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Meggi Khan-Zvorničanin: Kultursensible Altenhilfe?

Rezensiert von Prof. Dr. Josefine Heusinger, 27.01.2017

Cover Meggi Khan-Zvorničanin: Kultursensible Altenhilfe? ISBN 978-3-8376-3476-1

Meggi Khan-Zvorničanin: Kultursensible Altenhilfe? Neue Perspektiven auf Programmatik und Praxis gesundheitlicher Versorgung im Alter. transcript (Bielefeld) 2016. 316 Seiten. ISBN 978-3-8376-3476-1. D: 39,99 EUR, A: 41,20 EUR, CH: 48,70 sFr.

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Thema

Meggi Khan-Zvorničanin eröffnet mit ihrem Buch neue Perspektiven auf den Fachdiskurs zum Themenkomplex Alter, Migration und Versorgung. Dazu verbindet sie zwei Sichtweisen: Die tatsächlich gelebte Praxis der Versorgung von alten MigrantInnen in der ambulanten, stationären und offenen Altenhilfe und die Analyse des Diskurses über diese Praxis. Methodisch verbindet sie in dieser Arbeit poststrukturalistische und praxeologische Forschungsperspektiven zu einem grundlagentheoretisch und methodologisch neuartigen Vorgehen, mit dem sie für Theorie und Praxis relevante Ergebnisse erzielt.

AutorIn

Meggi Khan-Zvorničanin ist Krankenschwester und Diplom Pflegepädagogin. Sie war Promotionsstipendiatin der Robert Bosch Stiftung und Gastwissenschaftlerin am WZB in der Forschungsgruppe Public Health. Heute arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Camino gGmbH in den Bereichen Arbeit, Bildung und Gesundheit mit dem Schwerpunkt Migration/Integration und soziale Teilhabe. Frau Khan-Zvorničanin hat langjährige Erfahrung als nebenberufliche Honorardozentin für die pflegeberufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung (Schwerpunkte: Gesundheit und Migration, Palliative Care) u. a. an Hochschulen und als externe Qualitätsbeauftragte einer stationären Altenpflegeeinrichtung.

Entstehungshintergrund

Das Buch basiert auf der Dissertation der Autorin, mit der sie 2015 mit „summa cum laude“ an der Freien Universität Berlin zur Drin. phil. promoviert wurde. Die Dissertation wurde von Prof. Dr. Ralf Bohnsack und Prof. Dr. Olivia Dibelius betreut.

Aufbau

Das Buch beginnt mit einem Überblick über die fachwissenschaftliche Rede über die Versorgung alter MigrantInnen, gefolgt von der Analyse dieses Diskurses. Nach der Erörterung des methodischen Vorgehens und einer knappen Einführung in die Strukturen der Altenhilfe folgt die Rekonstruktion der Handlungspraxis auf Basis der Auswertung von Interviews und Gruppendiskussionen mit Fachkräften. Die Typenbildung wird in mehreren Schritten durch verschiedene Interpretationsfolien validiert. In den zusammenführenden Kapiteln werden abschließend verschiedene theoretische Anschlüsse aufgezeigt sowie das methodische Vorgehen reflektiert.

Inhalt

Mit der Methode der Diskursanalyse analysiert die Autorin zunächst anhand von einschlägiger Fachliteratur, wann und in welchem Kontext alte MigrantInnen überhaupt ein Thema im Fachdiskurs wurden. Demnach thematisieren erste Texte in den 1980ern spezifische Versorgungsprobleme. Ab ca. 1990 nimmt die Zahl der Publikationen zum Thema kontinuierlich und sprunghaft zu. Zunehmend geht es um ‚interkulturelle Kompetenzen‘, die zu entwickeln seien, und um die ‚Öffnung‘ der Einrichtungen für die Zielgruppe sowie den Abbau von Diskriminierungen.

Diese Entwicklung hat keineswegs nur etwas mit der wachsenden Größe der Zielgruppe zu tun. Vielmehr kann die Autorin zeigen, wie sich diese Forderungen in den gleichzeitigen Prozess der Ökonomisierung des Sozialen einfügen: Mit Einführung der sog. Neuen Steuerung bzw. dem New Public Management wird das alte korporatistische System des Wohlfahrtsstaates abgelöst. Aus PatientInnen werden KundInnen, ein ‚Pflegemarkt‘ entsteht, Kundenorientierung, Effizienz und Qualitätsmanagement sind nur einige der neuen Schlagworte, die die Ausrichtung an der Marktlogik kennzeichnen.

