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Wolfgang Ilg, Judith Dubiski: Wenn einer eine Reise tut (Jugendfreizeiten und -begegnungen)

Rezensiert von Prof. Dr. Nicole Stollenwerk, 27.09.2016

Cover Wolfgang Ilg, Judith Dubiski: Wenn einer eine Reise tut (Jugendfreizeiten und -begegnungen) ISBN 978-3-7344-0185-5

Wolfgang Ilg, Judith Dubiski: Wenn einer eine Reise tut. Evaluationsergebnisse von Jugendfreizeiten und internationalen Jugendbegegnungen. Wochenschau Verlag (Frankfurt am Main) 2015. 158 Seiten. ISBN 978-3-7344-0185-5. D: 9,80 EUR, A: 10,10 EUR.

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Thema

Fachliche Grundlage dieser Publikation sind Ergebnisse des Projektes Freizeitenevaluation/Evaluation internationaler Jugendbegegnungen. Datengrundlage sind Fragebogenerhebungen bei jugendlichen Teilnehmenden von Jugendfreizeiten und Angeboten der internationalen Jugendbegegnung. Die Ergebnisse der Erhebungen dienen der Verbesserung der Qualität von Freizeiten und Begegnungen. Neben den Interessen der Träger bzw. Anbieter profitiert aber auch die Fachwelt von diesen Ergebnissen, denn sie liefern eine wissenschaftlich fundierte Basis für die Betrachtung der Thematik.

Autorin und Autor

Judith Dubiski, Soziologin (M.A.), Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsschwerpunkt Nonformale Bildung der TH Köln. Freiberufliche Tätigkeit im Bereich der Evaluation von Kinder- und Jugendreisen und Internationale Jugendbegegnung.

Dr. rer. nat. Wolfgang Ilg, Diplom-Theologe, Diplom-Psychologe, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Tübingen. Teamleiter „Schülerarbeit“ im Evangelischen Jugendwerk in Württemberg, Freiberufliche Tätigkeit in Jugendarbeitsforschung und Evaluation.

Entstehungshintergrund

Grundlage für Veröffentlichung dieses Buches sind Daten der Evaluationsverfahren „Freizeitenevaluation“ und „Evaluation internationaler Jugendbegegnungen“ aus den Jahren 2005 bis 2013. Datenbasis sind 25105 Teilnehmer-Fragebögen, 3236 Mitarbeiter-Fragebögen von insgesamt 1065 Jugendgruppenfahrten (davon sind 57 % der Fahrten Jugendfreizeiten und 43 % internationale Jugendbegegnungen). Anbieter der Fahrten sind z.B. Jugendverbände, Kommunen, Kirchengemeinden, Sportgruppen, kommerzielle Jugendreiseanbieter. Durch das kontinuierliche Sammeln der Daten liefert das Projekt den bislang größten Datensatz zu der Thematik Jugendgruppenfahrten und gleichzeitig ein erprobtes Evaluationsinstrument, das von Trägern einfach angewendet werden kann. Die aktuelle Weiterentwicklung geht hin zu einer vollständig digitalisierten Form des Verfahrens (z.B. das Ausfüllen des Fragebogens am Smartphone). Weitere Informationen siehe www.freizeitenevaluation.de.

Aufbau und Inhalt

Der Publikation von Ilg und Dubiski liegen acht Kapitel zu Grunde, inklusive eines umfangreichen Anhangs (Kapitel 8).

Kapitel 1 liefert eine aussagekräftige Zusammenfassung mit ersten Ergebnissen der Auswertung sowie Hintergrundinformationen zur Entstehung des Evaluationsinstruments und bietet damit einen sehr guten Einstieg in das Buch.

Kapitel 2 beschreibt die forschungsrelevanten Hintergründe für die vorliegende Auswertung und die fachlichen Hintergründe für das Arbeitsfeld Jugendgruppenfahrten mit Definitionen der Begriffe: Kinder- und Jugenderholung, staatlich geförderte Kinder- und Jugendreisen, privatwirtschaftlich organisierte pädagogisch begleitete Reisen, Jugendtourismus, (Ferien-) Freizeiten, Kinder- und Jugendgruppenfahrten sowie internationale Jugendbegegnungen. Ein weiterer Schwerpunkt dieses Kapitels ist die ausführliche Beschreibung des Projektes Freizeitenevaluation/Evaluation internationaler Jugendbegegnungen von den Anfängen im Jahr 2004 bis heute. Aus der Sicht der Forscherin/des Forschers ist das Kapitel 2.4 von großem Interesse. Hier beschreiben die/der AutorIn die Instrumente der Evaluation, die Rahmenbedingungen für die Anwendung, die Datenerfassung und -auswertung sowie das umgesetzte Prinzip der vernetzten Selbstevaluation. Kapitel 2 schließt mit Hinweisen zum Verständnis der Datenauswertung.

