiert von Julia Schindewolf, 12.06.2018
Maria Kurz-Adam: Kinder auf der Flucht. Die Soziale Arbeit muss umdenken. Verlag Barbara Budrich GmbH (Opladen, Berlin, Toronto) 2016. 120 Seiten. ISBN 978-3-8474-0574-0. D: 12,90 EUR, A: 13,30 EUR, CH: 16,90 sFr.
Thema
Dr. Maria Kurz-Adam beschreibt in Ihrem Buch die Herausforderungen mit denen sich die professionelle Soziale Arbeit im Rahmen der Aufnahme der hohen Zahl von Flüchtlingen seit Herbst 2015 konfrontiert sieht. Schwerpunkt ist hierbei der Blick auf die unzähligen Kinder, die begleitet oder unbegleitet, Teil dieser Fluchtbewegung waren.
Autorin
Dr. Maria Kurz-Adam, ehemalige Leiterin des Stadtjugendamtes München
Aufbau und Inhalt
Das Buch ist in sechs Hauptkapitel und einen abschließenden Ausblick in die Zukunft gegliedert. Die Deutsche Nationalbibliothek bietet Einblick in das Inhaltsverzeichnis.
Im ersten Kapitel Flucht nach Europa wird die aktuelle Fluchtbewegung beschrieben und in einen Zusammenhang mit den Fluchtbewegungen weltweit gesetzt. Es werden Fluchtgründe, Fluchtwege sowie das Leben nach dem Ankommen beschrieben.
Das zweite Kapitel Kinder auf der Flucht I: die begleiteten Kinder nimmt Kinder, die mit ihren Familien nach Deutschland kommen, in den Blick. Die Situation der Unterbringung in Großunterkünften und die daraus resultierenden Verletzungen des Kindeswohls werden thematisiert. Kurz-Adam beschreibt, wie Errungenschaften der letzten Jahren in Bezug auf das Kindeswohl in dieser Situation der Unterbringung wieder aus dem Blick geraten und fordert die Profession der Sozialen Arbeit auf in Bezug auf dieses Gruppe sichtbarer zu werden.
Kinder auf der Flucht II: die unbegleiteten Kinder beschreibt die Situation der unbegleiteten Minderjährigen in den Blick und beschreibt Fluchtgründe und -erlebnisse dieses besonderen Klientel. Hierbei wird auch auf einen möglichen Umgang mit Gewalterfahrungen und deren Auswirkungen sowie Traumatisierungen eingegangen.
Das vierte Kapitel Flucht und Hilfe nimmt die Ausgestaltung der jeweiligen Hilfesysteme im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe in den Blick, beschreibt die immensen Schwierigkeiten und Herausforderungen vor die Fachkräfte in den Einrichtungen und vor allem den Jugendämtern gestellt wurden. Kurz-Adam stellt dabei insbesondere die Diskrepanz zwischen dem helfenden sowie dem prüfenden, organisierenden Anteil sozialer Arbeit in den Mittelpunkt und mahnt an, den helfenden Anteil nicht aus den Augen zu verlieren.
Überleben als Erziehungsbedarf stellt erneut die Kinder und Jugendlichen mit ihren speziellen Bedürfnissen aufgrund des Erlebens extremer Lebenssituationen in den Mittelpunkt und beschreibt die Herausforderungen, die sich hieraus für die Fachkräfte ergeben.
Im letzten Kapitel Moderne und Menschlichkeit beschäftigt sich Kurz-Adam mit der Frage, was der Kern jeglicher menschlicher Hilfe sei. Hierzu stellt sie Soziale Arbeit und Sozialpolitik in eine Verbindung und beschreibt die Rationalität heutiger Hilfen nach außen hin. Hierbei bezieht sie mehrere Modelle sozialer Arbeit aus der Vergangenheit mit ein, wie z.B. von Korzack oder DonBosco.
Im Kapitel Zukunftsaussichten fordert die Autorin dazu auf, dass die Profession der Sozialen Arbeit die Menschlichkeit in ihrem Auftrag wieder entdeckt und sich nicht ausschließlich aus ökonomischen und politischen Aspekten heraus definiert.
Fazit
Dr. Maria Kurz-Adam beschreibt in ihrem Buch die Lebenssituation begleiteter und unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge im Rahmen des deutschen Hilfesystems. Sie tut dies auf sehr einfühlsame Weise indem sie die Geschichten der Kinder und Jugendlichen betrachtet und mit einbringt. Gleichzeitig übt sie auf faire Art und Weise Kritik an der Ausgestaltung der Hilfen und plädiert an den Auftrag Sozialer Arbeit, die Menschlichkeit der Hilfen wieder in den Mittelpunkt zu stellen und sich nicht von Ökonomie, Politik und Verwaltung dominieren zu lassen. Dabei ist dieses Fachbuch nicht gefüllt mit Fakten sondern mit Erfahrungen aus der direkten Arbeit und einem sehr persönlichen und menschlichen Blick auf ein besonderes Klientel und eine Profession, die sich neu finden muss, um ihrem Auftrag gerecht zu werden.
Rezension von
Julia Schindewolf
Sozialarbeiterin M.A., Traumapädagogin, im Bereich unbegleitete minderjährige Flüchtlinge tätig
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Es gibt 9 Rezensionen von Julia Schindewolf.
Zitiervorschlag
Julia Schindewolf. Rezension vom 12.06.2018 zu:
Maria Kurz-Adam: Kinder auf der Flucht. Die Soziale Arbeit muss umdenken. Verlag Barbara Budrich GmbH
(Opladen, Berlin, Toronto) 2016.
ISBN 978-3-8474-0574-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/21115.php, Datum des Zugriffs 23.01.2025.
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