Die ‚interkulturelle Öffnung‘ stellt sich in diesem Kontext als wenig konkretes, aber weithin konsensfähiges Ziel dar, das die Autorin als „Platzhalter“ in einem Diskurs bezeichnet, der verschiedene Argumentationsstränge aufnimmt (Kapitel 3.4, S. 69). So werden Themen wie demographischer Wandel, Migration und Versorgungsqualität mit dem Fokus zusammengebracht, dass hier Kosten entstehen bzw. eingespart werden können, und mit der gleichzeitigen Forderung nach ‚Kultursensibilität‘ zugleich vor Kritik weithin geschützt, weil Diskriminierung im Sozial- und Gesundheitsbereich verbreitet auf Ablehnung trifft. Als problematisch schätzt die Autorin ein, dass bislang unklar blieb, ob bzw. inwiefern die Programmatik dieses Fachdiskurses überhaupt an die Logik der Praxis im Versorgungsalltag anschlussfähig ist. Trotz dieser Wissenslücke ist dieser von anhaltenden Klagen über die unzureichende ‚Kultursensibilität‘, wahlweise ‚interkulturelle Öffnung‘ der Praxis geprägt.

Damit ist die Frage für das zweite große Thema des Buches gestellt: Wie gehen Fachkräfte aus Pflege und Sozialer Arbeit in ihrem beruflichen Alltag mit der Vielfalt um?

Um diese Frage zu beantworten, gibt die Autorin der folgenden Untersuchung im Kapitel 4 zunächst einen metatheoretischen Rahmen: Die praxeologische Wissensoziologie, die Ralf Bohnsack in Fortführung der Arbeiten Karl Mannheims und Pierre Bourdieus weiterentwickelt hat, interessiert sich dafür, wie Menschen in ihrem Handeln die verschiedenen von außen an sie herangetragenen Anforderungen umsetzen. Im Pflegeberuf gehört dazu bspw. die Frage, wie sie die Forderung aus dem Versorgungsdiskurs nach ‚interkultureller Öffnung‘ im Pflegealltag umsetzen.

Die genannten Theoretiker haben herausgearbeitet, dass sich der Umgang mit solchen programmatischen Anforderungen stets auf zwei kategorial verschiedenen Wissensebenen vollzieht: Unterschieden wird einerseits ein theoretisch-reflektiertes, verstandesmäßig begriffenes, kommunikativ beschreibbares Wissen und andererseits ein implizites, die Handlungspraxis orientierendes, atheoretisch-konjunktives Wissen, das die Menschen nicht ohne Weiteres benennen können, das sich aber in ihrer Alltagspraxis zeigt. Die Dokumentarische Methode nach Bohnsack zielt darauf ab, insbesondere dieses konjunktive Wissen systematisch aufzuspüren. Rekonstruiert werden hierbei vor allem von mehreren Menschen geteilte konjunktive Sinngehalte, welche sie zu Gruppen, sozialen Milieus, kleinen Lebenswelten mit gemeinsam geteilten Handlungsorientierungen oder ‚Haltungen‘ verbinden. Mit Bezug auf den Bourdieu´schen Habitusbegriff kann man es auch so ausdrücken, dass die Dokumentarische Methode hier auf die Rekonstruktion des professionellen Habitus der Beforschten abzielt.

Mithilfe der Dokumentarischen Methode rekonstruiert Meggi Khan-Zvorničanin drei verschiedene Versorgungsstile bzw. -milieus (Kapitel 7-11). Dazu hat sie Interviews und Gruppendiskussionen mit MitarbeiterInnen von ambulanten Pflegediensten, Pflegeheimen und aus der offenen Altenhilfe geführt. Die Schritt für Schritt vorgestellte und ausgesprochen spannend zu lesende Analyse erlaubt es, die Interpretationen der Autorin genau nachzuvollziehen.