Die Evaluationsergebnisse werden in Kapitel 3 dargestellt. Einleitend erfolgen eine Beschreibung des Datensatzes und ein Hinweis auf die Nichtrepräsentativität aber trotzdem hohe Aussagekraft der Ergebnisse. Im gesamten Kapitel 3 richtet sich der Blick auch immer auf die gegenüberstellende Darstellung der Ergebnisse bezogen auf Jugendfreizeiten und internationale Jugendbegegnungen. Folgende Daten werden präsentiert:

Rahmendaten zu den Jugendfreizeiten bzw. Jugendbegegnungen (Die Fragebögen wurden von den Leitungen der Fahrten ausgefüllt.):

  • Reiseziele, Dauer, Kosten, Anreise, Vorbereitung
  • Gruppengröße und Betreuungsschlüssel

Daten über die bei den Fahrten begleitenden MitarbeiterInnen (Die Fragebögen wurden von den Mitarbeitenden ausgefüllt.):

  • Soziodemographische Daten (Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit, Religionszugehörigkeit)
  • Qualifikation und Vorerfahrung der Mitarbeitenden

Informationen über die Jugendlichen, die an den Fahrten teilnehmen (Die Fragebögen wurden von den Jugendlichen ausgefüllt.):

  • Soziodemographische Daten (Geschlecht, Alter, Schulart, Staatsangehörigkeit, Migrationshintergrund, Religionszugehörigkeit)
  • Vorerfahrung der Teilnehmenden

Bewertung der Zufriedenheit mit unterschiedlichen Aspekten der Jugendfreizeit bzw. der Jugendbegegnung (Die Fragebögen wurden von den Jugendlichen ausgefüllt.): abgefragte Aspekte sind z.B. Anreise, Unterbringung, Sanitäre Anlagen, Gruppenaktivitäten, Organisation, Programm, Betreuer, Essen, Freiheit, Regeln.

In Kapitel 4 werden tabellarisch Ergebnisse des Mitarbeitendenfragebogens und des Teilnehmendenfragebogens thematisch sortiert und gegenüberstellend dargestellt, ohne dass eine Interpretation der Ergebnisse erfolgt. Jede der 16 Tabellen enthält die Bewertung des Erreichens der Mitarbeiterziele und die Aussagen der Teilnehmenden zu diesen. Folgende Bereiche sind dargestellt:

  1. Programm und Erlebnisse,
  2. Bewegung, Entspannung, Ernährung,
  3. Partizipation und Selbständigkeit,
  4. Individuation und Selbstbildung,
  5. Wertedialog und thematische Angebote,
  6. Bezug zu den Betreuenden/Mitarbeitenden,
  7. Soziales Lernen,
  8. Erschließung neuer Interessen und Handlungsfelder,
  9. Sprache,
  10. Kultur der Gastregion,
  11. Eltern/Finanzen,
  12. Allgemeine Bewertung,
  13. Aussagen zur Zielklarheit im Team,
  14. Kunst/kreatives Arbeiten,
  15. Gruppenintegration/Gleichberechtigung der Gruppen,
  16. Verständigung bei multinationalen Begegnungen.

Eine vertiefte Analyse ausgewählter Ergebnisse unter der Berücksichtigung unterschiedlicher Auswertungsperspektiven nehmen die AutorInnen in Kapitel 5 vor. Die Daten werden zunächst im Jahresvergleich dargestellt. Darauf aufbauend wird der Blick auf Zusammenhänge mit Alter und Geschlecht gerichtet. Herausgestellt wird in diesem Kapitel auch die Relevanz der Betreuungsschlüssel für die Zufriedenheit der Teilnehmenden. Ein weiteres Unterkapitel wird der Non-formalen Bildung gewidmet, mit der Differenzierung nach Jugendfreizeiten und Jugendbegegnungen. Das Thema Teilnehmende mit Migrationshintergrund wird von Ilg und Dubiski aufgegriffen mit dem Fokus auf Diversität stärken, aktueller Stand und Perspektiven.

