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Sandra Mantz: Kommunizieren in der Pflege

Rezensiert von Prof. Dr. Olaf Scupin, 01.03.2017

Cover Sandra Mantz: Kommunizieren in der Pflege ISBN 978-3-17-025750-4

Sandra Mantz: Kommunizieren in der Pflege. Kompetenz und Sensibilität im Gespräch. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2016. 140 Seiten. ISBN 978-3-17-025750-4. D: 14,00 EUR, A: 14,40 EUR, CH: 20,90 sFr.

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Thema

Wieder ein Buch über Kommunikation in der Pflege! Ist das Anliegen der Autorin nicht überflüssig? Keinesfalls. Die zukünftige Innovationskraft der Branche Gesundheitswesen wird im Wesentlichen von der Qualität der Kommunikation abhängen. Die technische Entwicklung (z.B. Medizingeräte, Robotik, …), die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine und Maschine und Mensch muss zweifelsohne verbessert werden, doch die letztendliche Qualität einer humanen Dienstleistung wird von der Art und Weise der direkten Kommunikation zwischen den Menschen wesentlich beeinflusst. Die Patienten, Bewohner und Klienten erleben immer mehr sich widersprechende Aussagen über ihren Zustand, es werden Mehrfachmeinungen eingeholt, es besteht zum Teil eine Misstrauenskultur zwischen dem Gesundheitssystem und der Bevölkerung. Die Komplexität, mit einer immer größeren Spezialisierung der Professionen, führt zu immer mehr Schnittstellen im Versorgungsprozess. Fehler in der Kommunikation sind eine der Ursachen für Behandlungsfehler.

Auch wenn es in dem vorliegenden Buch vordergründig nicht um diese Dimension der Kommunikation geht, befasst sich die Autorin mit den Rahmenbedingungen in denen Kommunikation statt findet und bietet Reflexionsmöglichkeiten die eigene Wahrnehmung zu strukturieren. Dabei wird der Aspekt einer humanen Kommunikation in den Vordergrund gestellt. Wesentlicher Bestandteil dieses Reflexionsprozesses ist für die Autorin die Sensibilisierung für die alltäglichen Sprachmuster, die ja gerade immer wieder dazu führen, das Menschen sich gerade nicht verstehen oder missverstanden fühlen.

Die Autorin leitet die Inhalte des Buches aus einer stringent empirischen Perspektive ab. Diese ist zulässig, da Frau Mantz auf einen reichhaltigen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann. Ein wissenschaftlicher Bezugsrahmen wird durch einen zugegebenermaßen kurzen Diskus in die Neurobiologie und die Psychologie (Psychotherapie) angeboten. Die Autorin verspricht mit ihrem Buch auch keinen wissenschaftlichen Anspruch, sondern erreicht mit den Inhalten den interessierten Laien und professionell Pflegende in Lern- und Reflexionsprozessen, die durch den Alltag gespeist werden.

Aufbau

Ein vollständiges Inhaltsverzeichnis ist auf der Homepage des Verlags einsehbar.

Inhalte

Sprache ist handlungsleitend! Handlungen oder besser das Verhalten von Menschen basieren auf den individuellen und wissenschaftlichen Menschenbildern. Diese strukturieren unsere Wahrnehmung und somit eben auch unser Handeln. Vor diesem Hintergrund formuliert die Autorin ein subjektives Pflegeverständnis (S.17) und stellt ausgewählte Kompetenzen vor, über die professionell Pflegende verfügen sollten. Anschließend wird die Funktion der Fachsprache (Sprache der Diagnostik, der Therapie, …) erläutert.