Sie stellt fest, dass alle PraktikerInnen im Umgang mit KlientInnen mit und ohne Migrationshintergrund stets vor der gleichen professionellen Herausforderung stehen, die sie als „Basistypik“ identifiziert. Denn sie müssen immer wieder aufs Neue zwei Anforderungen mit jeweils unterschiedlichen und oft widersprüchlichen Handlungslogiken unter einen Hut bringen. Hierbei handelt es sich einerseits um instrumentelles Handeln, also die Durchführung der jeweils vorgesehenen (pflegerischen) Maßnahmen, und andererseits um soziales Verstehen. Während dem instrumentellen Handeln eine eher schematische Handlungslogik zugrunde liegt, erfordert das sozial verstehende Handeln genau das Gegenteil, nämlich ein persönliches sich-Einlassen auf das Gegenüber. Im Folgenden untersucht die Autorin, welche milieuspezifischen ‚Haltungen‘ bzw. Versorgungsstile ihre InterviewpartnerInnen im Umgang mit dieser „Basistypik“ professionellen Handelns (Kapitel 7.1) herausgebildet haben.

Sie kann drei Typen von Versorgungsmilieus unterscheiden, die sie mit A, B und C bezeichnet.

  • Sehr knapp zusammengefasst erwarten die Fachkräfte des Versorgungstyps A implizit von ihren PatientInnen eine weitgehende Anpassung an die Versorgungsstrukturen und Akzeptanz der institutionalisierten Expertenmacht. Homogenisierende und stereotypisierende Beschreibungen von alten MigrantInnen, die schlecht „zu führen“ (S.188) und eine Zumutung seien, stehen eigentlich für unangepasste PatientInnen, die der „richtigen Arbeit“, insbesondere der professionellen Behandlungspflege nicht mit dem stillschweigend als ‚normal‘ vorausgesetzten Anpassungsverhalten begegnen. Die pauschalisierende Wahrnehmung und Betonung von Differenz versperrt die Sicht auf individuelle Potenziale und Lösungsansätze. Als Ausweg aus den häufig vorprogrammierten Konflikten wird mehrfach beschrieben, die weitere Arbeit mit diesen „schwierigen“ PatientInnen als unzumutbar empfunden und daher abgelehnt zu haben. Bei diesem Typus herrscht als habitueller Versorgungsstil das Primat der instrumentellen Expertise vor (S. 243).
  • Der Versorgungstyp B zeichnet sich durch eine starke Orientierung der Fachkräfte an dem individuellen Recht der PatientInnen auf Autonomie aus, dem sich das instrumentelle fachliche Handeln im Zweifelsfalle unterordnen muss. Diese Fachkräfte sehen sich im ambulanten Bereich als Gäste in den Wohnungen ihrer PatientInnen und wiederholen im Pflegeheim das Angebot des Waschens eben eine Stunde später, wenn es zunächst abgelehnt wird. In ihren Erklärungen greifen sie stark auf kommunikatives Wissen zurück, typisch sind Argumentationsfiguren aus dem interkulturellen Versorgungsdiskurs. Zugleich wird in den Erzählungen das Wissen dieser Fachkräfte um die Bedeutung des sozialen Verstehens deutlich, für das das konjunktive, implizite Wissen entscheidend ist. Wenn dies benötigt wird, greifen sie auf professionelle Strategien wie Fallberatungen oder die Hinzuziehung von kompetenten PartnerInnen zurück, mit denen sie vernetzt sind. In ihren Beschreibungen des Arbeitsalltags und ihren Erklärungen für das Handeln kommen häufig marktwirtschaftliche Begriffe wie Kunden- und Dienstleistungsorientierung oder Hinweise auf die Konkurrenz anderer Dienste vor. Diesen Typus beschreibt die Autorin als geprägt von einer „Balance zwischen der Anerkennung der individuellen Autonomie einer hilfebedürftigen Person und dem Prinzip der Versorgung“ (S. 244).
  • Der Versorgungstyp C bewältigt die Widersprüche zwischen sozialem Verstehen und instrumentellem Handeln durch einen „professionellen Zugang zum konjunktiven Erfahrungsraum“ (S. 244). Implizit wissend, dass Pflege und Versorgung ohne Vertrauen der Patientinnen nicht wirklich gelingen können, legen diese Fachkräfte großen Wert darauf, diese mit allen PatientInnen herzustellen, indem sie stets aktiv Gemeinsamkeiten aufspüren und sichtbar machen, notfalls mit Händen und Füßen, oder Berührungen, wenn bspw. eine sprachliche Verständigung erschwert ist. In ihren Schilderungen spielen ‚kulturelle‘ Unterschiede bei alten MigrantInnen keine große Rolle, es werden vielmehr immer wieder Gemeinsamkeiten festgestellt.

