Julia Cagé: Rettet die Medien
Rezensiert von Prof. Dr. Frank Überall, 13.02.2017
Julia Cagé: Rettet die Medien. Wie wir die vierte Gewalt gegen den Kapitalismus verteidigen. Verlag C.H. Beck (München) 2016. 134 Seiten. ISBN 978-3-406-68938-3. D: 14,95 EUR, A: 15,40 EUR, CH: 23,50 sFr.
Thema
Die Autorin reflektiert in ihrem Debattenbeitrag über die Zukunft der Medien – insbesondere in der Abgrenzung zwischen Print- und Onlinemedien. Ausgehend von der These, dass kapitalistisch organisierte Massenmedien zunehmend wirtschaftliche Probleme bekommen, thematisiert sie die Auswirkungen auf den Journalismus und den öffentlichen Diskurs. Letztlich kommt sie zu dem Fazit, dass neue Wirtschaftsmodelle für Medien gefunden werden müssen und unterbreitet dazu konkrete Vorschläge.
Autorin
Julia Cagé ist Assistant Professor für Wirtschaft am Institut d´Études Politiques (Sciences Po) in Paris. Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um eine Übersetzung auf dem Französischen.
Aufbau
Konkret gliedert sich das Werk in folgende Grundkapitel:
- Für eine neue Unternehmensform in den Medien
- Informationszeitalter?
- Zerplatzte Hoffnungen
- Ein neues Modell für das 21. Jahrhundert
- Kapitalismus und Demokratie
Der Anhang beinhaltet eine Reihe hilfreicher Anmerkungen mit Hinweis auf weiterführende Literatur.
Inhalt
Julia Cagé geht davon aus, dass sich Medien nicht mehr alleine aus „Verkäufen und Werbung“ selbst finanzieren können. Sie greift die aktuellen Entwicklungen vor allem bei Onlinemedien auf, indem sie in einer Bestandsaufnahme kritisch feststellt: „… als sei die maximale Reaktionsgeschwindigkeit beim Kopien und Einfügen wichtiger als die Beschaffung von Originalinformationen. Und zugleich wird in den Redaktionen immer mehr Personal abgebaut.“ Die Organisation von Medienunternehmen beispielsweise als Aktiengesellschaften befördere diesen Trend.
Durch die zunehmende Ausrichtung von Medien-Veröffentlichungen an Entertainment statt an Information warnt die Autorin eindringlich vor einem Abbau personeller Ressourcen in den Redaktionen. Im Gegensatz zur Automobilbranche wirke sich ein Umsatzrückgang bei journalistisch tätigen Redaktionen direkt aus – würden weniger Autos verkauft, müssten auch weniger hergestellt werden und man brauche weniger Personal. Im Journalismus sei das anders: „Ganz gleich, wie viele Exemplare verkauft werden, die zur Herstellung einer Zeitung erforderliche Zahl von Journalisten bleibt mehr oder weniger die gleiche.“ Die Abnahme recherchierter Information in den Medien-Veröffentlichungen habe zur Folge, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger auf die Teilnahme an Wahlen verzichteten.
Insgesamt, so die These der Autorin, könne der Markt nur eine begrenzte Zahl von Medien verkraften. Hinzu komme, dass gerade Zeitungshäuser nicht in der Lage seien, ihre „digitalen Leserzahlen in bare Münze zu verwandeln“. Insgesamt müsse man beachten, dass Medienunternehmen durch Steuern, Gebühren oder Sozialabgaben dem Staat viel mehr einbringen als sie beispielsweise durch Subventionen erhalten. Bei Universitäten oder Forschungseinrichtungen sei das anders. Nun müsse man darüber nachdenken, so schlägt Julia Cagé vor, dass auch Medienunternehmen besondere Vergünstigungen beim Rechts- und Steuerstatus bekommen könnten.
Die Autorin plädiert schließlich für die Schaffung von „Mediengesellschaften“. Anteilseigner dürften dabei keine Beteiligung am Gewinn erhalten. Stimmrechte müssten gewichtet werden, damit Großanleger diese Unternehmen nicht dominieren können. Diese Mischung aus Aktiengesellschaft und Stiftung müsse eine Art „mäzenatische Förderung“ sein, die dann auch steuerlich entsprechend absetzbar sein könne.
Diskussion
Die Bestandsaufnahme der immer prekärer werdenden Bedingungen für Medienunternehmen im Allgemeinen und Journalismus im Besonders werden von der Autorin zugespitzt aber zutreffend beschrieben. Das Modell der „Mediengesellschaft“ scheint aber noch etwas unausgegoren. Gleichwohl ist es ein wichtiger Debattenbeitrag zu der Frage, wie journalistische Arbeit künftig finanziert werden soll.
Fazit
Wer sich für die Rolle des Journalismus (und der Unternehmen, die dessen Produkte vermarkten) interessiert, wird in diesem Buch wertvolle Zustandsbeschreibungen, kritische Einordnungen und Weg weisende Vorschläge finden. Insbesondere wird die Rolle dieses Arbeitsfelds für die Gesellschaft und die Demokratie hervorgehoben.
Rezension von
Prof. Dr. Frank Überall
Medien- und Politikwissenschaftler an der HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft; www.politikinstitut.de
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Zitiervorschlag
Frank Überall. Rezension vom 13.02.2017 zu:
Julia Cagé: Rettet die Medien. Wie wir die vierte Gewalt gegen den Kapitalismus verteidigen. Verlag C.H. Beck
(München) 2016.
ISBN 978-3-406-68938-3.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/21331.php, Datum des Zugriffs 08.09.2024.
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