Im Kapitel „Sensibilisierung“ geht es dann gleichsam um das Erkennen der alltäglichen Sprachmuster, die im Arbeitsalltag immer wieder zu einer verletzenden, ignorierenden (die Galle von Zimmer 5) oder floskelhaften („Ich kümmere mich gleich um Sie.“) Kommunikation führen. Nach dem Lesen dieses Kapitel werden sich die Leser zwangsweise einer Betroffenheit stellen müssen, erkennt die Leserschaft doch die eigenen Defizite in der alltäglichen Kommunikation. Die Beschreibung der Sprachmuster hält den reflektierenden Berufspraktikern gleichsam einen Spiegel vor und versetzt die Leser in eine Erwartungshaltung, wie eine verbesserte Kommunikation möglich wird. Die Autorin nennt diese die Sensibilisierungsschritte. Zum Verständnis werden die verschiedenen Perspektiven der Laien und der Profis, wie sie aus den unterschiedlichen Rollen im Gesundheitssystem resultieren, verständlich vermittelt.

So wird denn auch im Kapitel über die Sprachbilder gleichsam ein Perspektivwechsel vorgenommen. Dass Sprache Bilder auslöst wird, gleichsam visuell zum Beispiel durch kleine Comics verständlich vermittelt. Sprachbilder dienen auch dazu die zum Teil „pathologischen“ Inhalte eines Wortes oder Satzes zu identifizieren (Übergabe am Bett, ein Wort schenken,.) und über eine Paradoxie transparent zu machen.

Als eigentliches Ziel des vorliegenden Büchleins kann unterstellt werden, das der Autorin an einer humanen Gesprächsführung gelegen ist. Wesentliche Grundlage für die Realisierung des genannten Zieles sind das (Zu-)Hören und die Empathie. Die Empathie soll die professionell Pflegenden in die Lage versetzen mit „heilsamen Worten zu heilen“. Durch Begriffe wie Sanftmut und Frieden soll bei dem Dialogpartner ein kognitiver, „emotionaler und verbaler Raum“ (S.106) gegeben werden. Gemeint ist hier die Möglichkeit des Patienten seine Perspektive auch darstellen und mitteilen zu können.

Ab Kapitel 8 wird für das Erlernen des vorgestellten Kommunikationsansatzes eine Qualifizierungsmaßnahme vorgestellt. Somit können interessierte Leserinnen und Leser das vermittelte Wissen vertiefen und strukturiert erlernen.

Fazit

Das vorliegende Buch „Kommunizieren in der Pflege“ kann als Kompendium zur Reflexion des individuellen Kommunikationsverhaltens in der Pflegepraxis dienen. Ebenso kann das Büchlein zur Vorbereitung auf „schwieriger“ Klienten- oder Patientengespräche verwendet werden. Eine breitere wissenschaftsbasierte Begründung der Wirksamkeit des vorgestellten Kommunikationskonzeptes wäre für die nächste Auflage wünschenswert.

Die beschriebenen Praxisbeispiele erleichtern den Transfer in die Pflegepraxis. Der Schreibstil der Autorin ist erfrischend, die Sprache verständlich und das Buch ist insgesamt kurzweilig zu lesen.

Warum die Autorin am Ende des Buches ausführlich auf eine Qualifizierungsmaßnahme zur „Kommunikationsexpertin“ hinweist erschließt sich dem Leser nicht. Somit sei der Hinweis erlaubt, dass die Autorin diese Maßnahme selbst anbietet und sich somit eine Marketingfunktion hinter dem Kapitel 8 verbirgt.

Insgesamt ist das Buch für die Pflegepraxis uneingeschränkt empfehlenswert.

Rezension von
Prof. Dr. Olaf Scupin
Professur für Pflegemanagement an der Ernst-Abbe-Hochschule (EAH) Jena, Mitglied der Leibniz-Sozietät zu Berlin, Direktor am Institut für Coaching und Organisationsberatung der EAH Jena, Diplom-Pflegewirt (FH), Pflegedirektor, Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivpflege, Krankenpfleger, Weiterbildung zur Leitung einer Station oder Abteilung am ÖTV-Institut Duisburg
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Es gibt 14 Rezensionen von Olaf Scupin.

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ISSN 2190-9245