Nach der Rekonstruktion der Versorgungstypen aus den Interviews wird eine weitere Interpretationsfolie über die Ergebnisse gelegt: Die institutionelle Zugehörigkeit und Position der InterviewpartnerInnen (Kapitel 12.1). Dies erlaubt wichtige Schlüsse, weil deutlich wird, dass die Zugehörigkeit zu den verschiedenen Typen keine individuelle Entscheidung, sondern eng mit den Arbeitsbedingungen verknüpft ist. So benötigt der Typ C große eigene Entscheidungsspielräume für selbstbestimmtes berufliches Handeln, wie sie am ehesten in der ambulanten Pflege und dort insbesondere in innovativen (Modell-)Projekten gegeben sind. Der Typ A ist im Gegensatz dazu geprägt von strikten institutionellen Vorgaben, wie sie typischerweise stationäre Pflegeeinrichtungen kennzeichnen, die Fachkräfte dieses Typs finden sich eher am unteren Ende der Hierarchie oder arbeiten sehr weisungsgebunden. Bei den InterviewpartnerInnen des Typs B fällt auf, dass sie eher in Leitungsfunktionen arbeiten. Damit arbeiten sie patientenferner, haben Entscheidungsbefugnisse und sind in besonderer Weise in der Verantwortung, sich die marktwirtschaftliche Logik des Versorgungsdiskurses zu eigen zu machen.

In der Diskussion stellt die Autorin die Anschlussfähigkeit ihrer Analyse an weitere fachpraktische und wissenschaftliche Disziplinen dar. Unter Bezug auf den Philosophen Welsch argumentiert sie, dass mit dem Begriff „Kultur“ immer eine Differenz konstruiert und zur Erklärung für soziale Phänomene gemacht wird. Dies verdeckt jedoch die entscheidende Tatsache der überwiegenden Gemeinsamkeiten und liefert letztlich vor allem Zündstoff für Konflikte bis hin zu Gewalt und Kriegen. Mit Welsch und anderen sieht sie in der „Transkulturalität“ (Welsch 1994, 1995), die die Gemeinsamkeiten betont und aufspürt, einen Ausweg. Die Parallelen zum Versorgungsmilieu C, bei dem mit dem professionellen Zugang zum konjunktiven Erfahrungsraum stets die Suche nach Gemeinsamkeiten im Mittelpunkt steht, liegt auf der Hand.

Beleuchtet wird weiterhin der Bezug zu anderen pflegewissenschaftlichen Forschungsergebnissen (Domenig 2001, Watson 1996), die darauf verweisen, dass das soziale Verstehen bzw. der professionelle Zugang zum konjunktiven Erfahrungsraum für eine an der Würde des Menschen ausgerichtete Pflege fundamental ist. Wie diese Fähigkeiten (pflege-)pädagogisch zu vermitteln sind, sollte deshalb künftig untersucht werden.

Diskussion

Mit ihrem neuartigen Ansatz gelingt es Frau Khan-Zvorničanin, neue Sichtweisen auf viele Aspekte der „Kultursensiblen Altenhilfe“ zu werfen, so dass sich das Fragezeichen am Ende des Buchtitels in der Rückschau als mehr als berechtigt erweist. In der Verbindung ihrer Diskursanalyse mit der Rekonstruktion der Praxis wird sichtbar, wie zum einen die Rede von der ‚interkulturellen Öffnung‘, so sehr sie antidiskriminierend gemeint sein mag, doch das argumentative Futter für die Reproduktion der Konstruktionen von ‚kulturell‘ bedingter Differenz liefert. Dies spiegelt sich nicht zuletzt in den Äußerungen der Fachkräfte. Zum anderen weist sie nach, dass die ‚interkulturelle Öffnung‘ vor allem als eine Leerformel im Diskurs der Vermarktwirtschaftlichung des Sozialen fungiert, welche umstandslos durch andere wie bspw. Demenzfreundlichkeit ersetzt werden kann.