Der Ausblick (Kapitel 6) beinhaltet Schlussfolgerungen aus den dargestellten Ergebnissen und die Formulierung von Chancen und Herausforderungen für das Arbeitsfeld Jugendfreizeiten und -begegnungen. Zentrale Elemente, die sich herauskristallisiert haben, sind die Qualität der Angebote, Diversität und Inklusion sowie die Ansprache von und die Zugangsmöglichkeiten für bestimmte Zielgruppen. Auswertungen von Untersuchungen werfen auf Seite der WissenschaftlerInnen in der Regel neue Forschungsfragen auf. So auch in diesem Fall. Kapitel 6 endet mit der Formulierung eines weiteren Forschungsbedarfs und mit einem auf die Zukunft gerichteten Blick auf das verwendete Evaluationsinstrument.

Andreas Thimmel (Professor für Wissenschaft der Sozialen Arbeit an der TH Köln) rundet diese Veröffentlichung mit seiner Einschätzung zur Verortung der Ergebnisse im fachlichen Diskurs, insbesondere mit dem Fokus auf das Thema der Non-formalen Bildung ab.

Diskussion

Die Spuren, die Ferienfreizeiten und internationale Jugendbegegnungen bei teilnehmenden Jugendlichen hinterlassen, können auf der Grundlage dieser Veröffentlichung entdeckt, verfolgt und gelesen werden. Für Anbieter solcher Angebote sowie für die Fahrten begleitenden MitarbeiterInnen ist dieses Buch eine bereichernde Lektüre. Entweder um den eigenen fachlichen Horizont zu erweitern oder um sich zu entschließen, das Evaluationsinstrument ebenfalls zu nutzen. Da die Auswertung träger- und freizeitenbezogen als auch träger- bzw. anbieterübergreifend erfolgt, können die Ergebnisse angebotsbezogen genutzt werden, um die Qualität der eigenen Freizeiten oder Begegnungen zu verbessern, die Mitarbeiter eventuell zu schulen und auf die Bedürfnisse der Jugendliche einzugehen. Den AutorInnen ist es gelungen wissenschaftliche Daten aufzubereiten und für die Praxis nutzbar zu machen.

Fazit

Diese sehr strukturiert aufgebaute Publikation überzeugt die/den LeserIn durch die Einzigartigkeit der Datengrundlage (über 25000 Fragebögen von Jugendlichen, über 3000 Fragebögen von Mitarbeitenden), die Wissenschaftlichkeit der Auswertung und die Möglichkeit des Transfers der Ergebnisse und des Evaluationsinstruments in die Praxis. Es gelingt, das in der Einführung formulierte Ziel, das empirische Wissen über die Effekte von Gruppenfahrten, d.h. welche Spuren diese bei den Jugendlichen hinterlassen, auf der Basis verlässlicher Daten darzustellen. Damit wird der Dialog über die Wirkung von Jugendfreizeiten sowie internationalen Begegnungen unter unterschiedlichsten Gesichtspunkten in Fachkreisen angeregt, bereichert und platziert.

Folgendes zentrale Ergebnis formulieren Ilg und Dubiski: „Die wohl weitreichendste Erkenntnis der Datenauswertung besteht darin, dass mit dem Betreuungsschüssel ein empirisch fassbarer Indikator für die Qualität einer Jugendfahrt identifiziert werden konnte. … der Betreuungsschlüssel [sollte] zukünftig als ein zentrales Maß für die pädagogische Qualität von Jugendgruppenfahrten angesehen werden“ (S. 15). In diesem Zusammenhang formulieren die Autoren Empfehlungen im Hinblick auf die Anbieter von Jugendfreizeiten und internationalen Begegnungen sowie auf förderpolitische Bedingungen.

Etwas zeitversetzt wurde ein eigenes Evaluationsverfahren für die Auswertung von Kinderfreizeiten entwickelt. Dieses wird seit 2011 angewendet, ist aber nicht Bestandteil dieser Publikation.

Rezension von
Prof. Dr. Nicole Stollenwerk
Hochschullehrerin
Fachhochschule des Mittelstands (FHM) GmbH Köln, Fachbereich Personal, Gesundheit und Soziales
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Es gibt 3 Rezensionen von Nicole Stollenwerk.

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ISSN 2190-9245