Mit den auf der Ebene der Handlungspraxis herausgearbeiteten Typen beschreibt sie unterschiedliche Versorgungsstile, deren Genese nicht zuletzt mit den Arbeitsbedingungen, besonders den Spielräumen für professionelle Autonomie in der Ausgestaltung des Arbeitsalltags, zusammenhängt. Damit eröffnet sie den Blick für Aspekte von Versorgungsqualität, die bislang kaum beachtet werden, aber ein Schlüssel für eine menschenwürdige Versorgung sind.

Die Zusammenführung der beiden Perspektiven zeigt, wie durchdacht die Methodenwahl war, denn zu untersuchen, ob und wie fachpraktische Diskurse das Handeln der Fachkräfte beeinflussen, erschien bislang nachgerade unmöglich. Frau Khan-Zvorničanin hat dies nicht nur überzeugend getan, sie kann damit auch zeigen, mit welcher „Klugheit der Praxis“ (Kapitel 14.4) die Fachkräfte mit den Widersprüchen aus fachlich-instrumentellen und lebensweltlich-menschlichen Anforderungen im Versorgungsalltag umgehen – auch wenn das aus Sicht der Versorgten nicht immer optimal sein mag.

Hervorzuheben ist schließlich die Sorgfalt, mit der Frau Khan-Zvorničanin formuliert und stets bestrebt ist, auch für LeserInnen mit geringeren theoretischen und empirischen Vorkenntnissen Zusammenhänge genau zu erläutern.

Fazit

Nicht nur in der Altenhilfe, sondern auch im Bildungs- und Gesundheitswesen ist das Ringen um einen ‚kultursensiblen‘ Umgang mit zugewanderten Menschen heute fester Bestandteil des professionellen Diskurses. Mit ihrem Buch bietet Meggi Khan-Zvorničanin deshalb LeserInnen aus verschiedenen Disziplinen spannenden Stoff für kritische (Selbst-) Reflektion. Denn sie hinterfragt nachvollziehbar und präzise zum einen, was eigentlich genau mit ‚interkultureller Öffnung‘ bzw. ‚Kultursensibilität‘ gemeint ist. Zum anderen untersucht sie, auf welche Weise Fachkräfte der Pflege und der Sozialen Arbeit in ihrer jeweiligen Praxis mit der Vielfalt ihrer NutzerInnen umgehen.

Dazu bedient sie sich zweier sich ergänzender methodischer Ansätze, der Diskursanalyse und der Dokumentarischen Methode nach Bohnsack, auf die gestützt sie theoretische Grundlagen von Karl Mannheim, Bourdieu und anderen auf verständliche Weise fruchtbar macht. Die wohl begründeten Schlussfolgerungen bieten vielfältige Anknüpfungspunkte für erkenntnistheoretisch fundierte Weiterentwicklungen in der Theorie, im Versorgungsalltag und in der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften der Pflege und Sozialen Arbeit.

Trotz einiger anspruchsvoller theoretischer Passagen ein lesenswertes Buch für alle VertreterInnen dieser Disziplinen, die sich nicht damit begnügen wollen, dass „MigrantInnen eben anders“ sind, sondern theoretisch und empirisch fundierte Argumente für eine auf Gemeinsamkeit und Verständigung ausgerichtete Versorgung und die dafür nötige professionelle Autonomie wünschen.

Rezension von
Prof. Dr. Josefine Heusinger
Krankenschwester, Diplom Soziologin, Professorin für Grundlagen und Handlungstheorien Sozialer Arbeit an der Hochschule Magdeburg-Stendal, Vorstandsmitglied im Institut für Gerontologische Forschung e. V., Berlin
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Es gibt 7 Rezensionen von Josefine Heusinger.

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Zitiervorschlag
Josefine Heusinger. Rezension vom 27.01.2017 zu: Meggi Khan-Zvorničanin: Kultursensible Altenhilfe? Neue Perspektiven auf Programmatik und Praxis gesundheitlicher Versorgung im Alter. transcript (Bielefeld) 2016. ISBN 978-3-8376-3476-1. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/21219.php, Datum des Zugriffs 16.09.2024.


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